Budgetausschuss: Einigung auf Weiterentwicklung des Haushaltsrechts und Hochwasserhilfe
Finanzminister Mayr über die Nachteile eines EU-Defizitverfahrens
Redaktionelle Änderungen, Klarstellungen und Anpassungen sollen mit einer Novelle des Bundeshaushaltsgesetzes 2013 umgesetzt werden. Der Budgetausschuss sprach sich einstimmig für die Weiterentwicklungen aus. Ebenfalls einstimmig gab der Budgetausschuss grünes Licht für einen Zweckzuschuss an die Länder anlässlich der Hochwasserkatastrophe vom September 2024.
Die Fragen der Abgeordneten drehten sich um ein mögliches Defizitverfahren der EU gegen Österreich. Finanzminister Gunter Mayr informierte über die Auswirkungen eines solchen Verfahrens. Es sei ein Thema der Reputation, unterstrich Mayr, daher sei ein solches Verfahren abzuwenden. Generell gelte es sich an die EU-Fiskalregeln zu halten.
Damit Wohnkredite leichter vergeben werden können, brachte die FPÖ einen Antrag auf die Tagesordnung nachdem die KIM-Verordnung gestrichen werden soll. Diese hatte Banken zuletzt strenge Regeln bei der Kreditvergabe vorgeschrieben. Da die Verordnung jedoch befristet ist und mit Juli 2025 ausläuft, wurde der Entschließungsantrag vertragt.
WAS SIND DIE NACHTEILE EINES EU-DEFIZITVERFAHRENS?
Das neue Fiskalregelwerk sieht vor, dass EU-Mitgliedstaaten, die mit ihrem öffentlichen Budgetdefizit 3 % des BIP und bzw. oder mit ihrem öffentlichen Schuldenstand 60 % des BIP überschreiten, von der Europäischen Kommission vor der Vorlage der nunmehr geforderten nationalen mittelfristigen Fiskal-Struktur-Pläne einen Referenzpfad für die Netto-Ausgaben erhalten, erklärte Finanzminister Mayr. Dieser Referenzpfad habe noch nichts mit einem Defizitverfahren zu tun. Mitte Dezember soll es einen neuen Referenzpfad für Österreich geben. Sollte Österreich nächstes Jahr über 3 % liegen, werde ein Defizitverfahren eröffnet. Ein Thema der Reputation, wie Mayr es nannte. Momentan gebe es gegen acht EU-Mitgliedstaaten ein Defizitverfahren. Zusätzlich seien Finnland und Österreich unter verstärkter Beobachtung, sagte Mayr.
Bei einem Defizitverfahren hätte die EU künftig ein wachsames Auge auf Österreich, insbesondere bei der Budgeterstellung. In diesem Sinne sprach sich der Finanzminister dafür aus, sich ambitionierten Zielen hinzugeben, um das Verfahren zu vermeiden.
„Ist das Budget ausgabenseitig sanierbar, oder muss einnahmenseitig saniert werden?“, wollte Arnold Schiefer (FPÖ) wissen. Mayr sah die österreichische Steuer- und Abgabenquote für sehr hoch an. Daher sprach er sich dafür aus, ausgabenseitig zu sanieren. Sparpotential sah er etwa bei den direkten und indirekten Förderungen. „Mit über 30 Mrd. Ꞓ liegen wir über dem europäischen Schnitt“, er sah ein Einsparungspotential von drei Milliarden. „Dann würden wir immer noch im EU-Schnitt liegen“, so Mayr, der sich alle Budgetposten ansehen möchte.
MAYR: INHALTLICHES PAKET ZUR WEITERENTWICKLUNG DES HAUSHALTSRECHTS SOLL FOLGEN
Ab 2009 wurde in Österreich eine Haushaltsrechtsreform in zwei Etappen umgesetzt. Dabei wurde eine stärkere Ziel- und Wirkungsorientierung eingeführt. 2017/18 hat dazu eine umfangreiche Evaluierung stattgefunden, es gab verschiedene Empfehlungen, die nun ins Recht einfließen sollen. Durch die Herausforderungen der COVID-19-Pandemie wurde diese dritte Etappe der Haushaltsrechtsreform unterbrochen. In Folge wurde eine Aufteilung in zwei Pakete beschlossen: In einem technischen Paket finden sich legistisch, prozedural und redaktionell notwendige Anpassungen, erklärte Jakob Schwarz (Grüne). Ein weiteres inhaltliches Paket werde ausgearbeitet, so Finanzminister Mayr. Es soll Punkte mit höherem Abstimmungsbedarf – etwa Rücklagen und Berichtswesen – umfassen. Abstimmungen auf europäischer Ebene seien dafür notwendig.
Mit dem vom Budgetausschuss einstimmig angenommenen Gesetzentwurf soll das technische Paket umgesetzt werden (10 d.B.). Die Änderungen verursachen weitgehend keine Kosten. Der Gesetzentwurf wurde bereits vor Ende der alten Gesetzgebungsperiode eingebracht, aber nicht mehr beschlossen (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 851/2024).´
Klarstellungen soll es etwa bei der gesetzlichen Verankerung der vereinfachten Wirkungsorientierten Folgenabschätzung (WFA) und WFA-Bündelungen geben. Geplant ist auch die Klarstellung des Förderungsbegriffs. Nach der neuen Formulierung handelt es sich bei Förderungen um Geldzuschüsse (einschließlich Annuitäten-, Zinsen- oder Kreditkostenzuschüsse) sowie zins- oder amortisationsbegünstigte Gelddarlehen, die der Bund einer natürlichen oder juristischen Person für eine von dieser erbrachten oder beabsichtigten Leistung gewährt. An der Leistung muss ein erhebliches, vom Bund wahrzunehmendes öffentliches Interesse bestehen. Festgehalten wird auch, dass weder Sozialleistungen noch Bedarfszuweisungen und zweckgebundene Zuschüssen nach dem Finanz-Verfassungsgesetz Förderungen sind.
STREICHUNG DER FIKTIVEN MIETE FÜR HISTORISCHE GEBÄUDE
Weniger Aufwand soll es etwa bei der bundesinternen Verrechnung fiktiver Mieten geben, merkte Schwarz positiv an. Für historische Gebäude, die von der Burghauptmannschaft Österreich (BHÖ) verwaltet werden, sollen keine fiktiven Mieten mehr bezahlt werden. Begründet wird dies mit dem hohen Verwaltungsaufwand während es gleichzeitig keinen Vergleichsmarkt gebe und erhoffte Steuerungseffekte ausblieben. Privatrechtliche Verträge seien davon nicht betroffen, sagte der Finanzminister zur Abgeordneten Petra Bayr (SPÖ). Saldenmäßig handle es sich um ein Nullsummenspiel, so Mayr.
Hubert Fuchs (FPÖ) erklärte die Zustimmung seiner Fraktion. Als nächstes seien inhaltliche Verbesserungen notwendig, sagte er. Wichtig war der FPÖ, künftig bei allen Initiativanträgen der Regierungsparteien eine wirkungsorientierte Folgenabschätzung einzuschließen. Bayr sprach sich für Weiterentwicklungen bei der Rücklagenbildung und beim Gender Budgeting aus.
ZWECKZUSCHUSS ANLÄSSLICH DER HOCHWASSERKATASTROPHE VOM SEPTEMBER 2024
Zur Abgeltung der Hochwasserkatastrophe vom September 2024 soll es einen einmaligen Zweckzuschuss zur Finanzierung von Beihilfen zur Beseitigung der Schäden vom Bund an die Länder geben (17/A ). Im vorliegenden Gesetzesantrag ist noch kein konkreter Betrag festgelegt, da sich dieser an der Höhe der EU-Mittel, bemessen wird. Der Budgetausschuss sprach sich einstimmig dafür aus.
Für Bernhard Herzog (SPÖ) war der Unterstützungsbedarf klar. Er interessierte sich für die angekündigten EU-Mitteln. Aus Sicht des Finanzministers ist der Katastrophenfonds ausreichend gespeist. Auf europäischer Ebene gebe es Verhandlungen mit der Europäischen Kommission. Diverse Fonds könnten „angezapft werden“, hielt das Finanzministerium dazu fest.
Die „nicht koordinierte Vorgehensweise“ der Regierung war für Maximilian Linder (FPÖ) nicht nachvollziehbar. Wird der Staat die künftige Hochwasserschäden decken können, fragte sich Michael Bernhard (NEOS), da mit steigenden Hochwasservorkommnissen zu rechnen sei.
-17,1 MRD. Ꞓ DEFIZIT ENDE OKTOBER 2024
-17,1 Mrd. Ꞓ Defizit verzeichnete das Finanzministerium Ende Oktober 2024 und war damit um 8,2 Mrd. Ꞓ schlechter als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Bis Ende Oktober 2024 betrugen die Auszahlungen des Bundes 98,0 Mrd. Ꞓ. Das entspricht einem Anstieg von 10,4 Mrd. Ꞓ bzw. 11,9% im Vergleich zum Vorjahr. Dieser Anstieg resultiert vor allem aus höheren Pensionen (+3,7 Mrd. Ꞓ) aufgrund der Pensionsanpassung 2024, sowie für den Ausbau von Erneuerbaren Energieträgern. Hinzu kommt die Steigerung der Förderungen für thermische und energetische Sanierungen (4/BA).
Hubert Fuchs (FPÖ), Jakob Schwarz (Grüne) und Andreas Hanger (ÖVP) interessierten sich für die Aktualisierung des Aufbau- und Resilienzplans. Ein Zahlungsantrag an den Aufbau- und Resilienzfonds der EU sei gestellt, hielt Mayr fest. Nun werde die Erfüllung der Meilensteine geprüft. Angesichts des Nettofinanzierungssaldos von -17,1 Mrd. Ꞓ erfragte Kaniak für Vorgaben und Ziele des Finanzministers zur Konsolidierung des Budgets. Der Finanzierungshaushalt liege weitgehend im Plan, unterstrich der Finanzminister.
Karin Doppelbauer (NEOS) hinterfragte unterschiedliche Referenzpfade zur Zinsentwicklung. Es gebe vier Optionen, so Mayr, der sich mit den Zahlen zurückhaltend zeigte. Um keine Verunsicherung zu stiften, wollte er auf das Zahlenmaterial der Europäischen Kommission warten.
Trotz Rezession sei die Anzahl der unselbstständig Erwerbstätigen gestiegen, hielt Andreas Hanger (ÖVP) für bemerkenswert. Der Budgetdienst des Parlaments führte die steigende Beschäftigung auf die Anhebung des Frauenpensionsalters zurück. Zusätzlich baue der öffentliche Sektor Beschäftigung auf.
KOMMUNALINVESTITIONSGESETZ 2023: VON JÄNNER 2023 BIS OKTOBER 2024 674,9 MIO. Ꞓ AUSBEZAHLT
Maximilian Linder (FPÖ) argumentierte für eine Streichung der Zweckbindung beim Kommunalinvestitionsgesetz 2023. Damit die Gemeinden einfacher Mittel abrufen können, sprach er sich für eine Anpassung der Bedingungen an jene des Kommunalinvestitionsgesetzes 2025 (siehe Parlamentskorrespondenz 778/2024) aus. Darin wurde der von den Gemeinden zu erbringende Kofinanzierungsanteil von 50 % auf 20 % gesenkt.
Von Jänner 2023 bis Oktober 2024 wurden insgesamt 674,9 Mio. Ꞓ an Zweckzuschüssen an 1.707 Gemeinden ausbezahlt, informierte der Finanzminister. Eine Finanzierungsknappheit könne das Finanzministerium nicht erkennen. Aus Sicht des Finanzministeriums brauchen die Gemeinden mehr Zeit. Christoph Stark (ÖVP) zeigte sich überzeugt, dass Gemeinden die Mittel einfach und schnell abrufen können.
KIM-VERORDNUNG LÄUFT MITTE 2025 AUS
Damit das Schaffen von Wohnraum „wieder finanzierbar“ wird, forderte FPÖ die „ersatzlose“ Streichung der Vergabestandards bei der Finanzierung von Wohnimmobilien, kurz KIM-Verordnung, mittels Entschließungsantrag (7/A(E)). Deren Kriterien würden die Vergabe von Krediten und damit das Schaffen von Eigentum verhindern, kritisiert er. Laut Verordnung darf die Rückzahlungsrate für Immobilienkredite an Private maximal 40 % des verfügbaren Nettohaushaltseinkommens, der Eigenmittelanteil mindestens 20 % und die Laufzeit maximal 35 Jahre betragen.
Die KIM-Verordnung läuft Mitte 2025 aus. Für Gerhard Kaniak (FPÖ) gibt es keinen Grund so lange zu warten. Aufgrund der negativen Auswirkungen der Regelungen sei ein halbes Jahr Verzögerung nicht notwendig, argumentierte er. Mittlerweile seien manche Finanzierungsraten niedriger als mögliche Mieten. Bestehende Mieten würden die 40 %-Grenze der KIM-Verordnung überschreiten, hielt er fest und forderte deren sofortige Abschaffen.
Jakob Schwarz (Grüne) war inhaltlich anderer Ansicht. Die KIM-Verordnung sei wirksam, zeigte er sich überzeugt. Die geringere Kreditvergabe habe an den hohen Zinsen gelegen. Für Familien sei es kein Vorteil einen Kredit zu haben, den sie nicht finanzieren können. Die KIM-Verordnung laufe ohnehin aus, so Schwarz. Die Banken benötigen die Zeit zur Umstellung, argumentierte er. Schwarz brachte daher einen Vertagungsantrag ein. Michael Bernhard (NEOS) stellte sich gegen den Antrag. Aus Sicht der NEOS sei es positiv, dass die Verordnung auslaufe. Er hielt es jedoch für richtig, den Banken Zeit zur Vorbereitung zu lassen. Der Antrag wurde schließlich mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Grünen vertagt.
Einstimmig dem Budget-Unterausschuss zugewiesen wurde ein Bericht des Finanzministers über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 30.September 2024 (5/BA). (Fortsetzung Budgetausschuss) gla
HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.
————————-
Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
http://www.parlament.gv.at
www.facebook.com/OeParl
www.twitter.com/oeparl
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender
Kommentare sind geschlossen, aber trackbacks und Pingbacks sind offen.