Schülervertreter:innen debattierten Gesundheitsthemen, EU und Demokratiebildung

Österreichisches Schüler:innenparlament tagte heute im Hohen Haus

Schülervertreter:innen aus ganz Österreich kamen heute im Hohen Haus zusammen um beim Österreichischen Schüler:innenparlament (ÖSIP) über bildungspolitische Themen zu debattieren. Seit 2018 ist das ÖSIP gesetzlich verankert und stellt einen wichtigen Teil der Mitbestimmung von Schüler:innen dar. Die im Plenum positiv abgestimmten Anträge werden dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung und dem Nationalrat vorgestellt. Zu den heute im Plenum angenommen Anträgen zählten Initiativen zu gesunder Ernährung an Schulen, mehr Sportunterricht, einem verstärkten bildungspolitischen Fokus auf die EU sowie die Demokratiebildung.

SOBOTKA WIES AUF GEFAHREN FÜR DIE DEMOKRATIE HIN

In seiner Begrüßungsrede erinnerte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka die Schüler:innen daran, dass sie der nächsten Generation angehören, die Demokratie gestalten werde. Er rief sie dazu auf, bei der bevorstehenden EU-Wahl von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen, da die Teilnahme an Wahlen die zentralste Form der Beteiligung sei. Zudem machte er auf die großen Herausforderungen für die Demokratie aufmerksam und betonte, dass die Digitalisierung große Chancen mit sich bringe, aber generative künstliche Intelligenz (KI) auch enorme Potentiale für Beeinflussung habe. Ausländische Trollfabriken würden beispielsweise darauf abzielen, das Wahlverhalten der Bevölkerung zu verändern und würden damit auf die demokratische Struktur einwirken. Es brauche daher die Erweiterung der digitalen Bildung sowie einen gesetzlichen Rahmen, der mit dieser rasanten Entwicklung einhergehen müsse, so der Nationalratspräsident. Als zweite große Herausforderung für die Demokratie nannte Sobotka den Antisemitismus. Dieser führe zu Polarisierung und Verschwörungsmythen und stelle eine realistische Gefahr für Österreich dar. Es sei daher zentral, den respektvollen Umgang in den Vordergrund zu rücken, sagte Sobotka.

PLAKOLM: KI SINNVOLL EINSETZEN, FINANZBILDUNG SOWIE POLITISCHE BILDUNG FORCIEREN

Jugend- und Digitalisierungsstaatssekretärin Claudia Plakolm gratulierte in ihrer Rede den Schüler:innen zu ihren professionellen Anträgen und bedankte sich bei ihnen für ihren zeitintensiven Einsatz als Schülervertreter:innen. Auf drei Themenbereiche, zu denen die Schüler:innen Anträge formuliert hatten, ging Plakolm näher ein: Digitalisierung, Finanzbildung sowie politische Bildung. Sie sprach sich dafür aus, KI-Tools im Unterricht sinnvoll einzusetzen, „handfestes Wissen“ über Finanzen – beispielsweise über Ratenzahlungen und Wertpapiere – in den Schulen zu vermitteln sowie im Rahmen der politischen Bildung an geförderten Schulreisen zu den europäischen Institutionen nach Brüssel teilzunehmen.

STATEMENTS VON ABGEORDNETEN ALLER PARLAMENTSFRAKTIONEN

Rudolf Taschner (ÖVP) rief dazu auf, Worte richtig zu wählen und für das was man sagt, Verantwortung zu übernehmen. Im Hinblick auf den zunehmenden Einsatz von KI wünschte er sich von den Schüler:innen nicht zu vergessen, dass KI nicht träumen und phantasieren könne, da es sich dabei lediglich um „simulierte Intelligenz“ handle.

Demokratie stehe für Mitbestimmung, Transparenz und Gerechtigkeit, sagte Petra Tanzler (SPÖ). Es sei wichtig, junge Menschen aktiv in den politischen Prozess einzubinden. Die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre sei daher ein Schritt in die richtige Richtung gewesen, meinte Tanzler und ermutigte die Schüler:innen, ihre Ideen und Sichtweisen zur Bewältigung der Herausforderungen unserer Zeit einzubringen.

Hermann Brückl (FPÖ) erinnerte die Schüler:innen daran, dass das Parlament das Herz der Demokratie sei, da an diesem Ort jene Beschlüsse gefasst werden, die unser Zusammenleben ordnen. Gedanken und Ideen würden nach mitunter hitzigen Debatten in Gesetze geformt, sagte Brückl und betonte, die Wichtigkeit der Kompromissbereitschaft.

Als „sehr spannend“ bezeichnete Sibylle Hamann (Grüne) die Anträge der Schüler:innen. Denn diese würden deren Sehnsucht zeigen, dass Schule mehr als ein Ort des Lernens sein solle. Sichtbar werde ein ganzheitlicher Blick der Schüler:innen auf sich selbst als Individuen, denen Gesundheit, Ernährung und Wohlfühlen in der Schule als sozialer Ort wichtig sei.

Yannick Shetty (NEOS) rief die Schüler:innen dazu auf, Botschafter:innen der Demokratie zu werden. Zudem unterstrich er den Wert des Streits und wies darauf hin, dass er derzeit im Parlament der einzige Abgeordnete unter 30 Jahren sei. Es sei wichtig, dass sich junge Menschen politisch engagieren, da die Jungen in der Politik derzeit unterrepräsentiert seien, so Shetty.

MARCHETTI UND SCHMUDERMAYER: PLÄDOYERS FÜR POLITISCHE TEILHABE

Politik sei jener Ort, an dem ausgehandelt werde, „wie wir miteinander leben“, erklärte die ehemalige Bundesschulsprecherin Flora Schmudermayer ihre Motivation sich politisch zu engagieren. Es seien „viele kleine Errungenschaften“ gewesen, die ihre Zeit als Bundesschulsprecherin geprägt hätten – unter anderem die Möglichkeit für Schüler:innen ihre Lehrpläne mitzubestimmen. Schmudermayer appellierte an die Anwesenden, auch weiterhin auf den verschiedensten politischen Ebenen zu partizipieren und sich als „Multiplikatoren“ für ihre Anliegen zu begreifen.

Nico Marchetti, Nationalratsabgeordneter der ÖVP und ebenfalls ehemaliger Bundesschulsprecher, unterstrich das „riesige Potenzial“ der Schüler:innenvertretung, die in ihrer institutionellen Verankerung in Österreich einzigartig sei. Es biete den Schüler:innen die Gelegenheit „Agenda Setting“ zu betreiben und den Verantwortungsträger:innen ihre Lösungsvorschläge „um die Ohren zu hauen“. Auch Marchetti plädierte an die Schüler:innen, die Politik nicht „auf ein Podest zu stellen“ oder sich von Usancen abschrecken zu lassen, sondern ihr politisches Talent zu nutzen und sich weiterhin aktiv einzubringen. Dies sei sowohl wertvoll für den gesellschaftlichen Diskurs als auch für das individuelle Selbstbewusstsein der Schüler:innen.

PLENARDEBATTE DER SCHÜLERVETRETER:INNNEN

Im Plenum sprachen sich die Schüler:innen unter anderem für mehr Gesundheits- und Ernährungsbildung und eine bessere Lebensmittelverpflegung an Österreichs Schulen aus. Kontrovers diskutiert wurde darüber, ob es an Schulen ein kostenloses Mittagessen für alle Schüler:innen geben solle. Unter dem Titel „Weg von Bildschirmen ab zum Sport“ debattierten die Schüler:innen über Forderungen nach mehr Sport- und Bewegungsinitiativen an den Schulen.

Neben dem Gesundheitsaspekt beschäftigten sie sich in ihren Anträgen und Wortmeldungen mit einer breiten Themenpalette im Rahmen ihrer schulischen Lebensrealität. So war etwa ein verstärkter bildungspolitischer Fokus auf die Vermittlung von Wissen über die Europäische Union und ihrer Werte ein weiteres Anliegen der „Parlamentarier:innen“. Konkret forderten sie etwa die Erweiterung der Lehrinhalte zur Stärkung eines europäischen Bewusstseins oder

die Einrichtung eines Europabüros in jeder Bildungsdirektion. Dazu wurden zahlreiche Abänderungsbeiträge eingebracht, die unter anderem die Integration der EU-Wahlen in den Unterricht und die Weiterbildung von Lehrpersonen zur europäischen Demokratie betrafen.

Einen weiteren Schwerpunkt setzten die Schülervertreter:innen in ihrer Debatte auf die Demokratiebildung. Deren Stärkung im Schulsystem sei essenziell, da das Vertrauen in die demokratischen Institutionen einen „historischen Tiefpunkt“ erreicht habe, heißt es in einem dementsprechenden Antrag. Darin werden unter anderem die Einführung eines jährlichen „Tages der Demokratie“, ein eigenständiges Schulfach Demokratiebildung und Besuche demokratischer Institutionen gefordert. Abänderungsanträge zu einer möglichen Direktwahl der Schüler:innenvertretung sorgten für eine mitunter hitzige Debatte.

POLASCHEK PLÄDIERT FÜR EINE RATIONALE DEBATTE ZUR BILDUNGSPOLITIK

Die Tagung des Schüler:innenparlaments habe gezeigt, wie wichtig politische Mitbestimmung auch für die jüngere Generation sei, erklärte Bildungsminister Martin Polaschek in seinen Abschlussworten. Gerade da Politik derzeit „negativ behaftet“ sei, müsse der Jugend verstärkt vermittelt werden, dass es um die Demokratie als „zentralen Baustein unseres Zusammenlebens“ gehe. In Österreich sei es insbesondere zum Thema Bildungspolitik „unendlich schwierig“ eine sachliche Debatte zu führen, da diese oftmals von Ideologien und Vorurteilen geprägt sei. Polaschek plädierte für einen rationalen Diskurs darüber, was das Bildungssystem im 21. Jahrhundert leisten müsse. Dabei sei es entscheidend, dass sich gerade die Jugend einbringe, sicherte Polaschek den Schülervertreter:innen zu, ihre Anregungen ernst zu nehmen und in die politische Debatte hineinzutragen. (Schluss) bea/wit

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie im Webportal des Parlaments.

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