Parteiengesetz: Zweidrittelmehrheit im Plenum dürfte gesichert sein

SPÖ stimmt im Verfassungsausschuss für nachgebesserte Novelle, Rechnungshofspitze wird künftig mit Zweidrittelmehrheit gewählt

Wien (PK) – Die von ÖVP und Grünen angestrebte Zweidrittelmehrheit für die von ihnen beantragte Novellierung des Parteiengesetzes dürfte gesichert sein. Im Verfassungsausschuss des Nationalrats stimmte heute neben den Koalitionsparteien auch die SPÖ für den umfassenden Gesetzesantrag. Zuvor waren an der Novelle noch einige Nachbesserungen vorgenommen worden. Zudem haben die Koalitionsparteien den Wunsch der SPÖ aufgegriffen, den Rechnungshofpräsidenten bzw. die Rechnungshofpräsidentin künftig mit Zweidrittelmehrheit zu wählen. Auch eine grundsätzliche Veröffentlichungspflicht für in Auftrag gegebene Studien, Umfragen und Gutachten sowie ein Spendenannahmeverbot für parlamentarische Klubs und Parteiakademien sollen kommen.

Man habe viele Anregungen aus dem Begutachtungsverfahren und aus den Verhandlungen mit den anderen Parteien aufgenommen, machten Andreas Ottenschläger (ÖVP) und Sigrid Maurer (Grüne) im Ausschuss geltend. Das wurde auch von SPÖ und NEOS gewürdigt, wiewohl beide Oppositionsparteien noch gewisse Lücken im Parteiengesetz sehen. Die NEOS stimmten im Ausschuss daher – trotz breitem Lob – vorerst gegen die Novelle. Der neue Wahlmodus für die Rechnungshofspitze, die Veröffentlichungspflicht von Studien und das Spendenannahmeverbot für parlamentarische Klubs und Parteiakademien fand dagegen auch ihre Unterstützung.

Skeptisch zum vorliegenden Paket äußerte sich die FPÖ. Sie glaubt, dass sich die anderen Parteien von der ÖVP über den Tisch ziehen haben lassen, und forderte ein Expert:innenhearing im Verfassungsausschuss. Man könne die Novelle genauso gut im Herbst beschließen, es gebe keine Eile, hielten Dagmar Belakowitsch und Christian Lausch fest. Ihre Vertagungsanträge fanden jedoch keine Mehrheit.

Mit dem Koalitionsantrag mitverhandelt wurden zahlreiche Oppositionsanträge: Sie gelten mit der Beschlussfassung der von den Koalitionsparteien beantragten Parteiengesetz-Novelle zum Teil als miterledigt, zum Teil wurden sie abgelehnt. Weiterverhandelt werden soll über einen NEOS-Antrag zur Änderung des Vereinsgesetzes.

Verfassungsausschuss greift SPÖ-Vorschläge auf

Verankert werden soll der neue Wahlmodus für die Rechnungsspitze durch eine Änderung der Bundesverfassung und begleitende Adaptierungen im Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrats, die auf Basis eines SPÖ-Antrags (2509/A) in adaptierter Form beschlossen wurden. Demnach soll der Wahl des Rechnungshofpräsidenten bzw. der Rechnungshofpräsidentin mit Zweidrittelmehrheit eine Ausschreibung sowie ein medienöffentliches Hearing im Hauptausschuss des Nationalrats vorangehen. Bund, Länder und Gemeinden werden außerdem verfassungsgesetzlich verpflichtet, künftig alle in Auftrag gegebenen Studien, Gutachten und Umfragen zu veröffentlichen, wenn einer solchen Veröffentlichung nicht besondere Gründe der Amtsverschwiegenheit wie Datenschutz oder Urheberrechte entgegenstehen. Gegebenenfalls sind partielle Veröffentlichungen unter Weglassung personenbezogener Daten vorzunehmen, heißt es dazu in den Erläuterungen. Gelten soll das für Auftragsvergaben nach dem 1. Jänner 2023. Auch dem Vorschlag der SPÖ, den einzelnen Parlamentsklubs mehr Möglichkeiten zu geben, den Rechnungshof mit Sonderprüfungen zu beauftragen, wurde weitgehend – in etwas geänderter Form – Rechnung getragen.

Parteiengesetz-Novelle: Nachbesserungen mittels Abänderungsantrag

Auch am Koalitionsentwurf selbst (2487/A) wurden mit einem gesamtändernden Abänderungsantrag noch Nachbesserungen vorgenommen und begleitend dazu auf Basis einer erst im Ausschuss von den Koalitionsparteien vorgelegten Gesetzesinitiative eine Änderung des Klubfinanzierungsgesetzes und des Publizistikförderungsgesetzes beschlossen. Damit wird unter anderem ein grundsätzliches Spendenannahmeverbot für politische Klubs und Parteiakademien verankert, um der Gefahr einer Umgehung der strikten Vorgaben für Parteispenden zu begegnen. Überdies haben ÖVP und Grüne die verschärften Strafdrohungen für ein Überschreiten der Wahlkampfkostenobergrenze noch ein Stück hinaufgeschraubt und die Bestimmungen zur künftig möglichen Rechnungshof-Einschau in die Parteifinanzen überarbeitet. Die Rechenschaftsberichte der Parteien werden erst ab dem Jahr 2023 – und nicht schon für 2022 – nach den neuen Regeln zu erstellen sein. Die Zusammenarbeit zwischen Klubs und Partei soll durch das Spendenannahmeverbot von dritter Seite allerdings nicht eingeschränkt werden, auch werden Parteiakademien weiterhin kostenlose Schulungen für Parteimitglieder und -organisationen bzw. Mandatar:innen anbieten dürfen.

Weitere Punkte des Abänderungsantrags betreffen Klarstellungen in Bezug auf Inserate in parteinahen Medien, die Wahlkampfkostenobergrenze und die Einbeziehung parteinaher Organisationen in den Rechenschaftsbericht. So wird etwa normiert, dass marktunübliche Inseratenerlöse von den Parteien als Spenden auszuweisen sind. Aufwendungen, die Wahlwerber:innen für einen Vorzugsstimmenwahlkampf verwenden, sollen nicht in die Wahlwerbungskosten einzurechnen sein. Hinsichtlich der zulässigen Öffentlichkeitsarbeit von parlamentarischen Klubs wird der Spruchpraxis des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senats (UPTS) Rechnung getragen.

Bei veröffentlichten Spenden soll aus Datenschutzgründen nicht mehr die gesamte Adresse des Spenders bzw. der Spenderin, sondern nur noch die Postleitzahl angegeben werden. Nach sieben Jahren wären die Namen der Spender:innen überdies zu löschen. Beim Annahmeverbot von Spenden aus dem Ausland wird eine Wertgrenze von 500 € eingezogen, um übermäßigen Verwaltungsaufwand für die Parteien im Hinblick auf die Überprüfung der Staatsbürgerschaft der Spender:innen zu vermeiden. Schließlich haben ÖVP und Grüne ihrem Gesetzesantrag eine umfassende Datenschutz-Folgenabschätzung beigefügt.

Weitere kleinere Adaptierungen im Plenum möglich

Insgesamt sei ein gutes Paket vorgelegt worden, das mehr Transparenz bringe, bekräftigte ÖVP-Verhandler Andreas Ottenschläger in der Debatte. Durch die vorliegende Novelle stelle man faire Rahmenbedingungen für den politischen Wettbewerb sicher. Ottenschläger zufolge sind auch zahlreiche Stellungnahmen aus dem Begutachtungsverfahren in die Novelle eingeflossen und Vorschläge von den anderen Fraktionen aufgenommen worden. Ein Eckpunkt sind für ihn die neuen Einschaurechte des Rechnungshofs in die Parteifinanzen.

In dieselbe Stoßrichtung argumentierte Klubobfrau Sigrid Maurer, die das Paket von Seiten der Grünen maßgeblich mitverhandelt hat. Wahlkämpfe könnten damit künftig fairer ablaufen, betonte sie. Zudem gelte es, das Vertrauen der Bevölkerung in die Parteien durch gläserne Kassen und verschärfte Sanktionen wieder herzustellen. Maurer zufolge wurden im Begutachtungsverfahren insgesamt 46 Stellungnahmen abgegeben, auch aus den Gesprächen mit den anderen Fraktionen hätten sich Änderungen ergeben.

Als Beispiele für aufgegriffene Anregungen nannte sie unter anderem die sofortige Meldung von Parteispenden über 2.500 € in Wahlkampfzeiten, die Verschärfung der Strafdrohung für Parteien durch Abstellen auf Vorsätzlichkeit statt Wissentlichkeit und die Ausdehnung des Stückelungsverbots für Parteispenden auch auf Spenden unter 150 €. Damit sei sichergestellt, dass auch Spender:innen belangt werden können, die einen Dauerauftrag für Spenden von 100 € pro Tag erteilen.

Weitere Verbesserungen bis zum Plenum kann sich Maurer in einzelnen Punkten durchaus vorstellen, etwa was die Bedenken der NEOS in Bezug auf das Parteienregister betrifft. Für die Kritik der FPÖ zeigten sie und ÖVP-Abgeordneter Andreas Ottenschläger dagegen wenig Verständnis. Angesichts der intensiven Verhandlungen könne man nicht von einem Schnellschuss sprechen, hielt Maurer fest. Ottenschläger unterstrich, dass es allein schon aufgrund der jährlichen Spendenobergrenze für Parteien von 750.000 € und weiteren Vorgaben wenig Spielraum für Umgehungskonstruktionen gebe. Über etwaige Änderungen im Vereinsrecht will Maurer dennoch weiter nachdenken, sie und Ottenschläger pochen aber auf eine praxistaugliche Lösung, um nicht die vielen kleinen Vereine mit ehrenamtlicher Tätigkeit vor den Kopf zu stoßen.

SPÖ und NEOS sehen noch ein paar Lücken

Namens der SPÖ hoben Selma Yildirim und Christian Drobits die Notwendigkeit hervor, mehr Transparenz in die Finanzierung politischer Parteien zu bringen. Man brauche Waffengleichheit zwischen den Parteien, unabhängig davon, wer wie viele Spenden bekommt, betonte Yildirim. Stimmverhalten dürfe nicht durch Geld beeinflusst werden. In diesem Sinn stellten sie die Zustimmung zur Novellierung des Parteiengesetzes in Aussicht, wiewohl sie noch einige offene Schlupflöcher sehen, die es ihrer Ansicht nach ebenfalls zu schließen gelte. “Wir sind keine Transparenz-Verweigerer”, hielt Drobits nachdrücklich fest.

NEOS-Abgeordneter Nikolaus Scherak erinnerte daran, dass die NEOS schon seit Jahren für gläserne Parteikassen kämpften. Die Bürger:innen hätten ein Recht zu wissen, was mit ihrem Steuergeld passiere und wer Parteien neben den Steuerzahler:innen sonst noch finanziere. Parteispenden seien für die NEOS nichts Negatives, sagte Scherak, es brauche aber Transparenz. Die Parteien hätten seit Jahrzehnten versucht, “Finanzströme im Dunkeln zu halten”.

Ausdrücklich begrüßte Scherak in diesem Sinn, dass ÖVP und Grüne im Zuge des Verhandlungsprozesses viele Anregungen aufgenommen hätten. Das, was nun vorliege, sei deutlich besser als das, was in Begutachtung geschickt wurde, sagte er, von Verbesserungen gegenüber dem Status quo ganz zu schweigen. Allerdings sieht er ein wichtiges Problem noch nicht gelöst: die mögliche Umgehung von Parteispendenbeschränkungen durch Vereinskonstruktionen. Vor diesem Hintergrund stimmten die NEOS der Novelle des Parteiengesetzes im Ausschuss noch nicht zu, wobei sich Scherak “guten Mutes” zeigte, dass es bis zum Plenum noch zu weiteren Verbesserungen kommt.

Eine weitere Lücke sieht Scheraks Fraktionskollege Johannes Margreiter beim öffentlichen Parteienregister. Er vermisst Sanktionen für Parteien, die ihrer Pflicht, Statutenänderungen zu melden und die aktuell vertretungsbefugten Organe zu veröffentlichen, nicht nachkommen.

FPÖ plädiert für Vertagung der Beratungen

Die FPÖ plädierte dafür, die Beratungen über das Gesetzespaket zu vertagen und vor einem Beschluss ein Expert:innenhearing im Verfassungsausschuss abzuhalten. Er verstehe die Eile nicht, sagte Christian Lausch, man könne die Novelle genauso gut im Herbst beschließen. Schließlich würden mit dem vorliegenden Entwurf “ganz große Lücken” im Gesetz nicht beseitigt, gab Dagmar Belakowitsch ergänzend zu bedenken. So könnten Vereine weiterhin unbegrenzt “in Parteien hineinzahlen”, ohne dass diese jemand kontrollieren könne. Und die ÖVP habe ein ganzes Netz aus Vereinen, über die sie sich “weiterhin sanieren kann”, so Belakowitsch.

Skeptisch äußerte sich die FPÖ-Abgeordnete außerdem zu den neuen Befugnissen des Rechnungshofs. Dieser könne künftig in die Parteien “hineinstierlen”, ohne dass eine Entpolitisierung des Kontrollorgans sichergestellt sei, erklärte sie und wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die jetzige Rechnungshofpräsidentin “Karriere in der ÖVP gemacht hat”.

Novelle zum Parteiengesetz soll mehr Transparenz bringen

Ziel der von ÖVP und Grünen vorgelegten Novelle zum Parteiengesetz ist es, mehr Transparenz in die Parteienfinanzierung zu bringen und durch engmaschigere Kontrollen und verschärfte Sanktionen für mehr Fairness im politischen Wettbewerb zu sorgen. So sieht die von Andreas Ottenschläger (ÖVP) und Sigrid Maurer (Grüne) eingebrachte Initiative etwa vor, die Veröffentlichungspflichten der Parteien zu erweitern, dem Rechnungshof neue Prüfbefugnisse zu übertragen, die Strafen für Verstöße gegen die Wahlkampfkostenobergrenze deutlich zu erhöhen und die Spendenregeln zu adaptieren. Außerdem werden neue Kennzeichnungspflichten für politische Inserate in Wahlkampfzeiten, die Einführung eines öffentlichen Parteienregisters und klare Regelungen in Bezug auf parteinahe Organisationen festgeschrieben.

Erweiterter Rechenschaftsbericht mit Angaben zu Vermögen und Schulden

Parteien werden mit dem Antrag demnach verpflichtet werden, im jährlich vorzulegenden Rechenschaftsbericht nicht nur ihre Einnahmen und Ausgaben auszuweisen, sondern auch Vermögen und Schulden der Bundesorganisation. Geschehen soll das in Form einer vereinfachten Bilanz. Zudem sind private Kreditgeber:innen unter Nennung des Namens und Höhe der Schuld anzugeben, wenn die Darlehenssumme 50.000 € übersteigt. Auch für Landesorganisationen sollen erweiterte Vorgaben gelten, etwas was die Darstellung von Immobilienvermögen und Darlehen über 50.000 € betrifft. Einnahmen aus Sponsoring und Inseraten sind künftig getrennt aufzuschlüsseln, ebenso Ausgaben für Außenwerbung, Direktwerbung und Inserate. Zur besseren Vergleichbarkeit sollen ab dem zweiten Berichtsjahr im Rechenschaftsbericht die jeweiligen Zahlen des Vorjahrs anzugeben sein.

Dem Rechenschaftsbericht ist künftig außerdem eine Liste aller der Partei nahestehenden Organisationen beizulegen, wobei ÖVP und Grüne gleichzeitig durch neue Regelungen sicherstellen wollen, dass tatsächlich alle parteinahen Organisationen vom Geltungsbereich des Parteiengesetzes umfasst werden und Umgehungskonstruktionen, etwa durch Vereinsgründungen, nicht mehr möglich sind. Außerdem wird nochmals bekräftigt, dass alle Gliederungen einer Partei, seien es Landesorganisationen oder nicht territoriale Gliederungen wie Bünde, der politischen Partei zuzurechnen sind, unabhängig davon, ob diese eine eigene Rechtspersönlichkeit haben.

Als Frist zur Vorlage des Rechenschaftsberichts sieht der Antrag den 30. September des Folgejahres vor, wobei die Abgabefrist vom Rechnungshof um bis zu drei Monate verlängert werden kann. Damit ist gemäß den Erläuterungen eine gemeinsame Veröffentlichung aller Berichte am 1. Jänner des darauffolgenden Jahres sichergestellt, und zwar unabhängig davon, ob der Rechnungshof eine Prüfung eingeleitet hat oder nicht.

Eigener Wahlwerbungsbericht

Darüber hinaus sind die Parteien in Hinkunft dazu angehalten, innerhalb von sechs Monaten nach einer Nationalratswahl bzw. einer Europawahl einen eigenen Wahlwerbungsbericht vorzulegen, in dem sämtliche über den gewöhnlichen Parteibetrieb hinausgehenden Aufwendungen auszuweisen sind, die zwischen dem Wahl-Stichtag und dem Wahltag wirksam wurden. Und zwar gegliedert nach einzelnen Ausgabenkategorien und unabhängig davon, ob Zahlung und Lieferung der Leistung in den Beobachtungszeitraum fallen. Dabei sind auch Aufwendungen von parteinahen Organisationen, Personenkomitees und einzelnen Wahlwerber:innen zu berücksichtigen. Die Sechs-Monats-Frist soll vom Rechnungshof im Bedarfsfall um vier Wochen verlängert werden können.

Parteien, die keinen Rechenschafts- oder Wahlwerbungsbericht vorlegen oder falsche Angaben machen, riskieren eine Verwaltungsstrafe von bis zu 50.000 €. Zudem soll bei fortgesetzter Nichtabgabe die Parteienförderung ausgesetzt werden können. Der Rechenschaftspflicht sollen allerdings nur Parteien unterliegen, die entweder im Nationalrat, in einem Landtag oder im Europäischen Parlament vertreten sind bzw. – im Falle des Wahlwerbungsberichts – jene wahlwerbenden Gruppen, die den Sprung in den Nationalrat bzw. das Europäische Parlament geschafft haben oder die aufgrund ihrer Stimmenanzahl Anspruch auf Wahlkampfkostenrückerstattung haben.

Sowohl der Rechenschaftsbericht als auch der Wahlwerbungsbericht sind laut Antrag von einer Wirtschaftsprüferin bzw. einem Wirtschaftsprüfer zu prüfen, die bzw. den die Partei selber wählen kann. Die bisher bestehende Pflicht eines zweiten Wirtschaftsprüfers bzw. einer zweiten Wirtschaftsprüferin soll entfallen.

Rechnungshof soll echte Prüfkompetenzen erhalten

Begründet wird diese Erleichterung für die Parteien mit den vorgeschlagenen stark erweiterten Prüfkompetenzen des Rechnungshofs. Dieser soll künftig selbst in Belege und Unterlagen Einschau halten können, wenn er begründete Zweifel an der Richtigkeit des Rechenschaftsberichts oder des Wahlwerbungsberichts einer Partei hegt und diese von der betroffenen Partei nicht ausgeräumt werden können. Im Streitfall entscheidet der Verfassungsgerichtshof (VfGH), der laut Antrag sowohl von der betroffenen Partei als auch vom Rechnungshof angerufen werden könnte. Die entsprechenden Bestimmungen wurden mit dem Abänderungsantrag noch einmal überarbeitet: Damit soll den Parteien die rechtzeitige Anrufung des VfGH ermöglicht und das Durchsickern vorläufiger bzw. inoffizieller Prüfergebnisse bzw. verhindert werden.

Neu eingeführt wird mit dem Gesetzentwurf außerdem eine Verpflichtung der gesetzlichen beruflichen Interessenvertretungen, dem Rechnungshof etwaige Mehraufwendungen für Öffentlichkeitsarbeit vor Wahlen bekanntzugeben, der diese Zahlen dann zu veröffentlichen hat. Die Meldung soll innerhalb von vier Wochen nach der Wahl zu erstatten sein, bei einem Verstoß sind allerdings keine Sanktionen geplant.

Zur Erhöhung der Transparenz ist überdies in Aussicht genommen, in das Mediengesetz eine neue umfassende Impressumspflicht für politische Inserate zu Wahlkampfzeiten aufzunehmen. Demnach würden Medieninhaber verpflichtet, bei Inseraten mit Bezug auf politische Parteien, Wahlwerber:innen oder den Wahltag den Namen des Inserenten bzw. der Inserentin anzuführen. Damit soll ersichtlich werden, wer hinter dem jeweiligen Inserat steckt, argumentieren ÖVP und Grüne.

Parteispenden unter 150 € sollen nicht mehr unter den Spendenbegriff fallen

Weitere Verschärfungen sind bei den Parteispendenregelungen vorgesehen, in einzelnen Punkten kommt es hier aber auch zu Lockerungen. So sollen etwa Sach- und Geldspenden unter 150 € vom Spendenbegriff ausgenommen werden und damit auch nicht mehr unter die jährliche Spendenobergrenze von derzeit rund 793.500 € fallen. Sie wären in Hinkunft von den Parteien unter “sonstige Erträge” zu verbuchen. Neu in die Spendeneinnahmen aufzunehmen sind dagegen Zahlungen, Sachleistungen und “lebende Subventionen” an Personenkomitees, zudem wird ein klarer Bewertungsmaßstab für Sachleistungen festgelegt.

Darüber hinaus ist bereits bei Spenden ab 500 € eine Veröffentlichung des Namens der jeweiligen Spenderin bzw. des jeweiligen Spenders durch den Rechnungshof in Aussicht genommen. Derzeit liegt die entsprechende Grenze bei 2.645 €. Gleichzeitig wird mit dem Antrag die Grenze für anonyme Spenden von aktuell 529 € auf 150 € abgesenkt. Ehrenamtliches Engagement – inklusive Bereitstellung eigener Sachen -soll jedoch ausdrücklich nicht als Spende gelten.

Sämtliche Spenden sollen laut Gesetzentwurf vierteljährlich dem Rechnungshof zu melden sein, der die Spendenlisten, gegliedert nach Partei, künftig auch auf seiner Website zu veröffentlichen hat. Damit wird eine Nachschau sämtlicher Spendenaktivitäten auf der Homepage des Rechnungshofs möglich, wie es dazu in den Erläuterungen heißt. Auch welche Parteiorganisation die Spende erhalten hat, soll aus den Listen hervorgehen. Durch die ganzjährige Erfassung der Spenden erübrigt sich den Erläuterungen zufolge die bisherige Verpflichtung zur Sofortmeldung von Spenden über 2.645 €.

Bei Erreichen der allgemeinen bzw. individuellen Spenderobergrenzen ist künftig grundsätzlich eine Rückerstattung des darüber hinausgehenden Betrags an die jeweilige Spenderin bzw. den jeweiligen Spender anstelle einer Weiterleitung an den Rechnungshof vorgesehen. Nur noch verbotene Spenden – z.B. hohe anonyme Spenden oder ausländische Spenden – wären demnach umgehend an das Kontrollorgan zu übermitteln. Da die Spendenregeln, anders als jene für den Rechenschaftsbericht, für alle Parteien gelten, wird der Rechnungshof bei entsprechender Verdachtslage auch Parteien prüfen dürfen, die nicht im Nationalrat, in einem Landtag oder im Europäischen Parlament vertreten sind.

Um ein Umgehen der Spendenobergrenzen durch “freiwillige Mitgliedsbeiträge” zu verhindern, schlagen ÖVP und Grüne vor, nur noch jene Mitgliedsbeiträge vom Spendenbegriff auszunehmen, die per Beschluss oder Statut festgelegt wurden. Zudem ist künftig schon bei Mitgliedsbeiträgen über 5.000 € der Name des Mitglieds auszuweisen, wobei Mitgliedsbeiträge an verschiedene Teile einer Partei zusammenzurechnen sind. Ausgeweitet wird auch das Spendenannahmeverbot für Spenden von Unternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist: Es soll künftig bei indirekten Unternehmensbeteiligungen von mehr als 10% und bei sämtlichen direkten Beteiligungen gelten. Die Namen von Sponsor:innen sind künftig ab einem jährlichen Betrag von 7.500 € (derzeit 12.696 €) zu nennen.

Bei einem Unterlaufen der Spendenbestimmungen sind erstmals auch Verwaltungsstrafen für die Spender:innen selbst vorgesehen. So soll jemand, der eine Spende absichtlich stückelt, um die gesetzlichen Vorgaben zu umgehen, mit bis zu 15.000 € bestraft werden können.

Erweiterte Veröffentlichungspflicht von Inserateneinnahmen

Neu ist darüber hinaus, dass Inserateneinnahmen künftig auch dann auszuweisen wären, wenn die Werbeeinschaltung nicht in einem der Partei selbst gehörendem Medium erfolgt, sondern in Medien parteinaher Organisationen bzw. Medien, die Abgeordneten gehören oder von diesen herausgegeben werden. Zudem soll der Name einer Inserentin bzw. eines Inserenten bereits ab einem Einzelinserat von 2.500 € (derzeit 3.703 €) offenzulegen sein.

Einige Änderungen wird es auch für Personenkomitees geben. Da Spenden an derartige Komitees und deren Ausgaben künftig den jeweiligen wahlwerbenden Parteien zugerechnet werden sollen, wird für diese die Möglichkeit geschaffen, Widerspruch gegen die Meldung einer Unterstützung durch ein registriertes Personenkomitee zu erheben. Damit soll Missbrauch durch unerwünschte Unterstützung vermieden werden. Zudem müssen sich Personenkomitees künftig beim Rechnungshof und nicht mehr beim Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) registrieren. Im Falle einer Nicht-Registrierung eines Personenkomitees würde eine Verwaltungsstrafe im Ausmaß der fünffachen Unterstützungsleistung fällig.

Deutlich höhere Strafen bei Überschreiten der zulässigen Wahlwerbungsausgaben

Deutlich erhöht werden sollen auch die Geldbußen für Parteien, die die Wahlwerbungskostenobergrenze von derzeit 7,41 Mio. € überschreiten. Demnach kann der UPTS künftig Strafen in Millionenhöhe verhängen, wenn diese Grenze erheblich überschritten wird. Um Härten zu vermeiden, sind allerdings verschiedene Abstufungen vorgesehen: So sollen bei geringfügigen Überschreitungen unter 10% – gemäß Abänderungsantrag – maximal 25% des Überschreitungsbetrags fällig werden. Darüber hinausgehende Überschreitungsbeträge wären dann, je nach Höhe, mit Strafen von 75% bis 200% zu sanktionieren. Ein Verschulden der Partei oder ihrer Organe an der Überschreitung ist nicht Voraussetzung zur Verhängung der Geldbußen. Ebenso wird klargestellt, dass die Ausgabenbeschränkung für Wahlwerbung für alle wahlwerbenden Parteien gelten.

Neu geregelt werden auch die Verjährungsbestimmungen für Verwaltungsstraftatbestände des Parteiengesetzes, um die Gefahr von Verjährungen zu minimieren.

Öffentliches Parteienregister

ÖVP und Grüne nehmen darüber hinaus in Aussicht, das vom Innenminister zu führende Parteienverzeichnis in ein öffentliches Parteienregister nach dem Vorbild des Vereinsregisters umzugestalten. Damit sollen künftig die Satzungen aller in Österreich registrierten politischen Parteien zentral zugänglich sein. Auch die aktuell vertretungsbefugten Personen der jeweiligen Partei sollen veröffentlicht werden müssen. Löst sich eine politische Partei auf, muss sie das in Hinkunft laut Antrag verpflichtend melden, zudem haben die Satzungen eine demokratische Legitimation der Leitungsorgane durch die Parteimitglieder zu gewährleisten.

Schließlich ist geplant, die Parteienförderung des Bundes und der Länder von einer Kann- in eine Mussbestimmung umzuwandeln, um die Bedeutung der staatlichen Parteienförderung zu unterstreichen. Innerhalb des jetzt schon geltenden Korridors wäre demnach eine angemessene Förderhöhe festzulegen. Die Entscheidung über zusätzliche Parteienförderung auf Gemeindeebene soll weiter den Ländern obliegen.

In Kraft treten soll die Novelle, geht es nach den Koalitionsparteien, mit 1. Jänner 2023, wobei die Rechenschaftsberichte für das Jahr 2022 bereits nach der neuen Rechtslage zu erstellen sein sollen.

Initiativen der Opposition

Gemeinsam mit dem Gesetzentwurf der Koalitionsparteien und dem Antrag der SPÖ zur Änderung der Bundesverfassung und des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrats standen auch zahlreiche Initiativen der Opposition zur Diskussion, die nun zum Teil als miterledigt gelten. Konkret betrifft das Forderungen der NEOS nach abschreckenden Strafen für eine Überschreitung des gesetzlichen Wahlkampfkostendeckels (35/A), einem generellen Spendenverbot für Unternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist (34/A), und nach Gewährung voller Prüf- und Einsichtsrechte in die Parteifinanzen (454/A).

Weitere Anträge der NEOS fanden keine Mehrheit. So hatten NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger und NEOS-Verfassungssprecher Nikolaus Scherak bereits zu Beginn der Legislaturperiode die Einführung neuer Straftatbestände für illegale Parteienfinanzierung (28/A) und für eine Fälschung der jährlichen Rechenschaftsberichte der Parteien (31/A) beantragt. Wer vorsätzlich falsche bzw. unvollständige Angaben im Finanzbericht macht, eine meldepflichtige Spende nicht ausweist, eine verbotene Spende annimmt oder eine Spende zu Verschleierungszwecken stückelt, soll demnach mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bzw. einer Geldstrafe von bis zu 720 Tagessätzen bestraft werden können. Liegt die betreffende Spende über 50.000 €, soll gar eine Strafe von bis zu fünf Jahren drohen. Zudem ist den NEOS auch die Senkung des Wahlkampfkostendeckels auf 1 € pro Wahlberechtigtem (181/A), auch bei Landtags- und Gemeinderatswahlen, ein Anliegen.

Die FPÖ blitzte mit ihrem Vorschlag ab, Parteispenden gänzlich zu verbieten (1374/A). Nur für neue Parteien soll es demnach beim allerersten Antreten bei einer Wahl Ausnahmen geben. Für sie wird eine Spendenobergrenze von 1,5 Mio. € – mit einem Erhöhungsbetrag von 200.000 € für Landtagswahlen – vorgeschlagen. Als Spendendeckel pro Person sollen dabei 7.500 € gelten.

Weiterberaten will der Verfassungsausschuss über eine von den NEOS vorgeschlagene Änderung des Vereinsgesetzes (455/A) zur Unterbindung von Umgehungskonstruktionen für Parteispenden. Vereine sollen etwaige Parteispenden demnach direkt dem Rechnungshof melden müssen. Außerdem sollen für Vereine, die Zuwendungen an Parteien leisten, die gleichen Regeln für unzulässige Spenden gelten wie für die Parteien selbst. (Schluss) gs

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