Erinnern heißt verändern: Jüdische Aktivist:innen überkleben Nazi-Straßenschilder
In der Nacht des 9. November überklebten Jüdische Aktivist:innen 23 nach Nazis benannte Straßenschilder mit den Namen von Widerstandskämpfer:innen
Wien (OTS) – Am heutigen 9. November, dem Jahrestag der Novemberpogrome 1938, bei welchen tausende Juden:Jüdinnen verletzt, verschleppt und ermordet wurden, und fast alle Synagogen und jüdische Einrichtungen zerstört, beraubt und niedergebrannt wurden, spielt Gedenken eine besonders wichtige Rolle. Erschreckenderweise ziehen sich jedoch noch immer nationalsozialistische Kontinuitäten durch die Republik Österreich. Ein Beispiel dafür sind Wiens Straßennamen.
2013 präsentierte die von der Stadt Wien beauftragte Historiker:innen-Kommission unter der Leitung des Zeithistorikers Oliver Rathkolb ihre [kritische Untersuchung von 4.300 personenbezogenen Wiener Straßennamen]
(https://www.wien.gv.at/kultur/abteilung/pdf/strassennamenbericht.pdf
). Das Ergebnis dieses Berichts: Die Kommission stufte etwa 170 Straßennamen als problematisch ein, 28 davon fallen in die Gruppe A und werden definiert als Personen, “die offensiv und nachhaltig antisemitische Einstellungen bzw. andere gruppenbezogene menschenfeindliche Vorurteile vertreten haben. Weiters wurden eindeutig aktive Mitglieder der NSDAP bzw. aktive Mitglieder der SS oder SA hier zugeordnet.”
Doch anstatt diese Straßen umzubenennen, versah die Stadt Wien die Schilder lediglich mit kleinen Zusatztafeln. Umgekehrt sind jene, die alles im Kampf gegen die Nazis riskierten, als Widerstandskämpfer:innen, Oppositionelle oder Deserteure, viel zu wenig im Stadtbild präsent. Um für sie ein Zeichen zu setzen, haben jüdische Aktivist:innen vergangene Nacht die 23 noch existierenden Straßennamen der Kategorie A umbenannt und mit den Namen jüdischer und nicht-jüdischer Widerstandskämpfer:innen überklebt.
“Wir begrüßen die Aktion der Aktivist:innen ausdrücklich, und schließen uns ihrer Forderung an: 83 Jahre nach den Novemberpogromen, 76 Jahre nach dem Ende der Shoah dürfen wir keine Antisemit:innen und Nazis mehr würdigen, sondern müssen stattdessen Widerstandskämpfer:innen den Platz einzuräumen, den sie verdienen. Wir fordern die Stadt Wien auf, die 23 Straßen auch offiziell umzubenennen!”, so Sashi Turkof, Präsidentin der Jüdischen österreichischen Hochschüler:innen (JöH).
“In Wien sind nur rund 10% der Verkehrsflächen nach Frauen benannt. Deswegen begrüßen wir auch unter diesem Aspekt ausdrücklich die geschlechterausgewogene Wahl der neuen Straßenschilder. Auch das muss Teil einer inklusiven Veränderung unseres Stadtbildes sein. Wir müssen antifaschistische Widerständigkeit sichtbar machen und nationalsozialistische Kontinuitäten weiterhin bekämpfen”, sagt Victoria Borochov, Vize-Präsidentin der JöH.
Hier eine vollständige Liste der neuen und alten Straßennamen:
● Dr.-Boehringer-Gasse wird zur Abba-Kovner-Gasse
● Sebastian-Brunner-Gasse wird zur Anna-Bertha-von-Königsegg-Gasse
● Häußlergasse wird zur Aron-Menczer-Gasse
● Wiesingerstraße wird zur August-Dickmann-Straße
● Kloepferstraße wird zur Chana-Szenes-Straße
● Stelzhamergasse wird zur Egon-Erwin Kisch-Gasse
● Spundagasse wird zur Elfriede-Hartmann-Gasse
● Seefeldergasse wird zur Elisabeth-Schilder-Gasse
● Saßmanngasse wird zur Erna-Musik-Gasse
● Leopold-Kunschak-Platz wird zum Platz-der-Gerechten-unter-den-Völkern
● Robert-Lach-Gasse wird zur Franz-Danneberg-Löw-Gasse
● Müller-Guttenbrunn-Straße wird zur Franz-Jägerstätter-Straße
● Kasparekgasse wird zur Gisi-Fleischmann-Gasse
● Dusikagasse wird zur Haviva-Reik-Gasse
● Chvostekgasse wird zur Herbert-Baum-Gasse
● Josef-Schlesinger-Straße wird zur Hilde-Krones-Straße
● Dr.-Karl-Lueger-Brücke wird zur Julius-Deutsch-Brücke
● Pschorngasse wird zur Leopoldine-Kovarik-Gasse
● Pfitznergasse wird zur Lisa-Fittko-Gasse
● Dr.-Eberle-Gasse wird zur Marianne-Baum-Gasse
● Josef-Pommer-Gasse wird zur Melanie-Berger-Volle-Gasse
● Weldengasse wird zur Mordechai-Anielewicz-Gasse
● Dr.-Karl-Lueger-Platz wird zum Platz-des-antifaschistischen-Widerstandes
● Manowardagasse wird zur Resi-Pesendorfer-Gasse
● Maria-Grengg-Gasse wird zur Rosa-Hofmann-Gasse
● Porschestraße wird zur Franz-Danimann-Straße
● Haberlandtgasse wird zur Zivia-Lubetkin-Gasse
Hochauflösende Fotos und Videos der Demonstration auf Anfrage oder via [Link]
(https://drive.google.com/drive/folders/1rQPeFwQVODGD_3XjM57fYBJPppU6
zNeF?usp=sharing)
Jüdische österreichische Hochschüler:innen
office@joeh.at
+436765859888
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