EU-Ausschuss des Bundesrats: Austausch mit EuRH-Mitglied Helga Berger über erneut gestiegene Fehlerquote bei EU-Auszahlungen
FPÖ-Antrag zum Stopp der Zahlungen für die Ukraine abgelehnt
Im heutigen EU-Ausschuss des Bundesrats stand eine Aussprach mit der österreichischen Vertreterin im Europäischen Rechnungshof (EuRH), Helga Berger, als alleiniger Punkt auf der Tagesordnung. Berger legte den Madatar:innen die Ergebnisse des Jahresberichts des Europäischen Rechnungshofs dar. Dieser umfasst die Prüfung des EU-Haushaltsplans im Haushaltsjahr 2023. Der EuRH gab, wie auch schon in den Jahren davor, ein uneingeschränktes Prüfungsurteil zur Zuverlässigkeit der Rechnungsführung der EU ab. Wie in den Vorjahren wurden bei den Einnahmen keine wesentlichen Fehler festgestellt, allerdings stieg die Fehlerquote bei den Ausgaben 2023 erneut an. Der Jahresbericht wird auf europäischer Ebene kommende Woche im Rat „Wirtschaft und Finanzen“ (ECOFIN) behandelt.
Festgestellte Fehler bei den Ausgaben bedeuten nicht automatisch, dass Betrug oder Verschwendung vorliege – auch bei einem erfolgreichen und sinnvollen Projekt könne es sein, dass Fehler festgestellt werden, unterstrich Berger. Dennoch ergab die Prüfung in 20 Fällen „betrugsrelevante Sachverhalte“. Diese wurden an das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) und die europäische Staatsanwaltschaft weitergeleitet.
Die FPÖ forderte mit einem Antrag auf Stellungnahme die „Einstellung der milliardenschweren Zahlungen an die Kriegspartei Ukraine“. Nur die FPÖ selbst stimmte für den Antrag, der damit abgelehnt wurde.
REPRÄSENTATIVE STICHPROBE VON 750 TRANSAKTIONEN GEPRÜFT
Vom EuRH geprüft wurden insgesamt 750 Transaktionen der Europäischen Union. Die Stichprobe wurde so ausgewählt, dass „jeder europäische Euro die gleiche Chance habe, geprüft zu werden“, sagte Berger. Die Prüfung habe einen Anstieg der Fehlerquote bei den Ausgaben auf 5,6% (2022: 4,2%) gezeigt, damit setze sich ein negativer Trend fort. Dieser Wert stellt die höchste Quote seit 2014 dar. Der EuRH gab daher zu den Ausgaben wieder ein negatives Prüfungsurteil ab.
Die meisten Fehler (9,3% gegenüber 6,4% in 2022) gab es im Bereich Kohäsion. Am häufigsten betrafen sie Zahlungen für nicht förderfähige Kosten, Projekte oder Begünstigte und Fehler aufgrund von Verstößen gegen die Vorschriften für öffentliche Vergabeverfahren und Beihilfen.
Für die Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) gab der EuRH wieder nur ein eingeschränktes Prüfungsurteil ab, weil bei den Zahlungen nicht alle Bedingungen erfüllt waren und bei Prüfungen Schwachstellen in den Kontrollsystemen der Mitgliedstaaten festgestellt wurden. Teil der Prüfung war auch die im April 2023 erfolgte Auszahlung des ersten österreichischen Zahlungsantrags (44 Meilensteine, 700 Mio. Ꞓ). Die ARF ist das zentrale Instrument des Aufbauprogramms NextGenerationEU.
ÖSTERREICH: PRÜFUNG IN DEN BEREICHEN WETTBEWERB UND LANDWIRTSCHAFT
Auch Stichproben in Österreich wurden vom EuRH geprüft. Es handelt sich dabei um Transaktionen in den Bereichen Wettbewerb und Landwirtschaft. In beiden Ausgabenbereichen stellte der EuRH Fehler mit finanziellen Auswirkungen auf den EU-Haushalt fest.
Bei der Ausschöpfung der Mittel aus dem europäischen Struktur- und Investitionsfonds für die Periode 2014-2020 lag Österreich im EU-Durchschnitt (91%). Die Mittelausschöpfung für die laufende Periode 2021-2027 für die von den Mitgliedsstaaten zu verwaltenden Mittel ist weiterhin niedrig. Österreich liegt mit 4,1% leicht über dem EU-Durchschnitt (3,2%). Im Bereich der Aufbau- und Resilienzfazilität wurden einige Meilensteine des ersten Zahlungsantrags als „nicht erfüllt“ oder „nicht den allgemeinen Kriterien entsprechend“ bewertet.
URSACHEN FÜR DEN ANSTIEG DER FEHLERQUOTE BEI DEN AUSGABEN
Zum erneuten Anstieg der Fehlerquote fragte Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N), wie mit den Hinweisen auf Fehler umgegangen werde und ob diese auch zur Vermeidung künftiger Fehler führten. Zudem sprach er die Schuldenaufnahme der EU an. Aufgrund der aktuellen Zinsentwicklung wollte er wissen, wieviel Geld Österreich für die Rückzahlung der Schulden „zu stemmen“ haben werde.
Stefan Schennach (SPÖ/W) sagte, dass angesichts der von der EU ausbezahlten hohen Summe und der großen Zahl ganz unterschiedlicher Projekte, die Fehlerquote bei den Ausgaben immer noch „in kleinerem Maße gehalten“ sei. Zudem ging er darauf ein, dass Bundeskanzler Karl Nehammer „Extrageld“ aus dem EU-Budget für die Opfer des Hochwassers versprochen habe, dieses Geld jedoch aus einem bestehenden Fonds komme. Daher wollte Schennach wissen, was dies für andere Projekte bedeute, die aus diesem Fonds finanziert werden sollten. Zudem ging er auf die geringe Ausschöpfung aus dem Aufbaufonds „NextGenerationEU“ ein, welcher „nahezu ein Rohrkrepierer“ sei.
Marco Schreuder (Grüne) fragte, wie viele Transaktionen der EU insgesamt getätigt wurden.
Ob die Richtlinien zur Vergabe von Geldern zu komplex seien und es deshalb vermehrt zu Fehlern komme, fragte Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S). Ausschussvorsitzender Christian Buchmann (ÖVP/St.) meinte, dass es zweckmäßig sein könnte, Anreize zu schaffen, um im Hinblick auf die Mittelverwendung „zweckgerichtet zu arbeiten“.
Helga Berger wies darauf hin, dass viele Empfehlungen des EuRH eine „beratende Rolle“ hätten und darauf abzielten Bewusstsein dafür zu schaffen, was verbessert werden sollte. Die Erhöhung der Fehlerquote bei den Ausgaben könne zudem nicht auf einen einzigen Faktor zurückgeführt werden. Vielmehr gebe es eine Vielzahl von Faktoren, die sich gegenseitig verstärkt hätten. Beispielsweise seien die geprüften Transaktionen während der COVID-19-Kernzeit umgesetzt und bewertet worden und es habe einen Absorptionsdruck aufgrund des Auslaufens des Förderzeitraums der Kohäsionspolitik 2014-2020 gegeben. Der Anstieg der Fehlerquote sei kritisch zu sehen, sie hoffe jedoch, dass es sich dabei um „eine einmalige Spitze“ gehandelt habe. Es gebe jedoch auch Fehler, die sich jährlich wiederholen würden, dies werde auch angesprochen, so Berger. Eine Gesamtzahl aller Transaktionen gebe es nicht, insgesamt handle es sich um „Millionen von Transaktionen“.
Zur Schuldenentwicklung der EU sagte Berger, dass mit einer Verdopplung der Zinskosten für „NextGenerationEU“ zu rechnen sei. Es sei wichtig, sich „rechtzeitig damit zu beschäftigen“. Schuldenaufnahmen der EU sollten nicht zur „neuen Normalität“ werden – es sollte bei dieser „einmaligen Ausnahme“ bleiben, so Berger. In Bezug auf die Ausschöpfung der Gelder aus „NextGenerationEU“ sei es im Sinne der Glaubwürdigkeit wichtig, nachzubessern, sodass die Gelder möglichst gut eingesetzt werden, sagte Berger.
Bei den EU-Geldern für die Hochwasserhilfe in Österreich handle es sich um Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Wie diese Mittel eingesetzt werden, sei eine nationale Entscheidung, so Berger.
FPÖ FORDERT STOPP DER ZAHLUNGEN AN DIE UKRAINE
Erneut brachte Arthur Spanring (FPÖ/N) einen Antrag auf Stellungnahme ein, mit dem er die Bundesregierung dazu aufforderte die „Zurverfügungstellung von Finanzmitteln, sowohl bilateral als auch über Finanzierungsmechanismen der Europäischen Union, an die Kriegspartei Ukraine einzustellen und eine dem Neutralitätsgebot entsprechende Außenpolitik wiederherzustellen“.
Stefan Schennach (SPÖ/W) wies darauf hin, dass die Ukraine eine „unverschuldete Kriegspartei“ sei, die angegriffen wurde. Auch Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S) betonte, dass die Ukraine überfallen worden sei. Es gehe darum, humanitäre Hilfe zu leisten – man dürfe nicht wegschauen. Österreich sei zwar militärisch, aber nicht politisch neutral, so Eder-Gitschthaler.
Helga Berger sagte, dass der EuRH auch bei den Hilfen für die Ukraine „genau hinschaue“ und auch Geldflüsse in Krisensituationen prüfe.
ÖSTERREICH ALS VORREITER IM BIO-BEREICH
Abseits des Jahresberichts legte der EuRH auch weitere Prüfungen vor. Diese umfassten die Bereiche biologische Landwirtschaft, Anerkennung beruflicher Qualifikationen, Anpassung an den Klimawandel und Doppelförderungen aus dem EU-Haushalt.
Bei der Prüfung zum Thema „biologische Landwirtschaft“ war Österreich einer von fünf geprüften Mitgliedstaaten. Die Ergebnisse bestätigten die Stellung Österreichs als Bio-Vorzeigeland. Österreich ist Spitzenreiter unter den EU-Mitgliedstaaten beim Anteil an ökologisch bewirtschafteter landwirtschaftlicher Fläche (25,7% im Jahr 2020), damit ist das EU-2030 Ziel erreicht. Die Kritik des EuRH an diesem EU-Ziel sei, dass der Fokus nur auf die Fläche, nicht aber auf die erzeugten Produkte gelegt werde und eine Vision für den Zeitraum nach 2030 fehle, sagte Berger.
Dieses schöne Prüfergebnis täusche darüber hinweg, dass es in Österreich eine Reduktion bei der Zahl der Bio-Betriebe gegeben habe, sagte Stefan Schennach (SPÖ/W). Auf strenger gewordene Auflagen für die Betriebe verwies Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O) und betonte, dass jeder die Möglichkeit habe, mit seiner Kaufkraft die österreichischen Bio-Betriebe zu stärken. (Schluss EU-Ausschuss des Bundesrats) bea
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