Nationalrat: SPÖ kritisiert Belastungen durch „Budgetdesaster“
Finanzminister Mayr erörtert in Aktueller Stunde Sparpläne zur Abwendung des EU-Defizitverfahrens
„Österreich verdient Ehrlichkeit: Wer wird das Budgetdesaster bezahlen, Herr Finanzminister?“ warf die SPÖ heute im Nationalrat zur Debatte in der Aktuellen Stunde mit Finanzminister Gunter Mayr auf. Kritisch äußerte sich die SPÖ dabei zu den aktuellen Sparplänen zur Abwendung des EU-Defizitverfahrens. Andreas Babler (SPÖ) bemängelte vor allem, dass „Großindustrielle und Banken“ ihm zufolge keinen Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten sollen. Stattdessen würde das „Budgetdesaster“ über die „Massen“ finanziert, zudem Pensionist:innen „geschröpft“ und von Frauenarmut Betroffene neuerlich bestraft. Diejenigen, die ihr Leben lang arbeiten gehen, hätten kein Verständnis dafür, dass jene, die Gewinne „eingestreift“ hätten, nun keinen Beitrag leisten sollen. Bei dieser Ungleichbehandlung könne die Sozialdemokratie jedenfalls „nicht mitmachen“, so Babler. Seitens der FPÖ hieß es dazu, die „desaströse“ Budgetsituation entstamme der letzten Regierung. Die ÖVP zeigte sich bereit, Verantwortung zu tragen, um das Budget zu konsolidieren. Als „Steuererhöhung durch die Hintertür“ wiederum erachten die Grünen die Streichung des Klimabonus. Weiterhin auf nachhaltige Reformen pochten die NEOS.
Nachdem der vormalige Bundeskanzler Karl Nehammer auch auf sein Mandat im Nationalrat verzichtet hat, wurde zu Beginn der Sitzung Johanna Jachs (ÖVP) im Nationalrat angelobt. Seitens der FPÖ hat Hannes Amesbauer auf sein Nationalratsmandat verzichtet, angelobt wurde an seiner Stelle Albert Royer (FPÖ).
MAYR: BELASTBARES MASSNAHMENPAKET MIT FOKUS AUF AUSGABENSEITE
Finanzminister Gunter Mayr sieht in den aktuellen Sparplänen zur Abwendung des EU-Defizitverfahrens ein belastbares Maßnahmenpaket mit Fokus auf die Ausgabenseite. Im Hinblick auf eine ihm zufolge ohnehin bereits hohe Abgabenquote seien keinerlei neue Steuern vorgesehen worden: „Österreich braucht keine neuen Steuern“, bekräftigte der Minister, wiewohl es ihm zufolge „Lückenschlüsse“ bei Steuern geben soll. Zum Glück sei das EU-Defizitverfahren mit dem Paket abgewendet worden, da Österreich andernfalls die Budgetautonomie verloren hätte und ein solches Verfahren auch nicht zur Reputation beitrage, so Mayr. Was die Frage der Transparenz betrifft, habe man immer mit EU-Zahlen gerechnet und wisse seit einem Monat genau, wieviel einzusparen sei.
Das entsprechende Maßnahmenpaket umfasse nunmehr 6,39 Mrd. Ꞓ an Einsparungen. Etwa 50 % davon werde über Förderungen eingespart, was dazu führen werde, dass sich Österreich dann bei den Förderungen auf dem EU-Schnitt bewegen werde. 2 Mrd. Ꞓ davon stelle der Klimabonus dar, der dem Minister zufolge eine reine Transferzahlung sei und auch „jeden anderen Namen“ tragen könne. Die Bildungskarenz beispielsweise habe eher negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, daher sei auch die Einsparung bei dieser Maßnahme positiv besetzt. Zur Umsetzung der Pläne bedürfe es aber jedenfalls noch entsprechender Beschlüsse im Parlament.
Was die Kritik von Babler betreffe, dass die „Massen“ belastet würden, verwies Mayr demgegenüber auf das bestehende Steuersystem, das unter anderem Unterstützungen durch die Negativsteuer vorsehe. Die obersten 10 % der Einkommensbezieher:innen würden außerdem fast 60 % des Aufkommens an der Lohneinkommensteuer tragen. Gegenüber entsprechender Kritik am Defizit des abgelaufenen Jahres führte Mayr aus, dass das Defizit hier in der Größenordnung von 3,5 % liegen werde. Die Abschaffung eines Transfers wie eben des Klimabonus stelle per Definition jedenfalls keine neue Steuer dar, hielt er außerdem fest.
SPÖ: SOZIALE HANDSCHRIFT FEHLT
Ebenso wie Andreas Babler kritisierte Kai Jan Krainer (SPÖ), dass „Reiche und Konzerne“ keinen Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten würden. Bei dem Paket fehle „komplett“ die soziale Handschrift. Außerdem ortet er bei der Abwendung des EU-Defizitverfahrens „Luftschlösser“, zumal abzuwarten sei, was danach passiere. Der ÖVP warf er sieben Jahre unverantwortliche Budgetpolitik vor – „zuerst mit den Blauen, dann mit den Grünen“. Die „personifizierte Unehrlichkeit“ ortet Krainer darin, dass vor der Wahl kein Budgetproblem bekanntgegeben worden sei. Einen „budgetären Scherbenhaufen“ sieht auch Barbara Teiber (SPÖ) nach den beiden vergangenen Regierungen mit ÖVP-Beteiligung. Sie kritisierte eine „Gießkannenpolitik“ und „Steuergeschenke an Konzerne und Banken“ – ihr zufolge ohne Gegenfinanzierung im Budget. Ungerecht sei, dass nunmehr die breite Masse zur Kassa gebeten werde. Teiber ortet außerdem Steuererhöhungen durch die Hintertür, zumal die CO2-Steuer bestehen bleibe, der – als Ausgleich dafür gedachte – Klimabonus aber abgeschafft werde.
FPÖ: LETZTE BUNDESREGIERUNG HINTERLÄSST DESASTRÖSES BUDGET
Hubert Fuchs (FPÖ) wies darauf hin, dass nunmehr in kurzer Zeit gelungen sei, das EU-Defizitverfahren abzuwenden. Damit behalte Österreich seine Budgethoheit. Die FPÖ habe ihre Wahlversprechen nicht geändert und diesen „Scherbenhaufen“ nicht verursacht, betonte Fuchs. Es liege ein desaströses Budget vor, für das die letzte Regierung die volle Verantwortung trage. Pensionist:innen brauchen sich ihm zufolge aber „keine Sorgen zu machen“. Ein EU-Defizitverfahren hätte aus seiner Sicht weitreichende Folgen wie etwa eine „Bevormundung durch Brüssel“ oder ein schlechteres Rating. Den „Reformmotor“ starten zu wollen kündigte Barbara Kolm (FPÖ) an. Es gelte, für den Arbeits- und Wirtschaftsstandort strukturell leistungsfreundliche Arbeitsbedingungen zu schaffen. Dazu sei etwa ein schlanker Staat ohne teure Bürokratie notwendig, so Kolm. Ein erster Schritt werde jetzt gesetzt, um die Ausgaben zu senken. Das Förderwesen sei effizient und effektiv zu gestalten. Sozial Bedürftige und Mindestpensionist:innen dürfen nicht benachteiligt werden, hielt Kolm fest.
ÖVP: BEREIT, VERANTWORTUNG ZU TRAGEN
August Wöginger (ÖVP) betonte, die ÖVP sei bereit, Verantwortung zu tragen und Kompromisse zu erarbeiten, um das Budget zu konsolidieren. Gegenüber Fuchs meinte Wöginger, dass es sehr wohl auch die umfassenden Vorarbeiten aus den Verhandlungen zu einer Dreierkoalition ermöglicht hätten, dass nunmehr innerhalb weniger Tage das Defizitverfahren abgewendet worden sei. Klaus Lindinger (ÖVP) hielt zur Kritik an der Budgetsituation fest, dass in der vorigen Regierung alle Entscheidungen unter der Prämisse erfolgt seien, die Menschen in diesem Land zu unterstützen. Es gelte nun, den Leistungsanreiz wieder in den Fokus zu rücken und zu einer „schwarzen Null“ im Budget zu kommen.
GRÜNE: STREICHUNG DES KLIMABONUS IST STEUERERHÖHUNG DURCH HINTERTÜR
Als Abgeordnete meldete sich Leonore Gewessler (Grüne) zu Wort und wies auf die Herausforderungen der letzten fünf Jahre von der Pandemie bis hin zum Angriffskrieg in der Ukraine hin. Ein gebrochenes Versprechen sieht sie in der geplanten Streichung des Klimabonus, der in der ökosozialen Steuerreform als Ausgleich zum CO2-Preis vorgesehen worden sei. Aus ihrer Sicht stelle diese Streichung eine Steuererhöhung durch die Hintertür dar. Jakob Schwarz (Grüne) sieht durch die angekündigte Streichung des Klimabonus vor allem Familien am Land belastet, die auch die höchsten CO2-Kosten zu tragen hätten. Stattdessen werde Budgetpolitik für „Superreiche“ gemacht.
NEOS POCHEN AUF NACHHALTIGE REFORMEN
Nikolaus Scherak (NEOS) entgegnete der Kritik von Krainer, dass verantwortungslose Budgetpolitik nicht erst seit sieben Jahren, sondern auch schon unter Regierungsbeteiligung der SPÖ stattgefunden habe. Selbige zeige „keinen Funken Einsicht“ für strukturelle Reformen, etwa beim Thema Pensionen oder beim Föderalismus. Der Maßnahmenplan, der nach Brüssel gegangen sei, betreffe das Jahr 2025 – damit werde man sich aber nicht „durchschummeln“ können, so Scherak, der auf nachhaltige Reformen pochte. Auch Johannes Gasser (NEOS) bemängelte fehlenden Mut der letzten Jahrzehnte, thematisierte etwa den Pensionsbereich und meinte, dass die kurzfristigen Maßnahmen nicht ausreichen würden. Auch im Gesundheitsbereich würden Reformen fehlen, etwa zur Finanzierung aus einer Hand. (Fortsetzung Nationalrat) mbu
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
————————-
Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
http://www.parlament.gv.at
www.facebook.com/OeParl
www.twitter.com/oeparl
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender
Kommentare sind geschlossen, aber trackbacks und Pingbacks sind offen.