Berufs-EM: drei Bildungssysteme, drei Teilnehmer, ein Ziel

Rund 400 Teilnehmer aus 22 Nationen gehen noch bis morgen in Graz bei der Berufs-EM auf Medaillenjagd. Der internationale Weg zum Berufsspektakel ist durchaus unterschiedlich.

Graz (OTS) – Wie der Werdegang eines rot-weiß-roten Teilnehmers von der Wiege über die Lehre bis in den Job ist, weiß man zumindest oberflächlich. Der österreichische Berufs-EM-Teilnehmer und Elektrotechniker Stefan Prader geht ins Detail: „Ich habe nach der Volksschule und der Hauptschule, die damals noch nicht Mittelschule hieß, das Polytechnikum gemacht. Für mich war immer klar, dass ich mich so auf die Lehre vorbereiten werde. Im Poly konnte man sich gut Zeit nehmen, den Beruf näher kennen zu lernen, denn dazu ist dieses Jahr ja da“, sagt der Weststeirer, der gerne an seine duale Ausbildung zurückdenkt. „Ich bin ja pro Lehrjahr neuneinhalb Wochen in der Berufsschule gewesen, habe mich da voll auf die Schule konzentrieren können. Den Abschluss habe ich dann 2016 gemacht, ab dann war ich ein ausgebildeter Facharbeiter.“ Damit der 24-Jährige künftig auch ein Unternehmen leiten kann, begann er kürzlich mit der fachlichen Befähigungsprüfung am WIFI Steiermark. „Der Kurs umfasst in zehn Monaten 600 Stunden – danach kann ich ein Unternehmen leiten, wenn ich zusätzlich noch den Unternehmerschein mache. Der geht aber recht schnell, den kann man in ein, zwei Monaten schaffen.“ Die Befähigungsprüfung ist aus anderen Lehrberufen mit dem Titel des Meisters gleichzusetzen, der wiederum gleichwertig mit dem Bachelor im NQR (Nationaler Qualifikationsrahmen) auf Stufe sechs ist. „Ich könnte dann noch weitere Ausbildungen an einer Fachhochschule machen, um etwa mit Hochspannung zu arbeiten“, sagt Prader.

Von der Lehre bis hin zur Kraftwerks-Planung

Anders hört sich die gleiche Ausbildung in der Schweiz an, wie Elektroinstallateur Simon Koch berichtet: „Bei uns beginnt man die Schule in der Unterstufe, die fünf Jahre dauert. Danach bin ich in die Sekundarstufe gekommen, die wiederum vier Jahre dauert. Danach hat man die Möglichkeit die Matura oder die Berufslehre zu machen. Ich habe die Berufslehre gemacht und mit der Berufsmatura abgeschlossen.“ Die Lehre unterscheidet sich zu jener in Österreich in einem wichtigen Punkt: In der Schweiz verbringt man einen bis eineinhalb Tage pro Woche in der Berufsschule, den Rest im Betrieb. Umständlich? Nicht für Simon Koch: „Reine Gewohnheit, denn es war meist derselbe Wochentag, womit auch der Betrieb abschätzen konnte, wann ich nicht da bin.“ Nachdem der erste Skills-Starter der Bütler Elektro Telecom AG überhaupt (weshalb auch Simons Chef zum Wettkampf nach Graz anreisen wird) die Grundausbildung abgeschlossen hatte, begann er nun an der Fachhochschule mit einem berufsbegleitenden Studium. „Das Studium hat letzte Woche begonnen, wenn alles gut läuft, habe ich in vier Jahren den Bachelor und bin Elektroingenieur.“ Danach stehen Koch Tür und Tor offen, macht er den Meister kann er selbst eine Firma leiten, wird es der Master an der FH könnte er als Software-Techniker gar ein Kraftwerk mitplanen.

Lehrlingsausbildung schon als Geselle möglich

Für die Italienerin Lisa Marie Winding ging es mit fünf Jahren in der Grundschule los, danach paukte sie drei Jahre in der Mittelschule, ein Jahr Grundlehrgang Berufsschule, danach vier Jahre Lehre als Friseurin. Auch hier gab es einen Tag pro Woche in der Berufsschule und vier im Betrieb. Die 24-Jährige hätte nach dem Abschluss der Lehre auch gleich ihr eigenes Geschäftslokal eröffnen können: „Wenn man die Lehre als Geselle abschließt hat man dazu automatisch die Berechtigung, früher hat man schon den Meister gebraucht, aber das hat sich geändert. Eine Anforderung ist, dass man als Geselle nur einen Lehrling in den Betrieb aufnehmen darf.“ Würde Lisa Marie den Meister machen wollen, müsste sie binnen sechs Jahren vier Prüfungen abschließen, damit dieser Titel anerkannt wird. „Hier wird wirtschaftliches Wissen gelehrt, wie auch rechtliches, pädagogisches und berufsspezifisches.“ Drei unterschiedliche Ausbildungssysteme, drei unterschiedliche Young Professionals, die bei den EuroSkills nur ein Ziel kennen: Ihr Land bestens zu vertreten und im Idealfall eine Medaille zu holen.

Angelika Ledineg
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