43. Wiener Gemeinderat (10)

Bericht der Untersuchungskommission zur Wien Energie

GR Petr Baxant, BA (SPÖ) nahm sich vor, in seiner Rede wieder zum „Wesentlichen und Sachlichen“ zurückzukehren. Die Untersuchungskommission habe „etwas zur Wahrheitsfindung beigetragen“ und viele Daten und Fakten ans Licht gebracht. Baxant nahm eine thematische Einordnung der Ereignisse im Sommer 2022 vor. Die Wien Energie sei der „einzige Verstromer von Gas“ in Europa. Vor dem Ukrainekrieg sei sehr viel Gas aus Russland nach Österreich geflossen, die Wien Energie habe aus diesem Gas Strom produziert und damit Wien und auch Teile Niederösterreichs und des Burgenlands versorgt. Mit dem Angriff Russlands und den daraus folgenden Ereignissen an der Leipziger Börse sei die Wien Energie unter Druck geraten. Im Gegensatz zu Resteuropa habe die Österreichische Bundesregierung nicht auf die Turbulenzen an der Börse reagiert – während beispielsweise die Schweiz einen Rettungsschirm beschlossen hat und u.a. auch Deutschland oder die Slowakei reagiert hätten. In Österreich sei jedoch „wenig bis gar nichts“ passiert, das habe die Bevölkerung und die Volkswirtschaft „verunsichert“. Für ihn sei entscheidend, dass die Untersuchungskommission herausgearbeitet habe, dass Bürgermeister, Stadtrat und die Beamt*innen korrekt gehandelt hätten. 

GR Johann Arsenovic (GRÜNE) sagte, bei der Durchsicht der Berichte der Fraktionen zur Untersuchungskommission und angesichts der laufenden Debatte, habe er das Gefühl, „es hat mehrere Untersuchungskommissionen gegeben“. „Es gibt im echten Leben nicht nur schwarz und weiß“, vermisste Arsenovic Zwischentöne in der Diskussion. Arsenovic möchte die Arbeit künftiger Untersuchungskommission erleichtern und das Instrumentarium verändern. Er forderte eine Änderung der Notkompetenz und eine Informationspflicht innerhalb von 24 Stunden. Außerdem forderte er Änderungen bei der Bereitstellung von Dokumenten und der Berichtslegung. Der Abschlussbericht solle nicht durch die Fraktionen erstellt, sondern von einem neutralen Gremium verfasst werden. Außerdem sollten Prüfgegenstände und Prüfungskompetenzen erweitern werden. Aus der Untersuchungskommission positiv zu erwähnen seien für Arsenovic der Bestellmechanismus und die juristische Besetzung mit unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten, die Tatsache, dass alle Zeug*innen ausgesagt hätten und die wertschätzende Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeiter*innen der Untersuchungskommission über Fraktionsgrenzen hinweg. Diese kooperative Zusammenarbeit wünschte er sich abschließend auch für die Arbeit im Gemeinderat.

GRin Ilse Fitzbauer (SPÖ) gab ihrem Vorredner Arsenovic recht, auch sie habe den Umgang in der Untersuchungskommission „sehr korrekt“ empfunden. Fitzbauer sprach ebenfalls zu den Sicherungsmaßnahmen anderer europäischer Regierungen. Diese seien nicht „zufällig“, sondern aufgrund eines Schreibens der EFET (European Federation of Energy Traders) an die EU-Kommission erfolgt. Die EU-Kommission habe daraufhin einen befristeten Rahmen für Hilfen erlassen, auf diesen Erlass hätten verschiedene Länder reagiert, nicht aber die österreichische Bundesregierung. Besonders lobend erwähnte Fitzbauer das Vorgehen dazu in der Schweiz. Sie verglich die Situation mit der Covid-Krise, in der Unternehmen breit von der Bundesregierung mit einem Schutzschirm geholfen worden sei. Das Schreiben der EU zur Energiekrise sei jedoch „unreflektiert und unbeantwortet“ geblieben. Finanzminister Brunner habe „sofort erkannt“, sagte Fitzbauer, dass die Wien Energie aufgrund der besonderen Konstellation, „irgendwann in Turbulenzen kommen muss“. Für sie stelle sich hier die Frage, warum die Bundesregierung untätig geblieben sei und man Ende August „auf den Bürgermeister oder die Wien Energie wartet“ und der Stadt Wien die Schuld gibt. Die Stadt Wien habe hingegen ihre Lehren gezogen und im Mai 2023 einen eigenen Schutzschirm aufgespannt.

GR Hannes Taborsky (ÖVP) sagte, er habe sich in den zehn Monaten Untersuchungskommission „permanent“ an Grimms Märchen erinnert gefühlt. Den Bericht zur Untersuchungskommission von der SPÖ und NEOS bezeichnete er als „Reinwaschbericht“ und wähnte sich in der „größten Märchenstunde, die die Stadt je erlebt hat“. Die Bundesregierung sei ihrer politischen Verantwortung nachgekommen, habe 43 Milliarden Euro an Zuschüssen bereitgestellt, den Klimabonus und weitere Maßnahmen umgesetzt. In der Stadt Wien jedoch „reiht sich ein SPÖ-Skandal an den nächsten“. Politische Verantwortung existiere in der Stadt nicht, sagte Taborsky. Er wollte das mit einigen Beispielen aus der Untersuchungskommission untermauern. So seien die Aussagen der Vertreter*innen in den Aufsichtsräten oder des Beteiligungsmanagements der Stadt Wien „verwunderlich“ gewesen. Diese hätten beispielweise gezeigt, dass Berichte mit Logos von zuständigen Magistratsabteilungen verfasst worden seien. Außerdem sei ausgesagt worden, das Beteiligungsmanagement verfüge lediglich über 1,5 Vollzeit-Planposten – für Taborsky viel zu wenig. Kontrolle und Management müsse mit ausreichend Ressourcen ausgestattet werden, forderte er. Wenn in „etwas ans Licht kommt“ reagiere die Stadtregierung mit dem „Dreiklang der Wiener Stadtpolitik“: Erstens, „es hat keinen Skandal gegeben“; zweitens, „wir waren es nicht“; drittens, „die Bundesregierung ist Schuld“. Er verlangte ausreichend personelle Ressourcen für Management, Monitoring und Controlling. Verwundert zeigte sich Taborsky auch darüber, dass der Magistratsdirektor im Aufsichtsrat vom Generaldirektor der Stadtwerke, Martin Krajcsir, zwar umfassend über die sich anbahnende Katastrophe informiert worden sei, diese Informationen aber weder an den Bürgermeister oder den Finanzstadtrat weitergegeben habe. Die politische Verantwortung sah Taborsky bei Stadträtin Sima, die das Beteiligungsmanagement aufgebaut, aber nicht für ausreichend Personalressourcen gesorgt habe; beim zuständigen Finanzstadtrat Hanke, dem die Energie- und Finanzsituation hätte bekannt sein müssen; und bei Bürgermeister Ludwig, der ausgesagt habe, dass ein Akt von „drei oder vier Seiten“ ausreichend Information für die Unterschrift der Notkompetenz gewesen sei. „Wer glaubt, was da erzählt wird, nimmt als Oppositionspartei seine politische Verantwortung nicht wahr.“ Taborsky habe auch kein Verständnis dafür, dass die NEOS hier den „Steigbügelhalter“ geben hätten. (Forts.) gaa

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