58. Wiener Gemeinderat (11)
Förderung an die Stadt Wien Kunst GmbH
GRin Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE) kritisierte, dass die Stadt Wien immer mehr Institutionen in Gesellschaften und Unternehmungen auslagern würde, die somit der Kontrolle des Gemeinderats entzogen würden. Der Bund würde das anders handhaben; ab 50 Prozent Finanzierung der Unternehmungen hätten Mandatar*innen ein Interpellationsrecht. Sie forderte eine analoge Regelung in Wien. Sie sprach zu einem Projekt von KÖR, das Johanna Dohnal ehren sollte. Die Künstlerin Isabella Kresse hatte zum Gedenken an die Frauenpolitikerin 23 Birken in ebenso vielen Bezirken gepflanzt. Diese seien nach einigen Jahren aber nicht mehr im öffentlichen Raum als Kunstwerk oder Mahnmal auszumachen. Es fehlten unter anderem Erklärungstafeln bei den Bäumen oder die Bäume selbst seien verschwunden; rund um eine Birke in Hietzing sei eine Hundezone errichtet worden, kritisierte Berner. Sie verglich das Projekt mit den Kosten für die geplante Kontextualisierung des Lueger-Denkmals am Ring und forderte mehr Mittel für Denkmäler und Gedenktafeln für Frauen, die sowieso im Vergleich zu Gedenktafeln für Männern in der Unterzahl seien. Sie brachte dazu einen Antrag ein. Sie kündigte außerdem an, einem Denkmal für Sobieski „niemals“ zustimmen zu wollen; denn das Denkmal drohe zu einer Pilgerstätte für die rechtsradikalen Identitären zu werden. Es stünde eine zweite Auflage des Siegfried-Kopfes an der Uni bevor, der jahrelang bis zu seiner Kontextualisierung ein Aufmarsch-Ort für Rechtsradikale gewesen sei.
GRin Mag. Laura Sachslehner, BA (ÖVP) kritisierte den „planlosen Beschluss über absurde Summen“ für die Stadt Wien Kunst Gmbh. Das Projekt für das „Foto Arsenal Wien“ sei schon vor einigen Monaten großzügig dotiert worden, jetzt solle weiteres Geld zugeschossen werden. „Das hat nichts mit einer ordentlichen Budgetpolitik zu tun“, urteilte Sachslehner. Sie kritisierte das Auslöschen und Zensieren von Episoden der Geschichte der Stadt. In einem Antrag forderte sie einen ausgewogenen Umgang mit dem historischen Erbe Wiens. „Gewisse Episoden der Geschichte einfach wegstreichen zu wollen – damit ist niemandem geholfen“, meinte Sachslehner. So gebe es in der Geschichte Wiens auch Persönlichkeiten, die positive Leistungen für die Stadt gezeigt hätten, an die aber nicht mit einem Denkmal erinnert würde. Eine solche Person sei Jan Sobieski, der als König der Polen zur Zeit der Zweiten Wiener Türkenbelagerung 1683 das Entsatzheer anführte und die Belagerer bei der Schlacht am Kahlenberg entscheidend schlug. Man dürfe sich nicht von einer Gruppe von „Verirrten“ davon abhalten lassen, ein angemessenes Denkmal für Sobieski aufzustellen, sagte Sachslehner: „Das ist ein Armutszeugnis.“
GRin Mag. Nicole Berger-Krotsch (SPÖ) freute sich über das „Foto Arsenal Wien“ als künftige Ausstellungshaus für Fotografie und fiebere der Eröffnung im kommenden Jahr entgegen. Das Arsenal werde mit der neuen Institution zu einem noch spannenderen Kultur-Quartier. Mit den zu beschließenden Mitteln würde die Einrichtung, die Platzgestaltung davor und ein Leitsystem für die neuen Ausstellungsräume geschaffen – die Mehrkosten seien durch die Teuerungen im Baugewerbe zu erklären. Berger-Krotsch kündigte an, dem Antrag der Grünen zu den Dohnal-Birken zustimmen zu wollen: Das Andenken an die Ausnahmepolitikerin sei in Wien zwar auch abseits der Birken lebendig und Dohnal nicht nur bei der Sozialdemokratie weiterhin „im Herzen aller“; die SPÖ-Gemeinderätin erinnerte an das Ehrengrab, den Dohnal-Platz in Mariahilf und andere Orte des Andenkens. Ein Denkmal für Sobieski lehnte Berger-Krotsch entschieden ab: Sie berief sich dabei auf eine Studie zum Denkmal im Auftrag der Kulturabteilung MA 7. Die Empfehlung der Expert*innen sei, kein heroisierendes Denkmal aufzustellen. Große Reiter mit Schwertern in der Hand seien nicht mehr zeitgemäß und trügen nicht zur Völkerverständigung bei. Außerdem könne ein dementsprechend ausgestaltetes Denkmal von Rechtsextremen leicht instrumentalisiert werden. Ein angemessenes Denkmal für den Polen-König müsse ein Zeichen des Friedens sein, so die Autor*innen der Studie. Im Nachgang der Studie hätte sich die Stadt für eine schlichte Ausformung entschieden. Ein Text in drei Sprachen am Kahlenberg würde verständlich der Schlacht im September 1683 Rechnung tragen und den Wert von Frieden und Völkerverständigung hervorheben. „Es ist ein stilles Gedenken, keine Kriegsverherrlichung“, sagte Berger-Krotsch. Außerdem würden Dutzende Plätze in der Stadt an Sobieski erinnern.
GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE) sagte zum Sobieski-Denkmal: „Wir brauchen keine neuen Plätze, zu denen Rechtsextreme hin pilgern.“ Es gehe nicht um ein martialisches Kriegerdenkmal, sondern um zeitgemäße Erinnerung. Die Episode um Sobieski und die Türkenbelagerung Wiens werde von Rechtsextremen instrumentalisiert, um gegen den Islam Stimmung zu machen; im selben Atemzug forderte Margulies allerdings auch von den Vertreter*innen des Islam gegen den politischen Islam aufzutreten. „Wo die Religion Ideologie wird, da müssen wir entschieden dagegen auftreten“, meinte Margulies. „Da hilft ein Denkmal nicht, das nur die Gegensätze in den Vordergrund stellt und die nicht Gemeinsamkeiten.“ Er sprach zum Antrag zum ausgewogenen Umgang mit dem historischen Erbe Wiens der ÖVP: Ein ausgewogener Umgang mit Geschichte könne nur in Demokratien stattfinden – in jeder Diktatur würden als erste Maßnahme Denkmäler gestürzt und Plätze umbenannt. Wo es klar sei, dass man es mit Diktaturen und Verbrechern zu tun hat, dürfe über die Entfernung von Denkmälern nicht diskutiert werden, meinte Margulies. Auf Zurufe aus dem Plenum, ob diese Forderung, auch für Personen wie Karl Marx oder Ché Guevara gelte, die ja weiterhin im öffentlichen Raum mit Denkmälern vertreten sind, relativierte Margulies: Historische Persönlichkeiten müssten immer in ihrem geschichtlichen Kontext gesehen werden.
GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP) lobte ihren Vorredner der Grünen, der für eine Kontextualisierung von historischen Persönlichkeiten in ihrer Zeit plädiert hatte. Die Gedenkkultur werde von der Politik instrumentalisiert, kritisierte Hungerländer. Sie forderte ein neues Aufsetzen der Gedenkkultur. Sie ortete eine Willkür bei der Auswahl von Denkmälern. Wenn der Denkmal-Beirat der Stadt mit Personen mit erklärter Parteizugehörigkeit oder Nähe besetzt werde, dann müssten es im Gremium auch Personen aller Couleurs geben – oder es müssten im Gremium nur neutrale Personen sein, forderte Hungerländer. Bei der Benennung von Verkehrsflächen entfielen laut einer Anfragebeantwortung 75 Prozent der Neubenennung auf SPÖ-Politiker*innen, das sei nicht ausgewogen, kritisierte Hungerländer. Auch der Kampf gegen Antisemitismus spiele sich nicht rund um Bürgermeister Karl Lueger ab, sondern die Stadt müsse bei Palästinenser-Demos oder dem radikalen Islam auftreten, argumentierte Hungerländer. „Wir wollen kein canceling bürgerlicher Politiker*innen“, es brauche einen neuen Umgang mit Geschichte forderte die ÖVP-Gemeinderätin.
GRin Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE) meldete sich erneut zu Wort: Natürlich gehe es darum, historische Persönlichkeiten in ihrem zeitlichen Kontext zu sehen. „Es liegt an uns zu entscheiden, ist es ein Held oder nicht mehr. Wie könnten die geehrten Personen noch heute Vorbild sein und Inspiration für ein gutes Zusammenleben sein?“ Allerdings: „Die absolute Objektivität gibt es nicht“, meinte Berner. Deshalb sei es wichtig, Entscheidungsgruppen gut zusammenzusetzen; es gehe nicht darum auszufechten „welcher der bessere Held oder der bessere Kämpfer gegen Antisemitismus ist, sondern wie kommen wir gut miteinander aus, ohne die anderen nur zu provozieren“.
Abstimmung: Die Förderung wurde mehrstimmig angenommen. Die Anträge der Grünen zu den Dohnal-Birken wurden dem zuständigen Gemeinderatsausschuss zugewiesen; die anderen Anträge der Grünen und ÖVP fanden nicht die notwendige Mehrheit.
ÄNDERUNGEN BEI FÖRDERUNGSPREISEN DER STADT WIEN AB 2025
GRin Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE) würdigte die Förderpreise der Stadt Wien als „wichtiges Instrument, um Künstler*innen hervorzuheben und finanziell zu unterstützen“. Ein Wermutstropfen sei, allerdings, dass die Jury der Preise künftig ausschließlich mit Expert*innen aus den Magistratsabteilungen, ausgewählt von der Kulturstadträtin, besetzt werde. Sie plädierte für eine Aufarbeitung der medial bekannt gewordenen Gewalt-Vorwürfe am Theater in der Josefstadt und forderte in einem Antrag eine Festschreibung von Awareness- und Gewaltschutz-Konzept in großen Kulturbetrieben in den Förderrichtlinien der Stadt. Opfer müssten wissen, an wen sie sich wenden können und der Schutz vor Gewalt in Kulturinstitutionen müsse ausgebaut werden.
GRin Mag. Dr. Ewa Samel (SPÖ) sagte, Wien würde den Schutz vor Gewalt überall sehr ernst nehmen. Es seien Anlaufstellen für Frauen geschaffen worden: Sie verwies unter anderem auf die Kampagne „Ich bin dein Rettungsanker“ gegen sexuelle Belästigung von Frauen. Inzwischen gebe es neben Kooperationen mit den Wiener Bädern und den Wiener Linien auch Kooperationen mit der Vienna Club Commission. Außerdem verwies sie auf die Vertrauensstelle „Vera“ für Betriebe in Kunst, Kultur und Sport. Es sei entscheidend, Menschen in Krisensituationen zu stärken. Die Novelle des Veranstaltungsgesetzes sehe vor, dass Veranstalter*innen für Events und Veranstaltungs-Locations entsprechende Awareness- und Gewaltpräventions-Konzepte ausarbeiten müssen. Samel begrüßte außerdem die Erhöhung der Dotierung der Preise der Stadt Wien, ebenso wie den neu eingeführten Preis für Medienkunst und neue Förderpreise wie dem neuen Arnold-Schönberg-Preis für Musik. Die Preisvergabe würde außerdem nur mehr durch Fach-Jurys vorgeschlagen, was die Vergabepraxis verbessern würde.
Abstimmung: Die Änderungen wurden mehrstimmig angenommen. Der Antrag der Grünen fand nicht die notwendige Mehrheit. (Forts.) ato
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