Wiens Plan für Abfallwirtschaft und Abfallvermeidung: Ausbau von Biogas, mehr Wertstoffe aus Klärschlamm und Müll

2025 wird zum „Jahr der Kreislaufwirtschaft“, Wien als „Stadt ohne Verschwendung“

Wien ist beim Thema Abfallwirtschaft auf einem guten Weg – das zeigt der neue aktualisierte Wiener Plan für Abfallwirtschaft und Abfallvermeidung: Die Wiener Landesregierung hat den gesetzlichen Auftrag, ein Abfallvermeidungsprogramm und einen Abfallwirtschaftsplan zu erstellen und alle sechs Jahre fortzuschreiben. Dafür muss auch eine strategische Umweltprüfung (SUP) durchgeführt werden, die als breiter Prozess angelegt war – mit Fachexpert*innen aus den unterschiedlichsten Bereichen.

Nun liegen die Ergebnisse mit über 160 geplanten Maßnahmen auf dem Tisch, die Abfallvermeidung, Wertstoffgewinnung und Klimaschutz vorantreiben sollen. Wichtige Schwerpunkte dabei sind unter anderen der Ausbau der Biogasanlage, die Rückgewinnung von Wertstoffen aus Restmüll und aus Klärschlamm, der vermehrte Einsatz von Recycling-Baustoffen und die Stärkung von Reparatur- und ReUse-Initiativen.

„Durch die möglichst vollständige Verwertung von nicht vermeidbaren Abfällen wollen wir die Vision einer Stadt ohne Verschwend­ung verwirklichen. Reparieren, Wiederverwenden und Recycling sollen ebenso zur Normalität werden wie eine erneuerbare Energieversorgung“, betont Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky. „Ein gutes Leben in unserer Stadt hat sehr viel mit Wertschätzung zu tun – mit Wertschätzung füreinander, aber auch für die vielen Dinge, die unseren Alltag prägen und die nicht leichtfertig zu Wegwerfprodukten werden sollen.“

„Die Frage eines kreislauffähigen ressourcenschonenden Lebens ist eine unserer zentralen Zukunftsfragen. Die Wiener Wohnqualität der kommenden Generationen wird auch daran gemessen werden. Als lebenswerteste Stadt haben wir unsere Messlatte bewusst sehr hoch gelegt. Wir nehmen damit unsere Verantwortung als internationale Vorreiterin bei der Entwicklung von Wohnbauprojekten wahr. Denn der Wiener Standard – gerade beim geförderten leistbaren Wohnbau – wird als Maßstab herangezogen. Damit hat Wien die Hebel, um über die Stadtgrenzen hinaus, im Sinne der Nachhaltigkeit und dem sorgsamen Umgang mit Ressourcen, zu wirken“, ergänzt Vizebürgermeisterin und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál.

DER „BESTE“ ABFALL ENTSTEHT ERST GAR NICHT

Wien ist als 2-Millionenstadt, die sich um das gesamte Müllaufkommen aus den Haushalten selbst kümmert und dazu die nötigen Anlagen in der Stadt hat, jedenfalls einzigartig. In Wien wird kein Müll deponiert. Die Stadt setzt auf ein vorausschauendes Kapazitätsmanagement, aber auch auf eine erfolgreiche Abfallvermeidung: Obwohl die Wiener Bevölkerung im Zeitraum von 2005 bis 2024 um rund 20 Prozent bzw. 350.000 Einwohner*innen zugenommen hat, konnte die absolute Restmüllsammelmenge Wiens stabil gehalten werden. Dies spiegelt sich auch im Restmüllaufkommen pro Kopf wider: Im Vergleich zu 2005 produzierte jede/jeder Wiener*in im Jahr 2024 um rund 15 Prozent oder um rund 50 kg weniger Restmüll. Im direkten Vergleich mit den europäischen Hauptstädten belegt Wien den ausgezeichneten 3. Platz bei der getrennten Sammlung hinter Tallin und Luxemburg, wie eine Untersuchung im Auftrag der Eurostat zeigt.

Der neue Abfallwirtschaftsplan zieht daraus vor allem einen klaren Schluss: Der beste Abfall ist der, der erst gar nicht entsteht. Das oberste Ziel ist deshalb das Vermeiden von Abfällen, das Forcieren von Angeboten wie Verleihen statt Besitzen, die Verlängerung der Lebensdauer von Produkten durch Reparatur sowie der Einsatz von Mehrwegprodukten.

„Beispiele dafür sind Reparatur- und Re-Use-Angebote im 48er-Tandler, die Abfallvermeidung und Wiederverwendung am Bau oder die ökologische Beschaffung der Stadt Wien“, so der Klimastadtrat. „Darüber hinaus geht es um Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung für die richtige Müllsammlung.“

ABFALL ALS „RESSOURCE“: MEHR RÜCKGEWINNUNG VON WERTSTOFFEN

Der verbleibende Abfall soll bestmöglich verwertet werden: „Was für andere Abfall ist, sehen wir als Ressource – deshalb setzen wir große Schritt zur Rückgewinnung von noch mehr Wertstoffen und Energie“, so der Klimastadtrat.

Vor allem Klärschlamm, das „Restprodukt“ der Abwasserreinigung, enthält eine wichtige Ressource: Phosphor. Er kommt als Düngemittel in der Landwirtschaft zum Einsatz, wird bisher aber nicht wiederverwertet. Mit einer neuen Anlage zur Trocknung des Klärschlamms hat Wien Energie Ende 2024 einen wichtigen ersten Schritt für das Recycling dieses kritischen Rohstoffs gesetzt. Diese Anlage ist am Standort Simmeringer Haide beheimatet, in direkter Nachbarschaft der Wiener Kläranlage.

Nun soll laut Abfallwirtschaftsplan ein weiterer großer Schritt gesetzt werden, indem die Errichtung einer eigenen Rückgewinnungsanlage in Wien geprüft wird, wo aus der getrockneten und danach verbrannten Klärschlammasche Phosphor gewonnen wird. „Die Stadt Wien startet noch heuer mit der Verwertung von rund 2.000 Tonnen Wiener Klärschlammasche, die von einem externen Kooperationspartner zur Produktion von Düngemittel eingesetzt wird – ein wichtiger Beitrag zur Schließung von Stoffkreisläufen und zur Einsparung von Primärrohstoffen“, so Klimastadtrat Czernohorszky.

Darüber hinaus ist Biogas ein enorm wichtiger Rohstoff: Deshalb ist im neuen Abfallwirtschaftsplan vorgesehen, die Kapazität der bestehenden Biogasanlage auf bis zu 34.000 Tonnen pro Jahr zu verdoppeln, um die vergärbaren Abfälle zu einem größeren Anteil in Wien verwerten zu können.

Als Ergänzung zur getrennten Sammlung und als Beitrag zur Erreichung der EU-Recyclingziele sollen aber auch Wertstoffe vermehrt aus Restmüll und Verbrennungsrückständen gewonnen werden. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist etwa der Einsatz in Recycling-Baustoffen: Die 48er hat im Vorjahr bereits das erste Gebäude aus Recyclingbeton – eine Mitarbeiter*innen-Unterkunft in Simmering – errichtet. Aschen und Schlacke aus den Wiener Müllverbrennungsanlagen sollen – soweit möglich – künftig verstärkt in der Bauwirtschaft eingesetzt werden. Der erstmalige Einsatz ist für eine Baustelle der MA 48 im Jahr 2026 vorgesehen.

AN GROSSEN SCHRAUBEN DREHEN – KREISLAUFFÄHIGE WIENER BAUWIRTSCHAFT DER ZUKUNFT

Mit dem im Sommer 2024 veröffentlichten „Orientierungsleitfaden ZiFa 1.0“ ist der Stadt Wien in Zusammenarbeit mit der Universität für Bodenkultur ein Meilenstein für das kreislauffähige Planen und Bauen gelungen. Diese erste Version des Zirkularitätsfaktors (ZiFa 1.0) zeigt in 8 Kategorien und 30 Kriterien Aspekte auf, die ressourcenschonendes Planen, Bauen und Sanieren unterstützen. Berücksichtigt werden zum Beispiel Materialeinsatz, Ökobilanz, Flexibilität, Langlebigkeit, Rückbau und Recycling. Ab Ende 2024 werden die im Forschungsprojekt entwickelten Anforderungen in der Praxis an realen Bauvorhaben getestet. Für die Testanwendungen werden möglichst verschiedene Bauvorhaben und -projekte ausgewählt, um später eine vielfältige Nutzung des ZiFa 2.0 zu gewährleisten. Die geplanten Testanwendungen kommen in der ersten Entwicklungsphase von Stadtentwicklungsgebieten, beim Neubau des Bildungscampus oder beim Gemeindebau NEU zum Einsatz. Konkret wird die Praxistauglichkeit der 30 Kriterien aus dem ZiFa 1.0 überprüft, beispielsweise der Anteil an wiederverwendeter oder regenerativer Materialien in der Herstellung, wie flexibel das Gebäudedesign geplant ist oder die Rückbaufähigkeit der Konstruktion.

VON DER THEORIE IN DIE GELEBTE PRAXIS: ZIRKULÄR PLANEN UND BAUEN AM NORDWESTBAHNHOF

Der sorgsame Umgang mit Rohstoffen ist eine der entscheidenden Zukunftsfragen. Dabei spielt die Frage, wie die Zukunft des Wohnens und vor allem auch wie die Zukunft des Bauens aussieht eine nicht zu überschätzende Rolle.

Der Weg von der Theorie – durch die Messbarmachung – hin zur gelebten Praxis beginnt mit den Bauträgerwettbewerben des wohnfonds_wien. Bei diesem Wettbewerb zur Gestaltung der Zukunft Wiens können sich die Bauträger anhand der Kriterien in Ökologie, Ökonomie, Architektur und sozialer Innovation mit ihren Projekten bewerben.

Das Stadtquartier am Nordwestbahnhof in Wien rückt ressourcenschonendes und kreislauffähiges Bauen erstmals in den Mittelpunkt. Das Ziel ist es, die negativen Auswirkungen der Rohstoffgewinnung und -nutzung auf Umwelt und Klima langfristig so gering wie möglich zu halten. Damit wird direkt an zentrale Klimaziele angeknüpft: der European Green Deal und die Smart Klima City Strategie Wien.

Das Konzept des kreislauforientierten Bauens stellt sicher, dass Rohstoffe und Baumaterialien so genutzt werden, dass Abfälle möglichst vermieden und Ressourcen erhalten bleiben. Bereits bei der Planung müssen Materialien und Bauteile berücksichtigt werden, die am Ende ihrer Nutzung weiterverwendet oder recycelt werden können. Ein entscheidender Faktor ist das frühzeitige Aufgreifen des Themas in den Projekten. Denn Kreislauffähigkeit kann nicht nachträglich umgesetzt werden.

Mit dem Bauträgerwettbewerb zum Nordwestbahnhof wurde die Messlatte hochgelegt. Bei folgenden Wohnbauträgerwettbewerben, wie bei dem in der Kurbadstrasse in Favoriten oder beim 1. Wiener WohnBAUMprogramm wurde die Kreislaufwirtschaft als Beurteilungsaspekt bereits standardisiert angewandt. Der als Bewertungssystem entwickelte Zirkularitätsfaktor wird an Hand der Erkenntnisse der Umsetzungen ständig adaptiert, um so die Praxistauglichkeit immer weiter voranzutreiben.

Die großen Digitalisierungsprojekte der Stadt Wien helfen dabei, zukünftig die notwendigen digitalen Daten zu sammeln und zu verknüpfen.

MEILENSTEINE 2025: „JAHR DER KREISLAUFWIRTSCHAFT“ UND NEUE STRATEGIE

2025 setzt Wien neue Meilensteine auf dem Weg zur Stadt ohne Verschwendung: „2025 ist für uns das Jahr der Kreislaufwirtschaft, in den nächsten Monaten entsteht eine Strategie zum Wiener Weg zur Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft – daran arbeitet die ganze Stadt!“ betont Jürgen Czernohorszky. „Wien soll auch in Zukunft eine Stadt sein, in der ein gutes Leben für alle möglich ist. Der Bereich Kreislaufwirtschaft ist ein wichtiger Baustein auf diesem Weg. Den wollen wir nun gemeinsam weiterentwickeln!“

Im Auftrag von Vizebürgermeisterin Kathrin Gaál, Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky und Finanzstadtrat Peter Hanke wird eine gemeinsame Vision für den Umgang mit Ressourcen innerhalb der Stadt entwickelt. Koordiniert wird dieser Prozess von der Bereichsleitung für Klimaangelegenheiten. Einbezogen werden alle relevanten Dienststellen der Stadt – vom Bereich der Gebäude, über den öffentlichen Raum, den Konsumsektor und Wirtschaftsbereich, die Abfallwirtschaft bis hin zu Ernährung, Beschaffung und Logistik. In einem nächsten Schritt werden alle Ideen und Anregungen, aber auch Herausforderungen dokumentiert und diskutiert und in einem Strategieprogramm zusammengefasst.

„Der Wiener Abfallwirtschaftsplan und das Abfallvermeidungsprogramm setzen klare Schwerpunkte für eine ressourcenschonende, nachhaltige und klimafreundliche Abfallwirtschaft. Mit der Strategie zur Kreislaufwirtschaft gehen wir einen großen Schritt weiter und sehen uns alle Bereiche der Stadt unter diesem Aspekt an!“ so Jürgen Czernohorszky. „Damit Wien zur ersten Großstadt mit null Verschwendung wird!“

WIENER ABFALLWIRTSCHAFTSPLAN UND DAS ABFALLVERMEIDUNGSPROGRAMM ZUM DOWNLOAD:

https://www.wien.gv.at/umwelt/ma48/beratung/umweltschutz/awk.html

Michaela Zlamal
Mediensprecherin StR Jürgen Czernohorszky
Telefon: +43 1 4000 81446
E-Mail: michaela.zlamal@wien.gv.at

Stephan Grundei
Mediensprecher Vizebürgermeisterin Kathrin Gaál
Tel: 01/4000-98057
E-Mail: stephan.grundei@wien.gv.at

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