Dringliche Anfrage der FPÖ im Nationalrat zu Terroranschlag in Villach
FPÖ sieht Behördenversagen und stellt kritische Fragen an den Innenminister
Nach dem Terroranschlag am 15. Februar 2025 in Villach, der einen Toten und fünf Verletzte zur Folge hatte, brachte Christian Hafenecker (FPÖ) im Rahmen einer Dringlichen Anfrage im Nationalrat zahlreiche Fragen an den Bundesminister für Inneres vor. Unter dem Titel „IS-Terror in Villach durch eklatantes Behördenversagen?“ warf die FPÖ Karner vor, er habe ein weiteres Versagen seines Ressorts zu verantworten, das einen islamistischen Terroranschlag ermöglichte.
Innenminister Gerhard Karner betonte, dass Österreich bereits sehr viele Maßnahmen gesetzt habe, um gegen terroristische Bedrohungen vorzugehen. Der Verfassungsschutz arbeite sehr effizient. Zweifellos müsse man in vielen Bereichen noch besser werden und etwa gefährliche Gruppen besser überwachen können.
Die FPÖ brachte in der Debatte zwei Entschließungsanträge ein. Darin forderte Gernot Darmann (FPÖ) einen Stopp der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an Asylanten. Susanne Fürst und Michael Schnedlitz (beide FPÖ) traten für die Schaffung eines Verbotsgesetzes für den politischen Islam ein. Beide Anträge blieben in der Minderheit.
Mit zwei Entschließungsanträgen reagierten die Grünen auf das Attentat. Süleyman Zorba und Barbara Neßler (beide Grüne) sprachen sich einerseits dafür aus, Desinformation zu bekämpfen und Meinungsvielfalt auf Social Media zu sichern – der Antrag blieb in der Minderheit. Andererseits forderte Zorba von der Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die im Digital Services Act (DSA) vorgesehenen regulatorischen Regelungen durchgesetzt werden. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ NEOS und Grünen mehrheitlich angenommen.
TERRORANSCHLAG IN VILLACH: FPÖ VERMISST BEHÖRDENAUSTAUSCH IM VORFELD
„Der verheerende Terroranschlag von Villach durch einen muslimischen IS-Sympathisanten und in Österreich anerkannten Asylwerber entpuppt sich immer mehr als Behördenversagen“, heißt es in der Dringlichen Anfrage der FPÖ an Innenminister Karner. In der Begründung der Anfrage im Nationalratsplenum erklärte Hafenecker, der Anschlag hätte verhindert werden können, da der nun Festgenommene nie Asylstatus erhalten hätte dürfen. Das zeige einmal mehr, dass das Asylsystem zum Sicherheitsproblem geworden sei. Seit dem Jahr 2015 habe die Zahl islamistischer Terroranschläge massiv zugenommen. Vor diesem Hintergrund sei es problematisch, dass eine Koalition im Entstehen sei, die das Thema Migration nicht angehen wolle.
Seine Vorwürfe untermauerte Hafenecker mit dem „Werdegang“ des Festgenommenen. Spätestens nachdem dieser in Deutschland eine viertägige Ersatzfreiheitsstrafe aufgrund der von ihm begangenen Urkundenfälschung verbüßen musste, hätten bei den Behörden in Österreich die Alarmglocken schrillen müssen. Offenbar gebe es keinen Austausch der Behörden über kriminelle Asylwerber, die regelmäßig die Grenzen passieren, kritisierte er. Der „Schlendrian“ im Ressort von Bundesminister Karner habe Menschenleben gekostet. Der Minister müsse dafür sorgen, dass sein eigenes Ressort funktioniere.
„Schäbig“ nannte es Hafenecker, dass der Innenminister nichts aus den Fehlern seiner Vorgänger aus der ÖVP gelernt habe und lieber auf Kontrolle der eigenen Bevölkerung setze, statt die Einreise von Islamisten zu verhindern. Die geplante Überwachung von Messenger-Diensten sei ein „totalitärer Ansatz, den wir zurückweisen“. Die geplante Überwachung werde an der Situation nichts ändern, solange das Innenministerium es nicht einmal schaffe, „die eigenen Emails zu lesen“, meinte Hafenecker in Anspielung auf den Terroranschlag des Jahres 2020. Im Übrigen sei sie sinnlos, da die Kommunikation von Terroristen längst auf ganz anderen Kanälen erfolge. Falls es tatsächlich keine genügende Handhabe gegen den politischen Islam gebe, müsse diese geschaffen werden. Letztlich werde nichts an einer „Festung Österreich“ vorbeiführen, um Gefährdungen hintanzuhalten. Die Bevölkerung werde sich jedenfalls „nicht weiter hinters Licht führen lassen“, meinte Hafenecker.
Nationalratspräsident Rosenkranz erteilte Abgeordnetem Hafenecker für den Vorwurf des „schäbigen Verhaltens“ gegenüber dem Innenminister einen Ordnungsruf.
KARNER: SICHERHEITSBEHÖRDEN BRAUCHEN DIE NOTWENDIGEN INSTRUMENTE ZUR ERFÜLLUNG IHRER AUFGABEN
Der Innenminister dankte für das Zeichen des Mitgefühls und der Anteilnahme für die Betroffenen am Beginn der Sitzung. Er habe in Villach persönlich die starken Emotionen nach dem „feigen, hinterhältigen Anschlag eines Islamisten“ erlebt. Er verstehe Emotionen wie Trauer, Wut und Zorn sehr gut. Er habe aber auch viel Dankbarkeit erlebt – für das rasche Einschreiten der Sicherheitsbehörden, den Mut eines syrischen Staatsbürgers, den Sanitäter:innen und Ärzt:innen, die sofort geholfen hätten.
Der Innenminister betonte, seitens der Sicherheitsbehörden werde bereits vieles gegen islamistischen Terror getan, vieles bleibe aber noch zu tun. Seit dem 7. Oktober 2023 sei klar, dass vom islamistischen Terror die größte Gefahr ausgehe und er mit aller Kraft bekämpft werden müsse. Dank der internationalen Vernetzung der Behörden sei es immer wieder möglich gewesen, Anschläge zu verhindern. Der österreichische Verfassungsschutz sei gut aufgestellt und arbeite exzellent, betonte Karner.
Allerdings müssten den Sicherheitsbehörden alle Instrumente an die Hand gegeben werden, um eine effiziente Überwachung von gefährlichen Personen gewährleisten zu können. Keinesfalls gehe es um eine Massenüberwachung, sondern um die Möglichkeit einer gezielten Überwachung in bestimmten Fällen, wo es darum gehe, Mord und Terror zu verhindern, sagte der Innenminister.
Zur Frage der anlasslosen Massenüberprüfung führte Karner aus, die Polizei dürfe auch jetzt schon bei der Unterbringung in Asylquartieren kontrollieren. Nicht möglich sei es bei Privatquartieren. Hier sei eine Lücke, für die eine rechtskonforme Regelung gefunden werden müsse. Unbestritten seien es vor allem junge Männer aus Syrien und Afghanistan, die überdurchschnittlich oft islamistische Straftaten verüben würden. Hier müsse die Polizei „stärker hineinblicken“ können.
Auch bei der Zurückdrängung der illegalen Migration geschehe in Zusammenarbeit mit den Nachbarländern bereits sehr viel. Auch die Abschiebung von Straftätern funktioniere. Karner wandte sich strikt gegen Versuche, Opfer von Terroranschlägen zu instrumentalisieren. Das werde von der Gruppe der „Identitären“ versucht. Das sei „schäbig und schändlich“ und alle politischen Parteien sollten sich von diesen Versuchen der Vereinnahmung distanzieren.
Karner ging dann auf die zahlreichen Fragen zum Wissensstand der Behörden über bzw. den Umgang mit dem nach dem Anschlag festgenommenen Asylwerber ein und nannte Daten zu seiner Einreise und seinem Asylstatus. Bei einigen Punkten verwies der Innenminister auf die laufenden Ermittlungen. Derzeit werde jedenfalls von einem Einzeltäter ausgegangen. Die Zahl der Personen in Österreich, die als islamisch bzw. islamistisch motivierte „Gefährder“ einzustufen seien, liege bei einer „niedrigen dreistelligen Zahl“, diese Personen würde alle überwacht. 2024 seien insgesamt 66 Delikte aufgrund der „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ und 117 Delikte der „Bildung einer terroristischen Vereinigung“ vor islamistischem Hintergrund angezeigt worden.
Zur Frage, wieviele der als „Gefährder“ einzustufenden Personen seit 2020 aus Österreich abgeschoben wurden teilte Karner mit, den Statistiken sei nur zu entnehmen, dass es 2024 3.307 Außerlandesbringungen gegeben habe, von denen 45 % strafrechtlich verurteilte Personen betroffen hätten. Im Jänner 2025 habe es knapp 1.000 Außerlandesbringungen gegeben, darunter seien 259 Straftäter:innen gewesen. Weitere Statistiken würden nicht geführt.
FÜRST: ECHTE ASYLWENDE IST NOTWENDIG
FPÖ-Abgeordnete Susanne Fürst betonte, dass es weder die FPÖ noch „rechte NGOs“ seien, die das Attentat instrumentalisieren. Vielmehr seien das Politiker:innen, die sich bei Trauermärschen „in die erste Reihe drängen“, aber gleichzeitig gegen „eine echte Asylwende“ stellen würden. Alle Maßnahmen, die bisher angekündigt worden seien, dienten nur dazu, „der Bevölkerung Sand in die Augen zu streuen“. Fürst forderte einen sofortigen Asylstopp, umfassende Rückführungen und einen strikten Grenzschutz. Zudem sei es notwendig die „Gleichstellung von Asylwerbern und Einwanderern mit den Einheimischen im Sozialsystem zu beenden“. Mit der nun geplanten Koalition werde es jedenfalls keine der notwendigen Änderungen geben, meinte Fürst. Sie forderte in einem Entschließungsantrag ein Verbotsgesetz für den politischen Islam.
Auch Abgeordnete Fürst erhielt für die Verwendung des Wortes „schäbig“ von Nationalratspräsident Rosenkranz einen Ordnungsruf.
Wendelin Mölzer (FPÖ) vermisste, dass in dem Fall Fehler eingeräumt werden. Es müssten die richtigen Konsequenzen gezogen werden, forderte er rigorose Maßnahmen. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) betonte, es sei ein Gebot der Stunde Österreichs Grenzen zu schließen.
GÖDL: KAMPF GEGEN ISLAMISMUS BLEIBT ZENTRALES ANLIEGEN
ÖVP-Abgeordneter Ernst Gödl wies die Aussagen der FPÖ zurück und betonte, es gebe eine „große Sehnsucht der Bevölkerung“ nach einem respektvollen Umgangston in der Politik. Sicherheit sei eine wichtige Frage, über die man sprechen müsse. Allerdings sei zu unterscheiden, wer hier nur rede, und wer tatsächlich handle. Die FPÖ habe selbst einige Jahre den Innenminister gestellt. Während dieser Zeit habe es weit mehr Asylanträge gegeben als jetzt. Die Maßnahmen der letzten Jahre, gegen die die FPÖ im Übrigen immer gestimmt haben, hätten also Wirkung gezeigt. Er sei gerne bereit, mit allen darüber zu reden, wie man die Sicherheit noch verbessern könne. Der Kampf gegen den politischen Islam und die Beendigung der illegalen Migration werde auch ein wichtiges Anliegen der nächsten Bundesregierung sein. Sie werde sich dabei aber an den Fakten und Lösungsansätzen orientieren.
Illegale Migration müsse auf EU-Ebene geregelt werden, betonte Nico Marchetti (ÖVP) und bezeichnete die internationale Zusammenarbeit als essentiell.
LEICHTFRIED: ISLAMISMUS HAT KEINEN PLATZ IN ÖSTERREICH
„Die höhnisch grinsende Fratze des Islamismus hat in Österreich nichts verloren und muss mit aller Kraft bekämpft werden“, betonte Jörg Leichtfried (SPÖ). Es könne keine Toleranz für die Intoleranten geben. Wer das friedliche Miteinander in Österreich zerstören wolle, müsse die entsprechenden Konsequenzen zu spüren bekommen. Die nächste Bundesregierung werde alles tun, damit sich ein solches Verbrechen möglichst nicht wiederholen könne. Die FPÖ hätte im Übrigen gerade erst die Chance gehabt, selbst Verantwortung zu übernehmen und Lösungen anzubieten. Sie habe das aber nicht getan, sondern sich vor dieser Aufgabe gedrückt.
Wir müssen handeln und entschlossener gegen Extremismus vorgehen, so Petra Oberrauner (SPÖ). Demnach forderte sie, die Sicherheitsbehörden, durch Personalaufstockung zu stärken. Maximilian Köllner (SPÖ) bezeichnete den Anschlag als letzten Weckruf. Er forderte eine klare Kante gegen Extremismus.
SHETTY: POLITISCHE MITTE MUSS KLARE ANTWORTEN FÜR MIGRATION FINDEN
Nach jedem derartigen Anschlag gebe es immer wieder Versuche eines Teils des politischen Spektrums, das Leid für sich zu instrumentalisieren, während andere Teile der Politik hilflos wirken würden, sagte Yannick Shetty (NEOS). Beides dürfe nicht sein. Niemand habe Verständnis dafür, dass jemand, der selbst Schutz vor Gewalt erhalten habe, sich radikalisiere und selbst Gewalt ausübe. In diesem Fall hätte aber aufgrund der Umstände eine anlasslose Massenüberwachung „gar nichts“ bewirkt. Shetty forderte, Konzerne, die soziale Plattformen betreiben, über die Radikalisierung erfolge, weit stärker in die Verantwortung zu nehmen. Bei Nichtkooperation müssten ihnen auch empfindliche Strafen drohen. Für Migration müsse es ganz klare Regeln geben. Straffällige Personen müssten rasch abgeschoben und dafür gesorgt werden, dass Herkunftsländer ihre Staatsbürger:innen zurücknehmen. Bereitschaft zur Integration von Anfang an müsse die Voraussetzung für Zuwanderung sein, die gesellschaftlich tragbar sein müsse. Gerade die Parteien der politischen Mitte müssten jetzt klare Antworten auf alle diese Fragen finden, wenn sie sich nicht selber abschaffen wollen, meinte Shetty.
Stephanie Krisper (NEOS) trat dafür ein, die Ursachen der Radikalisierung zu bekämpfen. In diesem Sinne seien Schulen und Jugendzentren als Präventionsorte zu stärken, sagte sie.
ZADIĆ: NICHT ZULASSEN, DASS HANDYS UND SOZIALE MEDIEN ZU WAFFEN WERDEN
Islamistischer Terror habe einem jungen Mann sein Leben genommen, so Alma Zadić (Grüne), die auch an den Terroranschlag vom 2. November 2020 in Wien erinnerte. Immer jüngere Menschen würden sich auf Plattformen wie TikTok radikalisieren, daher stelle die Verbreitung einschlägiger Inhalte über die sozialen Medien eine ernsthafte Bedrohung dar. Es gelte daher entschlossen gegen Extremismus aufzutreten. Aus Sicht von Zadić ist der Digital Services Act ein Instrument, das wir nun „scharf stellen“ müssen.
Gegenüber der FPÖ verteidigte sie die Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz. Terror höre nicht an der Landesgrenze auf, forderte Zadić die internationale Zusammenarbeit der Geheimdienste. Zadić wolle nicht zulassen, dass „Handys und soziale Medien zu Waffen werden“, es gelte daher gemeinsam gewalttätigen Extremismus zu bekämpfen.
Gesetzliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Desinformation und zur Sicherung der Meinungsvielfalt würden immer wieder infrage gestellt, führte Süleyman Zorba (Grüne) aus. Dabei werde behauptet, dass Regulierungen wie der Digital Services Act (DSA) eine Einschränkung der Meinungsfreiheit darstellten. Tatsächlich geschehe die eigentliche Zensur bereits durch die Plattformen selbst: Algorithmen würden Inhalte vorfiltern, polarisierende Darstellungen verstärken und entziehen fundierten Informationen oft die notwendige Reichweite. Der DSA sei ein Instrument, um der Radikalisierungsspirale entgegenzutreten. Alarmierend empfand Zorba, dass die FPÖ dem DSA kritisch entgegenstehe.
Extremismus müsse auf jeder Ebene bekämpft werden, so Barbara Neßler (Grüne). Der Fall dürfe jedoch nicht politisch instrumentalisiert werden, hielt Neßler der FPÖ entgegen. (Schluss Nationalrat) sox/gla
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
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