Exodus der ArmenierInnen aus Bergkarabach stoppen – Bundeskanzler Nehammer und Außenminister Schallenberg, bitte handeln Sie jetzt!

Nach einer neunmonatigen Blockade des Latschin-Korridors, der einzigen Landverbindung zwischen Armenien und Bergkarabach, hat vergangene Woche ein weiterer militärischer Angriff der aserbaidschanischen Armee auf Bergkarabach stattgefunden. Das Ergebnis ist eine erzwungene „Waffenruhe“ mit tödlichen Folgen für die indigene armenische Bevölkerung. Berichte über Angriffe auf Zivilisten nehmen zu, sodass die Flucht die einzige Überlebensmöglichkeit ist.

Menschen, die aus kleineren Ortschaften nicht fliehen konnten, sind von der aserbaidschanischen Armee eingekesselt. Tausende Zivilisten werden vermisst und Medienberichten zufolge sind in den letzten Tagen über 50.000 Menschen in die Republik Armenien geflohen. Die Explosion einer Tankstelle in der Hauptstadt Stepanakert hat mindestens weitere 68 Todesopfer und Hunderte Verletzte gefordert. Die Todesrate steigt immer weiter an, da aufgrund der Blockade und des jüngsten Angriffes weiterhin die dringend benötigte medizinische Versorgung fehlt.

Menschenrechtsorganisationen wie das _Lemkin Institut for Genocide Prevention_ und Experten wie der ehemalige Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Luis Moreno Ocampo, sprechen bereits seit über vier Wochen von Völkermord. Obwohl die Weltgemeinschaft nach jedem Völkermord „Nie wieder“ schreit, bleibt hier jede Handlung aus! Diplomatische Aufrufe stoßen bei dem diktatorischen Präsident Aliyev seit nun über neun Monaten auf taube Ohren.

Anstatt Aserbaidschan wegen der tödlichen Blockade und ethnischen Vertreibung zu sanktionieren, schließt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Gasabkommen mit dem aserbaidschanischen Diktator und lobt ihn als „verlässlichen Partner der EU“. Die EU wendet sich von einem Autokraten Putin ab und einem anderen Autokraten Aliyev zu. Österreich und die EU müssen dieser Heuchelei endlich ein Ende setzen!

Die Forderungen der armenischen Gemeinde in Österreich lauten wie folgt:

1)    Sofortige Entsendung von UN- und EU-Truppen nach Bergkarabach zur Sicherung der Minderheitsrechte der indigenen armenischen Bevölkerung gegen die wiederholte aserbaidschanische Gewalt.

2)    Sofortige EU-Sanktionen und Einfrieren der Gelder des Präsidenten Aliyev und seiner Familienangehörigen in Europa.

3)    Gewährleistung der Rückkehr derjenigen indigenen Armenier, die aufgrund der jüngsten Aggression und des Krieges von 2020 vertrieben wurden, unter Einbeziehung und Kontrolle der EU und relevanter UN-Organisationen.

4)    Sofortige Wiederherstellung des freien Personen- und Warenverkehrs entlang des Lachin-Korridors, im Einklang mit dem Urteil des Internationalen Strafgerichtshofs.

5)    Abzug der aserbaidschanischen Armee aus Bergkarabach, um Panik, Provokation und Eskalation zu verhindern.

6)    Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen und Freilassung sämtlicher armenischer Kriegsgefangenen, einschließlich der politischen und militärischen VertreterInnen Bergkarabachs.

7) Anerkennung des zweiten Völkermords an den ArmenierInnen.

Am 25.9.2023 fand im österreichischen Nationalrat eine Pressekonferenz statt, an der unter anderem Abgeordnete der Grünen, der SPÖ, der ÖVP, der NEOS sowie VertreterInnen der _Volkshilfe Österreich_ und _Asyl in Not_ teilgenommen haben. Viele der Forderungen, insbesondere die Entsendung von UN-Truppen, wurde durchgehend betont. Länder wie die USA, Deutschland und Frankreich sprachen sich ebenfalls dafür aus.

Wir appellieren an die Entscheidungsträger in Österreich, insbesondere Bundeskanzler Nehammer und Außenminister Schallenberg, sich auf EU- und internationaler Ebene mit Nachdruck für die Umsetzung dieser Forderungen einzusetzen. Konkret fordern wir von ihnen, proaktiv mit den Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats zusammenzuarbeiten, um eine sofortige Entsendung von UN-Truppen zu erreichen. Gleichzeitig sollten sie sich auf EU-Ebene aktiv für Sanktionen gegen das Regime in Baku einsetzen und sich für die unverzügliche Entsendung von EU-Truppen stark machen.

Darüber hinaus müssen jahrhundertealte armenische Kulturgüter vor weiterer systematischer Zerstörung durch Aserbaidschan geschützt werden – etwa durch die UNESCO. Kulturgüter, die nicht nur für ArmenierInnen, sondern die Welt von großer Bedeutung sind. In Bergkarabach befindet sich etwa das Aramas-Kloster aus dem 4. Jahrhundert, in dem erstmals das armenische Alphabet gelehrt wurde. Zahlreiche armenische Kulturgüter aus vorchristlicher Zeit sind ebenfalls nachweislich von Zerstörung bedroht.

Wir danken den zahlreichen NGOs für ihre breite Solidarität und rufen weitere dazu auf, aktiv zu werden, damit sich die politische Führung in Österreich für die Menschen einsetzt. Wir sind enttäuscht darüber, dass bedeutende NGOs wie _Amnesty International Österreich_ oder _Ärzte ohne Grenzen_ sich bisher nicht zur Situation in Bergkarabach geäußert haben.

Angesichts der falschen Darstellungen bezüglich des Status von Bergkarabach möchten wir folgendes klarstellen: Bergkarabach wurde trotz seiner mehrheitlich armenischen Bevölkerung von Stalin an Sowjet-Aserbaidschan übergeben. Es war nie Teil eines unabhängigen aserbaidschanischen Staates und hat sich nach dem Zerfall der Sowjetunion sofort auf das Selbstbestimmungsrecht berufen und seine Eigenständigkeit erklärt.

Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist eines der Grundrechte des Völkerrechts, auf das sich Bergkarabach beruft. Es besagt, dass ein Volk das Recht hat, frei über seinen politischen Status, seine Staats- und Regierungsform und seine wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung zu entscheiden. Dieses Selbstbestimmungsrecht wird von Aserbaidschan und der internationalen Staatengemeinschaft ignoriert. Bergkarabach wird deshalb fälschlicherweise völkerrechtlich Aserbaidschan zugesprochen.

Die Welt spaltet sich zunehmend in brutale Autokratien und freie Demokratien. Wenn uns Demokratie, Freiheit und Menschenrechte wichtig sind, müssen wir jetzt handeln! Der zweite Völkermord an den Armeniern ist bereits im Gange. Ohne Intervention droht die Vernichtung der gesamten armenischen Bevölkerung in Bergkarabach, die Besatzung souveräner armenischer Territorien und das Ende der aufstrebenden Demokratie in der Republik Armenien vor dem auch die deutsche Außenministerin Baerbock bereits gewarnt hat.

Armenisch-Apostolische Kirchengemeinde Österreich
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