Einspruch: Patent auf Braugerste bedroht Vielfalt im Bierglas
Brauereien und Umweltorganisationen drängen die Politik zum Handeln
DER DÄNISCHE BRAUEREIKONZERN CARLSBERG BEANSPRUCHT GERSTENPFLANZEN AUS KLASSISCHER ZÜCHTUNG SOWIE DEREN VERWENDUNG ZUM BIERBRAUEN ALS SEINE „ERFINDUNG“. IN EINEM PRESSEGESPRÄCH HEUTE VORMITTAG HABEN SICH ARCHE NOAH, DAS EUROPÄISCHE NETZWERK _KEINE PATENTE AUF SAATGUT!_, DIE KÄRNTNER PRIVATBRAUEREI HIRT UND DIE BAYRISCHE BIO-BRAUEREI NEUMARKTER LAMMSBRÄU KLAR GEGEN DIESES PATENT AUSGESPROCHEN: IN EUROPA IST ES VERBOTEN, PFLANZEN AUS HERKÖMMLICHEN ZUCHTVERFAHREN ZU PATENTIEREN. _„_Unter solchen europäischen Patenten leidet die Vielfalt auf dem Acker, die Vielfalt in der Pflanzenzucht und auch die Vielfalt im Bierglas_“_, WARNT DAGMAR URBAN VON ARCHE NOAH. DAS EUROPÄISCHE PATENTAMT ARGUMENTIERT BISHER, DASS AUCH NACH DEM ZUFALLSPRINZIP AUSGELÖSTE MUTATIONEN ALS TECHNISCHE ERFINDUNGEN PATENTFÄHIG SIND. EINE ANHÖRUNG DAZU FINDET MORGEN VOR DEM EUROPÄISCHEN PATENTAMT IN MÜNCHEN STATT.
Die betroffene Gerstensorte weist zufällige genetische Veränderungen auf, die ihre Verwendung als Braugerste attraktiver macht. Diese Eigenschaften wurden gefunden, nachdem man tausende Saatgutproben nach den gewünschten Eigenschaften durchsucht hatte. Dabei kamen keine gentechnischen Verfahren zum Einsatz. Vielmehr handelt es sich um gängige Verfahren der Zufallsmutagenese und Züchtung, die schon seit Jahrzehnten eingesetzt werden und zuvor nicht patentiert wurden.
Die Folgen der Patentierung von Braugerste betreffen auch Bierbrauer:innen und Konsument:innen: „Patente auf Saatgut und auf Gersten bedeuten weniger Malzsorten und somit weniger Biervielfalt aus Klein- und Mittelbrauereien und beides spielt wiederum Großkonzernen in die Hände!“, so Nikolaus Riegler, Eigentümer und Geschäftsführer der Kärntner Privatbrauerei Hirt und Sprecher der Unabhängigen „Privatbrauereien Österreichs“. Und Johannes Ehrnsperger, Geschäftsführer der Bio-Brauerei Neumarkter Lammsbräu und Sprecher des Werteverbunds „Die Freien Brauer“ ergänzt: _„_Der Klimawandel erfordert eine stetige Weiterentwicklung unserer Braugerstensorten, um auch zukünftig eine stabile und qualitativ hochwertige Rohstoffversorgung der gesamten Braubranche zu gewährleisten. Patente auf konventionell gezüchtete Sorten schränken die Vielfalt und damit die Zukunftsfähigkeit aller zu Gunsten einzelner Patentinhaber ein. Dies führt letztlich zur Monopolisierung und dem Wegfall von Vielfalt und mittelständischen Braustrukturen._“_
Erst 2017 setzte das Europäische Patentamt Pflanzen aus Zufallsmutagenese jenen, die mit Hilfe gentechnischer Verfahren verändert werden, ausdrücklich gleich. Damit können jetzt selbst Sorten, die ohne Einsatz gentechnischer Methoden gezüchtet wurden, von Patenten betroffen sein. Schon bei der Anmeldung entfalten Patente wegen möglicher Kosten und rechtlichen Unsicherheiten eine abschreckende Wirkung auf andere Züchter:innen. Das kann dazu führen, dass bestimmte neue Sorten gar nicht mehr entwickelt werden.
_„_Das Europäische Patentamt verstößt mit seiner Entscheidung gegen die Absicht des europäischen Gesetzgebers, nur Patente auf gentechnisch veränderte Pflanzen zuzulassen. Die Europäische Kommission muss jetzt klarstellen, dass zufällig hervorgerufene Mutationen keine Erfindung sind. Erfolgt diese Klarstellung nicht, werden viele Firmen versuchen, den Patentschutz über die Neue Gentechnik auch auf die konventionelle Züchtung auszuweiten_“,_ sagt Christoph Then vom Netzwerk _Keine Patente auf Saatgut!._
In Brüssel werden derzeit ein neues EU-Saatgutrecht, die Patentierung von Saatgut und die künftige Regulierung der Neuen Gentechnik diskutiert. ARCHE NOAH fordert gemeinsam mit _Keine Patente auf Saatgut! _und den beteiligten Brauereien, dass die klassische Pflanzenzucht von der Patentierbarkeit ausgenommen wird. Eine entsprechende Klarstellung ist im österreichischen Patentgesetz bereits in Kraft und kann als Vorlage für Brüssel dienen.
_„Die fragwürdige Auslegung des Patentrechts durch das Europäische Patentamt widerspricht dem politischen Konsens in Europa. Konventionell gezüchtete Pflanzen sind bei einer korrekten Anwendung des Gesetzes nicht patentierbar. Daher ist die Politik gefordert, klare Regeln zu schaffen. Nur so können in den nächsten Jahren Hunderte neue Patente auf Pflanzen verhindert werden“,_ sagt Dagmar Urban von ARCHE NOAH, der österreichischen Gesellschaft für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt und ihre Entwicklung.
Die öffentliche Anhörung über das Patent EP2575433 der Firma Carlsberg findet morgen, 25. März 2025, ab 9:00 Uhr vor der Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts in Haar bei München statt. Wichtigster Punkt der Beschwerde ist, dass es in Europa nicht erlaubt ist, Pflanzen aus herkömmlichen Zuchtverfahren zu patentieren. Die Entscheidung wird am Ende der Anhörung erwartet.
AUFZEICHNUNG DER PRESSEKONFERENZ: https://us02web.zoom.us/rec/share/COvaxrVC6_TJMuhNChcmj4hVrD0Ep9T3RPDrzMwaUOPzATa528qF9k0DdAlpVuB3.cnRPQF9kUPi9Lbsz?startTime=1742805586000
Johanna Eckhardt
Projektkoordination Keine Patente auf Saatgut!
Tel.: +43 680 2126343
E-Mail: johanna.eckhardt@no-patents-on-seeds.org
Axel Grunt
Pressesprecher ARCHE NOAH
Telefon: +43 680 2379245
E-Mail: axel.grunt@arche-noah.at
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender
Kommentare sind geschlossen, aber trackbacks und Pingbacks sind offen.