BAG-Hilfsorganisationen vermissen Thema „Pflege“ im Wahlkampf
Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe erwarten konkrete Vorschläge für die Zukunft von Pflege und Betreuung in Österreich
Viele Menschen sind durch die multiplen Krisen massiv unter Druck gekommen. Die Hilfsorganisationen, die in der Bundesarbeitsgemeinschaft freie Wohlfahrt (BAG) zusammengeschlossen sind, kennen die Sorgen der Menschen aus der Nähe. Tag für Tag sehen sie in ihrer Arbeit, wie belastet viele Menschen sind und was sie belastet – und wo eine neue Bundesregierung für Entlastung sorgen muss.
BAG SIEHT PFLEGE ALS ZENTRALE POLITISCHE FRAGE
„Österreich wählt in einer Situation, in der viele die Zukunft alles andere als rosig sehen. Mehr als die Hälfte der Menschen Österreich ist pessimistisch. Zu großer Verunsicherung führt die Frage der Zukunft der Pflege: 57% machen sich Sorgen, wer sie selbst oder ihre Angehörigen im Alter pflegen wird. Nur jede:r Fünfte (20%) meint, dass derzeit Menschen mit Pflegebedarf genug Unterstützung bekommen und dass die politischen Aktivitäten zur Sicherstellung guter Pflege ausreichen. Fast die Hälfte gibt an, dass das Thema relevant ist für ihre Wahlentscheidung.
Doch bis zum heutigen Tag ist die Pflege-Frage vollkommen unterrepräsentiert in politischen Debatten. Pflege und Betreuung ist kein politisches Randthema, es betrifft 1,5 Mio. Menschen in Österreich – entweder, weil sie selber oder weil Angehörige Pflegebedarf haben. Als BAG erwarten wir von den politischen Parteien, die Österreich in den nächsten fünf Jahren regieren werden, dass sie Sorge für die Zukunft der Pflege tragen und bereits im Wahlkampf konkrete und konstruktive Lösungen vorschlagen.“ (Maria Katharina Moser, Direktorin der Diakonie Österreich und derzeit Vorsitzende der BAG)
BAG ZUR FINANZIERUNG DER PFLEGE
„Die budgetäre Sicherung von Pflege und Betreuung ist aufgrund der demographischen Entwicklung kein Sprint, sondern ein Marathon. Wir können Menschen, die jetzt oder bald in Zukunft Pflege und Betreuung benötigen werden, diese nur dann geben, wenn entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Gleichzeitig müssen wir auch Systemreformen umsetzen. Gerade der Fleckerlteppich an Zuständigkeiten in Österreich erschwert die Situation enorm. Strukturreformen sind also nicht nur sinnvoll, sondern helfen auch Finanzmittel eben dort einzusetzen, wo sie besser und wirksamer ausgegeben sind.
Unser dringender Appell: In der nächsten Legislaturperiode muss dringend eine Lösung für die notwendige Finanzierung und damit auch Planbarkeit gefunden werden. Auch trotz Strukturreformen wird es ohne eine adäquate Erhöhung der Budgetmittel für Pflege und Betreuung nicht funktionieren!“ (Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich)
BAG ZUR REFORM DES PFLEGEGELDES
„Das Pflegegeld war bei seiner Einführung im Jahr 1993 ein sozialpolitischer Meilenstein. Seither haben es Millionen Menschen in Anspruch genommen und damit Pflegeleistungen finanziert. Jetzt ist es in die Jahre gekommen und braucht Reformen. Denn es setzt vor allem darauf, erkrankungsbedingte Defizite auszugleichen, anstatt vorhandene Ressourcen abzusichern. Und auch die sozialen Bedürfnisse pflegebedürftiger Menschen bleiben bei der Einstufung des Pflegegeldes unberücksichtigt. Daher braucht es von der nächsten Bundesregierung eine Reform des Pflegegelds, das auch Leistungen der Prävention und Gesundheitsförderung abdeckt, die Einstufungskriterien und Zeitwerte müssen überarbeitet werden, die Ausbildung der Gutachter:innen muss verbessert werden und ihre Begutachtung angemessen honoriert werden. Die dringend benötigte Reform soll das Pflegegeld an die Bedürfnisse der Menschen im 21. Jahrhundert anpassen.“ (Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich)
BAG ZUM PERSONALBEDARF
„Die Bundesregierung hat im Zuge ihrer Pflegereformpakete wichtige Weichenstellungen zur Verbesserung der Personalsituation im Pflegebereich gesetzt. Vieles ist bereits in der Umsetzung, manches muss erst in die Umsetzung kommen. Aber wir sind noch lange nicht fertig. Das bekannte Zahlenwerk zum künftigen Personalbedarf in der Pflege spricht eine klare Sprache. Die nächste Bundesregierung hat große Aufgaben und muss konsequent am Thema weiterarbeiten, sonst werden wir mit fliegenden Fahnen untergehen“, warnt Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerk Österreich. „Umso erstaunter sind wir, wie wenig die wahlwerbenden Parteien bisher angesichts des Ausmaßes der Herausforderung zum Thema Pflege und Pflegepersonal gesagt haben“, stellt Anselm fest.
Als Beispiele für dringend notwendige weiterführende Maßnahmen nennt Anselm das Angebot von bedarfsgerechteren und vor allem mehr berufsbegleitenden Ausbildungsformaten, eine bessere regionale Abstimmung der Ausbildungsangebote, mehr Tempo und Kraft bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Gewinnung von Pflegekräften speziell aus Drittstaaten und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Arbeit von Pflege- und Betreuungskräften. Dazu gehören etwa die Weiterentwicklung und finanzielle Berücksichtigung von adäquaten Annahmen zu Personalschlüsseln und Auslastungsvorgaben, die Schaffung von Spielräumen für Bezugspflege und Teamarbeit, der beherzte Abbau von Bürokratie und intelligente Digitalisierung für mehr Effizienz und Sicherheit – auch und insbesondere an der Schnittstelle zum Gesundheitswesen.
BAG ZU PFLEGENDEN ANGEHÖRIGEN
„Eine Million Menschen in Österreich übernehmen die Pflege und Betreuung ihrer Angehörigen. 80 Prozent aller pflege- und betreuungsbedürftigen Menschen können dank ihrer Unterstützung zu Hause bleiben und müssen nicht in stationäre Betreuung. Pflegende Angehörige sind der größte Pflegedienst des Landes. Sie leisten täglich körperliche Schwerarbeit, müssen eigene Bedürfnisse oft hintanstellen, leiden unter hohen finanziellen Belastungen. Die zukünftige Regierung darf sie mit ihren Problemen nicht allein lassen. Ausreichende Unterstützungsangebote und finanzielle Hilfen sind dringend notwendig, ebenso langfristige Reformen, um den demographischen Wandel und die damit einhergehenden steigenden Belastungen für pflegende Angehörige gebührend Rechnung zu tragen.“ (Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant und Mitglied der Geschäftsleitung des Österreichischen Roten Kreuzes)
BAG FORDERT MASSNAHMEN ZUR VERSORGUNGSSICHERHEIT FÜR MENSCHEN MIT PFLEGEBEDARF
„Es gibt bereits jetzt Versorgungsengpässe für Menschen mit Pflegebedarf. Wir alle – Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe – kennen die verzweifelten Anrufe von Menschen, die einen Heimplatz suchen oder jemanden, der nach Haus kommt und hilft. Immer häufiger landen sie auf Wartelisten. Die Frage, was mache ich, wenn ein Angehöriger Pflege braucht, ist eine große Belastung für Familien. Als BAG erwarten wir von den wahlwerbenden Parteien, dass sie Konzepte zur langfristigen Sicherstellung der Versorgung liefern. Ein schlichter Ausbau des bestehenden Systems ist zu wenig. Derzeit heißen die Optionen: entweder Heim oder mobile Hauskrankenpflege. Das ist aber nicht immer das, was die Menschen brauchen. Manche brauchen mehrstündige Betreuung am Tag, v.a. bei Demenz. Anderen würde Betreuung nur in der Nacht helfen. Kurzzeitpflege ist ein großes Thema, auch Tageszentren oder Besuchsdienste. Es braucht bedarfsgerechte wohnortnahe Lösungen.“ (Maria Katharina Moser, Direktorin der Diakonie Österreich)
Diakonie Österreich
Dr. Roberta Rastl
Telefon: 0043 664 314 9395
E-Mail: presse@diakonie.at
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