„dokFilm“-Premiere am 27. Oktober: „Diese Sendung ist kein Spiel – Die unheimliche Welt des Eduard Zimmermann“

Ein Kultformat als zeitgeschichtliches Sittenbild – um 22.15 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON

Das Gruseln und Schaudern zog Ende der 1960er Jahre in die heimischen Wohnzimmer ein: Die TV-Sendung „Aktenzeichen XY… ungelöst“, 1967 erstmals ausgestrahlt, war das erste True-Crime-Format im deutschsprachigen Fernsehen. Produziert und moderiert von Eduard Zimmermann, in Österreich von Teddy Podgorski und Peter Nidetzky, betrieb das Format nicht nur die Verbrechensaufklärung mit hohem Unterhaltungswert, sondern vermittelte auch normative Bilder der damaligen gesellschaftlichen Ordnung. Nach ihrem Film „Kulenkampffs Schuhe“, in dem sie das Unterhaltungsfernsehen der Nachkriegsära analysiert hat, lässt Filmemacherin Regina Schilling ein weiteres Mal Bild- und Lebenswelten des TV von damals aufleben. In ihrer jüngsten Produktion „Diese Sendung ist kein Spiel – Die unheimliche Welt des Eduard Zimmermann“ werden Kriminalfälle aus 300 Sendungen untersucht, und Schilling bringt auch ihren persönlichen Blick als Kind dieser Zeit ein. Das Format reflektierte die gesellschaftlichen Umbrüche der 1960er Jahre, darunter Frauenrechte, politischer Aktivismus und gesellschaftlicher Wandel. Ein interessanter Einblick in die TV-Geschichte, die immer auch ein Spiegelbild der Gesellschaft darstellt – als „dokFilm“-Premiere zu sehen am Sonntag, dem 27. Oktober 2024, um 22.15 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON.

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„Die Polizei bittet um Ihre Mithilfe!“: Wenn Eduard Zimmermann ab 1967 das Fernsehvolk auf Verbrecherjagd schickte – dann schickten Eltern ihre Kinder zu Bett, stets mit dem beklemmenden Nachsatz: „Diese Sendung ist kein Spiel“. „Aktenzeichen XY … ungelöst“ war weltweit die erste TV-Reihe eines Genres, das heute unter dem Begriff „True Crime“ boomt, und zugleich der Auftakt interaktiven Fernsehens. Zimmermann war ein adretter Herr mit kleinem Näschen und freundlichen Hamsterbacken, sein strenger Blick verhieß jedoch nichts Gutes und was er zu sagen hatte, verbreitete stets Unbehagen. Ab 1968 fungierten zunächst Teddy Podgorski und bald darauf Peter Nidetzky als ORF-Korrespondenten, die nach inländischen Kriminellen fahnden ließen. Grimme-Preisträgerin Regina Schilling hat für ihren Film Ausschnitte aus 300 Ausgaben zusammengetragen und daraus ein zeitgeschichtliches Feuilleton montiert. Entstanden ist eine kluge Analyse verordneter Moral, gesellschaftlicher Normen und der Angstlust in spießigen Vorstadt-Wohnzimmern.

Schon die erste Folge von „Aktenzeichen XY … ungelöst“ startete mit harten Bildern: Eine Frauenleiche treibt in einem Gewässer. Die Drastik der Szenen, in der ein realer Kriminalfall inszeniert wird, gibt den Ton für die kommenden Jahrzehnte an. Das Böse lauert immer und überall, lautet die subkutane Botschaft und ein bisschen schwingt da ein unausgesprochener Verdacht mit: Vielleicht waren ja die Opfer von Femiziden auch ein wenig selbst schuld an ihrem Schicksal. Wären sie doch besser nicht ausgegangen, sondern geblieben, wo ihr Platz ist: daheim, am Herd. Von Fällen häuslicher Gewalt wurde nicht berichtet. Die kurzen Filmchen zeichneten sich nicht immer durch schauspielerische Leistungen aus, wohl aber durch solides Handwerk. Kurt Grimm ist der Regisseur der ersten Stunde und Liebhaber des Film Noir. Eduard Zimmermann, der die Sendung nicht nur moderierte und produzierte, sondern auch konzipiert hatte, musste sich immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, sein Spiel mit dem Schrecken sei ein Geschäftsmodell. Der Kitzel für das Publikum, in Echtzeit an einer Fahndung teilzunehmen, schlug sich jedenfalls in Quotenrekorden zu Buche – nur „welches Schweinderl hätten S’denn gern?“-Robert Lembke hatte mit seiner Sendung „Was bin ich?“ eine größere Gefolgschaft.

Regina Schillings Film ist ein zeitgeschichtliches Brevier, denn „Aktenzeichen XY …“ zeichnete auch immer ein aktuelles Sittenbild. Der Anstieg an Drogentoten, die Ankunft des Terrors in Deutschland mit der RAF und in Österreich mit der Ermordung des Wiener Stadtrats Heinz Nittel durch einen palästinensischen Terrortrupp schwangen ebenso mit wie – stets ein wenig mit dem moralischen Zeigenfinger – die weibliche Emanzipationsbewegung und der Kampf um Schwulenrechte. 30 Jahre lang moderierte und produzierte „Ganoven-Ede“ – so Zimmermanns Spitzname – die Sendung, die er dann in die Hände seiner Tochter legte.

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