Österreichs Regierung steht beim EU-Schutz von Hinweisgebern auf der Bremse
Transparency International veröffentlicht Fortschrittsbericht zur Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie in Europa
Wien (OTS) – 24.03.2021: Bereits im Oktober 2019 hat die Europäische Union eine Richtlinie zum Schutz von Hinweisgebern verabschiedet. Bis Dezember 2021 müssen die Mindeststandards der Whistleblower-Richtlinie in allen EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt werden, um Hinweisgeber vor Repressalien zu schützen. Transparency International hat heute einen Bericht veröffentlicht, in welchem der Fortschritt in Bezug auf die Umsetzung der EU-Richtlinie in allen Staaten der EU verglichen wird.
Europa
Bis Mitte Februar 2021 hatten zwei Drittel (18) der 27 Mitgliedstaaten mit dem Umsetzungsprozess noch nicht begonnen oder nur minimale Fortschritte erzielt. Es ist ungewiss, ob überhaupt ein EU-Land die Richtlinie rechtzeitig umsetzen wird.
Dieser Mangel an Dringlichkeit seitens der EU-Mitgliedstaaten ist besorgniserregend. Die durch die COVID-19-Pandemie aufgedeckte Korruption, sowie die enormen Beträge an Hilfsgeldern sollten die Staaten zum Handeln anregen. Neun Monate vor dem Stichtag müssen alle EU-Länder und insbesondere diejenigen, die bei der Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie bis dato nur minimale oder keine Fortschritte erzielt haben, ihre Bemühungen intensivieren. Lediglich ein EU-Land hat wesentliche Fortschritte bei der Umsetzung erzielt:
In der Tschechischen Republik wurde am 9. Februar 2021 dem Parlament einen Gesetzesentwurf zum Schutz von Hinweisgebern vorgelegt.
„Transparency International Austria setzt sich seit Jahren für eine umfassende Gesetzgebung zum Hinweisgeberschutz ein. Kriminelle Machenschaften müssen aufgedeckt und verurteilt werden, die Schuldigen müssen mit Sanktionen rechnen. Derjenige, der einen Missstand meldet, also der Whistleblower, wird oft als Denunziant, Nestbeschmutzer oder gar Verräter gebrandmarkt. TI-Austria will zu einer Bewusstseinsänderung beitragen und dem Whistleblower zu einem gesetzlich verankerten Schutz verhelfen.“, so Frau Prof. Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende TI-Austria.
Herr Mag. Kristof Wabl, Leiter der TI-Austria Arbeitsgruppe Whistleblowing erklärt, „dass Whistleblowing eine der effektivsten Methoden ist, um Fehlverhalten wie Korruption und andere Missstände aufzudecken. Eine solide Gesetzgebung ist von entscheidender Bedeutung, um Whistleblower vor Vergeltungsmaßnahmen zu schützen und sicherzustellen, dass ihre Meldungen behandelt werden.“
Österreich
Nicht einmal neun Monate vor der Umsetzungsfrist wird Österreich wird in die Kategorie „kein oder minimaler Fortschritt“ eingestuft. Details zum Umsetzungsprozess sind trotz mehrfacher Anfragen nicht bekannt, bisher war dieser weder transparent noch inklusiv. Von der österreichischen Regierung wurden weder Informationen veröffentlicht noch proaktiv weitergegeben. Transparency International erwartet, dass ein breiter Konsultationsprozess mit Stakeholdern gestartet wird, damit die Richtlinie in Österreich rechtzeitig und vor allem adäquat umgesetzt wird.
„Der österreichische Gesetzgeber sollte die Umsetzung der EU-Richtlinie als wichtigen Schritt in Richtung Transparenzoffensive sehen. Statt nur einen minimalistischen Ansatz für die Umsetzung zu verfolgen, bietet sich vielmehr die Chance, um über die Mindeststandards der Richtlinie hinauszugehen und umfassende nationale Rechtsvorschriften zu verabschieden, die bewährten Verfahren und internationalen Standards entsprechen.“, so Herr Mag. Kristof Wabl.
Frau Prof. Eva Geiblinger meint: „Nur sehr langsam ändert sich die Einstellung sowohl in der Management-Etage als auch in der Bevölkerung im deutschsprachigen Raum. Aber die immer öfter aufgedeckten Skandale der letzten Jahre zeigen, dass „einfach unter den Teppich kehren“ keine Option mehr ist. Die Mithilfe von Personen mit Insiderwissen ist oftmals der einzige Schlüssel, um Missstände gezielt aufdecken zu können. Meldesysteme müssen daher in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Sektors zum allgemeinen Standard werden.“
Die Arbeitsgruppe hat bereits im September 2020 Empfehlungen für die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht ausgearbeitet und in einem Forderungspapier zusammengefasst:
1. Erweiterung des Anwendungsbereichs auf Verstöße gegen nationales Recht
2. Vereinheitlichung des Hinweisgeberschutzes in einem Gesetz
3. Ausstattung externer Behörden
4. Vereinheitlichung des Schutzes für öffentlich Bedienstete (Beamte und Vertragsbedienstete)
5. Ermöglichung von anonymen Hinweisen
6. Schaffung eines Unterstützungsfonds für Hinweisgeber
Link zum vollständigen TI-Austria Forderungspapier:
[https://www.ti-austria.at/wp-content/uploads/2020/09/Forderungspapie
r-Whistleblowing-EU-Richtlinie.pdf]
(https://www.ti-austria.at/wp-content/uploads/2020/09/Forderungspapie
r-Whistleblowing-EU-Richtlinie.pdf)
Link zum TI Bericht (Englisch):
[https://www.transparency.org/en/publications/eu-governments-whistleb
lower-protection]
(https://www.transparency.org/en/publications/eu-governments-whistleb
lower-protection)
Luca Mak LL.M.
Geschäftsstellenleiter
Transparency International Austria
Tel.: +43 (0)1 960 760
E-Mail: office@ti-austria.at
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