Parlamentarische Enquete: Expertinnen fordern Verbesserungen für Pflegesystem der Zukunft

Fraktionen legen ihre Sicht zum Handlungsbedarf bei Pflege und Pensionen dar

Wien (PK)- Die Herausforderungen in der Pflege und Betreuung standen im Mittelpunkt des abschließenden Panels der heutigen Parlamentarischen Enquete „Miteinander wachsen – Brücken der Generationen bauen“. Drei Vertreterinnen der Zivilgesellschaft zeigten den Handlungsbedarf aus ihrer Sicht und ihrer Erfahrung auf. So forderte die Geschäftsführerin des Hilfswerks Österreich, Elisabeth Anselm, Verbesserungen im System sowie eine bessere Unterstützung pflegender Angehöriger. Die grundsätzliche Forderung des Pensionistenverbands nach einer menschenwürdigen und leistbaren Pflege für alle Menschen, die sie benötigen, legte dessen oberösterreichische Landespräsidentin Birgit Gerstorfer dar. Den Verbesserungsbedarf für die Pflege und Betreuung zu Hause veranschaulichte die Präsidentin des Vereins „Friedrich-Karl-Weniger Gesellschaft“, Sabine Rödler, mit Beispielen aus ihrer Praxis.

Abschließend reflektierten Bundesrät:innen die Impulse der drei Expertinnen. So verwies die ÖVP auf die gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung von Senior:innen. Die SPÖ betonte die Sicherheit der Pensionen. Mehr Unterstützung für Familien und weniger Bürokratie forderte wiederum die FPÖ.

ANSELM: PFLEGE IN DIE ZUKUNFT BEAMEN UND PFLEGENDE ANGEHÖRIGE BESSER UNTERSTÜTZEN

Es gelte, die Pflege in die Zukunft zu „beamen“, forderte die Geschäftsführerin des Hilfswerks Österreich, Elisabeth Anselm. Dazu brauche es Digitalisierung, Entlastung, Sicherheit und Kontinuität. Betroffene und Angehörige dürften in ihrer Situation nicht alleine gelassen werden und müssten dazu besser begleitet werden. Es brauche Unterstützung, die „wirklich hilft“. Dazu könne die Digitalisierung einen Beitrag leisten. Hier liege Österreich im internationalen Vergleich etwas zurück und es bräuchte einen finanziellen Anschub, um voran zu kommen. Die Versorgungslandschaft müsse intelligent und bedarfsgerecht weiter entwickelt werden.

Es gelte, für Fairness bei der Pflege zu Hause, der 24-Stunden-Betreuung, den mobilen Diensten und anderen wohnortnahen Angeboten zu kämpfen. Der würdige Lebensabend zu Hause sei im Sinn der Menschen und angesichts der Kosten auch der Volkswirtschaft, betonte Anselm. Zudem ging sie auch auf den veränderten, im Vergleich zu früher höheren und längeren Pflegebedarf und die damit verbundenen Auswirkungen auf Angehörige ein. Man müsse gut auf die pflegenden Angehörigen schauen, um den hohen Anteil der Pflege zu Hause halten zu können, forderte Anselm.

GERSTORFER: PFLEGEPOLITIK FÜR DIE ZUKUNFT

Pflege sei oft mit einer Überforderung der Menschen verbunden, erklärte die Landespräsidentin des Pensionistenverbands Oberösterreich, Birgit Gerstorfer. Die grundsätzliche Forderung des Pensionistenverbands sei daher eine menschenwürdige und leistbare Pflege für alle Menschen, die sie benötigen. In der Vergangenheit konnten Verbesserungen in diesem Bereich erreicht werden, es sei aber noch viel zu tun. So fehle nach wie vor eine „große“ Pflegereform, die dem Pflegekräftemangel und dem „bunten“ sowie verzweigten Leistungsspektrum begegne. Pflegende Angehörige würden in dem öffentlichen Diskurs kaum Beachtung finden, obwohl sie den „größten Pflegedienst“ des Landes darstellen würden.

Das System sei massiv unter Druck und die Situation werde sich Ende der 2030er-Jahre weiter verschärfen, erklärte Gerstorfer. Die Politik müsse dafür bereits jetzt Vorbereitungen treffen und mit ihrer Pflegepolitik weit in die Zukunft schauen. Handlungsbedarf sah die Rednerin auch bei den Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte. Zudem müsste den Rahmenbedingungen begegnet werden, die aktuell dazu führen würden, dass Menschen je nach Wohnort unterschiedliche Leistungen erhalten oder von Leistungen ausgeschlossen werden. Weiters müsste die Situation von pflegenden und betreuenden Angehörigen „stark“ verbessert werden, da sonst die nachgelagerten Systeme noch stärker belastet würden.

RÖDLER: WEICHEN FÜR LEISTBARE BETREUUNG ZU HAUSE STELLEN

Es sei beim System der pflegenden Betreuung zu Hause zu lange weg geschaut worden, kritisierte die Präsidentin des Vereins „Friedrich-Karl-Weniger Gesellschaft“, Sabine Rödler, als Angehörigenvertreterin. Die Angehörigen würden ihren Beitrag leisten, das System unterstütze sie aber oft zu wenig dabei, ihre Situation zu bewältigen und finanziell zu stemmen. Für die Betroffenen sei in Folge oft der einzige Ausweg, einen der raren Plätze in durchsubventionierten und durchorgansierten Pflegehemein anzustreben. Dies sei aber weder im Interesse der Betroffen noch – angesichts der wesentlich höheren Kosten – im Sinne des Finanzministers. Rödler berichtete über Beispiele Betroffener. So sei das Pflegegeld eine wichtige Unterstützung für die Familien. Der Bezug sei aber mitunter schwer und langwierig zu erreichen, erläuterte sie einen 3,5 Jahre langen „Kampf“ einer Betroffenen. Ebensolche Beispiele führte die Rednerin hinsichtlich der Genehmigung von Pflegeartikeln oder einer persönlichen Assistenz an. Die Politik müsse daher die Weichen für die Zukunft so stellen, dass ein System mit einer leistbaren Betreuung zu Hause ermöglicht wird.

POSITIONEN DER FRAKTIONEN ZUR PFLEGE UND BETREUUNG

Anschließend reflektierten Mandatar:innen des Bundesrats die Impulse der drei Expertinnen. So betonte der steirische ÖVP-Bundesrat Ernest Schwindsackl, dass Senior:innen ein großer gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Faktor seien. Sie würden sich mit Kinderbetreuung, ehrenamtlichem Engagement und Nachbarschaftshilfe in den Dienst der Gesellschaft stellen. Zudem verwies der ÖVP-Bundesrat auf die Initiativen für Senior:innen im Regierungsprogramm wie das Älterenbeschäftigungspaket oder Maßnahmen gegen Altersdiskriminierung. Inklusion bedeute, niemanden zurück zu lassen und dabei sei man auf einem guten Weg.

Stefan Schennach (SPÖ/W) freute sich, dass seitens der Referent:innen weder das Umlageverfahren in Frage gestellt, noch die Forderung nach einer Erhöhung des Pensionsantrittsalters thematisiert wurde. Die Pensionen seien sicher und man solle aufhören, die Menschen dahingehend zu verunsichern. Hinsichtlich des Pensionsantrittsalters solle die körperliche und geistige Belastung verschiedener Berufe nicht negiert werden, forderte er. Tatsächlich sei das tatsächliche Pensionsantrittsalter gestiegen und man müsse alles daran setzen, damit die Menschen das gesetzliche Antrittsalter erreichen können. Ebenso sollten Menschen angesichts prekärer Arbeitssituationen unterstützt werden, dass sie eine „menschenwürdige und ausreichende“ Pension erhalten.

Es sei nicht verwunderlich, dass in einer Zeit, wo Familien nicht mehr in demselben Ausmaß wie früher Solidargemeinschaften seien, die Herausforderungen in Pflege und Pensionen besonders hoch sind, kritisierte Marlies Doppler (FPÖ/S). Es sollte nicht vergessen werden, wie wichtig Beziehungen zwischen den Generationen hinweg seien. Es müsse die Familie daher wieder als Keimzelle für das Gemeinwesen betrachtet werden, forderte Doppler. Dazu brauche es mehr Unterstützung für Familien in der Pflege und deren Betreuung sowie weniger Bürokratie. (Schluss Enquete) pst

HINWEIS: Fotos von der Enquete des Bundesrats sowie eine Nachschau auf vergangene Veranstaltungen finden Sie im Webportal des Parlaments. Die Enquete des Bundesrats wurde live in der Mediathek des Parlaments übertragen und ist dort als Video-on-Demand abrufbar.

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