Leak EU-Gesetzesvorschlag: Aus für Neue Gentechnik-Kennzeichnung bei Lebensmitteln?

GLOBAL 2000 appelliert an Bundesregierung: Deregulierung des EU-Gentechnikrechts klare Abfuhr erteilen!

Der kürzlich geleakte Gesetzesvorschlag der EU-Kommission für eine Deregulierung des EU-Gentechnikrechts ist desaströs für Verbraucher:innen, die Wert auf Transparenz und Wahlfreiheit legen. „GEHT ES NACH DER EU-KOMMISSION, SOLLEN KÜNFTIG DIE MEISTEN MIT NEUER GENTECHNIK VERÄNDERTEN LEBENSMITTEL WEDER GEKENNZEICHNET NOCH RISIKOGEPRÜFT WERDEN. DIESER VORSCHLAG IST GANZ IM SINNE DER AGRARINDUSTRIE“, KRITISIERT BRIGITTE REISENBERGER, GENTECHNIKSPRECHERIN VON GLOBAL 2000. “Die österreichische Bundesregierung muss diesem Gesetzesvorschlag eine klare Abfuhr erteilen”, fordert GLOBAL 2000. 

DIE DEREGULIERUNGSPLÄNE DER EU-KOMMISSION IM DETAIL

Der Leak des für 5. Juli erwarteten Gesetzesvorschlags sieht vor: Der Großteil aller Neue Gentechnik-Pflanzen soll künftig weder auf Risiken geprüft, noch am Endprodukt als Gentechnik gekennzeichnet werden. Nur auf der Saatgut-Ebene soll es fallweise eine Deklaration geben.

Der Kommissionsvorschlag nimmt eine Einteilung von Neue Gentechnik (NGT)-Pflanzen in NGT 1 und NGT 2 vor. Die Entscheidungskriterien, diese zwei Kategorien von NGT-Pflanzen zu schaffen, sind völlig willkürlich gewählt. Unter NGT 1 sieht der Vorschlag ein Meldeverfahren für NGT-Pflanzen vor, die angeblich „gleichwertig“ zu konventionellen Pflanzen seien. Die Kriterien für die angebliche „Gleichwertigkeit“ – die Zahl der manipulierten Basenpaare in der DNA – sind aber NICHT WISSENSCHAFTLICH BEGRÜNDBAR. Die für diese NGT 1 sehr breit gewählten Kriterien bedeuten, dass ein Großteil der künftigen NGT-Pflanzen in diese Kategorie fallen werden. Diese Kategorie soll KEIN ZULASSUNGSVERFAHREN und damit auch KEINE RISIKOPRÜFUNG (mehr) durchlaufen müssen, lediglich eine Anmeldung. Diese Pflanzen und ihre Produkte werden in der Wertschöpfungskette NICHT MEHR GEKENNZEICHNET – und damit auch nicht am Endprodukt. Unter NGT 2 fallen alle anderen NGT-Pflanzen mit künftig erleichtertem Zulassungsverfahren. Eine umfassendere Risikobewertung werde nur erforderlich, wenn es vorab „plausible Hinweise“ auf Risiken gebe. 

In der BIOLANDWIRTSCHAFT werden NGT-Pflanzen weiterhin nicht zulässig sein. Wie dieser Ausschluss in der Praxis umgesetzt werden kann, bleibt unklar. Der Vorschlag enthält KEINE KOEXISTENZREGELN. Das heißt: Der Gesetzesentwurf sieht keine EU-weit gültigen Vorgaben für den Schutz der Biolandwirtschaft und der gentechnikfreien Landwirtschaft vor Gentechnik-Kontaminationen vor. Diese Verantwortung schiebt die EU-Kommission in Richtung der EU-Mitgliedstaaten ab. 

“Die Forderungen der Saatgut- und Chemieindustrie sind fast vollständig in den Gesetzesvorschlag eingeflossen. Die Gentechnik-Entwickler erhalten weitreichende Möglichkeiten, um Daten geheim halten zu können, inklusive jener Informationen, die entscheidend für die Risikoabschätzung und Rückverfolgbarkeit sein können, wie z.B. die konkret veränderte DNA-Sequenz. Behörden sollen gar dabei unterstützen ‘Ratschläge zu plausiblen Risikohypothesen’ zu geben. Auch die PFLICHT EINES NACHWEISVERFAHRENS SOLL FÜR NGT-PFLANZEN ENTFALLEN, wenn die Antragsteller ‘belegen’ können, dass ein Nachweis technisch nicht möglich sei”, kritisiert Brigitte Reisenberger die Vorhaben aus dem geleakten Gesetzesentwurf. “Die Verantwortung der Agrarkonzerne für potenzielle Umweltschäden wird ignoriert. Problematische Fragen der Patentierung – und der damit einhergehenden MACHTAUSWEITUNG VON AGRARKONZERNEN über die europäische Landwirtschaft – spricht die Kommission erst gar nicht an.”

Sollte die EU-Kommission den Gesetzesentwurf in dieser Form am 5. Juli präsentieren, verabschiedet sie sich von der seit Jahrzehnten etablierten wissenschaftsbasierten Zulassungsprüfung für Gentechnik in Lebensmitteln.Der Vorschlag ist eine Verordnung, also ein VERBINDLICHER RECHTSAKT, den alle EU-Länder in vollem Umfang umsetzen müssen.

ENDE DER TRANSPARENZ?

“Die Wahlfreiheit der Konsument:innen sowie die Sicherung des Vorsorgeprinzips werden mit Füßen getreten. Die überwältigende Mehrheit der Menschen in Österreich, 94 % Prozent, will keine Gentechnik auf dem Teller. DIE MENSCHEN HABEN DAS RECHT, SELBST ZU ENTSCHEIDEN, WAS SIE ESSEN“, sagt Brigitte Reisenberger von GLOBAL 2000. „Europas Verbraucher:innen wird ihr fundamentales Recht genommen, sich bewusst für Produkte aus gentechnikfreier Landwirtschaft zu entscheiden.”

Der geleakte EU-Vorschlag verbietet KEINE „OPT-OUT-OPTION“, das heißt anders als bei bisherigen Gentechnisch veränderten Organismen dürfen EU-Mitgliedsstaaten den Anbau oder die Verwendung von NGT-Pflanzen auf ihrem Gebiet nicht einschränken oder verbieten. Die ÖSTERREICHISCHE POSITION MUSS KLAR BLEIBEN: Auch für alle neuen Gentechnik Pflanzen müssen Sicherheitsprüfungen und eine lückenlose Kennzeichnungspflicht bewahrt bleiben. GLOBAL 2000 appelliert an die Regierung, den Schutz der Konsument:innen und der Umwelt weiterhin zu verteidigen und diesem Deregulierungsvorstoß eine klare Abfuhr zu erteilen.

Selina Englmayer, GLOBAL 2000 Pressesprecherin, +43 699 14 2000 26, selina.englmayer@global2000.at
Brigitte Reisenberger, GLOBAL 2000 Gentechniksprecherin, +43 699 14 2000 69, brigitte.reisenberger@global2000.at

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