62. Wiener Gemeinderat (8)

Dringliche Anfrage

Die Tagesordnung wurde durch die dringliche Anfrage der FPÖ unterbrochen. Diese war an Bürgermeister Michael Ludwig gerichtet und lautete „Wien darf nicht Birmingham werden“.

„Wien droht, wie Birmingham pleite zu gehen.“ So begründete GR Maximilian Krauss (FPÖ) die dringliche Anfrage. Es gebe genügend Gründe, die Wien-Wahl vorzuziehen. Jedoch müsse man sich die Frage stellen, warum Bürgermeister Ludwig die Wahl vorziehen möchte. Krauss ortete unter anderem Angst der Stadtregierung davor, im Juni einen „echten Rechnungsabschluss“ vorlegen zu müssen. Denn dann müsse sie eingestehen, Wien finanziell abgewirtschaftet zu haben. Durch die vorgezogene Wahl würde die Wiener SPÖ die „katastrophalen Budgetzahlen“ verstecken; den Wiener*innen werde eine Kostenwahrheit somit bis nach der Wahl vorenthalten. Krauss forderte transparente Kosten von der Stadtregierung. Diese habe bekannt gegeben, dass die – laut Krauss ohnehin bereits „sehr deftig“ geplante – Neuverschuldung der Stadt weitaus übertroffen werde. Jedoch reiche es nicht aus, in einem Ausschuss anzukündigen, wie stark die Schulden Wiens steigen: Die Budgetsituation der Stadt müsse den Bürger*innen noch vor der Wahl kommuniziert werden. Ferner mangle es an sozialer Politik in Wien, meinte Krauss und verwies darauf, dass die Stadtregierung in den letzten fünf Jahren viermal die Gemeindebau-Mieten erhöht habe. Auch bei Wien Energie und der Fernwärme ortete Krauss „Preisexplosionen“. Nicht fair und nicht leistbar seien zudem die Ausgaben für Mindestsicherungskosten in Wien. Niederösterreich würde nur einen Bruchteil dafür für die Mindestsicherung ausgeben – und das bei vergleichsweise ähnlicher Bevölkerungszahl. Krauss ortete Einsparungspotential, denn hier würden viele Menschen unterstützt, die noch nie ins System eingezahlt hätten. Weiters kritisierte Krauss die „hohen Werbekosten“ der Stadt Wien. Selbst der Stadtrechnungshof habe dies letzte Woche berichtet und kritisiert. Diese Ausgaben seien eine „mehr als unverantwortliche Politik“, schloss Krauss.

Bgm. Dr. Michael Ludwig (SPÖ) betonte: die transparente Handhabung der öffentlichen Mittel sei der Fortschrittskoalition ein wichtiges Anliegen. Das Budget der Stadt setze Schwerpunkte in den Bereichen Kinderbetreuung, Gesundheitsinfrastruktur, Soziales und Bildung. Die städtische Infrastruktur sei in den letzten Jahrzehnten aufgrund nachhaltiger Politik mit der Bevölkerungsdynamik gewachsen, weshalb Wien bei der Lebensqualität weltweit an der Spitze liege. Die Rahmenbedingungen rund um die Erstellung des Doppelbudgets seien herausfordernd gewesen. Der Bund habe in den letzten Jahren einschneidende steuerpolitische Maßnahmen gesetzt und sich nicht um eine Gegenfinanzierung gekümmert. Dies würden vor allem die Länder und Gemeinden spüren, sagte Ludwig. Alle Länder und Gemeinden würden vor ähnlichen finanziellen Situationen stehen, die vor allem durch einseitige Maßnahmen des Bundes hervorgerufen worden seien. Viele Gemeinden könnten deshalb nicht mehr die Pflichtausgaben für die Elementarpädagogik aufbringen.

Mit Gesamtausgaben von 40 Milliarden Euro im Doppelbudget 2024/2025 und einer prognostizierten Neuverschuldung von 5,8 Milliarden Euro betrage der Anteil der Fremdmittel an den Gesamtausgaben rund 14 Prozent. „Wien steht hier wieder wesentlich besser da als der Bund“, meinte Ludwig. Die Erstellung des Rechnungsabschlusses sei ein komplexer, ressourcen- und zeitaufwendiger Prozess. Ludwig zufolge werde der Budgetvollzug 2024 „eine Punktlandung“ mit sich bringen. Eine detaillierte Beantwortung der dringlichen Anfrage wäre weder aus zeitlicher noch aus inhaltlicher Sicht sinnvoll, da die Rechnungsabschlussarbeiten im vollen Gange seien. Ebenso würden valide Zahlen bzw. die Jahresabschlüsse der Betriebe der Stadt Wien bzw. Beteiligungen noch nicht vorliegen; hier handle es sich zudem um gesondert verwaltetes Vermögen mit eigenen Wirtschaftsplänen. Mangels Rechnungsabschluss sowie Jahresabschlüsse der Unternehmen der Stadt würden somit keine belastbaren Zahlen vorliegen; dies sei jedoch für die Beantwortung einiger Fragen nötig. Er verwies zudem darauf, dass manche Aussagen im Fragenkatalog der FPÖ Wien falsch wären. Als Beispiel nannte er die „schlicht falschen“ Behauptungen zu den angeblichen „Malversationen“ bei der Wien Energie.

Im Hinblick auf den Finanzschuldenstand der Stadt im Jahr 2024 verwies er auf den im Finanzausschuss am 10. Jänner 2025 behandelten vertraulichen Bericht, der diesen Wert enthalte; im Ausschuss sei auch eine Vertreterin der FPÖ Wien anwesend gewesen. Abweichungen zum Voranschlag 2024 hätten sich kontinuierlich über das Jahr entwickelt und seien der Opposition bekannt, da sich diese auch in periodischen Berichten wiederfinden würden. Kontinuierliche Planungen und erforderliche Adaptierungen hätten entsprechend rechtlicher Vorschriften zu Abweichungen geführt. Diese seien einer Genehmigung zugeführt worden, erklärte Ludwig. Es sei daher von der Einhaltung des beschlossenen und weiterentwickelten Voranschlages auszugehen. Abweichungen zu den Budgetzahlen seien bekannt, da sie nach Antragstellung in Ausschüssen des Gemeinderates beschlossen würden und über sie periodisch berichtet werde. Wien habe sich aufgrund der günstigen Finanzierungsmöglichkeit größtenteils über die ÖBFA finanziert. Gleichzeitig habe die Stadt gute Kontakte zu größeren Kreditinstituten sowie zu internationalen Banken, um Finanzierungsnotwendigkeiten abdecken zu können. Bei größeren Beträgen bedürfe dies entsprechender Vorlaufzeiten.

Einige der gestellten Fragen seien laut Ludwig rechtlicher Natur. Entsprechend zitierte er einige Bestimmungen der Wiener Stadtverfassung. „Diese dürften bekannt sein“, fügte Ludwig hinzu. Auch hinsichtlich der Frage zu einem Konsolidierungsplan meinte Ludwig, dass Konsolidierungsüberlegungen der Stadt im Rahmen des „Doppelbudgets“ für 2024/2025 widergespiegelt würden. Die sich daraus ergebende Entwicklung sehe einen „ausgeglichenen“ bzw. den dann geltenden neuen Österreichischen Stabilitätspakt erfüllenden Haushalt ab den Jahren 2030 bzw. 2031 vor. Man habe für das Jahr 2025 mit einer Zinsbelastung von bis zu 3,5 Prozent geplant. Und obwohl die Entwicklung der Kapitalmarktzinsen aktuell volatil sei, werde es – ausgehend von der seinerzeitigen Budgetplanung – zu keinen Änderungen kommen, sagte Ludwig. Bis Herbst 2025 würden Abwägungen vorzunehmen sein, die entweder für oder gegen die Vorlage eines Doppelbudgets für die Jahre 2026/2027 oder eines „einjährigen“ Voranschlages für das Jahr 2026 sprechen. Festlegungen hinsichtlich der Höhe von Abgaben der Stadt Wien seien im Valorisierungsgesetz seien mit gutem Grund getroffen worden; negative Saldi im Ergebnis- und Finanzierungshaushalt seien darin nicht enthalten.

Die Maßnahmen der Fortschrittskoalition seien im Finanzrahmen bis 2029 ersichtlich und entsprechend finanziert. Dasselbe gelte auch für den Bereich Wohnen, Wohnförderung, Wirtschaftsförderung und Gesundheit, sagte Ludwig in Bezug auf weitere Fragen der FPÖ Wien. Der effiziente Mitteleinsatz der vorhandenen Ressourcen erfordere eine ständige Weiterentwicklung und Verbesserung von angebotenen Leistungen. Die Stadt habe sich hier mit „ambitionierten Überlegungen“ in der Vergangenheit vor allem auch in Krisenzeiten stets bewiesen. Solche Maßnahmen, etwa im Bereich der Digitalisierung, würden das Leben der Wiener*innen verbessern, die Wirtschaft unterstützen und einen Beitrag zur Modernisierung der Stadt sowie zu notwendigen Konsolidierungen leisten. Der Einsatz öffentlicher Ressourcen habe in der Vergangenheit zu Budgets mit Fokus auf Kinderbetreuung und Bildung geführt. Gewinne von Unternehmensbeteiligungen der Stadt sollten laut Ludwig grundsätzlich reinvestiert werden und daher im Unternehmen verbleiben. Ludwig verwies zudem darauf, dass der Wiener Gesundheitsverbund – anders als in der Fragestellung behauptet – keinen Wirtschaftsplan für 2022 bis 2026 aufgestellt habe, sondern im Gemeinderat jeweils einjährige Wirtschaftspläne genehmigt würden. Der laufende Wirtschaftsplan 2025 sei anhand der Planungen und somit der Bedarfe der Unternehmung aufgestellt worden.

StR Dominik Nepp, MA (FPÖ) kritisierte die „Nicht-Beantwortung“ von Bürgermeister Ludwig. Selbstverständlich müsse es eine kontinuierliche Überwachung der Budgetzahlen geben – auch jedes große, vernünftige Unternehmen, das nicht vom Staat finanziert wird, könne dies „auf Knopfdruck“ liefern. Dass Zahlen noch nicht vorliegen und deswegen keine Antworten gegeben werden können, sei eine „faule Ausrede“, kritisierte Nepp. Die finanziellen Lagen auf Bundes- und Stadtebene seien durch viele Maßnahmen verursacht worden. Nepp nannte unter anderem Maßnahmen in der Corona-Pandemie sowie im Bereich Energiewirtschaft und Klimaschutz. Das Defizit sei kontinuierlich gestiegen, die Stadt habe sich immer „durchgeschummelt“. Nepp betonte, dass Wien so wenig investiere, dass nicht einmal Abschreibungen abgedeckt werden können: Er forderte, den Investitionsstand so zu sanieren, damit es keine Abschreibungen benötigt. Weiter kritisierte Nepp diverse Fehlplanungen der Stadt, etwa bei den Wiener Linien. Schwarz-Grün habe auf Bundesebene „einen Scherbenhaufen“ hinterlassen, aber die Haltung von Bürgermeister Ludwig sei nicht nachvollziehbar, „ein Schreckgespenst“ an die Wand zu malen und sich „beleidigt“ zu zeigen. Denn Wien brauche auch künftig den Bund und die Hand sei hier ausgestreckt. Das sei jedenfalls keine Politik, die sich die Wiener*innen verdient haben, sagte Nepp in Richtung Ludwig.

„Es ist klar, dass wir im Wahlkampf sind und jeder Position beziehen muss“, sagte GR Markus Ornig, MBA (NEOS). Aber die Behauptungen der FPÖ Wien würden „einfach keinen Sinn ergeben“: Die Stadtregierung habe keine Angst vor der Offenlegung des Budgets vor der Wien-Wahl, betonte Ornig. Hier werde transparent kommuniziert – der Opposition seien Zahlen bereits im Ausschuss vorgelegt worden. Ornig meinte, es gebe noch nirgends in Österreich einen Rechnungsabschluss für das Jahr 2024. Er pflichtete Bürgermeister Ludwig bei: Der Rechnungsabschluss in Wien werde eine „Punktlandung“. In Richtung FPÖ sagte er: „Die Menschen sind euch egal“ und kritisierte sie für den Vorschlag im Ausschuss, die Mindestsicherung zu streichen. Die aktuelle finanzielle Situation habe viele verschiedene Gründe, sagte Ornig und verwies unter anderem auf die Corona-Pandemie und die Rezession. Er versuche nicht, die Situation „schönzureden“, denn Verschuldungen seien nicht gut – egal ob auf Bundes- oder Stadtebene. Doch es bringe nichts, sich gegenseitig Schuld zu geben; man müsse sich jetzt darauf konzentrieren, „wie man da gemeinsam wieder herauskommt“, so Ornig. Wien sei damit außerdem nicht alleine: In ganz Europa stünden Städte vor „extremen Herausforderungen“. (Forts.) exm

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