Jeannée-Kommentar „Herr Klenk“ verletzt Ehrenkodex

Wien (OTS) – Der Senat 2 befasste sich mit der Kolumne „Post von Jeannée“ mit dem Titel „Herr Klenk“, erschienen auf Seite 24 der „Kronen Zeitung“ vom 12.09.2019. Nach Meinung des Senats verstößt der Beitrag gegen Punkt 5 des Ehrenkodex für die österreichische Presse (Persönlichkeitsschutz).

Der Beitrag richtete sich in der für den Autor üblichen Briefform an „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk und den ehemaligen Politiker Peter Pilz. Der Kolumnist wandte sich zunächst Pilz zu und bezeichnete diesen u.a. als „Getriebener“, „von einem TV-Kanal zum anderen hetzender Verzweifelter“, „sich (…) überschätzender Möchtegern-Star“, „gefährlicher Diffamierer“, „ruhigstimmiger Verbreiter von Halbwahrheiten, Dreistigkeiten, Unwahrheiten“, „Meister zwielichtiger Tricks“, „Schmutzkübel- und Anpatzerchef“, „skrupelloser Intrigant“ sowie „verderbte Figur“. Anschließend sprach der Kolumnist Klenk an und kommentierte, dass der einzige Unterschied zwischen Pilz und Klenk sei, dass gegen Klenk noch nie wegen sexueller Belästigung ermittelt worden sei. Aber sonst passe zwischen die beiden kein Löschblatt, Klenk sei der Pilz unter den Journalisten.

Über 150 Leserinnen und Leser wandten sich an den Presserat und kritisierten die Kolumne als persönlichkeitsverletzend gegenüber Pilz und Klenk. Im November 2019 wurde ein Verfahren vor dem Senat 2 eingeleitet; gleichzeitig wurde dieses aber unterbrochen, da zum damaligen Zeitpunkt wegen des Artikels auch ein Gerichtsverfahren anhängig war. Das Gerichtsverfahren wurde mittlerweile rechtskräftig beendet, sodass der Senat das Verfahren vor dem Presserat im Juli 2021 fortsetzte. Die Medieninhaberin machte von der Möglichkeit, am Verfahren vor dem Presserat teilzunehmen, nicht Gebrauch.

Zunächst weist der Senat darauf hin, dass es sich im vorliegenden Fall um einen Kommentar handelt. Die Senate des Presserats haben bereits mehrfach festgestellt, dass bei Kommentaren die Meinungsfreiheit großzügig auszulegen ist. Persönliche Diffamierungen oder Eingriffe in die Menschenwürde können jedoch auch in einem Kommentar nicht mit der Presse- und Meinungsfreiheit gerechtfertigt werden.

Der Senat qualifiziert die im Artikel verwendeten Formulierungen als herabwürdigend und beleidigend; insbesondere die Bezeichnungen „gefährlicher Diffamierer“, „Schmutzkübel- und Anpatzerchef“, „skrupelloser Intrigant“ und „verderbte Figur“. Diese Bezeichnungen sind geeignet, in den Persönlichkeitsschutz der Betroffenen einzugreifen. Hinzu kommt, dass im Kommentar keine Gründe für die drastischen Äußerungen des Autors angeführt werden. In jedem Fall hätte eine auf Fakten beruhende Kritik am Verhalten der Betroffenen auch ohne die persönlichkeitsverletzenden Begriffe geäußert werden können.

Zwar berücksichtigt der Senat, dass es sich bei Peter Pilz und Florian Klenk um Personen handelt, die über einen hohen Bekanntheitsgrad verfügen und regelmäßig am öffentlichen Leben teilnehmen. Sie genießen daher grundsätzlich weniger Persönlichkeitsschutz als eine Privatperson. Beleidigende Charakterisierungen wie im vorliegenden Fall müssen aber auch allgemein bekannte Personen nicht hinnehmen. Im Ergebnis verunglimpft der Kommentar die Betroffenen und verletzt daher ihren Persönlichkeitsschutz (siehe die Punkte 5.2 und 5.1 des Ehrenkodex). Die Medieninhaberin der „Kronen Zeitung“ wird aufgefordert, freiwillig über den Ethikverstoß zu berichten.

SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUFGRUND VON MITTEILUNGEN MEHRERER LESERINNEN UND LESER

Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der drei Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.

Im vorliegenden Fall führte der Senat 2 des Presserats aufgrund von Mitteilungen mehrerer Leserinnen und Leser ein Verfahren durch (selbständiges Verfahren aufgrund von Mitteilungen). In diesem Verfahren äußert der Senat seine Meinung, ob eine Veröffentlichung den Grundsätzen der Medienethik entspricht. Die Medieninhaberin der „Kronen Zeitung“ hat von der Möglichkeit, an dem Verfahren teilzunehmen, keinen Gebrauch gemacht.

Die Medieninhaberin der „Kronen Zeitung“ hat die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats bisher nicht anerkannt

Andreas Koller, Sprecher des Senats 2, Tel.: 01-53153-830

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