42. Wiener Gemeinderat (4)
GR Anton Mahdalik (FPÖ) sagte, die Freiheitlichen seien „große Fans“ von Kleingartenanlagen und -vereinen. Deshalb hätte die FPÖ Anträge zu festen Brennstoffen in Kleingartensiedlungen sowie der Teilnutzbarkeit von Terrassen auch in den Wintermonaten eingebracht, erinnerte Mahdalik. Der FPÖ-Gemeinderat stellte die Frage in den Raum, aus welchem Grund der Bezirksvorsteher 11.500 Euro verdiene, wenn es gleichzeitig zutreffend sei, dass er bei keiner Entscheidung involviert sei – etwa zu Umwidmungen von Grundstücken. „Theoretisch“, so Mahdalik, seien auch Stadträte und Bürgermeister nicht nötig, wenn diese alle keinen Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen könnten. Entscheidungsträger hätten „natürlich“ einen Wissensvorsprung gegenüber anderen, wenn es um Widmungen geht, meinte Mahdalik. Er hoffe, die Wähler*innen würden sich diese Vorgänge bis zur nächsten Wahl merken. „Vielleicht taucht noch der eine oder andere Fall auf – etwa an der Alten Donau“, fuhr Mahdalik fort. Die SPÖ sei gut beraten, den Schaden wiedergutzumachen. Wenn alles „ruhiger“ sei, könne man sich wieder zusammensetzen und überlegen, weitere Kleingartenlose auszugeben – und diese nicht nur über diverse Bauträger zu vergeben.
GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE) begann mit einer Entschuldigung „im Namen der Sozialdemokratie“ für die Vorgänge rund um Umwidmungen von Grundstücken. Er frage sich, ob die Menschen in Wien und insbesondere die Mitglieder der SPÖ wirklich zufrieden seien, dass es „immer Gleichere“ geben würde, die zum Zug kämen. Fast die Hälfte aller Verkäufe um die Krcal-Grube seien an höhere Funktionär*innen gegangen, sagte Margulies – das könne auch im Grundbuch nachvollzogen werden. Das sei, „was Ihre Leute am meisten ärgert“, meinte Margulies in Richtung SPÖ. Zudem sei es „nicht in Ordnung“, dass die SPÖ zwar richtigerweise fordere, den Seezugang für alle Menschen bereitzustellen aber sich dort, wo viele Funktionär*innen ihre Grundstücke hätten, gegen einen Zugang sperren würde. Es müsse „eine Selbstverständlichkeit“ sein, sich als Politiker*in an einen Wertekompass zu halten und er unterstütze diesen. Ein Wertekompass, der die Vorgänge um die Umwidmung von Grundstücken für in Ordnung halte, sei allerdings nichts wert.
GR Dr. Peter Sittler (ÖVP) sprach von einem „Sittenbild des Roten Wien“, wonach Wasser gepredigt und Wein getrunken werde. Genau dies sei passiert, wo die „rote Schickeria zugegriffen“ habe, sagte Sittler. Auch er erinnerte an die Forderung der SPÖ, wonach freier Zugang zu Seen zu gewährleisten sei. Sittler erinnerte an SPÖ-Funktionär*innen, welche sich bei der Abstimmung zur Umwidmung nicht für befangen erklärt hatten. Es gebe eine Anzeige bei der WKStA, so Sittler, diese werde die Vorgänge untersuchen. Er frage sich, wieso die SPÖ so „eigentumsfeindlich“ sei – er verwies auf die Eigentumsquote in Wien von 19 Prozent – während sich die „eigenen Leute Grundstücke unter den Nagel gerissen haben“. Sittler zitierte anschließend Bürgermeister Michael Ludwigs Ausspruch von „hohen moralischen Ansprüchen“ – er wisse nicht, wo diese Ansprüche seien. Die ÖVP fordere angesichts der Situation mehr Transparenz beim Umgang mit städtischen Grundstücken, nachvollziehbare Kriterien bei der Vergabe, transparente Wartelisten, eine Kleingartenstrategie, eine zentrale Anlaufstelle, langfristige Perspektiven, Zielsetzungen und politische Bekenntnisse. Man habe die politische Befangenheit bereits umfassend besprochen, nun müsse man die interne Revision einschalten und etwa das Aktivwerden eines Compliance Officers in die Wege leiten.
GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP) kündigte zunächst an, dass die Volkspartei dem „Neuen Wiener Verhaltenskodex“ zustimmen wolle. Als Abgeordnete aus der Donaustadt tue es ihr leid, dass der Bezirk mit dieser Causa in Verbindung gebracht werde. Die Donaustadt sei ein Bezirk, indem aktuell „sehr viel los“ sei und der sich rasant entwickle. Anstatt darüber zu sprechen, fände sich der Bezirk „immer wieder wegen des Bezirksvorstehers“ im Zentrum der Aufmerksamkeit. Es sei die Realität in der Donaustadt, dass sich der Bezirksvorsteher Nevrivy eine „grüne Oase“ gesichert habe, während der Bezirk zubetoniert werde. Zigtausende Menschen würden zuziehen, ohne dass die Infrastruktur angepasst werde, so Hungerländer. Es sei daher „verständlich“, dass der Bezirksvorsteher „seinen Alterswohnsitz in Breitenlee am See“ eingerichtet habe. Für die Anliegen der Bevölkerung habe die Bezirkspolitik „kein Ohr“ gehabt. Umwidmungen seien in der Donaustadt immer wieder Thema, so Hungerländer; das „intransparente Verhalten der SPÖ“ dabei an der Tagesordnung. Es gebe eine „Mia san mia“-Mentalität in der Donaustadt. Wien sei jedoch „nicht ihr Eigentum“ meinte Hungerländer in Richtung SPÖ, die Stadt habe sich eine bessere Politik verdient, so Hungerländer abschließend.
GR Georg Prack, BA (GRÜNE) erinnerte daran, dass tausende Kleingärten unter einer SPÖ-Regierung privatisiert worden seien. Es sei „der Spekulation mit Kleingärten“ Tür und Tor geöffnet worden. Den „Erholungsort für Arbeiter*innen“ sei für diese nicht mehr leistbar, so Prack. Ein wichtiges Thema sei die Privatisierung von städtischem Boden. Die Grünen hätten bereits während ihrer Regierungszeit dafür gesorgt, dass dies „zur Ausnahme wird“, indem man nach dem Prinzip „Baurecht statt Verkauf“ gehandelt habe. Prack forderte die Koalition dazu auf, Schluss mit dem Verkauf städtischen Bodens zu machen. Der Verkauf von Immobilien durch die Stadt würde ebenfalls nicht der Stadt zugutekommen – die Gewinne daraus machten stattdessen private Spekulanten. Abschließend forderte Prack eine Leerstandsabgabe für Wien.
GRin Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE) kritisierte zu Beginn, dass der Index „transparente Gemeinde“ von Transparency International als Persilschein genutzt werde. Die Auszeichnung, die Wien erhalten habe, sei vor allem der Verwaltung zu verdanken, die festgelegte Transparenzkriterien erfüllt. Seit vielen Jahren erreiche Wien den ersten Platz. Dies sei laut Transparency International auch deshalb der Fall, weil große Städte mehr Personal hätten, um Informationen bereitzustellen. Es gebe Kategorien, in denen Wien besonders gut abschneide und auch solche, wo dies nicht der Fall sei, so Kickert. Die Kategorie „Verkauf öffentlichen Eigentums“ sei eine der am schlechtesten bewerteten der Stadt. Zum Resolutionsantrag eines „Neuen Wiener Verhaltenskodex“ kündigte Kickert ihre Zustimung an, bemängelte jedoch die Begründung und andere Teile des Antrags.
GR David Ellensohn (GRÜNE) erinnerte daran, dass Compliance Officers bereits einmal beschlossen worden seien. Er hoffe, dass der Antrag „wenigstens diesbezüglich ernstgenommen wird“. Es sei weiters eine Tatsache, dass es sich bei der Causa Kleingarten um „einen SPÖ-Skandal“ handle. Es seien nicht „irgendwelche kleinen Mitglieder“ betroffen, sondern „Spitzenverdiener in dieser Stadt, die sich bei den Kleingärten bedienen“, so Ellensohn. Er berichtete von einer Kleingartenpächterin aus Wien Hernals, die ihren Kleingarten verloren habe. Sie sei eine der „Gleichen“, die keine Chance mehr habe, während andere sich versorgt hätten. Ellensohn an die Stadtregierung: „Schämen Sie sich dafür!“ Anschließend führte Ellensohn anhand von Medienberichten eine Reihe an „Widersprüchen“ aus, in die sich die Betroffenen der Kleingarten-Causa verwickelt hätten und stellte in den Raum, dass „in jedem Fall jemand drankommen“ werde. „Die Geschichten, die hier erzählt werden, passen nicht zusammen“, so Ellensohn. Es handle sich nicht bloß um moralische, sondern auch rechtliche Verfehlungen.
Abstimmung:
Die Anträge der Opposition fanden nicht die notwendige Mehrheit. Der Antrag von SPÖ und NEOS zum Verhaltenscodex und der Einrichtung eines Compliance-Officers wurde mehrstimmig angenommen.
Die 42. Sitzung des Wiener Gemeinderat endete um 13.15 Uhr.
SERVICE
In der Informationsdatenbank des Wiener Landtages und Gemeinderates (INFODAT) unter http://www.wien.gv.at/infodat können Reden, Debattenbeiträge, Beschlüsse, Anfragen, Anträge, Gesetzesentwürfe und Landesgesetzblätter nach verschiedenen Kriterien abgerufen werden. Dabei wird Zugriff auf die zugehörigen Videos und Originaldokumente (sofern elektronisch vorhanden) geboten. (Schluss) jaz
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