66. Wiener Gemeinderat (4)
Hauptdebatte: Finanzierung der Errichtung einer Multifunktionsarena in St. Marx
GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM (ÖVP) betonte in seiner Rede, dass es grundsätzlich positiv sei, dass die Event-Arena nun endlich realisiert werde. Seine Partei habe sich stets zu diesem Projekt bekannt, erklärte der ÖVP-Mandatar. Allerdings gebe es in Wien ein bekanntes Muster, sobald über Großprojekte gesprochen werde: Die ursprünglich angekündigten Kosten und Zeitpläne würden nicht halten, und es sei abzusehen, dass es bald kritische Schlagzeilen in den Medien geben werde – ähnlich wie es bereits bei Projekten wie dem Krankenhaus Nord (Klinik Floridsdorf) oder dem Pratervorplatz der Fall gewesen sei. Ein weiteres Projekt, das von der Wien Holding mit realisiert werde bzw. abgewickelt werde, sei der geplante Fernbusterminal, sagte der Gemeinderat. Hier sei Wölbitsch besonders gespannt, wie „transparent“ die Stadt mit den tatsächlichen Kosten umgehen werde. Die Art und Weise, wie dieses Projekt aufgesetzt worden sei, bezeichnete er als „stümperhaft“. So seien bereits erhebliche Vorleistungen zu erbringen gewesen, und es habe sogar ein Mediationsverfahren gegeben. Er vermute, dass die tatsächlichen Leistungen an den Investor in einem „dreistelligen Millionenbereich“ liegen könnten, was seiner Meinung nach bislang verschwiegen werde. Daher sehe er die Notwendigkeit, bei den Kosten des Fernbusterminals wachsam zu bleiben und diese genau einzufordern. Auch bei der Event-Arena lasse sich dieses Muster erkennen, führte Wölbitsch weiter aus. Er kritisierte die aufgetretenen Probleme bei der Ausschreibung bzw. der Partnersuche bei der zu beschließenden Event-Arena. Diese seien ein Zeichen von „schlechtem Management“, wie es sich bei vielen Großprojekten der Stadt zeige, meinte Wölbitsch. Er forderte, sich auch Gedanken zur Nachnutzung der bestehenden Stadthalle zu machen. Als gelungenes Beispiel für ein Großprojekt der Stadt Wien nannte der ÖVP-Mandatar das Wien Museum. Was er jedoch vermisse, sei eine zentrale Koordinierungsstelle, die Erfahrungen und Fehler aus Großprojekten systematisch erfasse, um diese künftig zu vermeiden. Daher forderte er die Einrichtung einer solchen zentralen Einrichtung. Mehr Unternehmergeist und Professionalität seien seiner Ansicht nach entscheidend, um solche Projekte künftig effizienter und erfolgreicher umzusetzen, schloss Wölbitsch.
GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ) kündigte an, „mehr Licht“ in die Angelegenheit bringen zu wollen. Er erläuterte, dass das Projekt im Jahr 2018 gestartet wurde und anschließend eine umfangreiche Standortsuche stattgefunden habe. Insgesamt seien zehn mögliche Standorte geprüft worden, wobei Neu Marx die höchste Punktezahl erhalten habe, so Reindl. Es folgte ein EU-weiter Realisierungswettbewerb mit Architektengruppen, aus denen eine elfköpfige Jury das Siegerprojekt ausgewählt habe, führte der SPÖ-Gemeinderat weiter aus. Im Jahr 2021 habe laut Reindl dann die vertiefende Planung begonnen, die bereits 2022 auf erste Stolpersteine gestoßen sei. Nach einem Einspruch bei der Vergabe habe man sich schließlich auf den zweitgereihten Bewerber geeinigt. „Mit CTS Eventim hat sich die Stadt Wien einen globalen Partner gesichert, der europaweit tätig sei und jährlich rund 250 Millionen Tickets vermittelt“, argumentierte Reindl. Das Unternehmen erwirtschafte im Entertainmentsegment einen Umsatz von etwa zwei Milliarden Euro und betreibe bereits renommierte Veranstaltungsorte wie die Waldbühne in Berlin, die Arena in Köln, eine Halle in London sowie Spielstätten in Kopenhagen. Zudem sei derzeit eine Arena in Mailand im Bau. Für Reindl verfüge die Partnerfirma über „ausgezeichnete Referenzen“. Die Kosten der neuen Halle bezifferte der Gemeinderat mit etwa 620 Millionen Euro, wobei die Stadt Wien einen Anteil von knapp 150 Millionen Euro übernehme. Zusätzlich habe die Stadt Wien noch Kosten für die Aufschließung sowie die Risikoabdeckung bei Grabungen zu tragen, die Reindl mit 60 bis 70 Millionen Euro veranschlagte. Im Gegenzug würde die Stadt etwa neben dem Baurechtszins auch eine Beteiligung an jeder verkauften Eintrittskarte sowie eine Umsatzbeteiligung erhalten, so Reindl, der die neue Halle als eine „große Bedeutung“ für Wien sieht. Sowohl der Wirtschafts- als auch der Tourismusstandort würden profitieren, blickte er voraus. Zudem sei ihm wichtig, dass die neue Arena in das Gesamtkonzept für alle Veranstaltungsstätten in Wien eingebettet werde. Aktuell sei die Stadthalle für Wien unverzichtbar, „wie einen Bissen Brot“. Für die Jahre nach 2030 werde man sich jedoch intensiver mit der Nachnutzung der bestehenden Stadthalle beschäftigen, der aber aufgrund des Denkmalschutzes einer Komplettumgestaltung eine Absage erteilte. Abschließend betonte Reindl, dass die Erarbeitung eines umfassenden Gesamtkonzepts für den Kulturbereich eine zentrale Aufgabe der kommenden Jahre sei.
GRin Mag. Angelika Pipal-Leixner, MBA (NEOS) zeigte sich erfreut über das breite Angebot an Konzert- und Veranstaltungsstätten in Wien, in denen „sowohl lokale als auch internationale“ Musik-Acts auftreten würden. Dies sei nicht nur für die Kulturszene, sondern auch für die Wirtschaft und den Tourismus der Stadt von großem Vorteil. Sie wies außerdem darauf hin, dass es in Wien bereits zahlreiche Konzertvenues gebe, insbesondere entlang der U3-Trasse. Die neue Eventhalle solle dieses Angebot in Zukunft weiter verbessern und eine zusätzliche Möglichkeit schaffen, Wien bis 2030 als „Must-Play City“ zu etablieren, so Pipal-Leixner weiter. Besonders positiv hob die NEOS-Gemeinderätin hervor, dass die neue Halle in Green-Building-Qualität errichtet werde. Sie werde den „Klimaaktiv Gold“-Standard erfüllen und vollständig ohne fossile Brennstoffe betrieben. Dies sei ein wichtiger Schritt in Richtung Nachhaltigkeit, so Pipal-Leixner. Trotzdem benötige es ein nachhaltiges Mobilitätskonzept für den Bereich. Die Halle müsse, sagte sie, an das öffentliche Verkehrsnetz optimal angebunden werden. Ebenso sei es wichtig, dass auch für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen eine gut ausgebaute Infrastruktur geschaffen werde. Dies müsse bei der Planung mitgedacht werden.
GRin Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE) nahm in ihrer Rede eine kritische Haltung gegenüber der neuen Eventhalle in Neu Marx ein. Sie wies darauf hin, dass eine vergleichbare Halle in Mailand lediglich 180 Millionen Euro koste, wobei sämtliche Kosten von Partner Eventim getragen würden. Für Berner sei Wien eine Stadt der Kunst, Kultur und Musik. Die neue Halle diene ihrer Ansicht nach jedoch in erster Linie einem internationalen Konzern, während lokale Künstler*innen und Veranstalter*innen zunehmend ins Hintertreffen geraten würden. Ursprünglich sei man davon ausgegangen, dass das Projekt für die Stadt keine finanziellen Belastungen mit sich bringe – diese Annahme habe sich jedoch als falsch erwiesen, kritisierte Berner. Bei CTS Eventim handle es sich um einen globalen Marktführer, dessen Geschäftsmodell nicht nur den Ticketverkauf umfasse, sondern auch die systematische Kontrolle über Veranstaltungsorte sowie die direkte Organisation von Events, kritisierte Berner. Warum die Stadt Wien ausgerechnet diesen Marktführer finanziell unterstütze, bezeichnete Berner als unverständlich. Bisher sei für sie nicht ersichtlich, welche finanziellen Vorteile tatsächlich für die Stadt entstehen würden. Die Summen, die für dieses Projekt aufgewendet würden, entsprächen laut Berner beinahe der gesamten Kulturförderung der Stadt. Für die Mandatarin sei es absurd, öffentliche Gelder in ein Projekt zu investieren, das letztlich die kulturelle Vielfalt der Stadt gefährde und die zunehmende Kommerzialisierung der Musikszene fördere. Zudem würden bei diesem Großprojekt auch Umweltbelastungen und Verkehrsprobleme bislang nicht ausreichend berücksichtigt, so Berner. Sie schlug außerdem eine Verteilung des Geldes auf die Bezirke vor, um die lokale Kulturszene zu fördern. Abschließend warnte Berner davor, dass Wien durch solche Entwicklungen seine „kulturelle Identität und Seele verlieren“ könnte. Kunst dürfe nicht dem Profit geopfert werden. Langfristig werde die neue Eventhalle der Stadt mehr schaden als nützen, schloss Berner.
GR Markus Grießler (ÖVP) sagte, er könne nicht nachvollziehen, warum international erfolgreiche Unternehmen kritisch gesehen würden. Im Gegenteil, hinter solchen Unternehmen stehe „viel mehr Geld“, was auch der Stadt zugutekomme, so Grießler. Wien lebe von seiner kulturellen Vielfalt, doch für eine funktionierende Kulturlandschaft brauche es auch Top-Konzerte, sagte der ÖVP-Abgeordnete. Grießler räumte ein, dass der bisherige Weg zur Umsetzung der Halle nicht reibungslos verlaufen sei. Dennoch sei es aus seiner Sicht wenig sinnvoll, weiter darüber zu diskutieren – stattdessen müsse das Projekt „schnellstmöglich“ umgesetzt werden. Die internationale Tournee-Planung warte nicht auf Wien, daher sei ein rasches Vorgehen entscheidend. Mit dem professionellen Partner CTS Eventim sei man auf einem guten und professionellen Weg, so Grießler weiter. Neben der neuen Event-Halle stand Grießler für einen generellen Ausbau der Veranstaltungsort ein. Auch das Veranstaltungsgesetz gehöre für ihn „nachgeschärft“. Als Beispiel nannte der Gemeinderat die Situation in Schönbrunn, wo zwei Beschwerden dazu geführt hätten, dass eine Konzertreihe infrage gestellt worden sei. Seiner Ansicht nach dürften Anrainer*innen nicht das alleinige Bestimmungsrecht über Veranstaltungsorte haben. Dies sei ein wichtiger Punkt, für den es eine Lösung brauche. Eine zentrale Forderung der ÖVP sei daher die Überarbeitung des Veranstaltungsgesetzes. Dass im Wiener Stadion derzeit nur zehn Konzerte pro Jahr erlaubt seien, sei aus seiner Sicht zu wenig, sagte Grießler. Großprojekte, die mehrere Konzerte an einem Standort durchführen wollten, würden Wien aufgrund dieser Einschränkung meiden.
GRin Yvonne Rychly (SPÖ) gab zu, dass es Verzögerungen bei der Umsetzung des Projekts gegeben habe. Diese seien jedoch unter anderem der Pandemie geschuldet gewesen, erklärte sie. Wien sei eine Stadt mit einer reichen Geschichte, jedoch könne die bestehende Stadthalle langfristig nicht mehr den Anforderungen des modernen Top-Entertainments und großer Veranstaltungen gerecht werden. Die technologische Entwicklung, steigende Erwartungen sowie wirtschaftliche Rahmenbedingungen würden nach neuen Ideen verlangen, so Rychly. Aus ihrer Sicht brauche Wien deshalb die neue Arena, um international konkurrenzfähig zu bleiben. Rychly sieht das Projekt als starkes Signal für den Wirtschafts- und Tourismusstandort Wien. Die Wien Holding begleite das Vorhaben, das als Wachstumsmotor für die Stadt diene. Die neue Halle fördere zudem Wiens Position als Kultur- und Sportmetropole und sei ein klares Zeichen dafür, dass die Stadt in die Zukunft blicke, sagte die SPÖ-Agebordnete. Abschließend betonte Rychly, dass die hohe Lebensqualität in Wien kein Zufall sei, sondern auf bewusste und zukunftsorientierte Entscheidungen zurückzuführen sei. Auch die Errichtung einer neuen Event-Halle zähle für sie dazu.
Die Finanzierung der Errichtung der Event-Halle Neu Marx wurde mehrstimmig angenommen. Die Anträge der der Opposition fanden nicht die notwendige Mehrheit. (Forts.) kri
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