ÖGK-Huss & DVSV-Neumayer-Stickler: Mehr präventive Maßnahmen, um Krankenstände zu senken
Anstieg psychischer Erkrankungen durch belastendes Arbeitsumfeld
Europaweit wurden bezahlte krankheitsbedingte Fehltage in den Mitgliedstaaten im Fehlzeitenreport der OECD verglichen. Fehlzeiten haben in allen Ländern der Europäischen Union (EU) in den letzten Jahren stark zugenommen. Unsere deutschen Nachbarn führen das Ranking mit 24,9 Fehltagen pro Jahr an, dicht gefolgt von Lettland mit 20,4 Fehltagen und Tschechien mit 19,2 Fehltagen. Österreich liegt mit 14,9 Fehltagen im soliden Mittelfeld. Beruhigen kann uns diese Zahl allerdings nicht, sagen ÖGK-Arbeitnehmer:innen-Obmann Andreas Huss und Claudia Neumayer-Stickler, Vorsitzende im Dachverband der Sozialversicherungsträger. Es gilt, mehr präventive Maßnahmen zu setzen.
GRÜNDE FÜR DAS KRANKHEITSBEDINGTE FERNBLEIBEN SIND MANNIGFALTIG
In den Ergebnissen der OECD-Erhebung muss, neben vielen anderen schweren Erkrankungen, auch Corona als neue Infektionskrankheit berücksichtigt werden. Denn diese ist auch ein Grund für eine Verlängerung des Krankenstandes. Nicht außer Acht gelassen werden dürfen außerdem die verschiedenen neuen Arbeitsformen, die prekäre Wirtschaftslage und die besonders in den Gesundheitsberufen vorherrschende Überbelastung.
„Diese geht nicht spurlos an den Menschen vorbei, wir verzeichnen einen Anstieg von psychischen Erkrankungen, der nicht zu unterschätzen ist. Es ist daher zu begrüßen, dass im aktuellen Regierungsprogramm der flächendeckende Ausbau der psychosozialen Versorgung als präventive Maßnahme fest verankert ist. Das ist dringend notwendig. Denn gerade psychische Erkrankungen dauern sehr lange. Sie zu verhindern bzw. schneller zu behandeln ist nicht nur für Patient:innen enorm wichtig, sondern lohnt sich auch für das Gesundheitssystem und die Wirtschaft. Ich bin zuversichtlich, dass der neuen Regierung die Gesundheit der Menschen ein besonderes Anliegen ist und dass sie die Notwendigkeit zu handeln erkannt hat“, sagt Huss.
Hier ist es wichtig, auf psychosoziale Versorgungszentren zu setzen und dabei auch den Fokus auf Zentren für Kinder- und Jugendliche und für Erwachsene pro Versorgungsregion zu richten. Diese Versorgungszentren sind der Goldstandard und es wäre sinnvoll diese in allen 32 Versorgungsregionen flächendecken auszurollen.
MEHR BELASTUNG AM ARBEITSPLATZ UND STRESS ALS KRANKHEITSAUSLÖSER
Viele Arbeitnehmer:innen gehen krank arbeiten. Dies hat mit mehr Druck am Arbeitsplatz zu tun. Die Angst, dass Arbeit unerledigt bleibt oder andere Kolleg:innen die Arbeit erledigen müssen, führt zu mehr Präsentismus. Das ist auch mit dem Risiko, etwa bei Infektionskrankheiten, verbunden, andere Kolleg:innen anzustecken. „Präsentismus ist in Österreich ein größeres Problem als Absentismus“, bekräftigt Huss. So sind auch hier heimische Unternehmen gefordert, in präventive Maßnahmen zur Stärkung der psychischen und physischen Gesundheit ihrer Arbeitnehmer:innen zu investieren.
„Statt Kampf dem Krankenstand wäre es wohl zielführender dafür zu sorgen, dass Arbeitnehmer:innen gesund bleiben. Dabei spielen neben vielen Faktoren auch die Unternehmenskultur und die Arbeitsbedingungen eine wesentliche Rolle“, fügt Claudia Neumayer-Stickler hinzu.
Schon während der Koalitionsverhandlungen wurden von manchen Verschärfungen bei den Krankenstandsbestimmungen gefordert, wie beispielsweise die ersten drei Krankenstandstage als Urlaub zu werten. Dies lehnen Huss und Neumayer-Stickler kategorisch ab, denn das würde den Präsentismus nur weiter erhöhen und unnötig Druck auf kranke Arbeitnehmer:innen machen. „Die Lösung heißt mehr Prävention und bessere Arbeitsbedingungen und nicht, kranke Beschäftigte auch noch zu bestrafen“, bekräftigt Huss.
„Wer krank ist, bleibt zu Hause, im Interesse der eigenen Gesundheit und um nicht auch noch die Kolleg:innen zu gefährden. Im beruflichen Alltag scheint diese Devise allerdings oftmals nicht zu gelten, weil sich viele Arbeitnehmer:innen vor Verlust ihres Arbeitsplatzes fürchten müssen“, kritisiert Neumayer-Stickler.
KREBS ALS WEITERER GRUND FÜR LANGE KRANKENSTÄNDE
Screeningprogramme gegen ausgewählte Krebsarten (z.B. Darmkrebs oder PSA-Screening gegen Prostatakrebs) könnten verstärkt eingesetzt werden, um Krankheiten noch vor oder kurz nach ihrem Ausbruch zu diagnostizieren und diese durch geeignete Maßnahmen ganz zu verhindern bzw. abmildern zu können. Großes Leid kann abgewendet, aber auch Behandlungskosten und lange Krankenstände reduziert werden.
Ziel soll sein, das Bewusstsein für Gesundheitsförderung, Prävention und Gesundheitskompetenz zu schärfen und zu investieren. Huss ist zuversichtlich, dass mit der neuen Regierung rasch Schritte in die richtige Richtung gemacht werden, damit sich Österreich im Fehlzeitenreport weiterhin verbessert und unsere Arbeitnehmer:innen gesund bleiben.
ÖGK-Arbeitnehmer:innen-Obmann Andreas Huss
Tel. 0664/614 55 34
andreas.huss@gbh.at
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