Dachstein Dialoge 2024
Ein kraftvolles Plädoyer für Toleranz und Hoffnung in zerrissenen Zeiten
Die erste Ausgabe der DACHSTEIN DIALOGE endete am vergangenen Sonntag mit einem klaren und kraftvollen Aufruf: In Zeiten zunehmender gesellschaftlicher Spaltung ist Toleranz unerlässlich. Das internationale Festival, das heuer erstmals vom 27. bis 29. September in Ramsau am Dachstein und Filzmoos stattfand, widmet sich genau diesem Thema. Unter dem Motto „ZERRISSENE JAHRE“ nahmen über 700 Teilnehmer:innen, darunter renommierte Denker:innen, Künstler:innen und Musiker:innen an den ingesamt 10 Veranstaltungen teil, um sich mit den drängenden Fragen unserer Zeit auseinanderzusetzen.
Der Intendant der Dachstein Dialoge, Autor und Historiker Philipp Blom: „Die Dachstein Dialoge 2024 haben einen wichtigen Grundstein gelegt, um die Diskussion über Toleranz zu beleben. Gerade in zerrissenen Zeiten ist es unerlässlich, das Verbindende zu suchen, anstatt sich auf das Trennende zu konzentrieren.“ Blom betonte, dass das Festival sowohl ein kulturelles Ereignis als auch eine Plattform für echten Austausch und die Stärkung der demokratischen Grundwerte ist. „_Wir wollen Menschen bewegen, wach machen und ins Gespräch bringen. Das ist heute wichtiger denn je, da sich die politischen Fronten immer weiter verhärten._“
TOLERANZ ALS SCHLÜSSEL IN ZEITEN DES ZERFALLS
Zur Eröffnung des Festival-Wochenendes hielt MICHAEL KÖHLMEIER, einer der bekanntesten österreichischen Schriftsteller, eine beeindruckende Rede zum Thema „Toleranz als historische Herausforderung“ in der evangelischen Kirche in Ramsau am Dachstein. Darin setzte er sich kritisch mit dem Begriff der Toleranz auseinander, analysierte die oft missverstandenen und negativ bewerteten Konzepte von „Oberfläche“ und „Gleichgültigkeit“, und zeigte auf, dass Toleranz Zeit, Geduld und Unaufgeregtheit erfordert und deshalb oft als „unsexy“ gilt. Schließlich gelte es auch zu hinterfragen, wann Toleranz ihre Grenzen erreicht. Weiters warnte Köhlmeier, der 2024 für den österreichischen Buchpreis nominiert ist, vor der Gefahr einer „repressiven Toleranz“, die es Feinden der offenen Gesellschaft ermöglicht, die demokratischen Freiheiten zu unterwandern.
Der ehemalige Rektor der Central European University, MICHAEL IGNATIEFF, knüpfte in seinem Vortrag am Sonntag, in kuschelig-herbstlicher Atmosphäre in einem steirischen Heustadl, an diese Gedanken an und betonte, dass wahre Toleranz mehr sei als bloße Duldung. „Toleranz kann von kalter Gleichgültigkeit zu einem lebenslangen Engagement werden, das zu beiderseitigem Lernen führt,“ so Ignatieff. Es gehe um das schwierige Zulassen von Überzeugungen und Verhaltensweisen, die man nicht teilt. Auch er warnte vor den Grenzen der Toleranz, insbesondere wenn sie als Gleichgültigkeit missverstanden werden, und verwies auf das Risiko neuer Formen von Intoleranz, die aus einem übertriebenen Streben nach politischer Korrektheit entstehen können. „_Wir dürfen nicht nur die Unterschiede respektieren, sondern müssen auch die Identität erkennen, die uns alle verbindet_,“ fügte Ignatieff hinzu – ein Aufruf zur aktiven Verteidigung der Toleranz als Grundlage einer funktionierenden Demokratie.
KUNST ALS BRÜCKE FÜR TOLERANZ
Das Festival war jedoch nicht nur eine intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Thema Toleranz, sondern auch ein künstlerisches Erlebnis, das zeigte, wie Kunst sehr verschiedene Menschen einander näher bringen und Differenzen überwinden kann. Ein Höhepunkt war das Konzert von ILUMINA aus Brasilien, eine fulminante Interpretation verschiedener Werke der Musikgeschichte vom 17. Jahrhundert bis heute. Im Anschluss an ihr eigenes Konzert improvisierten Mitglieder des Ensembles bei einem der „Open Concerts“ der Dachstein Dialoge spontan mit lokalen Musiker:innen im „musikalischen Dialog“ und brachten so einen musikalischen Dialog unterschiedlicher Kulturen und Traditionen in die bunten Gasträume ins Hotel Hubertus in Filzmoos.
INTENDANT PHILIPP BLOM freut sich über den Erfolg des Festivals, über die inspirierenden Veranstaltungen wie über die durchwegs positive Resonanz der rund 700 Besucher:innen und Gäste: „_Es war wunderbar zu sehen, dass das Festival nicht nur Künstler:innen, Denker:innen und Gäste von auswärts angezogen hat, sondern auch ein breites regionales Publikum. Diese Mischung hat eine besondere Atmosphäre geschaffen und den Geist des Festivals wirklich lebendig gemacht._“
Auf der Bergstation Dachstein, gut geschützt vor dem draußen herrschenden Schneesturm am Samstag Abend, freute sich das Publikum aus Angereisten und Einheimischen über einen bunten Mix aus Schrammelmusik, Steirischen Jodlern, Tänzen und Jazz von den Wiener Bravour Schrammeln und dem steirischen Duo Haertel Wascher, einem besonders gelungenen Zusammentreffen von traditioneller städtischer und ländlicher Musik.
HOFFNUNG IN ZEITEN DER KRISE
Nicht nur die Bedeutung von Toleranz war an diesem Wochenende im Fokus, ein anderes Thema des Festivals war die Frage, wie in Krisenzeiten trotz aller bedenklichen gesellschaftlicher Entwicklungen „Hoffnung“ geschöpft und gestärkt werden kann. BARBARA STAUDINGER, Direktorin des Jüdischen Museums Wien, und PHILIPP BLOM diskutierten in einer bis auf den letzten Platz gefüllten Bauernstube am Ramsauer Frienerhof die Rolle von Hoffnung und Handeln in einer zunehmend säkular geprägten Welt. Staudinger betonte, dass Hoffnung durch Handeln entsteht, während Blom auf die Balance zwischen Erfüllung und Enttäuschung hinwies. Auch in Zeiten sozialer Unsicherheit und politischer Polarisierung sei Hoffnung jedoch für jede Gesellschaft – und auch jede und jeden Einzelnen elementar.
Ein junges Ensemble aus Spitzenmusiker:innen, neu formiert unter dem Namen Laços Quartet, begeisterte im Rahmen der Eröffnung mit Schostakowitsch und Beethoven und später im Anschluss an den Vortrag von Michael Ignatieff mit Improvisationen im Schweigerhof, die neugierig auf ihre künftigen Auftritte machen.
Revolutionär gestimmt waren der Stargeiger Benjamin Schmid und die Pianistian Ariane Haering, die in einem musikalischen „Toleranzbogen“ mit Werken von Mozart bis Hank das Publikum begeisterten und für einen würdigen und stimmungsvollen Abschluss des Festivals sorgten. Auch die Sonne ließ sich nach nieseligem Herbstwetter und plötzlich einbrechenden Winterstürmen an diesem Sonntag Nachmittag noch blicken und zeigte deutlich, dass die Möglichkeit zur Toleranz – ganzheitlich betrachtet – meist an der eigenen Einstellung liegt.
BÜRGERMEISTER ERNST FISCHBACHER, einer der Initiatoren der Dachstein Dialoge, zeigt sich begeistert: „Die Botschaft, gemeinsam in den Dialog zu treten – bei einem Konzert, einer Lesung oder einem Treffen – hat sich durch das gesamte Festival gezogen. In Zeiten, in denen politische Gräben tiefer werden, hat sich gezeigt, dass der Dialog nach wie vor der Schlüssel zur Verständigung ist.“
Auch der Filzmooser Bürgermeister Josef Hofer, dessen Gemeinde in turbulenten politischen Zeiten, dem Festival auf die Beine geholfen hatte, zieht zufrieden Resümee: „Der Auftritt von Illumina war für mich auch persönlich eine farbenfrohe, ganz besondere Erfahrung. Eine verbindende Veranstaltung – nicht nur eine Verbindung zweier Ortschaften, die lange voneinander getrennt waren, sondern auch von einzelnen Personen, Altersschichten, Nationalitäten; einfach eine tolle, kulturelle und musikalische Erfahrung, eine echte Bereicherung für den Ort!“
AUSBLICK AUF DIE DACHSTEIN DIALOGE 2025
Anlässlich des 500. Jahrestages der Bauernkriege in der Region wird das Festival 2025 zwischen 19. und 25. September unter dem Motto „Wer gehört zu uns?“ stattfinden, geplant sind auch ein Stipendiat:innen Programm, Kooperationen mit Schulen und vieles mehr.
Regina Stocker, Obfrau des Vereins Dachstein Dialoge, die ihre Mutter mit dem Spruch zitiert: „Was leicht geht, geht bergab!“, scheut keine Anstrengung, um die Dachstein Dialoge als Fixpunkt in ihrer Heimatregion zu verankern. Auch Blom sieht die Zukunft des Festivals optimistisch: „Je politisch polarisierter die Zeiten, desto wichtiger wird ein Festival dieser Art. Toleranz, Respekt vor anderen Meinungen und Mitmenschlichkeit durch Begegnung, inhaltliche Auseinandersetzung, Dialog und gemeinsames Erleben zu fördern, – ist eine Notwendigkeit, nicht nur für diese Region, sondern für die ganze Welt.“ Bildmaterial: https://www.dachstein-dialoge.at/pressebereich-der-dachstein-dialoge/
Dachstein Dialoge
Anna Oberdorfer
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