56. Wiener Gemeinderat: Rechnungsabschluss 2023 (17)

Beratung der Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen

GR Georg Prack, BA (GRÜNE) bezog sich eingangs auf das Motto der Stadt „Besser als Wien wird es nimmer“. Eigentlich sei damit gemeint: „Haben wir scho, brauch ma net”. Diese Haltung merke man, wenn man Kritik an der Stadt äußere. Anstatt eine Stadt von morgen zu entwerfen, verharre man in Selbstbeweihräucherung. Man vergesse, dass die Politiker*innen damals das Wien von Morgen im Fokus hatten. Mit „Haben wir schon, brauchen wir nicht“ gebe es keinen einzigen Gemeindebau, keine 40 Stunden Woche oder eine Wohnbeihilfe. Prack kritisierte, dass die Gemeindebau-Bauleistung relativ gering sei und erst ein Viertel der 5.000 Wohnungen fertiggestellt seien. Man brauche jedoch über 2.000 neue Gemeindewohnungen pro Jahr. Zusätzlich würden Flächen für Neubauten fehlen. Prack warnte davor, dass wenn nicht ausreichend Vorsorge für sozialen Wohnbau geschaffen werde, es zu konstanter Verknappung des Wohnraums führe. Einmal mehr forderte er eine Zweckwidmung der Wohnbauförderung. Wien müsse „dem sozialen Wohnraum wieder den Stellenwert einräumen, den er braucht“. Auch sei das Sanierungsvolumen zu knapp bemessen. 9.100 Wohnungen seien in 3 Jahren saniert worden – das reiche nicht aus. Der Fortschritt müsse wieder im Gemeindebau begingen. Kritik äußerte er auch an wöchentlich neuen Berichten über Spekulationshäuser. Die Stadt schreite hier viel zu zögerlich ein, hätte aber sehr wohl die Kompetenz im Mietrecht, um viel intensiver gegen Spekulation vorzugehen. Es brauche hier ein konsequenteres Einschreiten für die Mieter*innen.

GR Dr. Peter Sittler (ÖVP) kritisierte, dass Steuergeld im Übermaß ausgegeben und falsche Prioritäten gesetzt wurden. 1,3 Milliarden Euro mehr Schulden bei einem Gesamtschuldenstand von 10,2 Milliarden Euro seien das falsche Signal. Die Schulden würden stetig steigen und wurden in den letzten Jahren nie abgebaut. Die SPÖ schiebe die Verantwortung stets auf die Bundesregierung, jedoch werde im Rathaus „geschlafen“. Hierbei bezog er sich auf verzögerte Projekte wie die Veranstaltungshalle oder das Fernpostterminal und kritisierte auch die fehlende Sanierungsleistung bei Gemeindebauten: Laut Rechnungshof brauche es 66,6 Jahre, bis ein Bau wieder saniert werde. Es passiere lediglich „Ankündigungspolitik“. So sei auch die heute präsentierte Aktion für 1.000 Gemeindewohnungen für Menschen mit befristeten Mietverträgen zu sehen. Das sei eine reine Wahlkampfaktion und Populismus. Diese Politik sei unfair und unsozial. Fakt sei, dass im Bereich Wohnen immer weniger ausgegeben als veranschlagt wurde. Gerade in Zeiten, in denen massiv gebaut werden sollte, passiere hier sehr wenig. Sittler brachte abschließend drei Anträge zur Erhöhung des Wohnbaubudgets der Stadt Wien, zur Nachverdichtung und Wohnraumschaffung und zu Schaffung von Eigentum ein.

GR Christian Deutsch (SPÖ) hielt fest, dass 2024 Wien wieder zur lebenswertesten Stadt der Welt ernannt wurde. Das sei Auszeichnung für die Stadt und auch für die Wiener*innen. Auch der soziale Wohnbau sei für die Lebensqualität ausschlaggebend. Fest stehe, dass in Wien soziales und nachhaltiges Wohnen gefördert werde. Sei es bei der Objektförderung, beim Neubau, bei der Sanierung oder der Subjektförderung. Außerdem sei der Wohnbau ein Impulsgeber für Wachstum und Arbeit – ein Konjunkturmotor. Daher könne sich die Bundesregierung hier nicht aus der Verantwortung rausnehmen, denn der Rückgang an Baubewilligungen und der Bautätigkeit könne nicht von den Bundesländern abgefangen werden. In Wien würden zwei Drittel der Wiener*innen im geförderten Wohnbau leben, dieser wirke auch preisdämpfend auf den gesamten Markt und senke die Mieten generell. Fest stehe, dass Wohnen für viele Meschen aufgrund der Inflationsrate eine finanzielle Herausforderung geworden sei. Daher habe man in Wien 860 Mio. Euro für Antiteuerungsmaßnahmen und für die Entlastung der Wiener*innen bei Energie und Wohnen aufgewendet. Ziel der Stadtregierung sei es, leistbares Wohnen bei hoher Qualität für die Zukunft sicherzustellen. Jedoch könne der Wiener Wohnbau nicht das wirtschaftspolitische Versagen der Bundesregierung ausgleichen. Es gebe viele unerledigte Wohnbauvorhaben wie die Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung. Bezugnehmend auf Mietspekulation hielt Deutsch fest, dass es „keine Milde für Spekulant*innenhaie“ geben dürfe. Die Stadt schreite mit der Gruppe Sofortmaßnahmen ein, biete kostenlose rechtliche Unterstützung für Mieter*innen oder verhängt Verwaltungsstrafen bei Baumängeln. Es wäre jedoch an der Zeit, eine Reform des Strafrechts durch den Bundesgesetzgeber anzuregen, schloss Deutsch.

GRin Mag. Ulrike Nittmann (FPÖ) bezog sich in ihrer Rede auf Frauenrechte und forderte dazu auf, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Frauen ein selbst bestimmtes Leben führen können. Die SPÖ setze seit Jahrzehnten auf die falschen Konzepte und man sei von einer Gleichstellung von von Mann und Frau weit entfernt. Frauen werden nach wie vor an ihrem Geschlecht gemessen und nicht an ihrer Leistung. Das wirke sich finanziell auch auf die Pension aus. Nittmann forderte Finanzbildungsworkshops für Schulen, um die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen zu stärken und um das Bewusstsein für den richtigen Umgang mit Finanzen zu schärfen. Es gehe auch darum, die „Wertehaltung“ gemeinsam und geschlossen voranzutreiben. Dazu rief sie auch zu einem klaren Statement bereits in Schulen auf. Es gebe Gegenentwurfe zur Gleichstellung der Frauen und Bevölkerungsgruppen, die Frauenrechte mit Füßen treten. Daher brauche es eine klare Sprache, denn nicht allen Kulturen würden diese Werte teilen. Die Gewalt nehme in der Stadt weiter zu und gewalttätige Männer kommen aus Kulturen, in der diese Gewalt akzeptiert werde. Auch verschließe man unter dem Deckmantel der Willkommenskultur die Augen vor importierter Gewalt, schaffe Schutzräume und arbeite mit Tätern während die Femizide steigen würden. „Es muss klar kommuniziert werden, dass man Menschen mit einer solchen Wertehaltung bei uns nicht willkommen sind“, so Nittmann.

GRin Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) warf der FPÖ daraufhin „Scheinheiligkeit“ vor. Die FPÖ setze sich nur dann für Gleichstellung und Frauenpolitik ein, „wenn es in rassistische, schäbige Agenda reinpasst, ansonsten nie“, betonte Bakos. Das habe die FPÖ in der Bundesregierun und in Landesregierungen bereits mehrmals bewiesen. Bakos bezog sich auf die vielen Maßnahmen, die in Wien gesetzt werden, um die Gleichstellung von Frauen und Männer voranzutreiben. So zeige der Gleichstellungsmonitor auf, in welchen Bereichen angesetzt werden müsse. Der Töchtertag biete 4000 junge Frauen die Möglichkeit bei 250 Unternehmen in Berufe aus Bereichen aus den Bereichen MINT, Digitalisierung oder Technik hineinzuschnuppern. Beim Töchtertag werde damit aufgebrochen, was vermeintlich männlich oder weiblich sei. Sie wies auf das wichtige Schulprojekt „Respekt, gemeinsam stärker“ hin, wobei Rollenbilder aufgebrochen und die Gleichstellung gefördert werde. Ziel des Projekts sei es, Abwertung aufgrund des Geschlechtes, der Religion oder der sexuellen Orientierung zu verhindern. Dieses Projekt werde nun auf zehn weitere Schulen ausgerollt, darunter auch erstmals eine Volksschule und Polytechnische Schule. Weiters bezog sie sich in ihrer Rede auf Schwerpunkte in der Jugendarbeit wie die Mädchenzone in Favoriten oder die Rote Box, die Periodenprodukte Mädchen und Frauen zur Verfügung stelle, für die diese Ausgaben eine große finanzielle Belastung bedeuten. Die Ausweitung der Roten Box auf ganz Wien sei eine konkrete Maßnahme, die auf Basis der Ergebnisse der Frauenumfrage umgesetzt werde. Abschließend hielt sie fest, dass der 24 Stunden-Frauennotruf allein im letzten Jahr 12.000 Beratungen durchgeführt habe. „Gewalt ist ein Thema, dass ein Anliegen von uns allen seien muss“, so Bakos. Femizide seien nur die Spitze des Eisberges. Daher habe Wien das Gewaltschutznetz noch dichter geknüpft und investiere jährlich 10 Mio. Euro, zum Beispiel in Kampagne zu KO-Tropfen oder Cybergewalt und investiere in den 24 Stunden-Frauennotruf und in den Ausbau der Wiener Frauenhäuser. (Forts.) kro

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