50 Jahre Zivildienst: Jubiläumsveranstaltung im Parlament

Ehemalige Zivildiener und ehemalige Bundesminister:innen beleuchten Meilensteine

Der Zivildienst in Österreich blickt auf eine 50-jährige Geschichte in Österreich zurück. Sie begann 1974 mit dem Parlamentsbeschluss zur Einführung des Zivildienstes in Österreich. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Staatssekretärin Claudia Plakolm luden aus diesem Anlass gestern Abend zur Jubiläumsveranstaltung „50 Jahre Zivildienst“ im Parlament.

Ehemalige Zivildiener warfen in einer Talkrunde einen Blick darauf, wie sich der Zivildienst in den letzten 50 Jahren gewandelt hat. In einer Interviewrunde kamen die Nationalratsabgeordneten Lukas Brandweiner (ÖVP), Maximilian Köllner (SPÖ), David Stögmüller (Grüne) und Yannick Shetty (NEOS) zu Wort. Im Anschluss an die Interviews blickten die ehemaligen Bundesminister:innen Elisabeth Köstinger und Ernst Strasser auf einprägsame Momente zurück.

SOBOTKA UND PLAKOLM: VERANSTALTUNG AUCH EIN ZEICHEN DES DANKS

Das richtungsweisende Gesetz von 1974 sei damals heftig verhandelt worden und habe in seinen Grundzügen auch heute noch Bestand, so Nationalratspräsident Sobotka. Die Entwicklung des Zivildienstes, der heute nicht mehr wegzudenken und unersetzbar sei, zeige auch den Wandel der Zweiten Republik. Während es damals schwierig gewesen sei, im Zivildienst untergebracht zu werden, bestehe heute eher ein Mangel an jungen Männern, die sich für den Zivildienst entscheiden. Der Zivildienst habe eine doppelte Funktion, nämlich in der maßgeblichen Unterstützung der Organisationen sowie für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, so Sobotka. Es gelte, die jüngere Generation weiterhin zu motivieren, diese Dienste auf sich zu nehmen und dafür zu sorgen, dass die Wertschätzung dafür erhalten bleibe und Zivildiener die entsprechende Anerkennung erhalten.

Für Staatssekretärin Plakolm ist die Jubiläumsveranstaltung im Parlament auch ein Zeichen des Danks an die Zivildiener und alle, die mit ihnen zusammenarbeiten. Die Entwicklung seit 1974 im Zivildienst sei eine „riesengroße Erfolgsgeschichte“. Damals sei man als Zivildiener noch als „Drückeberger“ abgestempelt worden, heute stelle der Zivildienst eine tragende Säule der Gesellschaft dar – sei es in Form von helfenden Händen, als Zuhörer oder dadurch, jemandem die Hand zu halten. Viele der Zivildiener seien den Einrichtungen auch erhalten geblieben, so Plakolm. Während es vor etwa zehn Jahren sogar noch eine Debatte über dessen Abschaffung gegeben habe, gebe es heute ein großes Bekenntnis zum Zivildienst, der sich in den 50 Jahren „prächtig entwickelt“ habe.

ERFAHRUNGEN VON ZIVILDIENERN VON 1974 BIS HEUTE

Die Talkrunde fand mit ehemaligen Zivildienern statt, die entweder ehren- oder hauptamtlich in ihrer Organisation geblieben sind, Zivildiener der ersten Stunde waren oder als Zivildiener des Jahres ausgezeichnet wurden. So berichtete Rudolf Lantschbauer vom Roten Kreuz Steiermark als Zivildiener im damaligen ersten Zivildienstjahrgang aus seiner Erfahrung mit der Stellungskommission, die nicht einfach gewesen sei. Bevor das Gesetz 1974 in Kraft getreten sei, habe für Wehrdienstverweigerung Gefängnis gedroht, berichtete er. Den Zivildienst dann bei der Rettung absolviert zu haben, sei für ihn eine Erfahrung gewesen, die ihn für das Leben prägte. Er sei dankbar, dass er die Möglichkeit bekommen habe.

Marcel Simma vom Pflegeheim Wolfurt, der 2022 zum Zivildiener des Jahres gekürt wurde, berichtete, dass seine Erlebnisse mit der Stellungskommission deutlich „entspannter“ gewesen seien. Was er aus seinem Zivildienst mit Demenzkranken vor allem als wichtig mitgenommen habe, sei Geduld und das Bewusstsein, dass im Alltag nicht alles selbstverständlich auf Knopfdruck funktioniere. Ferry Vlasim berichtete, beim Roten Kreuz als Zivildiener gearbeitet zu haben und zeigte sich darüber hinaus auch „superglücklich“, dass er nunmehr dort auch einen Job angenommen habe und angestellt sei. Er rate jedem, der sich sozial engagieren möchte, den Zivildienst zu wählen. Armin Weber, der vor neun Jahren seinen Zivildienst bei der Caritas absolviert hat, berichtete, dass er weiterhin ehrenamtlich dort tätig sei. Er koche Mahlzeiten für bis zu 300 Obdachlose und unterstütze bei der Verteilung des Essens. Auch er würde jedem jungen Mann Zivildienst ans Herz legen, weil man auch ganz andere Seiten des Lebens kennenlerne.

WERTSCHÄTZUNG DER NATIONALRATSABGEORDNETEN FÜR ZIVILDIENER

In einer kurzen Interviewrunde drückten Nationalratsabgeordnete ihre Wertschätzung für den Zivildienst aus. So betonte Lukas Brandweiner (ÖVP), dass es ohne Zivildiener in den Einrichtungen „gar nicht mehr gehen“ würde. Ähnlich wie Plakolm wies er auf Verbesserungen für den Zivildienst hin, die schon gelungen seien. Zudem werde es zu einer Novelle kommen, um für Zivildiener die Möglichkeit eines Papamonats einzuführen. Auch Maximilian Köllner (SPÖ) unterstrich, dass Zivildiener eine wichtige Rolle übernehmen, damit das System aufrechterhalten werden könne und allein schon deshalb der soziale Friede und der Zusammenhalt gewahrt bleibe. David Stögmüller (Grüne) hob hervor, dass sich die Bundesregierung für Freiwilligenwesen und für den Zivildienst einige Punkte zur Verbesserung vorgenommen habe, die auch alle umgesetzt worden seien. Das stelle ebenso eine Wertschätzung der Zivildiener dar. Yannick Shetty (NEOS) sprach sich dafür aus, dass Zivildienst und Wehrdienst gleichgestellt werden müssten. Diskriminierungen wie etwa in der unterschiedlichen Dauer oder im Hinblick auf Krankenstand seien für ihn nicht nachvollziehbar. Das würde er als Wertschätzung erachten und würde den Zivildienst attraktiver machen, so Shetty.

KÖSTINGER UND STRASSER BELEUCHTEN EINPRÄGSAME ENTWICKLUNGEN

Im Jahr 2020 zu Beginn der Corona-Pandemie erstmals den „außerordentlichen Zivildienst“ ausgerufen zu haben, berichtete Elisabeth Köstinger als damalige Bundesministerin als für sie besonders eindrucksvoll. Es sei großartig gewesen, wie viel dabei plötzlich an Unterstützung und Einsatz spürbar geworden sei. Diese Ausnahmesituation habe gezeigt, dass es mit den Zivildienern auch eine Reserve im Gesundheitssystem gebe. Insgesamt wünsche sie sich noch viel mehr Wertschätzung für die Leistungen der Zivildiener, so Köstinger.

Ernst Strasser als früherer Bundesminister blickte als ehemaliger Zivildiener auf ähnliche Erfahrungen bei der „Stellung“ im Jahr 1974 zurück wie Rudolf Lantschbauer. Es habe damals etwa geheißen, Zivildienst zu absolvieren sei ein „Riesenfehler“. In der nunmehrigen Bestandsaufnahme des Zivildiensts zeige sich aber jedenfalls eine „ungeheure Erfolgsgeschichte“. Aus seiner damaligen Zeit im Zivildienst mit der Tätigkeit mit Menschen mit Beeinträchtigungen habe er eine Bewusstseinserweiterung mitgenommen, die ihn für das ganze Leben geprägt habe. Wenn es Zivildienst nicht bereits gebe, müsste er „schleunigst“ erfunden und aufgebaut werden, so Strasser. Aber auch für das Bundesheer wolle er „eine Lanze brechen“. Beide Systeme zusammen seien wichtig für die Gesellschaft. (Schluss) mbu

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung sowie eine Nachschau auf vergangene Veranstaltungen finden Sie im Webportal des Parlaments.

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