Rechnungshofpräsidentin Kraker fordert, Spardruck für Strukturreformen zu nutzen

Debatte im Rechnungshofausschuss des Nationalrats über Tätigkeitsbericht des Rechnungshofs 2024

Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker drängt weiter auf eine Konsolidierung der Staatsfinanzen. Angesichts eines Defizits von 4,7 % des BIP im letzten Jahr und eines Schuldenstandes von 81,8 % sei Handlungsbedarf gegeben, sagte sie heute bei der Debatte über den Tätigkeitsbericht des Rechnungshofs 2024 im Rechnungshofausschuss des Nationalrats. Ansetzen könnte man ihr zufolge vor allem bei drei Themenbereichen: den altersbezogenen Staatsausgaben – Pflege, Pensionen, Gesundheit -, einem zielgerichteten Förderwesen und einer Verbesserung der Strukturen im Staat. So gebe es etwa im Bildungs- und im Gesundheitsbereich „zersplitterte Kompetenzen“. Man müsse den Spardruck für Strukturreformen nutzen, mahnte sie. Wenig sinnvoll wären Kraker zufolge hingegen „lineare Kürzungen“, da ein Nachholbedarf in den darauffolgenden Jahren drohe.

Kraker wies auch darauf hin, dass Mehrfachförderungen durch verschiedene Stellen die Prüfung der Wirkung einzelner Förderungen erschweren. Es brauche Strategien über Gebietskörperschaften hinweg und ein abgestuftes Modell, bei dem klar sei, wer den „Lead“ bei einer Förderung übernehme.

Klartext hatte Kraker auch schon im Vorwort des Tätigkeitsberichts (III-100 d.B.) gesprochen: Partikularinteressen hätten bei staatlichen Förderungen nichts verloren, hält sie dort etwa fest. Es gehe darum, öffentliche Mittel bedarfsgerecht und wirksam einzusetzen. Zudem drängt sie darauf, Abläufe im Staat zu verbessern und innerstaatliche Zahlungsströme zu entflechten, wobei sie neben „dem zersplitterten Gesundheitsmanagement“ und der Aufgabenverteilung im Bereich der Bildung unter anderem auch die Raumordnung und den Pflegebereich im Visier hat. Bei der Pflege plädiert sie für „eine Gesamtsteuerung“, wie sie auch im Ausschuss bekräftigte. Weitere Vorschläge Krakers betreffen ganztägige Schulen als „wichtiger Meilenstein für verbesserte Integration“ und verstärkte Anreize für „Normalarbeitsverhältnisse“ zum Erhalt der Balance des Sozialsystems in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.

PRÜFUNG VON GEMEINDEN

Was die Prüfung von Gemeinden betrifft, ein Thema, das Grün-Abgeordnete Nina Tomaselli im Ausschuss ansprach, sagte Kraker, dass der Rechnungshof nicht die Ressourcen habe, um alle großen Gemeinden in einem regelmäßigen Rhythmus – zum Beispiel alle fünf oder zehn Jahre – zu prüfen. Vielmehr würden verschiedene Kriterien wie eine Risikobewertung herangezogen. Auch gebe es zum Beispiel Querschnittsprüfungen, wo zwei Gemeinden miteinander verglichen würden. Auch Stichprobenprüfungen würden durchgeführt. Gegenüber NEOS-Abgeordnetem Markus Hofer betonte Kraker, dass es aus ihrer Sicht gut sei, dass auch der Rechnungshof Städte wie Linz oder Graz prüfe, selbst wenn diese über eigene Kontrollorgane wie Stadtrechnungshöfe verfügten.

Kritik übte Kraker – ebenfalls auf Nachfrage von Tomaselli – an der Abkehr von der Gehaltspyramide für Politiker:innen: Es wäre sinnvoll, das wieder klar zu regeln, um dem Gedanken der Transparenz Rechnung zu tragen, meinte sie. Tomaselli hatte zuvor darauf hingewiesen, dass durch uneinheitliche Nulllohnrunden und „Halbnulllohnrunden“ in den Ländern die Gehaltspyramide durcheinandergekommen sei.

PRÜFSCHWERPUNKT „VERTRAUEN IN DEN STAAT“

Zum neuen Prüfschwerpunkt des Rechnungshofs für die Periode 2025 bis 2027 „Vertrauen in den Staat. Wie zukunftstauglich ist die öffentliche Verwaltung in Österreich?“ merkte Kraker an, ihrer Meinung nach gebe es in Österreich „eine sehr gute Verwaltung“. Eine solche sei auch wichtig für den Wirtschaftsstandort und die Versorgungssicherheit. Die Zeiten würden sich aber ändern und die Verwaltung müsse sich weiterentwickeln. Durch die Digitalisierung würden Abläufe oft anders verlaufen als früher. Es sei wichtig, die Funktionsfähigkeit von Systemen zu sichern.

Für eine konkrete Gemeindeprüfung hat der Rechnungshof Kraker zufolge bereits einen Raster entwickelt, um den Prüfschwerpunkt in die Praxis umzusetzen. Die Prüfer:innen würden auch verstärkt darauf achten, ob man Effizienzsteigerungen und strukturelle Reformen konsequent vorantreibe.

Auch im Tätigkeitsbericht selbst wird auf den neuen Prüfschwerpunkt Bezug genommen, der den Schwerpunkt der vergangenen drei Jahre – die Nachhaltigkeit staatlichen Handelns – ablöst. Unter dem Titel „Next Generation Austria. Überlassen wir der nächsten Generation mehr als Schulden?“ hatte der Rechnungshof zuletzt unter anderem gezielt Bildungsthemen, die gesundheitliche Versorgung, das Pensionssystem, den Pflegebereich, Klimaschutzmaßnahmen und das Thema Migration unter die Lupe genommen.

Mit dem neuen Prüfschwerpunkt wolle man nun nicht mehr zeitgemäße Abläufe und Strukturen, Überbürokratisierung und nichtadäquaten Personaleinsatz aufzeigen und die öffentliche Verwaltung zu mehr Reformbereitschaft anspornen, heißt es unter anderem im Bericht. Dabei gehe es auch um sachliche Lösungen bei der Erfüllung gemeinsamer Aufgaben von Bund und Ländern. Alle Organe des Staates müssten sich täglich um eine Stärkung des Vertrauens in den Staat bemühen, so das Kontrollorgan des Nationalrats. Ebenso wird im Bericht auf die Bedeutung einer „sorgsamen Haushaltsführung“ und die notwendige Prüfung von Investitionen auf ihre Zukunftstauglichkeit in finanzieller, ökologischer und sozialer Hinsicht verwiesen. Es gelte, „wieder auf einen nachhaltigen Budgetpfad zurückzufinden“ und die Ausgabendynamik einzudämmen.

Zur Sprache gebracht hatte das neue Schwerpunktthema FPÖ-Abgeordneter Michael Fürtbauer, der von Kraker unter anderem wissen wollte, wie man messe, inwieweit die öffentliche Verwaltung noch vertrauenswürdig sei. Zudem verwies er darauf, dass viele Beamt:innen in den nächsten Jahren aufgrund ihres Alters aus dem Dienst ausscheiden würden. Auch der Rechnungshof habe in den letzten fünf Jahren einen großen Personalwechsel zu bewältigen gehabt, führte Kraker dazu aus. Sie hält es für wichtig, dass die öffentliche Hand qualifizierte Bedienstete bekomme und sie entsprechend ausbilde.

MEHR TRANSPARENZ BEI PARTEIENFINANZIERUNG

Eine grundsätzlich positive Bilanz wird im Tätigkeitsbericht hinsichtlich der neuen Rechenschaftspflichten von Parteien gezogen, die das Parlament 2022 beschlossen hat. Die Transparenz der Parteienfinanzierung habe sich deutlich erhöht und die erweiterten Aufgaben und Befugnisse des Rechnungshofs hätten „eine wahrnehmbare Präventivwirkung“ erzielt, wird festgehalten. Das hob auch Rechnungshofpräsidentin Kraker im Ausschuss hervor. Auffällig ist etwa, dass die Zahl der Großspenden vor Wahlen deutlich zurückgegangen ist.

Bei manchen Punkten sieht Kraker aber noch Verbesserungsmöglichkeiten. So dürfe der Rechnungshof Rechtsgeschäfte mit Beteiligungsunternehmungen nun nicht mehr veröffentlichen, gab sie zu bedenken. Zudem wünscht sich der Rechnungshof eine Beschwerdemöglichkeit gegen Bescheide des Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senats. Aufmerksam machte Kraker auch darauf, dass kleine Parteispenden bis zu 150 Ꞓ – sogenannte Einzelzuwendungen – nicht unter die Valorisierungsregel des Parteiengesetzes fallen.

Laut Bericht hatte der Rechnungshof im Jahr 2024 22 Berichte nach dem Parteiengesetz zu kontrollieren. Dazu zählen zehn Rechenschaftsberichte aus dem Jahr 2023, fünf Wahlwerbungsberichte zur Europawahl und sieben Wahlwerbungsberichte zur Nationalratswahl.

49 RECHNUNGSHOFBERICHTE IM JAHR 2024

Im Bereich seiner Kernaufgaben hat der Rechnungshof im vergangenen Jahr insgesamt 49 Berichte veröffentlicht. 40 davon – inklusive Bundesrechnungsabschluss und allgemeiner Einkommenserhebung – gingen an den Nationalrat. Gleichzeitig waren Ende Dezember 2024 87 Prüfungen noch im Laufen. Acht davon waren Sonderprüfungen auf Wunsch von außen, etwa von einzelnen Parteien und Landtagen.

Neu hinzu zu den Sonderprüfungen kam im vergangenen Jahr ein Prüfverlangen der NEOS zu Präventionsmechanismen gegen Spionage in verschiedenen Ministerien. Sonderprüfungen hätten sich zuletzt aber nicht gehäuft, hielt Kraker gegenüber SPÖ-Abgeordneter Karin Greiner fest. Die von der FPÖ Ende 2023 verlangte Sonderprüfung ausgewählter Leistungen von Ministerien an einzelne politische Parteien – etwa in den Bereichen Legistik oder Social Media – ist laut Kraker noch im Laufen: Man sei gerade bei der Textierung des Prüfungsergebnisses, informierte sie FPÖ-Abgeordneten Christian Lausch.

Den Zeitaufwand für die letzten beiden Untersuchungsausschüsse bezifferte Kraker auf Anfrage von ÖVP-Abgeordnetem Lukas Brandweiner mit 600 Arbeitstagen: Das entspreche ungefähr eineinhalb Prüfungen. Brandweiner drückte in seiner Wortmeldung auch Anerkennung für das internationale Engagement des Rechnungshofs aus.

NACH WIE VOR HOHER WIRKUNGSGRAD VON EMPFEHLUNGEN DES RECHNUNGSHOFS

Nach wie vor hoch ist der Wirkungsgrad der vom Rechnungshof ausgesprochenen Empfehlungen: Je nach Zählvariante liegt er zwischen 68,2 % (Follow-Up-Prüfungen) und 83,9 % (Nachfrageverfahren). Demnach hat die Nachfrage bei 83 geprüften Stellen ergeben, dass von den im Jahr 2023 ausgesprochenen 2.155 Empfehlungen 965 zur Gänze und weitere 348 teilweise umgesetzt waren. Bei 496 Empfehlungen gab es eine Zusage zur Umsetzung. 346 (16,1 %) waren hingegen nicht erfolgreich. Auffallend ist, dass der Bund und die Gemeinden deutlich mehr Empfehlungen umgesetzt haben bzw. umsetzen wollten als die Länder.

Etwas schlechter ist die Bilanz der Follow-Up-Prüfungen. Von 173 Empfehlungen waren demnach bei einer Nachschau 55 (31,8 %) weder umgesetzt noch in irgendeiner Form in Umsetzung begriffen. Das liegt dem Bericht zufolge nicht zuletzt an Versäumnissen im Bereich des Klimaschutzes und weiterem Handlungsbedarf bei der Austrian Real Estate GmbH (ARE), einer Tochter der Bundesimmobiliengesellschaft. Auch insgesamt sieht der Rechnungshof – trotz grundsätzlicher Erfolgsbilanz – einige wesentliche Empfehlungen noch offen.

Von SPÖ-Abgeordneter Greiner auf das Thema „qualitative Nachfrage“ angesprochen, erklärte Kraker, der Rechnungshof schaue bei Follow-up-Prüfungen verstärkt darauf, ob ein von den Prüfer:innen aufgezeigtes Problem gelöst worden sei und klebe nicht so sehr am Wortlaut der Empfehlungen.

Der Tätigkeitsbericht wurde schließlich einstimmig zur Kenntnis genommen. (Schluss Rechnungshofausschuss) gs

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