Finanzausschuss diskutiert Berichte zu Produktpiraterie und Katastrophenschutz

Informationspflichten für professionelle Anleger:innen und private Altersvorsorge werden an EU-Normen angepasst

Wien (PK) – Der heutige Finanzausschuss widmete sich zwei Berichten der Bundesregierung. Darin ging es einerseits um die Entwicklung der Produktpiraterie im Vorjahr. Produktpiraterie in Österreich ist laut Finanzminister Magnus Brunner im Jahr 2021 stark angestiegen. Hauptverantwortlich dafür ist ein einzelner chinesischer Anbieter gewesen. Weiters behandelten die Abgeordneten den Katastrophenfonds, dessen Auszahlungen wie üblich hauptsächlich Vorbeugungsmaßnahmen betrafen.

Zudem gab der Finanzausschuss grünes Licht für mehrere europäischen Bestimmungen, die ins nationale Recht implementiert werden sollen. So werden Informationspflichten für professionelle Anlegerinnen und Anleger gelockert und EU-Anpassungen bei privater Altersvorsorge vollzogen.

Produktpirateriebericht: Fälschungen 2021 stark angestiegen

Produktpiraterie in Österreich ist laut dem Finanzministerium im Jahr 2021 “regelrecht explodiert”. Das geht aus dem Produktpirateriebericht 2021 hervor, der im Ausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen wurde (III-616 d.B.). Die Anzahl der vom Zoll aufgegriffenen Sendungen mit Pirateriewaren ist gegenüber 2020 um 147,5% (von 3.317 auf 8.210) gestiegen und die daraus resultierenden Verfahren haben sich mehr als verdoppelt. Der Wert der dabei beschlagnahmten 317.814 Produkte betrug mehr als 12 Mio. €, gemessen am Originalpreis.

Mit 7.881 aufgegriffenen Postsendungen hat sich die Produktpiraterie bei dieser Beförderungsart gegenüber dem Vorjahr ebenso mehr als verdoppelt (2020: 3.044 Sendungen). Das Finanzministerium führt die signifikanten Steigerungen bei den Aufgriffen auf die höhere Zahl an Postsendungen generell zurück. Verantwortlich ist laut Finanzminister Brunner vor allem ein einziger chinesischer Versender, der von Ende 2020 bis März 2021 einige tausend Sendungen mit extrem günstigen gefälschten Artikeln per Post nach Österreich versendet hat.

Als besorgniserregend bezeichnet Brunner, dass nach wie vor Medikamentenfälschungen und illegale Medikamente durch Privatpersonen über das Internet bestellt werden oder Gegenstand von Schmuggelaktivitäten sind. Im Jahr 2021 wurden in Österreich bei 7.983 Aufgriffen insgesamt 2,6 Millionen gefälschte und andere illegale Medikamente beschlagnahmt, was eine Steigerung von 650% bedeutet.

Gerhard Kaniak (FPÖ) sprach von einer “unglaublichen Steigerung” bei den Arzneimitteln. Dies sei eine Auswirkung der Corona-Pandemie und eine “eklatante Gefährdung” der Gesundheit für die Bevölkerung. Der FPÖ-Mandatar interessierte sich für die Höhe der Dunkelziffer und ob es genug Personalressourcen für die entsprechenden Kontrollen gebe. Gerald Loacker (NEOS) fragte nach dem Grund für den Aufgriff des chinesischen Versenders und wo die meisten Waren aufgegriffen wurden.

Was den chinesischen Versender betrifft, sei man diesem durch eine einheitliche Verpackungsart auf die Schliche gekommen, informierte der Finanzminister. Das Problem könne aber in einer anderen Form wiederauftauchen. Die meisten Aufgriffe habe es im Zollamt Wien-Inzersdorf gegeben. Im Personalbereich sei der Zoll “grundsätzlich gut aufgestellt”. Das konnte auch ein Experte des Finanzministeriums bestätigen. Man sei in der Lage die entsprechenden Kontrollen und durchzuführen. Zudem gebe es eine gute Zusammenarbeit zwischen der Post und den Zollbehörden. Zur Frage Kaniaks nach der Dunkelziffer bei gefälschten Medikamenten, seien ihm keine Daten bekannt, so der Experte. Das Finanzministerium ergreife aber jede Gelegenheit, vor gefälschten Arzneimitteln zu warnen.

387,7 Mio. € für Katastrophenschutz im Jahr 2021

Aus dem Katastrophenfonds wurden im letzten Jahr 387,7 Mio. € ausbezahlt. Mit 75,1% betraf der größte Teil der Ausgaben im Jahr 2021 wie gewohnt Vorbeugungsmaßnahmen. 13,8% der Ausgaben wurden für die Behebung von Schäden getätigt. Konkret erhielten Private 21,66 Mio. € für erlittene Schäden. Die restlichen Anteile wurden für Einsatzgeräte von Feuerwehren ausgegeben. Das geht aus dem Bericht für die Jahre 2020 und 2021 hervor, der einstimmig der im Finanzausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen wurde (III-611 d.B.).

2020 und 2021 wurden 415,3 Mio. € bzw. 509,4 Mio. € in den Katastrophenfonds eingezahlt. Dem standen Auszahlungen von 380,1 Mio. € im Jahr 2020 und 387,7 Mio. € im Jahr 2021 gegenüber. Die Rücklage betrug den maximal zulässigen Wert von 30,0 Mio. €, weshalb Ende 2020 35,3 Mio. € (2021: 121,7 Mio. €) an den allgemeinen Bundeshaushalt überwiesen wurden.

Der Katastrophenfonds wird durch Anteile aus der Einkommensteuer, der Lohnsteuer und der Körperschaftssteuer aufgebracht und steht für die zusätzliche Finanzierung von Maßnahmen zur Vorbeugung gegen künftige und zur Beseitigung von eingetretenen Katastrophenschäden zur Verfügung. Weiters werden aus Mitteln des Katastrophenfonds auch Einsatzgeräte für Feuerwehren sowie das Warn- und Alarmsystem mitfinanziert, Ernteversicherungsprämien gefördert und Privatpersonen, die Opfer von Naturkatastrophen geworden sind, unterstützt.

In Anbetracht der aktuellen Krisen müsse man die Rückführung der nicht verwendeten Mittel und die Begrenzung auf 30 Mio. € überdenken, betonte Gerhard Kaniak (FPÖ). SPÖ-Mandatarin Karin Greiner interessierte sich dafür, weshalb es bei den Aufwendungen für die Hagelversicherung zu einer Steigerung auf 51 Mio. € gekommen sei und ob man die Kritik des Rechnungshofes im Bereich des Controlling umgesetzt habe.

Gerald Loacker (NEOS) sprach die geplante Sonderinvestitionsprämie in der Höhe von 15 Mio. € für die Feuerwehren aus dem Katastrophenfonds an und kritisierte, dass es diese nicht auch für andere Blaulichtorganisationen geben soll und nur für 2022 geplant sei. Der NEOS-Abgeordnete vermutete einen Zusammenhang mit den kommenden Landtagswahlen in Niederösterreich. Das wiesen Angela Baumgartner und Klaus Lindinger (beide ÖVP) scharf zurück. Die Unterstützung für die Feuerwehren sei ein erfreulicher Vorstoß der Bundesregierung und als Mehrwertsteuerrückvergütung für Anschaffungen gedacht, so Lindinger.

Die Begrenzung der Rücklage auf 30 Mio. € sei gesetzlich verankert, der Rest müsse ins Budget rücküberführt werden, hielt ein Experte des Finanzministeriums gegenüber Gerhard Kaniak (FPÖ) fest. Die Steigerung der Zahlungen an die Hagelversicherung sei auf die Erhöhung der Prämienstützung von 50% auf 55% zurückzuführen, so der Experte zu Karin Greiner (SPÖ). Was Greiners Frage zu Verbesserungen im Controlling betrifft, halte man sämtliche Kontrollhandlungen fest, zudem habe man das Personal dazu verdreifacht.

Informationspflichten für professionelle Anleger:innen werden gelockert

Zur Umsetzung dreier EU-Normen ins nationale Recht sollen die Informationspflichten für Geschäfte mit professionellen Kundinnen und Kunden und geeigneten Gegenparteien durch eine Novelle des Börsegesetzes 2018, des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2018 und des Kapitalmarktgesetzes 2019 (1441 d.B.) gelockert werden. Zudem soll die Kommunikation zwischen Wertpapierfirma und Kundin bzw. Kunde künftig in elektronischer Form erfolgen, wobei für Kleinanleger:innen auf Wunsch die Papierform erhalten bleiben könne. Es werden vor allem Erleichterungen für professionelle Kund:innen und geeignete Gegenparteien vorgenommen, da diese aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen durch ihre regelmäßige Tätigkeit auf den Finanzmärkten ein geringeres Schutzniveau benötigen. Der Anlegerschutz für Privatkund:innen soll nicht herabgesetzt werden, heißt es in den Erläuterungen zu der einstimmig angenommenen Regierungsvorlage.

EU-Anpassungen bei privater Altersvorsorge

Weitere Rechtsanpassungen werden durch die europäische Verordnung über ein Paneuropäisches Privates Pensionsprodukt (PEPP) notwendig. Darin werden die Registrierung, die Herstellung, der Vertrieb und die Beaufsichtigung privater Altersvorsorgeprodukte geregelt. Insbesondere soll die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) als zuständige Behörde für jene Rechtsträger bestimmt werden, die bereits jetzt der Beaufsichtigung durch die FMA unterliegen. Weiters müssen Sanktionen vorgesehen werden, um den wirkungsvollen Vollzug sicherzustellen. Darüber hinaus sollen bestimmte Beträge im Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 inflationsangepasst werden. Bei den Konzernanhangangaben sollen potenzielle Doppelgleisigkeiten verhindert werden, die aufgrund der ab dem Geschäftsjahr 2023 verpflichtenden Anwendung des internationalen Rechnungslegungsstandards für Versicherungsverträge (IFRS 17) auftreten könnten, informierte Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP). Die Regierungsvorlage wurde im Ausschuss mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ, Grünen und NEOS mehrheitlich angenommen (1445 d.B.).

Das Problem bei PEPP sei, dass eine Aufsichtsbehörde ein Produkt entwickelt habe, kritisierte Gerald Loacker (NEOS). Normalerweise würden die Anbieter das entwickeln, was die Kundinnen und Kunden nachfragen würden. Das sei europäische Rechtssetzung, wie sie nicht sein sollte, so der NEOS-Mandatar. (Fortsetzung Finanzausschuss) med

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