Wien 1945-1955. Stadtpolitik, Verwaltung, Alltag – Themenschwerpunkt im Wien Geschichte Wiki

Das Wiener Stadt- und Landesarchiv erstellt regelmäßig Themenschwerpunkte zur Wiener Stadtgeschichte. Diese werden im Wien Geschichte Wiki, der historischen Wissensplattform der Stadt Wien, aufbereitet und mit ausgewählten Originalquellen ergänzt. So kann die Vergangenheit Wiens einfach und bequem digital erforscht werden.

„_Der Wiederaufbau Wiens nach 1945 war geprägt vom Gefühl des Neuanfangs und der Hoffnung, doch dieser Neuanfang war ambivalent_“, betont Wiens WISSENSCHAFTSSTADTRÄTIN VERONICA KAUP-HASLER. „_Während die Stadt wiederaufgebaut wurde, blieb die Aufarbeitung der Vergangenheit oft unzureichend. Besonders bei der Restitution von Vermögen wurde in der ersten Phase vieles verdrängt, und die strafrechtliche Verfolgung ehemaliger Nationalsozialisten war lückenhaft. Es hat Jahrzehnte gedauert, bis Österreich seine Rolle als Täterland wirklich anerkannt hat. Umso wichtiger ist es, dass der Themenschwerpunkt im Wien Geschichte Wiki diese vielschichtige Zeit beleuchtet und historische Verantwortung sichtbar macht._“

WIEN UND DIE ALLIIERTEN

Am 13. April 1945 endeten in Wien die Kampfhandlungen des Zweiten Weltkriegs. Für die Wiener Bevölkerung und ihre politischen Repräsentanten begann eine zehn Jahre dauernde Zeit unter der Kontrolle durch die alliierten Siegermächte.

Doch wie gestaltete sich die Kommunikation zwischen den Alliierten und dem Bürgermeister sowie der Stadtverwaltung? Wie wurde die Präsenz der Alliierten im Stadtraum wahrgenommen? Wie sah die Rolle der Alliierten bei der Versorgung der Bevölkerung mit Hilfsgütern aus, wie bekämpfte man den Schwarzmarkthandel? Welchen kulturellen Einfluss übten die Alliierten auf Wien aus?

LEBEN MIT DEN BESATZUNGSMÄCHTEN

Das Verhältnis der amerikanischen Streitkräfte zur Wiener Bevölkerung war generell gut. Die USA leisteten wichtige Hilfslieferungen wie die Care-Paketen und engagierten sich insbesondere für Kinder und NS-Verfolgte. Die zahlreichen offiziellen und inoffiziellen Clubs der US-Armee trugen rasch zur Vermittlung amerikanischer Kultur in Wien bei. Auch die Beziehungen zur britischen und zur französischen Besatzungsmacht gestalteten sich weitestgehend friktionsfrei. Schwierig erwies sich das Verhältnis zu den Angehörigen der Roten Armee. Einerseits sicherte in den ersten Nachkriegsmonaten die Rote Armee die Versorgung der Bevölkerung und half auch tatkräftig beim Wiederaufbau der Stadt mit. Andererseits waren sowjetische Soldaten aufgrund zahlreicher gewalttätiger Übergriffe, besonders Vergewaltigungen, gefürchtet.

ÜBERLEBENSKAMPF IN DER NACHKRIEGSZEIT

In den ersten Monaten nach Kriegsende war das Überleben nur durch Versorgung über den Schwarzmarkt, durch persönliche Beziehungen zu bäuerlichen Produzenten oder durch Kontakte zur Roten Armee möglich. Die Zahl der Todesfälle stieg stark an, 70% aller schulpflichtigen Kinder litten an Unterernährung. Ruhr, Typhus und Tuberkulose forderten viele Opfer unter der geschwächten Bevölkerung. Internationale Hilfsaktionen wie die Quäkerhilfe und die Verteilung von Care-Paketen waren entscheidend, um eine noch größere Katastrophe zu verhindern und das Leid der Bevölkerung zu lindern.

ENTNAZIFIZIERUNG UND RÜCKSTELLUNG VON ENTZOGENEM VERMÖGEN

Die auf Druck der Alliierten betriebene Entnazifizierung, also der Ausschluss von Mitgliedern der NSDAP aus Ämtern und Behörden, vollzog sich in mehreren Phasen, abgestimmt auf die österreichische Gesetzgebung. Zur Entfernung von Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten aus der Gemeindeverwaltung wurden Sonderkommissionen eingerichtet. Für strafgerichtliche Entscheidungen war das 1945 errichtete Volksgericht zuständig. Ab 1948 kam es zu verschiedenen Amnestien, darunter die ‘Minderbelastetenamnestie’, die sich auf etwa 90% aller registrierten Nationalsozialisten bezog.

Die Rückstellung von entzogenem Vermögen lief nach aufwendiger Erfassung der Geschädigten und der Ariseurinnen und Ariseure erst 1947 an. Die Verfahren beschränkten sich entsprechend der Rechtslage auf nachweisbare Vermögenswerte und zogen sich über Jahre.

VERANSTALTUNGEN ZUM THEMENSCHWERPUNKT

Gemeinsam mit dem Verein für Geschichte der Stadt Wien sind mehrere Veranstaltungen und Führungen geplant:

* Veranstaltung: Wien 1945 bis 1955. Stadtpolitik, Verwaltung, Alltag: 13. März 2025, 18 Uhr, Vortragssaal des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Gasometer D, 11., Guglgasse 14 (4. Archivgeschoß; Zugang über Gasometer A und die Mall)
* Veranstaltung: Die Vier im Dodge: 3. April 2025, 18 Uhr, Vortragssaal des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Gasometer D, 11., Guglgasse 14 (4. Archivgeschoß; Zugang über Gasometer A und die Mall)

THEMENSCHWERPUNKT IM WIEN GESCHICHTE WIKI

Der Themenschwerpunkt im Wien Geschichte Wiki legt den Fokus auf die Zeit vom Kriegsende bis zum Abschluss des Staatsvertrags. Dabei wird auch auf das spannungsreiche Verhältnis von Alliierten und Wiener Stadtregierung eingegangen. Besonderes Augenmerk liegt auf der Infrastruktur der Alliierten von ihren Wohnverhältnissen bis hin zur Freizeitgestaltung, wobei wichtige Orte auf einer interaktiven Karte dargestellt werden. Ebenso beleuchtet werden die Lebensumstände in der Nachkriegszeit, die herausfordernden Jahre des Wiederaufbaus und die halbherzige Entnazifizierung.

LINK ZUM THEMENSCHWERPUNKT

www.geschichtewiki.wien.gv.at/1945_bis_1955

ORIGINALDOKUMENTE IM ARCHIVFOYER

Im Wiener Stadt- und Landesarchiv werden vom 5. März bis 26. September 2025 in 4 Vitrinen relevante Originaldokumente zu Wien in der Zeit von 1945 bis 1955 gezeigt, etwa Kriegsschädenpläne, Korrespondenzen zwischen der Magistratsdirektion und der Alliierten Verbindungsstelle sowie ikonische Fotografien aus jener Zeit.

Mag. Hannes Tauber, MA
Magistratsabteilung 8
Wiener Stadt- und Landesarchiv
Gasometer D, Guglgasse 14, 1110 Wien
Postanschrift: 1082 Wien, Rathaus
Tel.: (+43 1) 4000 8483
hannes.tauber@wien.gv.at

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