Online-Meetings fair und inklusiv gestalten

IM PROJEKT FAIRCOM HAT DAS AIT CENTER FOR TECHNOLOGY EXPERIENCE SEINE EXPERTISE RUND UM USER EXPERIENCE (UX) UND DIVERSITÄT IN DER TECHNOLOGIEENTWICKLUNG EINGEBRACHT. ERGEBNIS: EINE REDEZEIT-APP UND KONKRETE HANDLUNGSANLEITUNGEN FÜR FAIRE, INKLUSIVE ONLINE-MEETINGS.

Kein Tag ohne Online-Meeting. Seit der Corona Krise haben sich Online-Meetings als Standard im Büro-Alltag etabliert. Ob Microsoft Teams, Zoom, Webex oder Google Meeting – jede:r von uns nutzt diese Tools nahezu selbstverständlich. Aber wie laufen Online-Meetings ab? Wie viel Redezeit erhält jede:r Teilnehmer:in? Und wie gelingt es letztlich, für gute, inklusive gestaltete und effiziente Online-Meetings zu sorgen? Diesen Fragen hat sich das AIT Center for Technology Experience in Zusammenarbeit mit Joanneum Research (Projektkoordinator), dem Linzer Digital-Dienstleister Netural und der ICG Integrated Consulting Group im Forschungsprojekt FairCom gewidmet. Das Projekt FairCom wurde von der FFG im Programm FemTech gefördert.

Zentrales Ziel des Projekts war es, dass Technologien für Online-Meetings allen gleichermaßen zugänglich sind und von allen in gleicher Weise gut genutzt werden können. Online-Meetings sollen inklusiv gestaltet sein – sowohl hinsichtlich Software als auch hinsichtlich Moderation und Beteiligung aller Teilnehmer:innen. Die holistische Gender-Perspektive war im Projekt von Anfang an wichtig: neben dem Geschlecht wurden auch Unterschiede nach Alter, Sprache und Bildungshintergrund bei der Entwicklung von Gestaltungsideen von Software sowie bei der konkreten Umsetzung von Online-Meetings berücksichtigt. „Online Kommunikation lässt viele hinter ihrem Bildschirm verschwinden und baut vielfach Barrieren und Hürden auf. Umso wichtiger ist es, Tools zu entwickeln und zur Verfügung zu stellen, die bei allen Beteiligten ein Bewusstsein für faire Online-Kommunikation schaffen, ein positives Gefühl vermitteln und vor allem zum Handeln befähigen“, betont AIT Forscherin Anke Schneider. Der Nutzen liege klar auf der Hand: Gute, inklusive und effiziente Online-Meetings steigern das Team-Gefühl und das Wohlbefinden der Mitarbeiter:innen, ist Schneider überzeugt.

MENSCH-ZENTRIERT VON BEGINN AN: VOM WUNSCHKONZERT ZUR LÖSUNG

„Um ganz nah an den Bedürfnissen zu forschen, haben wir zunächst Nutzungsgewohnheiten und Erfahrungen von Nutzer:innen in Onlinemeetings erhoben. Diese waren gemeinsam mit Lösungsideen, die in einem partizipativen Prozess gesammelt wurden, eine fundierte Basis für die Entwicklung eines technischen Lösungsansatzes und die Erstellung von Handlungsanleitungen für die Gestaltung von Online-Meetings“, erklärt Projektleiterin Sybille Reidl von Joanneum Research.

Als Online-Meeting-Tool wurde Zoom verwendet, dazu wurde das Interaktionskonzept und der Prototyp einer Redezeit-App entwickelt: „FairCom“ zeigt die Sprechzeit der Teilnehmer:innen basierend auf ihrer jeweiligen Rolle im Meeting. Die eigene Sprechzeit kann mit einem Balkendiagramm verfolgt werden. Die Moderation sieht die Balkendiagramme aller Teilnehmer:innen. Ziel ist es, ein Gleichgewicht in der Redezeit bzw. Meeting-Beteiligung zu schaffen. Bei Überbeteiligung oder bei zu geringer Beteiligung bekommt die jeweilige Person visuelle und textuelle Hinweise, dass sie zu viel oder zu wenig spricht. Zusätzlich haben alle Teilnehmer:innen die Möglichkeit, weitere Funktionen anonym zu nutzen. So kann z. B. die Sichtbarkeit besonders aktiver Personen reduziert werden, indem ihr Bild verschwimmt oder einfriert. Eine alternative Möglichkeit ist es, eine transparente Gruppensprechzeit zu veranlassen. In einer umfassenden User-Studie wurden das Interaktionskonzept sowie die technische Lösung evaluiert.

„Die Rückmeldung der Teilnehmer:innen war sehr positiv, gut ein Drittel kann sich vorstellen, das Tool im beruflichen Umfeld zu nutzen“, freut sich Anke Schneider über die Ergebnisse der Studie. Zudem ergab die Studie eindeutig eine Verhaltensänderung in Online-Meetings seitens der Teilnehmer:innen. Allerdings konnte im Projekt nicht erhoben werden, wie lange diese Verhaltensänderung anhält. Dazu wäre eine längerfristig laufende Studie notwendig.

Die Idee von „FairCoins“, einer Währung als positives Bewertungssystem für inklusive Kommunikation in Online-Meetings, die Teilnehmer:innen für positives Verhalten, Qualitätsbeiträge, die Einhaltung der Sprechzeit sowie die Verbesserung des Verhaltens sammeln konnten, wurde hingegen als „zu kompliziert“ und „nicht so praxistauglich“ abgelehnt, wie die AIT-Evaluationsstudie ergab. Mit den „FairCoins“ konnten die Online-Meeting-Teilnehmer:innen etwa neue Hintergrundbilder oder individualisierte Profilrahmen erwerben.

Zweiter Aspekt des Projekts war die Entwicklung einer Handlungsanleitung für die Moderation. Als sechs Schlüsselfaktoren für faire Online-Kommunikation und diversitätsfördernde Gestaltung von virtuellen Meetings wurden 1. Design & Struktur, 2. Beteiligung schaffen / Partizipation, 3. Visualisierung, 4. Energie halten, 5. Kontinuierliche Verbesserung und 6. Fairness definiert. Anhand dieser Schlüsselfaktoren wurde eine Handlungsanleitung für die Moderation von Online-Meetings und ein Methodenset erstellt.

FAZIT UND AUSBLICK

„Mit den Ergebnissen von FairCom helfen wir mit, das Bewusstsein für Inklusion in der Technologie-Entwicklung und Anwendung zu erhöhen“, ist Anke Schneider überzeugt.

„Das Projekt FairCom hat einmal mehr gezeigt, dass gleichberechtigte Teilnahme an Online-Meetings eine Herausforderung darstellt, insbesondere für die Moderation. Der in FairCom entwickelte Prototyp einer Redezeit-App und die Sammlung an inklusiven Moderationsmethoden unterstützen nun eine Beteiligung aller“, bekräftigt Sybille Reidl. Es gilt nun, die Projektergebnisse möglichst breit bekannt und vielen zugänglich zu machen. Denn Online-Meetings beschäftigen viele Menschen im Büro-Alltag. „Umso wichtiger ist es, eine faire und inklusive Kommunikation zu ermöglichen. Das ist wesentlich für die Zufriedenheit und Motivation von Mitarbeiter:innen und somit für jedes Unternehmen wichtig“, so Reidl.

ÜBER DAS AIT AUSTRIAN INSTITUTE OF TECHNOLOGY

Das AIT Austrian Institute of Technology ist mit über 1.600 Beschäftigten und einer Betriebsleistung von knapp 200 Mio. Euro Österreichs größte Forschungs- und Technologieorganisation. Das AIT fokussiert auf die Forschungsschwerpunkte „Nachhaltige und resiliente Infrastrukturen“, insbesondere in den Bereichen Energie, Transport und Gesundheit, sowie die „Digitale Transformation von Industrie und Gesellschaft“ und arbeitet dabei eng mit Universitäten, der Industrie und öffentlichen Institutionen zusammen.

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ÜBER JOAENNEUM RESEARCH (Projektkoordinator)

Die JOANNEUM RESEARCH ist Innovations- und Technologieanbieter im Bereich der angewandten Forschung. Als Forschungsgesellschaft der Länder und Regionen prägen wir mit unseren Forschungskompetenzen die Entwicklung unserer modernen Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig und menschenzentriert. Als multidisziplinäres Team in flexiblen, innovationsfreundlichen Strukturen leben wir höchste gesellschaftliche und wissenschaftliche Ansprüche.

Mag. Michael Hlava
Head of Corporate and Marketing Communications
AIT Austrian Institute of Technology
T +43 (0)50550-4014
michael.hlava@ait.ac.at I www.ait.ac.at

Mag. Dr. Christine Wahlmüller-Schiller
Marketing and Communications
Center for Technology Experience
AIT Austrian Institute of Technology
M +43 664 88390690
christine.wahlmueller-schiller@ait.ac.at I www.ait.ac.at

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