Ungleichheiten in der körperlichen Selbstbestimmung überwinden: Auch in Österreich gibt es weiterhin Aufholbedarf

Überparteiliche #parlaandsex-Gruppe lud heute zur Präsentation des UN-Weltbevölkerungsberichts 2024 ins Parlament

Auf Einladung der überparteilichen parlamentarischen Gruppe #parlaandsex stellte im Parlament heute Willibald Zeck vom Weltbevölkerungsfond der Vereinten Nationen (UNFPA) den diesjährigen UNFPA-Weltbevölkerungsbericht vor. Unter dem Titel “Verwobene Leben, Fäden der Hoffnung – Ungleichheiten in der körperlichen Selbstbestimmung überwinden” setzt sich der Bericht mit den Entwicklungen der letzten 30 Jahre im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit von Frauen und Mädchen auseinander. Der Bericht weist auf Erfolge hin, zeigt aber auch auf, dass sich die Fortschritte vor allem im Bereich der körperlichen Autonomie und der Müttersterblichkeitsrate, zuletzt verlangsamt haben oder gar rückläufig geworden sind. So stand der Rückgang der Müttersterblichkeitsrate zwischen 2016 und 2020 still – in einigen Ländern, darunter auch die USA, stiegen die Zahlen sogar an.

Die überparteiliche Österreichische Parlamentarische Gruppe für Sexuelle und Reproduktive Gesundheit und Rechte (#parlaandsex) engagiert sich für die Verbesserung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte im nationalen und internationalen Kontext. Zu den Ergebnissen des UNFPA-Berichts nahmen heute die #parlaandsex-Mitglieder Eva Maria Holzleitner (SPÖ), Faika El-Nagaschi (Grüne) und Henrike Brandstötter (NEOS) Stellung. Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP) konnte aus gesundheitlichen Gründen an der heutigen Veranstaltung nicht teilnehmen.

REAKTIONEN DER ÜBERPARTEILICHEN #PARLAANDSEX-GRUPPE

Nur 56 % der Frauen weltweit können frei über ihren Körper und ihre Sexualität entscheiden. Dies sei “noch viel zu wenig” und bedeute, dass immer noch fast die Hälfte der Frauen unter Unterdrückung und mehrfacher Diskriminierung zu leiden haben, betonte Eva-Maria Holzleitner (SPÖ).

Schwangerschaften stellen für viele Frauen immer noch ein Gesundheitsrisiko dar und die höchste Geburtenrate gebe es in jenen Ländern, in denen Frauen am wenigsten über Verhütung entscheiden dürfen. Daher brauche es mehr Aufklärungsprogramme, forderte Henrike Brandstötter (NEOS).

Der Zugang zu sexuellen und reproduktiven Rechten solle umfassend und universell sein und dürfe nicht zum Spielball der Politik werden, sagte Faika El-Nagashi (Grüne). Aus ihrer Sicht brauche es dazu den politischen Willen, strukturelle Reformen sowie die entsprechenden finanziellen Mittel.

In einem übermittelten schriftlichen Statement sprach sich Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP) dafür aus, diejenigen zu stärken, die am weitesten zurückliegen, um “niemanden zurückzulassen”. Wo immer es möglich sei, sollten daher alle Daten so aufgeschlüsselt werden, dass sie sämtliche Bevölkerungsgruppen genau beschreiben. Dies sei für eine umfassende, universelle und integrative Gesundheitsversorgung notwendig.

AUFHOLBEDARF AUCH IN ÖSTERREICH

Im Vergleich zu Entwicklungsländern sei die Lage der Frauen in Österreich eine “relativ glückliche”, jedoch müsse darauf geachtete werden, dass auf diesem guten Fundament weiter aufgebaut werde und dieses nicht wieder verloren gehe, betonte Willibald Zeck.

Aufholbedarf sieht Eva Maria Holzleitner (SPÖ) in Österreich insbesondere beim Zugang zu Verhütung, da die Kosten beispielsweise für die Spirale für viele Frauen ein hohe Belastung darstelle. Schwangerschaftsabbruch müsse flächendeckend, kosten- und straffrei sein, forderten Eva Maria Holzleitner (SPÖ) und Faika El-Nagashi (Grüne).

In Bezug auf bessere Sexualbildung und Aufklärung an Schulen werde es externe Expertise brauchen, da das System überfordert sei. Dafür müssten Qualitätsstandards festgelegt und Ressourcen bereitgestellt werden, meinte Faika El-Nagashi (Grüne).

Auf die Bedeutung guter Finanzbildung wies Henrike Brandstötter (NEOS) hin, da die “Freiheit der Frauen in der eigenen Geldtasche” beginne.

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz sowie Desinformation bringen neue Herausforderungen, betonte Willibald Zeck. Junge Menschen weltweit lernen nicht nur in der Schule über sexuelle und reproduktive Gesundheit, sondern informieren sich darüber vor allem im Internet. Desinformation könne dabei großen Schaden anrichten.

Die Österreichische Gesellschaft für Familienplanung (ÖGF), ein im Jahr 1966 gegründeter Verein, setzt sich für die sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte für alle in Österreich lebenden Menschen ein. Die vom Verein an die Bundesregierung formulierten Forderungen umfassen den Aufruf zur Erhöhung der Basisförderung des Weltbevölkerungsfonds (UNFPA), die Durchführung umfassender Informations- und Bildungsarbeit zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und diesbezüglichen Rechten auch als Präventionsarbeit, flächendeckender und kostenfreier Zugang zu Verhütungsmittel und Beratung sowie legaler, sicherer und kostenfreier Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen.

30 JAHRE ICPD-AKTIONSPROGRAMM

Der aktuelle Weltbevölkerungsbericht beschäftigt sich mit den Entwicklungen der letzten drei Jahrzehnte. Im Jahr 1994, also vor genau 30 Jahren, wurden bei der Weltbevölkerungskonferenz in Kairo das ICPD-Aktionsprogramm verabschiedet. Damit haben die Vereinten Nationen die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte als Menschenrechte anerkannt. Seither konnte viel erreicht werden. Beispielsweise hat sich die globale Rate der ungeplanten Schwangerschaften um rund 20 % verringert. Die Anzahl der Frauen, die moderne Verhütungsmittel verwenden hat sich zwischen 1990 und 2021 verdoppelt und die Geburten bei Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren sei seit 2000 um ein Drittel zurückgegangen.

Doch der UNFPA-Bericht zeigt auch auf, dass die am stärksten marginalisierten Menschen und Gemeinschaften mit dem Fortschritt in den letzten 30 Jahren nicht erreicht werden konnte. Noch immer sterben jeden Tag rund 800 Schwangere während der Geburt, die meisten dieser Todesfälle sind in Afrika und fast jeder dieser Todesfälle ist vermeidbar. Auch geschlechtsspezifische Gewalt ist noch immer in jedem Land allgegenwärtig, wobei Frauen und Mädchen mit Behinderung dieser Gewalt mit einem rund zehn Mal höheren Risiko ausgesetzt sind.

Als erfolgreiche Maßnahmen zur Förderung der sexuellen Gesundheit gelten ein verbesserter Zugang zu Gesundheitsdiensten für Mütter durch die Bereitstellung von mehr Ärzt:innen, mehr Eingriffe von Hebammen, die Förderung der Geschlechtergerechtigkeit sowie die Anerkennung von Community Leadership und Partnerschaft. Ein Beispiel dafür ist die Wiedereinführung traditioneller Entbindungspraktiken im Norden Kanadas, durch welche indigene Frauen bei Geburten besser unterstützt werden konnten. (Schluss) bea

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