TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 12. August 2020 von Denise Daum „Keine Sommerpause für Koalitionstheater“
Innsbruck (OTS) – Die Innsbrucker Stadtregierung taumelt von einem Streit zum nächsten. Dieses Mal bildet sich eine bürgerliche Mehrheit zur Aufhebung der Parkgebühren an Samstagen. Die Effektivität dieser Maßnahme ist fraglich.
Wenn der Spruch stimmt, dass Totgesagte länger leben, dann bleibt den Innsbruckerinnen und Innsbruckern die Stadtkoalition noch lange erhalten. Fast schon inflationär wurde in den vergangenen Monaten der Spruch vom Ende der Koalition aus Grünen, ÖVP, Für Innsbruck und SPÖ bemüht – die Prophezeiungen kamen von allen Seiten: der Opposition, der Wirtschaftskammer, und selbst Parteifreunde der Koalitionäre zweifelten das ein oder andere Mal am Überleben. Doch bislang haben sich die Regierungsparteien immer wieder zusammengerauft. Wohl auch aufgrund mangelnder Alternativen: Neuwahlen nach nicht einmal zweieinhalb Jahren will niemand; außer vielleicht die Opposition. Und so wird die Koalition auch den aktuellen Disput überleben und nicht an der Einführung eines befristeten gebührenfreien Samstagsparkens scheitern. Man darf aber berechtigt die Frage stellen, ob die Differenzen oder die Gemeinsamkeiten überwiegen. Zumindest haben ÖVP und Für Innsbruck eindeutig bewiesen, dass ihnen die Klientelpolitik wichtiger als der Koalitionsfriede ist – die Forderung nach der Aussetzung der Parkgebühr an Samstagen kam von der Wirtschaft. Dafür bedienen sie sich auch gern der FPÖ und bilden mit ihr den berühmten „bürgerlichen Block“ gegen die Koalitionspartner SPÖ und Grüne.
Ob mit dem gebührenfreien Samstag allerdings das Ziel, die Corona-gebeutelte Wirtschaft zu beleben, erreicht wird, ist höchst zweifelhaft. Dass die öffentliche Hand unter Zugzwang ist, Maßnahmen für die Wirtschaft zu ergreifen, ist evident. Aber auch in Krisenzeiten ist zu belegen, welche Effekte zu erwarten sind. Nachvollziehbare Belege zur Treffsicherheit der Gebührenbefreiung, aber auch die Abschätzung von unerwünschten Auswirkungen etwa für die Anrainer der Innenstadt sind bislang nicht bekannt. Von den geschätzten Kosten von 68.000 Euro für die ohnehin schon unter finanziellem Druck stehende Stadt gar nicht erst zu reden. Interessant ist, wie nun Bürgermeister Georg Willi auf diese neue bürgerliche Mehrheit reagiert: Er beruft einen Sondergemeinderat ein. Ein Schelm, wer denkt, dass er das absichtlich macht. Jedenfalls aber ist es eine schöne Inszenierung. An der Mehrheit für die Aufhebung der Parkgebühr wird sich bei der Sitzung nämlich nichts ändern, aber zumindest bietet sich den Grünen eine geeignete Bühne, um ihre Position zu vertreten. Mit einem Sondergemeinderat ist die öffentliche Aufmerksamkeit garantiert.
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