Landwirtschaftsausschuss einstimmig für Umsetzung des bisher „größten Hochwasserschutzprojekts“ in Österreich

Verbesserung des Hochwasserschutzes am Rhein von der Illmündung bis zum Bodensee mit Kosten für Österreich von rund 1,1 Mrd. €

Der Landwirtschaftsausschuss sprach sich heute einstimmig für die Aufrüstung des Hochwasserschutzes am Rhein bis zum Jahr 2052 aus. Auch eine Bund-Länder-Vereinbarung zur Kostenbeteiligung des Bundeslands Vorarlberg wurde einstimmig angenommen. Zudem passierte ein Gesetzesantrag von ÖVP und Grünen den Ausschuss, welcher die Schaffung von Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit durch nachgeordnete Dienststellen des Landwirtschaftsministeriums ermöglichen solle.

Mehrheitlich nahmen die Ausschussmitglieder den Bericht zum Waldfondsgesetz für das Jahr 2023 zu Kenntnis. An „ungenauen Formulierungen“ im Bericht gab es Kritik.

Darüber hinaus standen heute 14 Initiativen der Oppositionsparteien auf der Tagesordnung, die allesamt vertagt wurden. Es handelte sich dabei teilweise um bereits mehrfach wiederaufgenommene Anträge unter anderem zu Tierhaltungs- und Lebensmittelherkunftsbezeichnungen und Vollspaltenböden. Gerald Hauser (FPÖ) kritisierte die zahlreichen Vertagungen scharf und sprach von einer „nahtlosen Kette einer Vertagungsorgie“.

HOCHWASSERSCHUTZ: 20-JÄHRIGE BAUZEIT FÜR „JAHRHUNDERTPROJEKT“

Der Hochwasserschutz am Rhein soll weiter verbessert werden und für ein 300-jährliches Hochwasser gerüstet werden. Ziel ist demnach eine Erhöhung des Abflusskapazität auf 4.300 m³/s durch flussbautechnische Maßnahmen. Auch die Verbesserung des ökologischen Potenzials des Rheins in der Grenzstrecke von Vorarlberg und der Schweiz soll dadurch erreicht werden. Dazu liegt ein entsprechender Staatsvertrag zwischen Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Genehmigung vor (2559 d. B.). Ausgegangen wird von einer 20-jährigen Bauzeit. Gestartet wird mit dem Bau voraussichtlich am 1. Juli 2027. Der Landwirtschaftsausschuss stimmte heute einstimmig für die Ratifikation des Staatsvertrages.

Die kalkulierten Gesamtkosten (inklusive Risikokosten, einer angenommenen Teuerung von 2 % und Mehrwertsteuer) liegen bei ca. 2,1 Mrd. €. Die Nettokosten sollen von der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zu gleichen Teilen getragen werden. Eine Beteiligung des Landes Vorarlberg an den für den Bund anfallenden Kosten wird in einer Bund-Länder-Vereinbarung geregelt (2581 d.B.). Diese wurde heute ebenfalls einstimmig angenommen. Bis zum Jahr 2052 wird für den Bund von Gesamtkosten von rund 1,1 Mrd. € (inkl. Teuerungsprognose und Mehrwertsteuer) ausgegangen. Das Land Vorarlberg soll davon etwa ein Viertel tragen – maximal jedoch 273,7 Mio. €. Die Vereinbarung sieht vor, dass die Kostenbeteiligung des Landes in 25 gleich hohen jährlichen Teilzahlungen von rund 10,9 Mio. € geleistet wird.

Es handle sich um das bisher größte Hochwasserschutzprojekt in Österreich, sagte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig. Es sei gut investiertes Geld, da Hochwasserschutz aufgrund immer häufiger eintretender Extremwetterereignisse entscheidend für die Zukunft sei.

Klaus Lindinger (ÖVP) betonte, dass Hochwasserschutz Sicherheit für die Bevölkerung bedeute und dieses Projekt ein „positives Beispiel für Renaturierung ohne ein Renaturierungsgesetz“ sei.

Als „enorm wichtiges Projekt“ bezeichnete Reinhold Einwallner (SPÖ) das Bauvorhaben, da es eine stark besiedelte Region schützen werde. Bei der Kostenbeteiligung für Vorarlberg handle es sich natürlich um „einen großen Brocken“, der jedoch aufgrund der vereinbarten Zahlungsmodalitäten „gut machbar“ sein werde.

Astrid Rössler (Grüne) wies auf die „unvorstellbar“ lange Bauzeit hin und warf die Frage auf, wie man damit umgehen wolle, wenn es schon während der Bauzeit zu einem Hochwasser kommen solle. Zudem erkundigte sie sich genauso wie Karin Doppelbauer (NEOS) nach dem aktuellen Stand der Verfahren und allfälligen Verhandlungen mit Grundeigentümer:innen.

Die Vorbereitungen für den Baustart 2027 „brauche schon etwas Zeit“, sagte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig. Es handle sich um eine sehr komplexe Aufgabe, bei der alle Stakeholder gut eingebunden seien. Auf österreichischer Seite seien Grundeigentümer:innen nicht betroffen, da es sich um öffentliches Wassergut handle. Man sei dabei, Lösungen mit betroffenen Gemeinden zu finden, sagte Totschnig.

SCHAFFUNG VON EINRICHTUNGEN MIT EIGENER RECHTSPERSÖNLICHKEIT DURCH NACHGEORDNETE DIENSTSTELLEN DES LANDWIRTSCHAFTSMINISTERIUMS

Nachgeordneten Dienststellen des Land- und Forstwirtschaftsministeriums soll es ermöglicht werden, im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit zu eröffnen. Dies solle einer stärken internationalen Vernetzung und dem Ausbau eines breiteren Kompetenzbereiches dieser Dienststellen dienen. ÖVP und Grüne haben dazu einen Antrag zur Änderung des Bundesämtergesetzes vorgelegt (4119/A), der mit ihren Stimmen mehrheitlich angenommen wurde. In einem ersten Schritt sollen beim Bundesamt für Wasserwirtschaft und bei der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen solche Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit eingerichtet werden.

Es entstehe der Eindruck, dass durch diese Änderung „Posten geschaffen werden“ sollen, meinte Dietmar Keck (SPÖ). Denn es sei vorgesehen, dass eine solche Einrichtung mit Rechtspersönlichkeit durch den oder die Dienststellenleiter:in oder durch eine andere vom Bundesministerium bestellte Person als Geschäftsführer:in nach außen vertreten werden könne. Auch Peter Schmiedlechner (FPÖ) stellte die Frage nach „Postenschacher“.

Ziel der Einrichtungen, die man mit dieser Änderung schaffen wolle, sei das Lukrieren von Mitteln für die Forschung sowie die Teilnahme an „großen EU-Forschungsprojekten“, erklärte Bundesminister Totschnig.

Karin Doppelbauer (NEOS) sah darin eine „eigentlich unterstützenswerte“ Sache, sie vermisste jedoch genauso wie ihre Fraktionskollegin Katharina Werner eine Kosten-Nutzen-Rechnung. Daher gab es auch seitens der NEOS vorerst keine Zustimmung.

KRITIK AN „UNGENAU FORMULIERTEM“ BERICHT ZUM WALDFONDSGESETZ

Auch die Debatte über den aktuellen Bericht zum Waldfondsgesetz für das Jahr 2023 (III-1163 d.B.) stand auf der heutigen Tagesordnung. Laut dem Bericht wurde zur Gewährleistung des Beitrages des Waldes zur regionalen Entwicklung, zum Klimaschutz und zur Sicherung seiner nachhaltigen Bewirtschaftung im Jahr 2020 das Maßnahmenpaket für den Forst- und Holzsektor in der Höhe von 350 Mio. € beschlossen und aufgrund steigenden Bedarfs 2023 um weitere 100 Mio. € aufgestockt. Dem Bericht liegen unter anderem die Ergebnisse der Evaluierung des Waldfonds und der einzelnen Maßnahmen durch unabhängige Expert:innen zugrunde. Diese haben laut dem Landwirtschaftsministerium bestätigt, dass zum einen ein hoher Bedarf an den Waldfondsmaßnahmen besteht und zum anderen die Maßnahmen sehr gute Wirkungen hinsichtlich der jeweiligen Zielsetzungen erreichen. Da der Klimawandel aber rasch voranschreite, könne jedoch auch der Waldfonds mit seiner derzeitigen finanziellen Ausstattung mittel- bis langfristig nicht den gesamtem nationalen Bedarf an Fördermitteln abdecken, heißt es im Bericht.

Elisabeth Feichtinger (SPÖ) betonte, dass Förderungen enorm wichtig seien und sprach sich für einen effizienten Einsatz der Gelder aus. Sie forderte einen Gesamtüberblick zu allen Förderungen und kritisierte ungenaue Formulierungen im Bericht.

Auch Olga Voglauer (Grüne) fand, dass der Bericht „sehr schmal“ ausgefallen sei und sprach sich für ausführlichere Informationen in künftigen Berichten aus. Insbesondere interessierte sie sich für die Relationen der ausgeschöpften Mittel je gesetzte Maßnahme.

Hermann Gahr (ÖVP) nannte den Waldfonds ein Instrument, das „uns gut begleiten“ könne.

Karin Doppelbauer (NEOS) interessierte sich dafür, wieviel Geld in Netzwerke und Cluster geflossen sei und wer hinter diesen stehen.

Landwirtschaftsminister Totschnig sagte, dass die Ausgestaltung des Berichts nach den gesetzlichen Vorgaben erfolgt sei. Gerne werde man prüfen, ob künftige Berichte umfangreicher sein könnten.

Elisabeth Feichtinger (SPÖ) stellte den Antrag, den Bericht in einer Nationalratssitzung zu behandeln. Dieser Antrag blieb mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und NEOS in der Minderheit und wurde damit abgelehnt. Der Bericht wurde mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und FPÖ mehrheitlich zur Kenntnis genommen und ist damit enderlegt.

SPÖ: Förderrichtlinien ändern, um Wälder besser vor Hitze zu schützen

Zwei von der SPÖ eingebrachte Initiativen betrafen ebenfalls die Bewirtschaftung der Wälder. So fordert die SPÖ eine Stärkung der Artenvielfalt in den Wäldern und damit einen „gezielten Waldumbau“ – hin zu klimafitten Wäldern. Bestehende Förderrichtlinien sollten demnach geändert werden, um die Wälder besser vor Hitze zu schützen (4133/A(E)). Mit einem wiederaufgenommenen Antrag forderten die Sozialdemokrat:innen außerdem mehr Transparenz und konkretere Vorgaben für waldbezogene Förderungen (3739/A(E)).

Andreas Kühberger (ÖVP) verwies auf die bereits gesetzten Maßnahmen, um die Wälder klimafit zu machen. Mit dem Waldfonds werde sehr viel Geld in die Hand genommen, um auch die Biodiversität in den Wäldern zu erhöhen. Er stellte daher Vertagungsanträge, die mit den Stimmen der Koalition angenommen wurden.

SPÖ UND FPÖ: FORDERUNGEN NACH KENNZEICHNUNG HINSICHTLICH TIERHALTUNG UND HERKUNFT VON LEBENSMITTELN

Zur Verhandlung standen außerdem mehrere Initiativen von SPÖ und FPÖ, die auf mehr Tierwohl und Transparenz bei der Lebensmittelproduktion abzielten. Mit einem neuen Antrag forderte die SPÖ eine lückenlosen Kennzeichnung tierischer Produkte hinsichtlich der Haltungsbedingungen der Tiere. Dabei sollen sich die definierten Haltungsstufen jeweils deutlich hinsichtlich des Tierwohls unterscheiden und nicht nur „in Minimalverbesserungen der Haltung“ voneinander abweichen (4063/A(E)). Mit wiederaufgenommenen Anträgen forderte die SPÖ erneut die Umschichtung von Fördermitteln für ein Ende von Vollspaltböden-Haltung (3831/A(E)) sowie ein Maßnahmenbündel für mehr Tierschutz bei Nutztieren (2822/A(E)). Zudem mahnte die SPÖ die Umsetzung der Forderungen des Tierschutzvolksbegehrens ein (2171/A(E)). Die FPÖ sprach sich erneut für die lückenlose Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln aus (3018/A(E)).

Das Thema Herkunftsbezeichnung sei in aller Munde und gehe einher mit Tierhaltungskennzeichnung, sagte Elisabeth Feichtinger (SPÖ). Sie forderte „rasch zu handeln“, da es eine Auszeichnung für Österreich wäre, wenn es sich als „Tierwohlmusterland“ etablieren könne.

Olga Voglauer (Grüne) sagte, dass es zur Umsetzung der Vollspaltenregelung Anreize brauchen werde. Dabei könnte eine Haltungskennzeichnung nützlich sein. So könne man verbesserte Haltungsbedingungen der Tiere auch den Kund:innen näherbringen. Es wäre daher wichtig, Haltungskennzeichnungen gesetzlich zu verankern und dabei nicht nur auf Branchenvereinbarungen zu setzen, so Voglauer.

Die Konsument:innen würden nicht mehr wollen, dass Tiere auf Vollspaltböden leben müssen, meinte Dietmar Keck (SPÖ). Umbauten der Ställe wären „innerhalb kürzester Zeit möglich“, wenn der Bund diese durch eine Umschichtung der Agrarförderung finanzieren würde.

Josef Hechenberger (ÖVP) verwies auf bereits bestehende Gütesiegel. Zudem sprach er sich für die Kombination von verpflichtenden Tierhaltungs- und Herkunftsbezeichnungen aus. Dazu gebe es bereits intensive Gespräche. Eine Umschichtung der Agrarförderungen lehnte er ab. Es gebe bereits jetzt Investitionsförderungen, doch aufgrund der unsicheren Situation werde derzeit wenig investiert. Wichtig sei zudem, dass Tierwohlfleisch von Konsument:innen auch tatsächlich gekauft werde. Alle Anträge wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

NEOS: VERSCHÄRFUNG DER VORGABEN FÜR ÖFFENTLICHE LEBENSMITTELBESCHAFFUNG

Eine Verschärfung der Vorgaben bei der öffentlichen Lebensmittelbeschaffung zur Stärkung der heimischen Landwirtschaft forderten die NEOS mit einem Antrag, der ebenfalls vertagt wurde. Die BBG (Bundesbeschaffung GmbH) solle rechtlich dazu verpflichtet werden, bestimmte Mindestkriterien für die Lebensmittelbeschaffung einzuhalten, die sich an den derzeitigen Kriterien des naBe-Aktionsplanes (Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung) orientieren und „zumindest eine angemessene“ Bioquote umfassen. Darüber hinaus sprechen sich die NEOS für die Schaffung einer zentralen Monitoringstelle aus. Diese solle die verbindliche Erfüllung der festgelegten Kriterien in den Ministerien überprüfen und dokumentieren, woher die beschafften Lebensmittel stammen (4084/A(E)).

Es mache ein trauriges Bild, dass das Landwirtschaftsministerium hinsichtlich der Beschaffung von Lebensmitteln für das Ministerium bei einer Anfragebeantwortung keine Zahlen abgeliefert habe, sagte Karin Doppelbauer (NEOS). Die Verantwortung darüber, wer für den Einkauf zuständig sei, werde abgeschoben, kritisierte sie.

Klaus Lindinger (ÖVP) betonte, dass man hinter heimischen Lebensmitteln stehe. Jedoch sei das Monitoring über die Einhaltung der Vorgaben für öffentliche Lebensmittelbeschaffung schwierig. Es brauche dazu ein einheitliches System.

Olga Voglauer (Grüne) verwies auf eine geplante Aussprache mit den NEOS zu diesem Thema.

Der Antrag der NEOS sei wichtig, meinte Elisabeth Feichtinger (SPÖ). Sie sehe in dieser Sache dringend Handlungsbedarf.

Auch Alois Kainz (FPÖ) sagte, dass der Ankauf regionaler Lebensmittel in öffentlichen Großküchen nicht funktionieren würde.

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig verwies auf die Initiative „Österreich isst regional“ und auf „klare Zuständigkeiten“ bei der Beschaffung. Die jeweilige Organisationseinheit trage selbst dafür die Verantwortung.

WEITERE VERTAGUNGEN

Neuerlich vertagt wurden weiters die wiederaufgenommenen SPÖ-Initiativen für eine verbindliche europaweite Reduktion der chemisch-synthetischen Pestizide (3627/A(E)) sowie zu fairen Arbeitsbedingungen für Landarbeiter:innen (3943/A(E)). Weitere neuerlich vertagte Anträge der FPÖ betrafen die Forderung nach der Wiedereinführung der 2015 abgeschafften Mutterkuhprämie (189/A(E)), eine Initiative zur Reduzierung des Schutzstatus des Wolfes (3661/A(E)), den Vorschlag für ein „Freiheitliches Entlastungspaket für die Landwirtschaft“ (3662/A(E)) sowie die Forderung nach einem Verbot für das Inverkehrbringen von „Laborfleisch“ (3773/A(E)). (Schluss Landwirtschaftsausschuss) bea

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