Innenausschuss debattiert Asylverschärfungen und Messertrageverbot
Koalition vertagt Oppositionsanliegen
Asyl und illegale Migration waren die bestimmenden Themen in der heutigen Sitzung des Innenausschusses. Auf Basis von drei Entschließungsanträgen debattierten die Abgeordneten über freiheitliche Forderungen nach einem Ausstieg Österreichs aus dem EU-Asylrecht, einem permanenten Stopp des Familiennachzugs sowie einem Ausschluss von „Asylanten“ von der Möglichkeit, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erhalten. Zudem thematisierten die Grünen angesichts vermehrter Messerangriffe in Ballungszentren ein Messertrageverbots an öffentlichen Orten. Sämtliche Entschließungsanträge wurden mit einer Stimmenmehrheit von ÖVP, SPÖ und NEOS vertagt.
Auf der Tagesordnung stand außerdem ein Staatsvertrag zur Modernisierung des Grenzvertrags mit dem Fürstentum Liechtenstein. Dieser wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. Zudem wählte der Innenausschuss einhellig Maximilian Köllner (SPÖ) zu seinem Obmannstellvertreter. In einer einleitenden Stellungnahme betonten sowohl Innenminister Gerhard Karner als auch Staatssekretär Jörg Leichtfried dem neu konstituierten Ausschuss gegenüber die Bedeutung einer parteiübergreifenden, konstruktiven Zusammenarbeit, angesichts der zunehmenden Herausforderungen für die innere Sicherheit.
AUSSTIEG AUS DEM EU-ASYLRECHT
Bei der Bekämpfung der „illegalen Massenmigration“ sei auf die EU-Institutionen kein Verlass, so FPÖ-Abgeordneter Gernot Darmann in einem Entschließungsantrag (59/A(E)). Die Niederlande und Ungarn forderten bereits ein Opt-Out vom EU-Asylrecht, wodurch es Mitgliedstaaten grundsätzlich erlaubt werden könne, sich aus bestimmten Politikbereichen herauszunehmen. Dänemark habe eine solche Ausnahmeregelung im Bereich des Asylrechts bereits zur Bedingung für seinen EU-Beitritt gemacht. Wenn es nach Darmann geht, soll Österreich diesem Beispiel folgen und sich im Rahmen der EU-Institutionen für einen Ausstieg Österreichs aus dem EU-Asylrecht einsetzen.
Generell sei „nicht viel“ aus der Flüchtlings- bzw. Migrationskrise 2015 gelernt worden, sagte FPÖ-Mandatarin Susanne Fürst im Ausschuss. Dies habe etwa der EU-Migrationspakt demonstriert. Anstatt eines effektiven Außengrenzschutzes beinhalte dieser Neuansiedlungsprogramme sowie einen Verteilungsmechanismus für Migrant:innen, der auch Strafzahlungen bei der Verweigerung von deren Aufnahme vorsehe. Den Freiheitlichen sei klar, dass ein Ausstieg aus dem EU-Asylrecht nicht einfach sei, da dieser die Zustimmung anderer Mitgliedstaaten benötige, so Fürst. Es gelte jedoch, „ein Signal zu setzen“ und Österreich eventuell mehr Spielraum in der Asylpolitik zu verschaffen.
Hinsichtlich der notwendigen Signalwirkung stimmte Lukas Brandweiner (ÖVP) Fürst zu. Österreich habe sich in diesem Sinne auch bereits hervorgetan. So sei unter anderem durch den Druck Österreichs der EU-Migrationspakt erst zustande gekommen. Mit einem Ausstieg aus dem EU-Asylrecht werde kein von der FPÖ angesprochenes Problem gelöst, da diese Fragen nur europäisch zu lösen seien. Unter Verweis auf einen in Kürze erscheinenden Vorhabenbericht der EU, stellte Brandweiner den Vertagungsantrag.
Für eine europäische Perspektive und gegen „isolierte Betrachtungsweisen“ sprach sich auch SPÖ-Abgeordneter Maximilian Köllner aus. Dem EU-Migrationspakt müsse „eine Chance“ gegeben werden.
Gerade der Asylbereich sei ein „Paradebeispiel“ für die Notwendigkeit gesamteuropäischer Lösungen, meinte auch Agner Sirkka Prammer von den Grünen. Einzelstaatliche Vorgehensweisen führten nur dazu, dass Menschen zwischen den Staaten „hin und her geschoben“ würden. Gerade Österreich würde davon profitieren, wenn es zu einer gerechteren Aufteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas käme, so Prammer.
Den Verweis auf europäische Lösungen hätten die Österreicher:innen „geschätzte 200 Mal“ gehört, entgegnete Antragsteller Darmann (FPÖ). Die unbegrenzte Einwanderung „unter dem Deckmantel Asyl“ gehe jedoch ungehindert weiter. Es stimme, dass der EU-Pakt irreguläre Migration unterbinde – aber nur, weil diese damit legalisiert werde.
Dies sei „faktisch falsch“, widersprach Sophie Marie Wotschke (NEOS), da die Möglichkeiten, einen Aufenthaltstitel zu erwerben, durch den Pakt nicht erweitert würden. Dieser enthalte auch keine Regelungen zu Verteilungsquoten, was aus österreichischer Sicht zu bedauern sei.
Niemand verstehe mehr die seit zehn Jahren andauernde Debatte um das Asylsystem und die damit verbundenen Zuständigkeitsfragen, erklärte Michael Schilchegger (FPÖ). Wenn die Bundesregierung mit dem Verweis auf die Wahrung der inneren Sicherheit den Familiennachzug aussetze, könne mit ähnlicher Argumentation auch beim „Hauptproblem“ – dem Zustrom von Asylwerber:innen – angesetzt werden.
KEINE ÖSTERREICHISCHE STAATSBÜRGERSCHAFT FÜR „ASYLANTEN“
In einem weiteren Entschließungsantrag fordert Darmann, dass „Asylanten“ kein Anrecht mehr auf die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft für sich in Anspruch nehmen können sollen (61/A(E)). Nach momentaner Gesetzeslage könnte all jenen, die im Jahr 2015 als asylberechtigt anerkannt worden sind, nun nach zehnjährigem Aufenthalt die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen werden. Dabei handle es sich laut Darmann um einen „Systemfehler per se“, da Asyl Schutz auf Zeit bedeute und keine Grundlage für den Erwerb der Staatsbürgerschaft sein könne.
Im Ausschuss betonte Maria Neumann (ÖVP), dass hier kein Automatismus bestehe. Zur Verleihung der Staatsbürgerschaft müssten mehr Kriterien erfüllt werden, als nur ein zehnjähriger Aufenthalt in Österreich.
Es handle sich dabei um ein „Kann-Kriterium“, stimmte Alma Zadić (Grüne) Neumann zu. Österreich habe bereits eines der strengsten Staatsbürgerschaftsgesetze in Europa. Neben mehreren Kriterien, die für die Verleihung zu erfüllen seien, müssten die Anwärter:innen auch „einiges an Geldmitteln“ für den Erwerb der Staatsbürgerschaft aufbringen. Zudem wirke die Staatsbürgerschaft als „Integrationsmotor“, so Zadić.
Laut Michael Schilchegger (FPÖ) sei das „Kann“ jedoch als „Muss“ zu lesen, da die Regelung einen einklagbaren Rechtsanspruch beinhalte.
SOFORTIGER UND PERMANENTER STOPP DES FAMILIENNACHZUGS
Schließlich spricht sich Darmann dafür aus, den Familiennachzug nach Österreich sofort und permanent zu beenden (83/A(E)). Er kritisiert vor allem den temporären Charakter des von der neuen Bundesregierung angekündigten vorübergehenden Stopps des Familiennachzugs. Asyl bedeute immer Schutz auf Zeit für Personen, die eine individuelle Verfolgung nachweisen können. Dieser Schutz dürfe nicht automatisch auf die gesamte Familie eines „vermeintlich politisch Verfolgten“ ausgedehnt werden, so Darmann.
Das im Regierungsprogramm erwähnte Aussetzen des Familiennachzugs lese sich anders, als jenes im ÖVP-Wahlprogramm, erklärte Reinhold Maier (FPÖ). Es dürfe nicht bei einer „Ankündigungspolitik“ bleiben.
Der Bundesregierung sei bewusst, welche Herausforderung der Familiennachzug für verschiedenste Bereiche darstelle, konstatierte Sophie Marie Wotschke (NEOS). Eine verfassungskonforme Lösung sei gerade in Ausarbeitung, begründete sie den Vertagungsantrag. Nachfragen von Alma Zadić (Grüne), Michael Schilchegger und Gernot Darmann (beide FPÖ) bezüglich der Umsetzung beantwortete Innenminister Karner nicht.
Agnes Sirkka Prammer (Grüne) sah es als einen „spannenden Umgang mit Unionsrecht und der inneren Sicherheit“ an, aufgrund eigener Versäumnisse – etwa im Integrations- und im Bildungsbereich – einen „Notstand“ zu erklären und dann europäische Verträge nicht mehr zu beachten.
GRÜNE FORDERN MESSERTRAGEVERBOT
In jüngerer Vergangenheit seien an öffentlichen Orten insbesondere in Ballungszentren vermehrt Messerangriffe mit zum Teil tödlichen Folgen verübt worden, konstatiert Agnes Sirkka Prammer (Grüne) in einem Entschließungsantrag (44/A(E)). Als Gegenmaßnahme schlägt sie ein Messertrageverbot an öffentlichen Orten vor. Als Ausnahmen nennt sie in der Begründung den Gebrauch von Messern zu beruflichen und sportlichen Zwecken sowie zum Verzehr von Speisen. Diese Ausnahmen sollen nicht für Personen gelten, die mehr als 0,5 Promille Blutalkoholgehalt aufweisen oder von anderen Substanzen beeinträchtigt sind. Alkohol steigere das Gewaltrisiko maßgeblich, so Prammer. Zudem sollen „besonders gefährliche Messer“ – z.B. Macheten und Messer ab einer gewissen Klingenlänge – nicht an Jugendliche verkauft werden dürfen.
Analog zum Messertrageverbot ist im Antrag auch ein Verbot des Mitführens von Feuerwerkskörpern vorgesehen. Die Exekutive soll Personen auch nach Sprengstoff und Pyrotechnik durchsuchen dürfen.
Schon in der vergangenen Legislaturperiode habe es Vorstöße in diese Richtung gegeben, führte Prammer im Ausschuss aus, wesentliche Punkte seien allerdings ausgeklammert worden. So sei „ein Messer ein Messer“, egal über welchen Griff es verfüge. „Brauchtumswaffen“ mit einem Griff aus Hirschgeweih seien „genauso gefährlich“, wie jedes andere Messer. Zudem habe die Polizei keine Möglichkeit, das Mitführen von Messern zu kontrollieren, wenn das Waffenrecht nicht dementsprechend verschärft werde, so Prammer.
Die Bundesregierung sei sich nicht erst seit dem Anschlag von Villach der Problematik bewusst, erklärte Maximilian Köllner (SPÖ). Im Antrag der Grünen würden allerdings „einige Sachen vermischt“. Ein in der „Praxis umsetzbares Gesetz“ befinde sich in Ausarbeitung, argumentierte Köllner den Vertagungsantrag.
Der Vorschlag der Grünen sei sowohl inhaltlich als auch rechtlich „Unsinn“, befand Werner Herbert (FPÖ). Er gehe an der „wahren Kausalität“ der gesteigerten Zahl an Messerangriffen – der „illegalen Massenmigration“ – völlig vorbei. Sinnvoller wäre etwa ein Waffenverbot für Drittstaatsangehörige. Das Problem liege in erster Linie bei zugewanderten Personen, denen der Gebrauch von Messern in Konflikten „kulturell näher steht“ als der einheimischen Bevölkerung, so Herbert. Schon bei den örtlich beschränkten Waffenverbotszonen habe sich gezeigt, dass sich „gerade diese Zielgruppe“ nicht um Verbote „schert“. So sei etwa der Messerangriff eines Jordaniers auf einen Polizisten in Wien-Favoriten im letzten Jahr direkt unter einer Verbotstafel erfolgt. Rechtlich sah Herbert eine mangelnde Umsetzbarkeit des Grünen-Antrags.
Auch Herberts Fraktionskollege Gernot Darmann bezeichnete den Antrag als „nicht exekutierbar“. Zudem liege die Problematik nicht bei den Messern, sondern bei den Menschen, die diese gegen andere Personen einsetzten. Bei entsprechendem Tatvorsatz könne fast alles als Waffe Verwendung finden. Darmann stellte die Frage in den Raum, ob in diesem Sinne auch Autos verboten werden sollten.
Seitens der NEOS warf Douglas Hoyos-Trauttmansdorff ein, dass das am häufigsten eingesetzte Messer bei Gewalttaten das Küchenmesser im Rahmen häuslicher Gewalt sei. Auch er bemängelte am Antrag der Grünen, dass darin „unterschiedliche Dinge“ vermischt würden und verwies auf die enthaltene Forderung nach einem Verbot des Mitführens von Feuerwerkskörpern.
MODERNISIERUNG DES GRENZVERTRAGS MIT DEM FÜRSTENTUM LIECHTENSTEIN
Da der derzeit gültige Grenzvertrag zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über 60 Jahre alt sei und nicht mehr den technischen und praktischen Anforderungen der heutigen Zeit entspreche, soll dieser laut einer vom Außenminister vorgelegten Regierungsvorlage entsprechend geändert werden (23 d.B.). Konkret sollen die bereits erstellten neuen und modernen Grenzurkunden – auf Basis von sogenannten ETRS89-Koordinaten – im Vertrag aufgenommen und im Bereich des Egelsees eine geradlinige Festlegung des Grenzverlaufs vorgenommen werden. (Schluss Innenausschuss) wit
————————-
Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
http://www.parlament.gv.at
www.facebook.com/OeParl
www.twitter.com/oeparl
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender
Kommentare sind geschlossen, aber trackbacks und Pingbacks sind offen.