Regierungsprogramm von ÖVP, SPÖ und NEOS: Caritas sieht positive Weichenstellungen, aber auch offenen Klärungsbedarf
Die neue Bundesregierung hat sich auf ein gemeinsames Regierungsprogramm geeinigt – ein Programm, das auf Konsens und Zusammenarbeit setze, hieß es bei der Präsentation. Die Betonung von Kompromissbereitschaft und das Bekenntnis, über politische Lager hinweg Lösungen für Österreich zu finden, sind wichtige Signale.
Caritas-Generalsekretärin Anna Parr: _„Wir sind erleichtert, dass wir nun sehr bald eine Bundesregierung haben werden und heute bereits dieses umfassende Regierungsprogramm präsentiert wurde. Dies gibt uns allen in Zeiten vieler anstehender Herausforderungen Zuversicht und Orientierung über die nächsten Schritte und politischen Schwerpunktsetzungen. Und wir sehen: Zahlreiche geplante Maßnahmen zielen in die richtige Richtung.“_
Die Caritas erkennt in einer ersten Durchschau in der Vereinbarung eine Balance zwischen Reformbedarf, Konsolidierungsnotwendigkeiten und wichtigen sozialen Impulsen. Gleichzeitig bleiben in zentralen Bereichen noch Fragen offen – insbesondere in Hinblick auf die Finanzierung und Umsetzungsdetails zu wichtigen sozialen Absicherungen_._
Im Bereich der PFLEGE UND BETREUUNG zeigt das Regierungsprogramm ein grundlegendes Verständnis für die großen Herausforderungen, insbesondere mit Blick auf Personalmangel und Überlastung pflegender Angehöriger. Positiv hervorzuheben sind die angekündigte Fachkräfteoffensive, Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildung und der Arbeitsbedingungen im Pflegebereich sowie das klare Bekenntnis zu einem einheitlichen Vorgehen bei der Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland.
Anna Parr: „_Aktuell bleibt offen, wie die langfristige Finanzierung all dieser Maßnahmen sichergestellt werden soll. Auffällig ist zudem der starke Fokus auf den Gesundheitsbereich, nicht aber auf den Bereich der Langzeitpflege. Wer nicht in die Langzeitpflege investiert, riskiert steigende Kosten im Gesundheitssystem. Eine stärkere Verzahnung dieser beiden Bereiche wäre entscheidend. Diese Agenden sollten aus unserer Überzeugung im nun geplanten Staatssekretariat im Sozialministerium jedenfalls gebündelt werden.“_
Beim KAMPF GEGEN ARMUT setzt das Regierungsprogramm einige wichtige Akzente. Vorgesehen sind unter anderem eine Kindergrundsicherung zur Reduzierung von Kinderarmut, ein begünstigter Energiepreis für einkommensschwache Haushalte, die Zweckwidmung der Wohnbauförderung zur Schaffung von leistbarem Wohnraum sowie ein Bekenntnis zu einer neuen Regelung der Mietindexierung. Auch der geplante Unterhaltsgarantie-Fonds ab 2026 ist ein positives Signal für Alleinerziehende. Zusätzlich sollen das zweite verpflichtende Kindergartenjahr und der Ausbau der Ganztagesschule entscheidende Schritte zur Armutsprävention darstellen.
_“Im Ergebnis muss sichergestellt werden, dass Sozialleistungen nicht gekürzt werden, sondern diese gezielt dort unterstützen, wo sie Menschen nachhaltig aus der Armutsfalle holen. Im Bereich der Sozialhilfe lässt das Regierungsprogramm noch viele Fragen unbeantwortet.“ so Parr._
Trotz der restriktiveren Ausrichtung enthält das Regierungsprogramm auch im Bereich MIGRATION UND INTEGRATION einige positive Vorhaben. „Die geplante langfristige Perspektive für ukrainische Vertriebene ist ebenso zu begrüßen wie die vorgesehenen Verbesserungen in der Grundversorgung. Die Einführung von Mindestqualitätsstandards sowie eine inflationsangepasste Abgeltung für Quartiergeber*innen sind langjährige Forderungen der Caritas, die nun aufgegriffen werden. Parr: „_Besorgt sind wir jedoch über die restriktivere Ausrichtung der Asylpolitik. Sichergestellt bleiben muss: einen Asylantrag zu stellen ist im Fall von Flucht vor Krieg und Verfolgung ein Menschenrecht, zu dessen Schutz sich Österreich international verpflichtet hat.“_
Auch im Bereich der INTERNATIONALEN ZUSAMMENARBEIT enthält das Regierungsprogramm grundsätzlich positive Signale. Das Bekenntnis zur Entwicklungszusammenarbeit als Instrument zur Armutsbekämpfung, Friedensförderung und zum Umweltschutz ist ebenso zu begrüßen wie die Fortführung der internationalen Klimafinanzierung, die Stärkung sozialer Sicherungssysteme und die Förderung von Gleichstellung. Auch die verstärkte Zusammenarbeit mit Partnerstaaten ist ein wichtiges Zeichen für nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit. Kritisch sieht die Caritas jedoch die geplante Verknüpfung von EZA mit migrationspolitischen Zielen und Rückübernahmeabkommen. Zudem fehlt ein gesetzlich verankerter Stufenplan zur Erreichung des 0,7 %-Ziels sowie eine transparente Definition der „ausreichenden Dotierung“ des Auslandskatastrophenfonds.
_„Angesichts großer Herausforderungen brauchen wir eine tatkräftige Politik, die Armut bekämpft, soziale Sicherheit stärkt und Klimagerechtigkeit und Friedensförderung mitdenkt. Das jetzt vorliegende Programm bietet hier richtige Ansätze – ob diese den Menschen tatsächlich helfen, wird sich aber erst in der Umsetzung zeigen. Dafür ist die Einbindung der Zivilgesellschaft, Sozialorganisationen und NPOs essentiell. Wir stehen – wie auch in der Vergangenheit – selbstverständlich mit all unserer Erfahrung und Expertise bereit, hier unseren Beitrag zu leisten und freuen uns auf die Zusammenarbeit.“_ so Parr abschließend.
Caritas Österreich
Leitung Kommunikation & Fundraising
Mag. (FH) Katharina Häckel-Schinkinger
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E-Mail: katha.haeckel-schinkinger@caritas-austria.at
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