38. Wiener Gemeinderat (5)

Hauptdebatte

GRin Mag. Nicole Berger-Krotsch (SPÖ) warf der Opposition – und vor allem der ÖVP – vor, bei dem Thema mit scharf getexteten Aussendungen und „Wien-Bashing“ politisches Kleingeld wechseln zu wollen. Allerdings würde Armut Kindern die Chance auf eine gute Ausbildung und auf ein gutes Leben verwehren. Deshalb unterstütze die Stadt vor allem Alleinerzieher*innen und Eltern mit kleinem Einkommen sowie armutsgefährdete Familien. Wien habe unter anderem den beitragsfreien Kindergarten und die beitragsfreie Ganztagsschule eingeführt – „in welchen anderen ÖVP-geführten Bundesländern gibt es etwas Vergleichbares?“ Bei der Bekämpfung von Armut gelte es nicht mit Einmal-Maßnahmen „ein Pflaster aufzupicken“, sondern langfristige Maßnahmen zu setzen, meinte sie in Richtung Bundesregierung. Es brauche eine grundsätzliche Verbesserung der Sozialhilfe, einen Ausbau der Kinderbetreuung für berufstätige Eltern und einen bundesweiten Aktionsplan gegen Kinderarmut. Wien habe mit Unterstützungen für Schulprojektwochen und Förder-Paketen für Schulmaterial schon einiges zur Entlastung von armutsgefährdeten Familien geleistet, so Berger Krotsch.

GR Georg Prack, BA (GRÜNE) kritisierte, dass die Erhöhung der Essens- und Betreuungsbeiträge zur Befeuerung der Inflation beitragen würde – um die Inflation zu bremsen sei laut Expert*innen aber eine Senkung von Gebühren zielführend, so Prack. Wenn die Einkommensgrenzen nicht geändert würden und die Preissteigerungen weitergegeben würden, würden armutsgefährdete Familien mit Einkommen knapp über den Einkommensgrenzen ihre Kinder aus Betreuungsangeboten rausnehmen, warnte Prack. Ein Paar, das nur einen Euro mehr als die Mindestsicherung verdient, muss bis zu 800 Euro für das Schulessen bezahlen, meinte Prack – so würde auch kein Anreiz gesetzt, dass zum Beispiel Frauen zurück ins Erwerbsleben kommen oder Arbeitsstunden aufgestockt werden, weil der höhere Lohn oder das Einkommen von den erhöhten Essensbeiträgen „aufgefressen“ werde, so Prack. Er forderte Gratis-Essen und ein Aus für die Betreuungsbeiträge in den städtischen Kinderbetreuungseinrichtungen; das spare den Verwaltungsaufwand für die gestaffelten Tarife ein und die Stadt könne mit dem Angebot mehr Kinder erreichen.

GR Stefan Berger (FPÖ) meldete sich zu Wort um einen Antrag seiner Fraktion zu Betreuungsbeiträge zurückzuziehen.

Abstimmung: Die Anpassung der Essens- und Betreuungsbeiträge sowie die Elternbeiträge in städtischen Horten wurde mehrstimmig angenommen; sämtliche Anträge der Opposition fanden nicht die notwendige Mehrheit.

GENEHMIGUNG EINES RAHMENBETRAGES FÜR DAS FÖRDERPROGRAMM INITIATIVE ERWACHSENENBILDUNG – BASISBILDUNG/GRUNDKOMPETENZEN

GRin Mag. Berivan Aslan (GRÜNE) meinte, Bildung ermögliche auch die Grundlage für einen offenen Dialog und den Austausch von Ideen zwischen Menschen mit unterschiedlichen Backgrounds. Dennoch würden Schüler*innen die ersten Erfahrungen mit Diskriminierung und Stigmatisierung ausgerechnet an Schulen machen. Sie zitierte aus einer Studie zum Thema diskriminierungsfreie Schule: Oft seien es nicht nur Mitschüler*innen sondern auch Lehrer*innen, die rassistisch oder sexistisch diskriminierten; außerdem würden auch Mitschüler*innen mit muslimischen Hintergrund Klassenkamerad*innen diskriminieren, weil diese nicht fasten würden oder sich zu freizügig kleiden würden. Sie forderte in einem Antrag ein Maßnahmenpaket gegen Diskriminierung an Schulen – inklusive Elternarbeit und Antirassismus-Schulungen.

GR Harald Zierfuß (ÖVP) kritisierte die hohe Anzahl an Schulanfänger*innen, die nicht ausreichend Deutsch sprechen könnten. Darunter seien auch Kinder, die den Kindergarten besucht haben, aber Deutsch nicht als Umgangssprache sprechen würden. Er forderte eine effektive Deutschförderung im Kindergarten mit einem zusätzlichen Kindergartenjahr; außerdem brauche es einen verpflichtenden Deutsch-Sprachcheck bei Kindern mit drei Jahren; schließlich müssten Kindergartenvereine besser kontrolliert werden. Er brachte dazu einen Antrag ein.

GRin Dr. Mireille Ngosso (SPÖ) meinte, Spracherwerb sei wichtig für das Zusammenleben und die Teilhabe an der Gesellschaft. Daher habe sich Wien verpflichtet, die Sprachförderkräfte aufzustocken – es gebe allerdings einen bundesweiten Fachkräftemangel. Es gebe bereits Sprachtests für Kinder ab drei Jahren, konterte Ngosso seinem Vorredner Zierfuß. Anschließend erzählte sie von ihrem Werdegang: Als Schulabbrecherin habe sie sich mit Mitte 20 entschieden, die Matura nachzuholen und schließlich ein Medizinstudium absolviert. Deshalb sei Erwachsenenbildung und die Förderung für den zweiten Bildungsweg wichtig, betonte Ngosso. Die Erwachsenenbildung ermögliche es Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund, sich auch später im Leben neue Fähigkeiten anzueignen und beruflich weiterzukommen.

GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS) sagte, die Stadt Wien habe sich immer für ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr ausgesprochen, für die Einführung sei aber der Bund zuständig – und dort habe sich die Bundes-ÖVP quergelegt. Deshalb sei es verwunderlich, dass der ÖVP-Mandatar Zierfuß ausgerechnet in Wien ein weiteres verpflichtenden Kindergartenjahr fordere.

GR Harald Zierfuß (ÖVP) meldete sich erneut zu Wort und betonte, dass er ausschließlich ein zusätzliches Kindergartenjahr für Kinder, die nicht ausreichend Deutsch sprechen, forderte. Mangelnde Sprachkenntnisse würden später auch schlechte Qualifikation, weniger Chancen und Arbeitslosigkeit bedeuten. Für Kindergärten sei die Stadt zuständig, nicht der Bund, konterte Zierfuß. Außerdem sei Wien vom selbst gesteckten Ziel von 500 Sprachförderkräfte „meilenweit“ entfernt – er forderte mehr Anstrengungen durch die Stadt.

GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS) meldete sich erneut zu Wort. Sie stellte klar, dass nur der Bund ein zusätzliches verpflichtendes Kindergartenjahr beschließen könne.

Abstimmung: Mehrstimmig angenommen, der Antrag der ÖVP fand nicht die notwendige Mehrheit. Der Antrag der Grünen zu Antirassismus-Schulungen an Schulen wurde mehrstimmig dem zuständigen Ausschuss zugewiesen.

SACHKREDITERHÖHUNG FÜR „SCHULE DIGITAL“

GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS) kritisierte, dass Digitalisierung nicht in den Schulen angekommen sei, allerdings sehr wohl bei den Schüler*innen. Mit dem Programm „Schule Digital“ werde die nötige Ausstattung und die digitale Kompetenz an Schulen und Vorschulen verankert. Wien nutze die Förderung des Bundes für die Anschaffung von Laptops für Lehrer*innen und stocke die Zahl der Geräte für Lehrer*innen durch eigene Laptops auf. Außerdem baue die Stadt das WLAN-Netz an den Schulen aus, damit digitale Geräte auch im Schul-Alltag adäquat genutzt werden können.

GR Felix Stadler, BSc, MA (GRÜNE) forderte funktionierendes WLAN in den Schulen: Ein Schul-WLAN müsse auch die gleichzeitige Nutzung von 30 oder mehr Schüler*innen aushalten, die mit ihren Tablets und Laptops ins Internet wollen. Zusätzliche Geräte der Stadt Wien für Lehrer*innen müssten auch kompatibel mit den Geräten des Bundes sein, forderte Stadler. Er kritisierte, dass die Wiener Schulen bestehende Digitalisierungsprogramme des Bundes nicht ausreichend abrufen könnten; das Abrufen des Geldes scheitere an den „Irrungen und Wirrungen“ der Wiener Stadtverwaltung. So würden in Schulen vor einem Jahr bestellte und über das Bundesprogramm finanzierte digitale Tafeln immer noch nicht hängen. Er brachte einen Antrag ein, in dem er forderte, dass der Realwertverlust für die Schulen durch die nicht abrufbaren Mittel von der Stadt ausgeglichen werden solle. (Forts.) ato

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