Schulklassen setzten sich mit NS-Schrecken auseinander: 360 Jugendliche lauschten Zeitzeugin Anna Hackl in der AK Linz

 ZUM 13. MAL FAND HEUER DAS HERMANN-LANGBEIN-SYMPOSIUM IN DER ARBEITERKAMMER LINZ STATT. BEREITS FIXER BESTANDTEIL IST DIE AUFTAKTVERANSTALTUNG, ZU DER HEUER RUND 360 SCHÜLER:INNEN UND LEHRER:INNEN KAMEN. FÜNF SCHULEN (AUS BAD GOISERN, BAD ISCHL, ANDORF, LINZ UND VÖCKLABRUCK) BETEILIGTEN SICH AKTIV MIT ZUVOR PRODUZIERTEN VIDEOBEITRÄGEN, IN DENEN SIE SICH KRITISCH MIT DEM NATIONALSOZIALISMUS AUSEINANDERSETZTEN. GEBANNT UND SICHTLICH BEWEGT HÖRTEN SIE EBENSO WIE FÜNF WEITERE ANWESENDE SCHULKLASSEN DER 92-JÄHRIGEN ZEITZEUGIN ANNA HACKL AUS SCHWERTBERG ZU, DEREN FAMILIE IM FEBRUAR 1945 ZWEI RUSSISCHE KZ-GEFLOHENE IN IHREM HAUS VOR DEN NAZIS VERSTECKT HATTE. DER EINHELLIGE TENOR: DEMOKRATIE UND ZIVILCOURAGE SIND AUCH HEUTE WICHTIG, UM GEFÄHRLICHEN STRÖMUNGEN ENTGEGENZUWIRKEN.

 

Die Eröffnungsfeier im Kongresssaal der Arbeiterkammer Linz bildet alljährlich den Auftakt für die einwöchige österreichweite Fortbildung für Lehrer:innen. Mit dem Buchprojekt „Mein Engagement für Demokratie“ stellte die AK den fünf teilnehmenden Schulklassen 180 Exemplare des Buches „Der Boxer. Die wahre Geschichte des Hertzko Haft“ von Reinhard Kleist zur Verfügung und lud sie zur Beschäftigung damit ein. Der polnische Jude wurde mit 16 Jahren ins Konzentrationslager deportiert und dort – zur Belustigung der Nationalsozialisten – zum Boxkämpfer ausgebildet. Er kämpfte im Boxring ums Überleben. Nach seiner Flucht in die USA wurde er dort als „Harry Haft“ berühmt. Nach der Auseinandersetzung mit dem Buch produzierten die Schüler:innen Videos, die sie in der AK präsentierten. Für die musikalische Umrahmung sorgte der Chor der MS Neufelden.

 

Schüler:innen der 4a der MS WELTERBE BAD GOISERN lasen in ihrem Video Passagen aus dem Buch vor und interviewten einander unter anderem darüber, was sie sich mitgenommen haben. „Dass man niemals aufgeben soll“, so eine Botschaft. Fazit von Schülerin Leni Pilz im Talk bei der Veranstaltung: „Für manche hat das Projekt schon viel verändert, zum Beispiel die Sicht auf Rassismus. Dieses Thema ist uns vorher sonst noch nicht so richtig erklärt worden.“

 

Die Schüler:innen der 4D BG/BRG BAD ISCHL gestalteten aus einzelnen Szenen aus dem Buch ein Fotoalbum. Außerdem zeichneten sie neue Szenen. Schüler Tobias Langegger, Sprecher und Regisseur: „Wir haben die Geschichte weitergeschrieben, weil sie sich für uns noch nicht fertig angefühlt hat. Wir werden das Album aufheben in der Schule.“

 

Im Video der 2BH HTL ANDORF erzählten die Schüler:innen, welche Szenen ihnen besonders nah gingen – etwa jene, in denen es um die Verbrennungsöfen geht. Zudem beschäftigten sie sich mit anderen gefährlichen Regimes und ihren Opfern. Sara Gluth und Miriam Brandstätter im AK-Talk: „Es ist schockierend, dass es noch viele Länder gibt, in denen es kein Wahlrecht oder keine Meinungsfreiheit gibt. Leider können wir dagegen direkt nicht viel tun, aber umso wichtiger ist es, dass wir in Österreich gegen nicht demokratische Strukturen vorgehen. Wichtig ist unser Wahlrecht.“

 

Schüler:innen der 1 HC HLW LINZ AUHOF beschäftigten sich in ihrem Beitrag mit den Begriffen Kampf, Toleranz, Freiheit und Liebe und machten dazu Zeichnungen. Schüler Sebastian Stiller: „Erst im Nachhinein wird einem bewusst, wie relevant diese Begriffe sind“. Leonie Mayr: „Das Buch hat uns berührt, wir gehen jetzt mit mehr Respekt voreinander in der Klasse um, die Klassengemeinschaft ist wichtig.“

 

SCHÜLER:INNEN DER 8C UND DES FREIFACHS BÜHNENSPIEL DES ORG FRANZISKANERINNEN VÖCKLABRUCK spielten einzelne Szenen aus dem Buch nach. „Nie mehr Faschismus, nie mehr Diktatur – damit die Menschheit nicht zu Boden geht!“ – so die Schüler:innen. Schüler Severin Gaisbauer: „Wir haben alles selbst gemacht. Drehbuch, Schnitt, Kamera, Maske, Requisiten. Wir haben uns mit Reden von Nazis befasst und diese in den Film eingebaut.“ Schülerin Elena Schlesinger: „Es war schockierend, als wir es das erste Mal lasen. Es hat den Unterschied zwischen Leben und Überleben verdeutlicht.“ 

 

Sichtlich berührt waren die Schüler:innen auch vom Dialog mit der Zeitzeugin Anna Hackl. Die 92-Jährige erzählte von der ungeheuren Angst, in der sie und ihre Familie wochenlang ab Februar 1945 lebten. In dieser Zeit versteckten sie zwei russische Gefangene, die aus dem KZ Mauthausen geflohen waren. „Ich habe keine schöne Geschichte zu erzählen, aber es ist mir wichtig, möglichst vielen jungen Menschen die Geschichte zu erzählen. Weil es manchmal heißt, dass das alles doch gar nicht wahr ist“, so Hackl. Sie appellierte an die Schüler:innen: „Ihr seid die Zukunft für Österreich. Seid vorsichtig, dass so etwas nicht mehr kommt. Die Kriegsjahre waren ganz schlimm und schrecklich.“

 

AK-Vizepräsidentin Christine Heitzinger ergänzte: „Es ist unser aller Auftrag, wachsam zu sein. Gegen jede Form von Diskriminierung und Ausgrenzung. Lasst uns misstrauisch sein gegenüber manipulativen und gefälschten Nachrichten, insbesondere auf Social Media, die zur Hetze gegen Menschengruppen aufrufen. Und lasst uns wachsam sein gegenüber Strömungen, die den Freiheitsbegriff nur individuell auslegen.“ Die Jugendlichen bestätigten jedenfalls ihr Bekenntnis zur Demokratie. Die heuer erstmals Wahlberechtigten gaben an, von ihrem Recht auf freie Wahlen jedenfalls Gebrauch machen zu wollen.

 

_Das jährlich stattfindende Symposium ist nach dem Widerstandskämpfer und Auschwitz-Überlebenden Prof. Hermann Langbein (1912-1995) benannt. Er gründete es vor mehr als 40 Jahren. Es handelt sich dabei um die am längsten bestehende Lehrerfortbildung in Österreich. In der AK Linz findet es seit 2012 statt._

 

_Druckfähige Fotos der Schulklassen bzw. der oben zitierten Schüler:innen mit AK-Vizepräsidentin Christine Heitzinger sowie der Zeitzeugin Anna Hackl und Daniel Langbein, Enkel von Hermann Langbein, der über dessen Geschichte berichtete, stehen Ihnen zur kostenfreien Verwendung unter Angabe des Copyrights __HIER__ zur Verfügung._

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Arbeiterkammer Oberösterreich – Kommunikation
Dr. Walter Sturm
+43 (0)664 5455984
walter.sturm@akooe.at
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