25. Wiener Gemeinderat: Rechnungsabschluss 2021 (14)
Beratung der Geschäftsgruppe Kultur und Wissenschaft
Wien (OTS/RK) – GRin Veronika Matiasek (FPÖ) lobte die Stadt dafür, während der Corona-Pandemie und auch im Jahr 2021 die Kulturschaffenden weiter unterstützt zu haben. Es fehle jedoch an Transparenz bei der Vergabe von Fördermittel, um Gerechtigkeit gewährleisten zu können. Laut Matiasek stünde eine Finanzkrise bevor, welche Wienerinnen und Wiener zu Einsparungen zwingen werde – auch im Kulturbereich. Es reiche daher nicht, Theater technisch zu sanieren. Die Stadtregierung müsse dafür sorgen, dass „Häuser laufen“ und ausgelastet seien: „Ein volles Haus in der Kultur in der Kultur ist ein Erfolg“, betonte Matiasek. Folglich müsse die Stadt auf die Wirtschaftlichkeit von Kultureinrichtungen achten. Sie forderte unter anderem, für den Sommer in Wien eine Operettenbühne zu planen, da Operetten ein „Publikumsmagnet“ seien und brachte dazu einen Antrag ein. Matiasek kritisierte, dass sehr wenige Wiener*innen Platz in großen Orchestern finden würden. Das sei auf einen Mangel an Möglichkeiten zurückzuführen, Instrumente in Wien zu erlernen. Deshalb forderte sie den Ausbau der Wiener Musikschulen, und auch der musische Unterricht müsse verstärkt stattfinden. Matiasek brachte einen weiteren Antrag betreffend Gedenkfeier zum 100. Todestag von Wilhelm Conrad Röntgen.
GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) zufolge unterstütze die Wissenschaft dabei, Herausforderungen wie Klimakrise, Corona-Pandemie und Digitalisierung zu bewältigen. Durch die Investitionen in die Wissenschaft und Forschung sei Wien zum „Magnet“ für internationale Forscher*innen. Auch viele Unternehmen würden sich deshalb in Wien ansiedeln. Wien müsse diese Vorreiterrolle weiterhin wahrnehmen und ausbauen. Das Thema Wissenschaft sei deshalb der Fortschrittskoalition ein besonderes Anliegen. Denn in Wien gebe es laut Gara viel „Wissenschaftsskepsis“, Aufklärung sei entsprechend wichtig. Die Rolle der Politik sei es, dafür die Rahmenbedingungen zu schaffen, weshalb die Stadtregierung wichtige Institutionen mit Förderungen unterstütze. Gara ging zudem auf digitalen Humanismus ein: Digitalisierung müsste menschengerecht weiterentwickelt werden. Deshalb werde dieser Schwerpunkt auch im kommenden Jahr von der Stadt Wien weiter forciert. Gara betonte, dass auch Kunst und Kultur hinsichtlich Klimaneutralität voranschreiten und als Vorbild vorangehen sollte. Den „Aufbruch in die solare Moderne“ habe die Stadt Wien unter anderem beim Pratermuseum und bei der Renovierung des Wien Museums mitgedacht.
GRin Mag. Laura Sachslehner, BA (ÖVP) meinte, die Versprechen im Regierungsabkommen von SPÖ und NEOS seien „nur heiße Luft“: Die Mehrheit der vereinbarten Punkte seien nicht umgesetzt worden, auch in der Kultur: Sachslehner kritisierte, dass nach eineinhalb Jahren erst sieben von 70 Punkten im Kulturbereich umgesetzt. „Damit sollte man sich nicht brüsten“, sagte sie zu ihrem Vorredner Weber (NEOS). Im Kulturbereich gehe es genauso zu wie sonst überall in der Stadt Wien: Es gebe viele Förderungen und hohe Kosten, so Sachslehner. Als Beispiel nannte sie die „Kostenexplosionen“ beim Wien Museum und Pratermuseum sowie die „unglaublichen Subventionen“ beim Wiener Volkstheater. Unter anderem fehle die Aufwertung der Bezirksmuseen und eine Strukturreform für Wiener Bühnen. Die Wiener Kulturpolitik zeichne Sachslehner zufolge „sträfliches Nichtstun“ und verantwortungsloser Umgang mit Steuergeld aus – das sei inakzeptabel. Mittels Antrag forderte sie ein einheitliches und modernes Kunst- und Kulturleitsystem, damit Kultur in Wien noch sichtbarer wird. Dabei sollten vor allem Kultureinrichtungen in den Außenbezirken berücksichtigt werden, so Sachslehner. Sie brachte einen weiteren Antrag ein betreffend Denkmal für Roma und Sinti: Darin forderte die ÖP Wien von der Stadtregierung, einen Wettbewerb für das Roma und Sinti Denkmal zu starten und die erforderlichen finanziellen Mittel aufzustellen, um ehestmöglich ein würdiges Genozid-Mahnmal für die mehreren Tausend ermordeten Roma und Sinti erstellen zu können.
GRin Mag. Dr. Ewa Samel (SPÖ) zufolge habe die Corona-Krise den Kunst- und Kulturbereich stark getroffen. Deshalb müsse der Fokus auf Kontinuität gelegt werden, und bewährte Projekte müssten fortgesetzt werden. Mit Erhöhungen und neuen Förderschienen, etwa den Arbeitsstipendien für Künstler*innen sei die Kontinuität aufrechterhalten worden. Wien habe buntes und breites Angebot, das die der Bevölkerung zur Verfügung gestellt wird. Zudem sei die Stadt laut Samel ein wichtiger Standort in der europäischen Wissenschaftslandschaft. Derzeitige Schwerpunkte in der Wissenschaft seien Life Sciences, Informationstechnologien und digitaler Humanismus – Wien sei hier „am Puls der Zeit“, lobte Samel. Mit der Förderung WWTF sei in Wien ein Meilenstein zur Stärkung der Forschung in der Stadt gelegt worden. Samel betonte, dass es wichtig sei, sich Herausforderungen zu stellen: Die kontinuierliche Weiterentwicklung Wiens als Wissenschaftsstandort und Forschungsstadt sei essenziell. Die Stadtregierung setze alles daran, Wien als Forschungs- und Innovationsmetropole weiter auszubauen. Samel ging auch auf die Wissenschaftsvermittlung ein, welche die Stadtregierung fördere und erwähnte das „tolle Programm“ der Wiener Vorlesungen.
GRin Mag. Mag. Julia Malle (GRÜNE) war der Ansicht, dass die Stadt Wien mehr Möglichkeiten hinsichtlich Förderungen hätte und forderte eine umfassende Wissenschafts- und Forschungsstrategie. In Richtung Gara (NEOS) erinnerte sie daran, dass die Wiener Grünen in der Vergangenheit bereits Anträge für Maßnahmen gegen Wissenschaftsskepsis eingebracht hätten – diese habe die Stadtregierung jedoch abgelehnt. Malle lobte, dass Wien auch die Wissenschafter*innen unter ukrainischen Flüchtlingen unterstütze. Sie verwies auf einen Artikel in „Die Presse“ über die Central European University, in dem die Universität angebe, eventuell nicht auf das Otto-Wagner-Areal ziehen zu wollen. Malle kritisierte, dass die Stadtregierung ihre Pläne als fix dargestellt hätte und forderte Auskünfte zu diesem Thema.
GR Jörg Neumayer, MA (SPÖ) meinte in Richtung Sachslehner (ÖVP):
Von 40 im Regierungsprogramm angeführten Projekten seien – trotz Halbzeit der Fortschrittskoalition – bereits sieben fertig, vier in Planung und die restlichen Projekte seien in Umsetzung. Unter anderem seien Fair-Pay-Maßnahmen in Umsetzung – hier gebe es jedoch keinen abgeschlossenen Prozess, da diese weitergeführt würden. Durch den Fair-Pay-Ansatz habe die Stadtregierung die Weichen gestellt, damit Wiener*innen Kultur weiterhin nachhaltig nutzen können. In der „Kulturhauptstadt Wien“ setze die Stadtregierung auch weiterhin auf kostenlose Angebote, um Kultur für alle erlebbar zu machen und auch kleinteilige Erlebnisse für die Bevölkerung zu schaffen – „bei manchen Dingen muss man einfach hineinschnuppern“, meinte Neumayer. Wien habe sehr viel zu bieten, betonte Neumayer: In der Museen- und Theaterlandschaft gebe es eine Vielzahl von Angeboten, die gefördert und Wiener*innen zugänglich gemacht werden. Die Stadt setze darauf, dass Kultur in Wien auf großen und kleinen Bühnen stattfindet. Bei Investitionen gehe es unter anderem darum, den Theaterbereich aufrecht zu erhalten. Er lobte die Sanierung des Wiener Volkstheaters und die Zusammenarbeit mit dem Bund dabei. Zudem lobte er die „großartige Arbeit“ der Magistratsabteilunng 7 – Kultur der Stadt Wien.
GR Nikolaus Kunrath (GRÜNE) thematisierte in seiner Rede die Erinnerungspolitik und forderte Veränderungen hinsichtlich der Straßennamen. Er verwies auf eine Initiative der Wiener Grünen in der Leopoldstadt, damit Abschnitte am Donaukanal nach Frauen, die im Nationalsozialismus Widerstand geleistet haben, benannt werden. Kunrath zufolge seien nicht mal sieben bis acht Prozent der Straßen in Wien nach Frauen benannt, nur die Seestadt sei hier eine Ausnahme. Die Stadt Hamburg sei hier ein Vorbild, da auf Straßenschildern auch die Ehefrauen und Partnerinnen erwähnt würden. Es habe sich in der Erinnerungspolitik in den vergangenen Jahren viel verändert, betonte Kunrath. Er forderte die Stadtregierung daher auf, unter anderem die jüdische Hochschulgemeinschaft zu unterstützen, indem das Karl-Lueger-Denkmal entfernt wird. Eine Kontextualisierung genüge hier nicht, es gebe andere Möglichkeiten, Denkmäler entsprechend aufzustellen. Veränderung sei in vielen Bereichen eine Selbstverständlichkeit, auch hier müsse dies möglich sein, schloss Kunrath. (Forts.) exm
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