WWF-Analyse: Schlechtes Zeugnis für Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan
Umweltschutzorganisation kritisiert lückenhaften Entwurf und fordert mehr Budget für Gewässerschutz – Politik muss Flüsse besser schützen und sanieren, um EU-Recht einzuhalten
Wien (OTS) – Der Beschluss des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans für die Jahre 2022 bis 2027 steht demnächst bevor. Die Naturschutzorganisation WWF Österreich warnt in einer offiziellen Stellungnahme vor gravierenden Mängeln und fordert in sieben Bereichen substantielle Verbesserungen: „Wir müssen deutlich mehr Flüsse renaturieren und viele sinnlose Querbauwerke entfernen. Sieben von zehn Wasserkraftwerke verfehlen die geltenden ökologischen Standards – hier braucht es eine Pflicht zur Sanierung. Außerdem muss die Politik endlich die Schwall-Belastung durch Wasserkraftwerke beheben, der jährlich Millionen Jungfische zum Opfer fallen“, fordert WWF-Gewässerschutzexpertin Bettina Urbanek. Ihr Fazit zum Entwurf: „Die vom Landwirtschaftsministerium geplanten Maßnahmen sind völlig unterfinanziert und von fragwürdigen Ausnahmen durchlöchert.“
Österreich ist laut der aktuellen WWF-Analyse weit davon entfernt die EU-Ziele zu erreichen. Insbesondere aufgrund der zu starken Regulierung und Verbauung sind derzeit nur 14 Prozent der Fließwasserstrecken ökologisch intakt, während sich 60 Prozent in keinem guten Zustand befinden, der laut EU-Vorgaben bis 2027 wieder für alle Gewässer erreicht werden muss. Anstatt der dafür laut NGP mindestens benötigten 3,2 Milliarden Euro sind bisher aber nur 200 Millionen Euro an Bundesmitteln gesichert. „Gesunde Gewässer sichern unser Trinkwasser und sind gerade in Zeiten der Klimakrise ein unverzichtbarer Schutzschild gegen die Folgen der steigenden Temperaturen. Daher müssen sowohl der Bund als auch die Länder deutlich mehr für klimafitte Flüsse tun anstatt sie sträflich zu vernachlässigen“, fordert WWF-Expertin Bettina Urbanek.
Die Maßnahmen müssen bis Ende Dezember 2021 im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) festgelegt werden, der für die kommenden sechs Jahre gilt. Österreich hat also nur noch drei Monate Zeit, um den Entwurf gründlich zu verbessern und die dafür notwendigen Mittel zu garantieren. Damit würden auch alle beteiligten Branchen mehr Planungssicherheit haben.
Sieben Maßnahmen für intakte, klimafitte Flüsse und Seen:
1. Schwall-Sunk-Belastung der Speicherkraftwerke beheben: 875
Fluss-Kilometer an Flussstrecken sind in Österreich durch
Schwall-Sunk belastet – dabei steigt und sinkt der Wasserspiegel in
den Flüssen oft mehrmals täglich sehr schnell und drastisch, teils um
bis zu 1,5 Meter. Laut einer WWF-Schätzung fallen in Österreich jedes
Jahr bis zu 200 Millionen Jungfische und Fischlarven der
Schwall-Sunk-Belastung zum Opfer. Der neue NGP muss deshalb die
verpflichtende Erstellung von Machbarkeitsstudien und
Sanierungsplänen sowie klare Zeitpläne für die Sanierung verankern.
Als Sofortmaßnahme fordert der WWF die Einführung eines
„Jungfischfensters“ – einer neunwöchigen Schonzeit in Mai und Juni.
2. Gewässer besser schützen: Es dürfen keine intakten Flussstrecken
mehr verbaut werden. Die fachlich unbegründete Herabstufung von
Flussstrecken, ausgerechnet dort wo Kraftwerke geplant sind, wie an
der Schwarzen Sulm, muss umgehend revidiert werden. Darüber hinaus
muss der Kriterienkatalog Wasserkraft des Bundes bei allen
Wasserkraftanlagen konsequent zur Anwendung kommen und der Schutz von
sensiblen Strecken durch Regionalprogramme in den Bundesländern muss
weiter ausgebaut werden.
3. Unnötige Barrieren entfernen: 27.000 Querbauwerke machen
Österreichs Flüsse für Fische unpassierbar. Der neue NGP sieht jedoch
bei nur 300 davon einen Umbau vor. Der WWF fordert, dass vor allem
unnötige Barrieren konsequent rückgebaut werden.
4. Flüsse renaturieren und Gewässerstruktur verbessern: Der WWF
begrüßt das Bekenntnis fast 800 Kilometern an Schwerpunktgewässern
morphologisch zu renaturieren. Allerdings ist der Handlungsbedarf mit
insgesamt 8.500 Fluss-Kilometern deutlich größer und daher müssen
zusätzliche Strecken folgen, insbesondere an Traun, Donau, Enns,
March und Inn.
5. Restwasserstrecken: Mehr als 4.500 Kilometer des Gewässernetzes
weisen aufgrund übermäßiger Wasserentnahmen nur noch eine minimale
Wassermenge auf. Für alle Flussstrecken, auch für Ableitungen bei
Speichern, ist bis 2023 die Wassermenge so weit zu erhöhen, dass die
wesentlichsten ökologischen Funktionen gewährleistet sind.
6. Entwässerung und Übernutzung des Grundwassers im Seewinkel
beenden, um die hochgradig gefährdeten Pannonischen Salzlebensräume
zu retten: Im Seewinkel muss die Politik dringend Maßnahmen setzen,
um die einzigartigen Salzlacken zu retten, die durch überschießende
Entwässerungsmaßnahmen der Landwirtschaft stark belastet sind.
7. Finanzierung aufstocken: Allein die morphologische Sanierung der
österreichischen Flüsse, also die Wiederherstellung ihrer natürlichen
Strukturen, kostet laut NGP rund 3,2 Milliarden Euro. Derzeit stehen
jedoch nur 200 Millionen Euro an Bundesmitteln zur Verfügung. Daher
müssen die Mittel drastisch aufgestockt werden, wenn Österreich noch
eine Chance haben will, die EU-Ziele zu erreichen.
Die vollständige Stellungnahme finden Sie hier zum Download:
[https://bit.ly/39rMX4J] (https://bit.ly/39rMX4J)
Valentin Ladstätter, MA; Pressesprecher WWF Österreich
+43 676 83 488 257; valentin.ladstaetter@wwf.at
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender
Kommentare sind geschlossen, aber trackbacks und Pingbacks sind offen.