Fair Pay bitte warten?

Kunst und Kultur und faire Bezahlung

Wien (OTS) – Seit einem Jahr findet der vom BMKOES initiierte Fairness-Prozess statt. Beteiligt daran sind einerseits zehn Interessenvertretungen der Freien Szene in Kunst, Kultur und Medien, andererseits die Kunst- und Kulturabteilungen der Bundesländer. Die Interessenvertretungen haben zu diesem Prozess ein Grundsatzpapier mit Maßnahmen und Zielen beigesteuert sowie Honorar- und Gehaltsempfehlungen für die verschiedenen Sparten ausgearbeitet und in einem vom Kulturrat Österreich herausgegebenen Fair-Pay-Reader zusammengefasst. Die IG Kultur Österreich hat vor wenigen Tagen ein Fair-Pay-Manifest als weitere Arbeitsgrundlage veröffentlicht.

Anlässlich des Fairness-Symposiums am 30.9.2021 präsentierte Staatssekretärin Mayer die bisherigen Resultate dieses Fairness-Prozesses und betonte die Wichtigkeit von Fair Pay auch als Hauptthema des Fairness Symposiums. Die von den Interessenvertretungen erarbeiteten Grundlagen konnten aber lediglich in der abschließenden Podiumsdiskussion angesprochen werden, als eigener Programmpunkt waren sie nicht vorgesehen.

Nach internationalen Vorträgen über Fairnessdiskurse oder Beispiele guter Praxis in Europa wurde die „österreichische Perspektive“ mit einer einzigen Neuerung vorgestellt: die geplante Einrichtung einer bis mehrerer Vertrauensstelle/n gegen Machtmissbrauch in Kunst, Kultur und Sport. Der Rest bestand aus programmierten Themenverfehlungen.

Dies schien wohl selbst dem BMKOES zu wenig. Mit der Betonung eines „Schulterschlusses zwischen Bund und Ländern für mehr Fairness in Kunst und Kultur“ folgte als Spontanankündigung eine Auflistung einiger unklarer Maßnahmen:

1. „Zwei Millionen Euro Zusatzmittel mit Fair-Pay-Widmung im Bereich des Bundes in den Jahren 2020 und 2021“. Bereits im Kunstbericht 2020 war ersichtlich, dass diese Mittel nicht eindeutig Fair-Pay-Maßnahmen gewidmet waren. Es handelt sich größtenteils um Budgetnachbesserungen, Nachwuchsförderungen und Projektförderungsmittel, aber nicht zwingend um Vergaben mit dem Ziel, faire Bezahlung zu verankern.

2. „Fair Pay und Diversität als zusätzliche Kriterien in der Projektbewertung bei allen Förderungen des Bundes“. Welcher Art diese Kriterien sind, ist unbekannt. Sie wurden mit den am Fairness-Prozess beteiligten Interessenvertretungen bisher weder besprochen noch entwickelt. Sie sind weder in der Geschäftsordnung noch in den Förderleitlinien für Beirät*innen und Jurys zu finden. Diese Kriterien bleiben damit gegenüber Förderwerber*innen intransparent und sind in ihrer Anwendung in keiner Weise überprüfbar.

3. „Einheitliche Mindestkriterien für alle Mehrjahresverträge in Bund und Ländern sowie vermehrte Abstimmung bei komplexen Förderfällen“. Auch dabei handelt es sich eher um eine Zielsetzung als um ein bereits verwirklichtes Vorhaben.

Für den Jänner 2022 hat das BMKOES nach einem dann schon eineinhalbjährigen Vorlauf den Start einer Fokusgruppe für Fair Pay angekündigt. Eine einzige, erst nächstes Jahr startende Fokusgruppe wird aber die Komplexität des Themas, wie es auch im Fair-Pay-Manifest der IG Kultur Österreich abgebildet ist, nicht bewältigen können. Sie wird sich in mehrere Aufgabengebiete unterteilen und mit Hochdruck arbeiten müssen.

Den mit und in der Kunst und Kultur Tätigen bleibt somit nur die Hoffnung, dass das BMKOES die Zeit bis dahin nützt, um die Fair-Pay-Strategie gut vorzubereiten, sich mit den Bundesländern weiter berät und anschließend in einem umso höheren Tempo konzentriert an ihr mit den Interessenvertretungen weiterarbeitet und sie mit konkreten Maßnahmen zügig in die Praxis umsetzt. Denn: Nur eine faire Förderpraxis führt zu fairer Bezahlung!

Gabriele Gerbasits, IG Kultur Österreich
Gerhard Ruiss, IG Autorinnen Autoren
Daniela Koweindl, IG Bildende Kunst Maria Anna Kollmann, Dachverband der österreichischen Filmschaffenden
Brigitte Rapp, IG Übersetzerinnen Übersetzer
Rikki Reinwein, Zentralverband der Berufsvereinigung der Bildenden Künstler Österreichs Alf Altendorf, Verband Freier Rundfunk Österreich Eva-Maria Bauer, Österreichischer Musikrat
Florian Eschelbach, ASSITEJ Austria – Junges Theater Österreich

gerbasits@igkultur.at
0664 8462666

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