Nationalrat verurteilt einstimmig Aktivitäten der Wagner-Gruppe und Vorgehen Aserbaidschans in Bergkarabach

Ebenfalls einstimmig: Forderung nach verstärktem Engagement für Frauen in Afghanistan

Der Nationalrat stimmte heute mit breiter Mehrheit für mehrere außenpolitische Initiativen. So setzte er einstimmig eine Initiative und verurteilte die Aktivitäten der russischen Wagner-Gruppe. Österreich soll demnach im Verbund mit europäischen Partnern weitere Maßnahmen unterstützen, um die Aktivitäten der Söldnergruppe zu ächten, ihren politischen und finanziellen Handlungsspielraum zu begrenzen und ihre Präsenz weltweit abzustellen.

Alle Fraktionen stimmten zudem für eine weitere außenpolitische Forderung an die Bundesregierung, sich für eine Verbesserung der Menschenrechtssituation in Afghanistan – insbesondere von Frauen – einzusetzen.

Weiters verurteilten alle fünf Parlamentsfraktionen die militärischen Handlungen Aserbaidschans, die eine Massenflucht von über 100.000 ethnischen Armenier:innen aus Bergkarabach verursacht haben. In dem Antrag wird die Bundesregierung unter anderem ersucht, sich auf allen Ebenen für Deeskalation, den Schutz der Minderheitenrechte und für das Zulassen humanitärer Hilfe für die Zivilbevölkerung vor Ort einzusetzen.

EINSTIMMIG FÜR VORGEHEN GEGEN AKTIVITÄTEN DER WAGNER-GRUPPE

Alle Fraktionen stimmten heute einem Mehrparteienantrag von ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS zu. Darin treten die Parlamentsfraktionen dafür ein, mit europäischen Partnern Maßnahmen vonseiten Österreichs zu unterstützen, um die Aktivitäten der russischen Wagner-Gruppe zu ächten und gegen ihre Aktivitäten vorzugehen. Die Söldnergruppe nehme aktiv an den Kämpfen in der Ukraine teil und habe dort grobe Menschenrechtsverletzungen gegen Zivilist:innen verübt, die als Kriegsverbrechen einzustufen seien. Zusätzlich sei die paramilitärische Organisation nach UN-Berichten auch am Massaker von Moura in Mali beteiligt gewesen. Obwohl private Militärunternehmen nach russischem Recht verboten seien, werde die Wagner-Gruppe als militärisches Instrument Russlands etwa in Syrien, Libyen, der Zentralafrikanischen Republik, Venezuela oder im Sudan zum Teil auch mit der Absicht eingesetzt, eine Involvierung und Verantwortung Russlands zu verschleiern. Demnach wird die Regierung von den Parlamentsfraktionen außerdem aufgefordert, internationale Initiativen zu unterstützen, die auf eine Berücksichtigung einschlägiger völkerrechtlicher Verpflichtungen und bewährter Praktiken für Staaten im Zusammenhang mit Operationen von privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen während bewaffneter Konflikte hinwirken. Auch die UNO und der Internationale Strafgerichtshof sollen unterstützt werden, um schwere Verbrechen durch private Militär- und Sicherheitsfirmen weltweit strafrechtlich zu verfolgen.

Es müsse alles getan werden, um die Anführer:innen, Mitglieder und Unterstützer:innen der Wagner Gruppe zu verfolgen, damit sie nicht ihrer gerechten Strafe entgehen, forderte Reinhold Lopatka (ÖVP). Mit dem Antrag setze das Parlament ein klares Zeichen für Null Toleranz gegenüber dieser Gruppe. Seit Monaten gebe es Bilder der Zerstörung und des Menschenleids, die es eigentlich in einer modernen Zeit nicht mehr geben sollte, meinte Andreas Minnich (ÖVP). Die Wagner-Gruppe richte tagtäglich dieses Leid in unvorstellbaren Ausmaß in vielen Teilen der Welt an. Es gebe daher nur eine Position, nämlich deren Verurteilung als Terrororganisation.

Es sei für die FPÖ selbstverständlich, Terrorist:innen, Terrorakte und Söldnertruppen zu verurteilen, meinte Susanne Fürst (FPÖ). Kritik äußerte Fürst hingegen gegenüber der Unterstützung der EU für Palästina, wo „Milliarden an Steuergeldern“ hin geschickt wurden, wovon ein guter Teil von der Hamas abgezweigt worden sei. Ebenfalls kritisierte Fürst die militärische Unterstützung der Ukraine durch die EU, da mit den Waffen auch unschuldige Menschen getötet würden.

Die Grausamkeiten würden weltweit zu- statt abnehmen, bedauerte Christoph Matznetter (SPÖ). Die Söldnertruppe sei die schlimmste Form der gewaltmäßigen Repression. Es sollten daher Söldnertruppen insgesamt verhindert werden.

Es gebe zahlreiche weitere Brandherde weltweit und es müsse geachtet werden, dass aus diesen kein Flächenbrand entsteht, meinte Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne). Alle Terrorgruppen würden sich „freuen“, wenn das Völkerrecht über Bord geworfen, humanitäre Hilfe eingestellt und Zivilist:innen aufgrund ihrer Hautfarbe, Religion oder Herkunft unterschiedlich behandelt werden. Damit werde Öl ins Feuer gegossen.

Es gebe „ganz ganz viele“ gefährliche Krisenherde auf der Welt, die jederzeit zu „Bombenfässern“ werden und explodieren können, meinte auch David Stögmüller (Grüne). Auch wenn aktuell alle Augen auf die Terrororganisatin Hamas gerichtet seien, dürfe nicht auf den Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine vergessen werden. Die Wagner-Gruppe sei weiter vor Ort und für Kriegsverbrechen verantwortlich. Diese destabilisiere, entführe und foltere – dies sei Terror, so Stögmüller.

Die Wagner-Gruppe sei nicht eine Söldner- sondern eine Terrorgruppe, betonte Helmut Brandstätter (NEOS) mit Verweis auf deren „bestialische“ Taten. Es sei daher wichtig, alles dafür zu tun, damit deren Mitglieder verfolgt würden.

VERSTÄRKTES ENGAGEMENT FÜR FRAUEN IN AFGHANISTAN

Alle Parlamentsfraktionen stimmten einer weiteren Initiative zu. Diese setzt sich dafür ein, dass die Rechtsstaatlichkeit, die Menschen-, Grund- und Freiheitsrechte sowie die Möglichkeiten für ein selbstbestimmtes Leben insbesondere von Frauen und Mädchen in Afghanistan vollumfänglich geachtet und gesichert werden. Zudem soll sich Wien in internationalen Gremien für die Freilassung von Menschen einsetzen, die aufgrund ihres Engagements für Menschen- und Frauenrechte politische Gefangene wurden. Auch die EU sollte nach Ansicht der Parlamentsfraktionen eine aktivere Rolle in puncto Afghanistan einnehmen. Die Initiative von ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS geht auf eine Forderung der SPÖ zurück, in der sie sich mit Verweis auf gewalttätige Übergriffe auf Frauen zusätzlich dafür ausgesprochen hat, dass Österreich dem Beispiel Schwedens, Dänemarks und Finnlands folgend besonders gefährdeten Menschen in Afghanistan wie Frauen Schutz gewähren soll.

Das Schlimmste, das einem Mädchen passieren kann, sei in Afghanistan geboren zu werden, meinte Reinhold Lopatka (ÖVP) mit Verweis auf die dortige „schreckliche“ Situation von Frauen. Angesichts der dortigen Situation sei es nicht einfach, mit einem solchen Regime den richtigen Umgang zu finden, forderte Lopatka die UNO in ihrem Bemühen zu unterstützen, die Taliban zum Einlenken zu bewegen.

Die Menschenrechtsverletzungen der Taliban an Frauen seien schwerwiegend und systematisch und damit ein Verbrechen an der Menschlichkeit, meinte Petra Bayr (SPÖ). Viele Frauen würden aufgrund dieser Situation flüchten. Viele Länder hätten die Dimension erkannt und würden sie als Flüchtlinge anerkennen, in Österreich gebe es aber eine solche Möglichkeit nicht, kritisierte Bayr. Es müsse darüber diskutiert werden, wie ein Dialog mit Afghanistan – ohne dabei die dortige Regierung anzuerkennen – geführt werden kann, damit Menschenrechte geachtet werden. Die Zustände in Afghanistan seien kaum zu glauben, meinte Selma Yildirim (SPÖ) und forderte die Bundesregierung auf, sich für eine Verbesserung einzusetzen.

Für massive Kritik sorgte bei Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) eine Reise ehemaliger FPÖ-Politiker nach Afghanistan und deren Versprechen, sich für eine Anerkennung der dortigen Regierung einzusetzen.

Es gebe Frauenrechte „schlichtweg“ nicht mehr in Afghanistan, meinte Henrike Brandstötter (NEOS). In der Entwicklungszusammenarbeit gelte es zu diskutieren, wo und unter welchen Umständen Österreich Hilfe leistet, forderte Brandstötter dazu einen entsprechenden Kriterienkatalog.

VIER-PARTEIEN-ANTRAG VERURTEILT MILITÄRISCHES VORGEHEN ASERBAIDSCHANS IN BERGKARABACH

In einer gemeinsam von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS eingebrachten Initiative, die einstimmig angenommen wurde, verurteilen die Fraktionen die militärischen Handlungen Aserbaidschans. Diese haben eine Massenflucht von über 100.000 ethnischen Armenier:innen aus der Region Bergkarabach verursacht. Die Bundesregierung, insbesondere der Außenminister, soll diese Position weiterhin in allen internationalen Gremien sowie in bilateralen Gesprächen vertreten und sich für Deeskalation und die Wiederaufnahme des Dialogs zwischen Aserbaidschan und Armenien einsetzen. Darüber hinaus sei sicherzustellen, dass der in Bergkarabach verbliebenen Bevölkerung der uneingeschränkte Zugang zu lebenswichtigen Gütern nachhaltig ermöglicht werde und es zum Schutz der Minderheitenrechte sowie der Kulturgüter komme. Für dringend benötigte humanitäre Hilfe brauche es zudem den ungehinderten Zugang internationaler humanitärer Organisationen nach Bergkarabach. Zur weiteren Stabilisierung der Flüchtlingssituation sollen Armenien als Schwerpunktland der österreichischen EZA weiterhin die nötigen Mittel zukommen, heißt es im Antrag. Die Grundlage für die Initiative bildete ebenfalls ein Vier-Parteien-Antrag, der noch vor der Massenflucht der Armenier:innen eingebracht und mit dem Beschluss miterledigt wurde.

Die Geschichte lehre dauernd, sie finde aber keine Schüler:innen zitierte Hans Stefan Hintner (ÖVP) Ingeborg Bachmann und erläuterte die Geschichte der „leidgeprüften“ Armenier:innen.

Die Situation in Bergkarabach sei erdrückend, meinte Harald Troch (SPÖ). Eine 3000 Jahre alte Kultur werde ausgelöscht und nieder gewalzt. Hier sei Solidarität gefragt. Die Welt sei mit einer großen Zahl an humanitären Krisen konfrontiert, meinte Robert Laimer (SPÖ). Dies erfordere eine koordinierte Vorgehensweise und neutralen Staaten würde hier als Brückenbauer und Vermittler eine bedeutende Rolle zukommen, forderte Laimer eine „engagiertere Außenpolitik“ Österreichs. Die Gesellschaft dürfe sich nicht an den Wahnsinn gewöhnen, der täglich passiere, trat Melanie Erasim (SPÖ) für einen Schulterschluss für Frieden und Einhaltung der Menschenrechte ein.

Die internationale Staatengemeinschaft habe Bergkarabach seit dem Zerfall der Sowjetunion in Stich gelassen und hätte mehr für sie tun müssen, betonte Dagmar Belakowitsch (FPÖ). Auch bei der aktuellen ethnischen Säuberung habe die Staatengemeinschaft nur zugesehen, mahnte Belakowitsch eine Verurteilung Aserbaidschans ein.

Die Vertreibung der Armenier:innen aus ihrer historischen Heimat dürfe nicht unbestraft bleiben, meinte auch Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne). Dies sei ein eklatanter Verstoß gegen internationales Recht. In Bergkarabach solle ein internationaler Mechanismus eingerichtet werden, um die Situation zu überwachen und eine sichere und würdevolle Rückkehr der Armenier:innen in ihre Heimat sicherzustellen. Es gelte dafür zu sorgen, dass nicht auch im Süden von Armenien eine solche ethnische Säuberung erfolge.

Putin habe Armenien den Schutz entzogen. Insgesamt wolle er gemeinsam mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und Diktaturen gegen das liberale Rechtssystem und Demokratien vorgehen, meinte Helmut Brandstätter (NEOS) und forderte mehr Engagement für diese Region im Sinne der Menschenrechte. (Fortsetzung Nationalrat) pst

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar

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