FPÖ befürchtet, Österreich gebe mit EU-Defizitverfahren Finanzhoheit ab

Dringliche Anfrage zur geplanten Budgetsanierung an den Finanzminister

Die FPÖ sieht die aktuelle Budgetlage als besorgniserregend. Im Lauf der Jahre sei in den Staatsfinanzen ein regelrechtes „Schwarzes Loch“ entstanden, das die österreichische Wirtschaft immer stärker in seinen Sog ziehe. Die Freiheitlichen sehen die Schuld für die Lage bei der vorherigen und der aktuellen Bundesregierung. Insbesondere die ÖVP, die den Finanzminister gestellt habe, habe über lange Zeit hinweg die tatsächliche Lage verschleiert. Unterdessen sei aber klar geworden, dass der Fehlbetrag im Budget zu einem EU-Defizitverfahren führen werde. Damit drohe eine Aufgabe der Finanzhoheit Österreichs und eine weitere Einschränkung der österreichischen Souveränität, befürchtet FPÖ-Abgeordneter Michael Schnedlitz. Aus Sicht der FPÖ wären letztlich Neuwahlen der einzige Weg nach vorne.

In der heutigen Nationalratssitzung richtete Schnedlitz an Finanzminister Markus Marterbauer in einer Dringlichen Anfrage zahlreiche Fragen zur geplanten Budgetkonsolidierung. Er wollte unter anderem wissen, wie die aktuellen Schätzungen des Konsolidierungsbedarfs lauten und wie die Bundesregierung die Einsparungen erreichen wolle. Er fragte auch nach den Sparplänen der Ressorts und des Finanzministeriums selbst.

Finanzminister Marterbauer betonte, dass die Herausforderungen angesichts des ökonomischen Umfelds schwierig seien, aber zu bewältigen seien. Die Bundesregierung habe sich bereits auf einen Pfad geeinigt und arbeite bereits intensiv an einem Doppelbudget, das er in seiner Budgetrede am 13. Mai vorstellen werde. Die Budgetsanierung sei unumgänglich, um die Zinsbelastung Österreichs nicht übermäßig anwachsen zu lassen. Gleichzeitig werde die Bundesregierung darauf achten, die konjunkturdämpfenden Effekte der Maßnahmen möglichst gering zu halten. Ein EU-Defizitverfahren bedeute keine Einschränkung der Souveränität, betonte Marterbauer. Alle Entscheidungen über notwendige Maßnahmen würden in Wien getroffen werden, nicht in Brüssel. Die Ministerien, sein eigenes eingeschlossen, hätten sich bereits darauf geeinigt, dass sie im eigenen Bereich zur Budgetkonsolidierung beitragen wollen.

SCHNEDLITZ: BUNDESREGIERUNG WILL SICH VON EU „BESACHWALTEN“ LASSEN

Innerhalb kurzer Zeit habe die neue Bundesregierung die österreichische Wirtschaft an den Rand des Abgrunds geführt. Damit drohe ein massiver Wohlstandsverlust, kritisierte FPÖ-Abgeordneten Michael Schnedlitz in der Begründung seiner Dringlichen Anfrage an den Finanzminister. Staatliche Leistungen wie Gesundheitsvorsorge und Pensionsleistungen würden bereits jetzt immer mehr zurückgefahren. Die neue Bundesregierung habe nach wenigen Wochen im Amt bereits eingestehen müssen, dass sie ihre Aufgabe nicht bewältigen werde. Sie sei daher bereit, sich von Brüssel in Form eines Defizitverfahrens „besachwalten“ zu lassen. Den hohen Preis für dieses Versagen werde die Bevölkerung zahlen müssen, und zwar in erster Linie jene Menschen, die ihren Beitrag leisten. Das Budgetdefizit zu verantworten habe die „Einheitspartei“ aus ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS, meinte Schnedlitz. In den österreichischen Staatsfinanzen sei ein „Schwarzes Loch“ entstanden, das immer stärkere Auswirkungen auf den Lebensstandard in Österreich zeige.

Die Ursachen der „Budgetkatastrophe“ sind aus Sicht des Abgeordneten klar. Das Problem habe mit der „geradezu hysterischen Corona-Politik“ begonnen und mit dem „Einsperren der Bürger, dem Zusperren der Betriebe und dem Aussperren der Arbeitnehmer“, sagte Schnedlitz. Die Bundesregierung habe einen „Wirtschaftskrieg“ gegen die Bevölkerung geführt. Die Teilnahme an der Sanktionspolitik gegenüber Russland und eine verfehlte Klimapolitik hätten zu steigenden Energiepreisen und Inflation geführt. Mit einem beispiellosen „Akt der staatlich organisierten Desinformation“ habe die Bundesregierung jedoch versucht, die tatsächliche Lage zu verschleiern. Schrittweise seien immer besorgniserregendere Zahlen bekannt geworden, führte Schnedlitz aus. Der letzte Akt des Dramas sei nun das drohende Verfahren wegen eines übermäßigen Defizits (ÜD-Verfahren) und damit die Aufgabe eines weiteren Stücks österreichischer Souveränität.

Die „größte und teuerste Regierung aller Zeiten“ habe von Anfang an wissen müssen, dass sie die Probleme nicht lösen könne. Ihre Antwort darauf sei die „Arbeitsverweigerung“. Statt sich zu bemühen, die Milliarden für die Budgetsanierung in Bereichen zu finden, wo sie nicht die Bevölkerung treffe, flüchte sich die Bundesregierung in eine EU-Defizitverfahren. Sie müsse die Konsequenzen ziehen und den Weg für Neuwahlen freimachen.

MARTERBAUER: EINE BUDGETSANIERUNG BRAUCHE EINE „RUHIGE HAND“

Die Sanierung des Budgets sei eine Gesamtaufgabe für den Bund, Länder und Gemeinden, sagte Finanzminister Marterbauer in seiner Beantwortung der Dringlichen Anfrage der FPÖ. Die Ausgangslage sei zwar schlecht, er sei aber zuversichtlich, dass es der Bundesregierung gelingen werde, die Maßnahmen des Sanierungskurses „auf den Boden zu bringen“. Für heuer sei ein Sparpaket von 6,4 Mrd. Ꞓ vereinbart worden, für 2026 von 8,7 Mrd. Ꞓ. Unterdessen seien bereits erste Maßnahmen gesetzt worden, die noch heuer Wirkung zeigen sollen. Diese seien so konzipiert, dass sie das Wirtschaftswachstum möglichst wenig bremsen. Gleichzeitig habe die Bundesregierung Stimulierungsmaßnahmen bei Arbeit, Wirtschaft und Bildung auf den Weg gebracht, die alle gegenfinanziert seien. Die Verhandlungen über das Doppelbudget und das Budgetbegleitgesetz 2025/2026 seien im Laufen. Die Stimmung in den ersten Gesprächen sei sehr lösungsorientiert gewesen, teilte der Finanzminister mit. Er werde die Ergebnisse der Gespräche in der Budgetrede am 13. Mai präsentieren. Mit einem glaubhaften Sanierungskurs wolle man Vertrauen schaffen und die Bereitschaft zu Investitionen erhöhen. Er sei zuversichtlich, dass der Sanierungskurs im Geist der Zusammenarbeit und der wirtschaftlichen Vernunft gelingen werde.

Das Defizit des Bundes sei für heuer auf 3,3 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) geschätzt worden. Das vorläufige Maastricht-Ergebnis für 2024 werde die Statistik Austria am kommenden Montag veröffentlichen. Was das Wirtschaftswachstum für heuer betreffe, liege die letzte Prognose des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) mit Stand März bei -0,3 %. Auf Basis der aktuellen Daten werde man den Sanierungsbedarf errechnen. Sein Ressort arbeite laufend daran, die Spielräume auszuloten.

Die Bundesregierung setze die Budgetsanierung primär aus ökonomischen Gründen um, unterstrich Marterbauer. Ohne sie würde Österreich immer mehr Geld für die Bedienung der Staatsschuld ausgeben müssen. Die Regierung gebe Geld lieber für Kinderbildung aus, für Klimaschutz, Standort oder Forschung, statt für Zinszahlungen.

Für heuer seien einnahmenseitige Maßnahmen in Höhe von 890 Mio. Ꞓ beschlossen worden und für das kommende Jahr in Höhe von einer Milliarde Euro. Dazu kämen ausgabenseitige Maßnahmen, wie die Abschaffung des Klimabonus und die Reform der Bildungskarenz. Die Ministerien würden heuer 1,1 Mrd. Ꞓ einsparen, dazu hätten sich alle Minister:innen bekannt. Im Budgetbegleitgesetz werde die Bundesregierung noch weitere Konsolidierungsmaßnahmen auf den Weg bringen.

Was die geplanten Maßnahmen betreffe, so halte er als Ökonom vermögensbezogene Steuern für sinnvoll. Diese seien aber nicht im Regierungsprogramm vereinbart worden und würden daher nicht kommen. Die Bundesregierung arbeite seit Wochen auf Hochtouren an der Budgetsanierung und werde alle für heuer geplanten Maßnahmen umsetzen. Gleichzeitig wolle man in Wirtschaft, Arbeit und Bildung investieren. „Eine Budgetsanierung, die man nicht merkt, gibt es nicht“, sagte der Finanzminister. Die Bundesregierung werde alles tun, um die wirtschaftsdämpfenden Effekte gering zu halten. Er sehe auch „Lichtblicke am Horizont der Konjunktur“, etwa bei der Entwicklung der Bauwirtschaft, der Konsumquote sowie aufgrund des Infrastruktur- und Konjunkturpakets, das Deutschland auf den Weg gebracht habe.

Was ein mögliches EU-Verfahren aufgrund einer Überschreitung des Maastricht-Defizits betreffe, sei er im Austausch mit der Europäischen Kommission und mit dem Bundeskanzler, um Spielräume auszuloten. Zweifellos sei das Umfeld schwierig und die Einleitung eines „ÜD-Verfahrens“ denkbar. Laut Marterbauer würde dieses sogar die Möglichkeit eines noch stärker konjunkturschonenden Pfades eröffnen. Die Nachteile des Verfahrens halte er für relativ gering. Die Finanzmärkte und Ratingagenturen würden nicht darauf reagieren, ob es ein solches Verfahren gebe, sondern ob die Bundesregierung einen glaubwürdigen Budgetpfad präsentieren könne. Marterbauer erwartet auch keine negativen Auswirkungen auf den Zinssatz der Staatsanleihen.

Die Sorge der FPÖ in Hinblick auf mögliche Einschränkung der Souveränität Österreichs bezeichnete Marterbauer als unbegründet. „Das Heft des Handelns bleibt im Finanzministerium, und das ist eine gute Nachricht.“ Österreich habe bereits zweimal Verfahren wegen eines übermäßigen Defizits gut absolviert und zu einem Budgetpfad laut Maastricht-Kriterien zurückgefunden, betonte der Finanzminister. Bei beiden Verfahren habe Österreich alle Maßnahmen innerhalb der Regierung beschlossen und sich, wie im Verfahren vorgesehen, mit der Europäischen Kommission darüber ausgetauscht. Diese habe keine Maßnahmen abgelehnt. Die Auswahl geeigneter Maßnahmen obliege immer dem EU-Mitgliedsstaat selbst. Brüssel gebe keine Maßnahmen vor. Das ÜD-Verfahren würde keine Kosten verursachen.

Was die Budgetsanierung betreffe, so sei innerhalb der Koalition ein Fahrplan festgelegt worden, an den man sich halten werde. Was die Beiträge der Ressorts betreffe, hätten die erste Gesprächsrunde bereits stattgefunden. Die Ressorts hätten sich bereit erklärt, ihren Teil beizutragen. Auch das Finanzministerium überprüfe seine Ausgaben. Klar sei, dass man ein Budget nicht saniere, indem man die Stimmung schlechtrede, den Menschen Angst mache und damit noch mehr Zurückhaltung bei den Investitionen verursache, sagte der Finanzminister. Ein Budget saniere man mit Fakten, Daten, wissenschaftlichen Analysen und einer Politik der ruhigen Hand, die am Ziel orientiert sei. (Fortsetzung Nationalrat) sox

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