Österreichische Ärztekammer: „Gesundheit ist kein Spekulationsobjekt!“
ÖÄK-Präsident Steinhart: Filetierung und Abverkauf des wichtigsten österreichischen Gesundheitskonzerns VAMED zeigen die großen Gefahren der Konzernisierung.
„Die Aufspaltung und der geplante scheibchenweise Abverkauf von Österreichs wichtigstem Gesundheitskonzern VAMED zeigt klar und deutlich, wie groß die Gefahr der Konzernisierung ist, vor der wir seit langem warnen“, sagt Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer. Seit einigen Wochen schon werde der Gesundheitskonzern offenbar filetiert. Die VAMED-Anteile an österreichischen Thermen, die technische Betriebsführung im AKH Wien und das österreichische Projektgeschäft sollen laut Medienberichten an die Baukonzerne Porr und Strabag gehen, die Reha-Sparte, die in Österreich 17 Häuser umfasst, darunter Reha-Zentren, Altersheime und Entzugskliniken, sollen zu 67 Prozent an einen französischen Investmentfonds verkauft werden. Dieser Fonds steht in der Kritik, den Wert seiner Investments mit Qualitätsabbau in die Höhe zu treiben und dann wieder mit Gewinn abzustoßen. In Deutschland hat der Fonds bereits im großen Stil Zahnarztpraxen erworben und war Ende 2023 drittgrößter Großinvestor im Bereich zahnärztlicher Medizinischer Versorgungszentren (MVZ) – hinter einer Private Equity Gesellschaft aus Bahrain und der Jacobs Holding aus dem Umfeld der gleichnamigen Kaffee-Dynastie.
Leidtragende waren Zahnärztinnen und Zahnärzte, die teils massive Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen beklagten - und die Patientinnen und Patienten. Die deutsche Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung übt in einem aktuellen Bericht scharfe Kritik an investorengetragenen MVZ: Sie würden keinen nennenswerten Beitrag zur Versorgung in strukturschwachen, ländlichen Gebieten leisten und kaum an der Versorgung von pflegebedürftigen Menschen und Menschen mit Behinderung im Rahmen der aufsuchenden Versorgung teilnehmen. Es bestehe eine große Gefahr durch Marktkonzentrationen und zudem seien auch die Arbeitszeitmodelle für die Ärztinnen und Ärzte keinesfalls besser – im Gegenteil: Bei der Möglichkeit, in Teilzeit zu arbeiten, hätten investorengetragene MVZ die schlechteste Teilzeitquote von allen Praxisformen.
„Solche Entwicklungen müssen gestoppt werden. So darf man mit Gesundheitseinrichtungen und mit den Patientinnen und Patienten nicht umgehen. Ihre Gesundheit ist kein Spekulationsobjekt“, kritisiert Steinhart. Seit Jahren beobachte man das Vordringen fachfremder Kapitalinvestoren in den Gesundheitsmarkt mit großer Besorgnis, in Österreich kämpfe die Ärztekammer vehement dafür, dass Finanzinvestoren nicht in Primärversorgungszentren einsteigen dürfen. „Denn ein stark investorengetriebenes Gesundheitssystem lässt natürlich negative Auswirkungen auf die Qualität der medizinischen Versorgung befürchten“, so Steinhart. Wenn nicht mehr Ärztinnen und Ärzte als Angehörige eines freien Berufes eigenverantwortlich, nur dem Patientenwohl verpflichtet und nach bestem Wissen und Gewissen diagnostische und therapeutische Entscheidungen treffen, sondern ein dominierend betriebswirtschaftliches Kalkül regiert und ihr Handeln einer rein finanziellen Nutzenoptimierung untergeordnet wird, werde es zu Über-, Unter- oder Fehlversorgung kommen, warnt Steinhart. „Wir brauchen deshalb dringend eine strengere und restriktivere gesetzliche Regulierung von Investorenbeteiligungen in medizinischen Bereichen“, lautet der dringende Appell des ÖÄK-Präsidenten an die Politik: „Und legen Sie beim VAMED-Verkauf eine Vollbremsung hin, bevor es zu spät ist.“
Österreichische Ärztekammer
Mag. Sascha Bunda
Öffentlichkeitsarbeit
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