GLOBAL 2000 und Europäischer Bio-Dachverband verurteilen Pestizidreduktion am Papier

Risiko-Indikator der EU-Kommission täuscht EU-Bürger:innen und schadet der Biolandwirtschaft – NGOs präsentieren Verbesserungsvorschlag – EU verspricht Überarbeitung des Indikators

Die Europäische Union hat ihr ehrgeiziges Ziel, die Verwendung und das Risiko von Pestiziden bis 2030 zu halbieren, schon fast erreicht. Das behauptet jedenfalls ein im Sommer veröffentlichtes Update des Harmonisierten Risikoindikators 1 (HRI 1), der anhand der Verkaufszahlen aus 2022 eine Pestizidreduktion von 46 % zwischen 2016 und 2022 berechnet. “DIE PRÄSENTIERTE PESTIZIDREDUKTION FINDET NUR AM PAPIER STATT UND IST DAS ERGEBNIS EINES IRREFÜHRENDEN PESTIZID-INDIKATORS. DIE TATSÄCHLICHEN VERKAUFSZAHLEN VON PESTIZIDEN IN DER EU STAGNIEREN – UND DAS AUF HOHEM NIVEAU”, KRITISIEREN DIE UMWELTSCHUTZORGANISATION GLOBAL 2000, DER DACHVERBAND DER EUROPÄISCHEN BIOLANDWIRTSCHAFT IFOAM ORGANIC EUROPE UND DAS EUROPÄISCHE PESTIZID AKTIONS-NETZWERK PAN EUROPE anlässlich der Präsentation eines von GLOBAL 2000 entwickelten Messinstruments für die Verwendung und das Risiko von Pestiziden. DIE EU-KOMMISSION VERSPRACH EINE ÜBERARBEITUNG IHRES UMSTRITTENEN HRI 1.

Berechnungen des deutschen Umweltbundesamts zeigen, dass die Verkaufsmengen von Pestiziden in der EU in dem Zeitraum, in dem die EU-Kommission eine 46 %-ige Pestizidreduktion reklamiert, stagnierten. Auch bei den als „Substitutionskandidaten“ eingestuften, besonders gefährlichen Pestiziden ist kein Rückgang erkennbar. Der irreführende Charakter des HRI 1, der „eine Risikominderung zeigt, die hauptsächlich auf den geringeren Absatz von Stoffen in der Kategorie ‚nicht zulässig‘ zurückzuführen ist“, wurde bereits vom Europäischen Rechnungshof kritisiert, der der Kommission ausdrücklich die „Entwicklung besserer Risikoindikatoren“ empfahl.

BIOLANDWIRTSCHAFT HINDERLICH FÜR PESTIZIDREDUKTION?

Ein gravierender Fehler des HRI-1 ist die systematische Diskriminierung natürlicher Substanzen wie Pflanzenöle, Schwefel oder Natriumcarbonat – auch bekannt als Backpulver -, die als Alternativen zu chemisch-synthetischen Pestiziden eingesetzt werden. In der Biolandwirtschaft sind nur natürliche Wirkstoffe als Pestizide zugelassen. In diesem Zusammenhang liefert der HRI 1 absurde Ergebnisse: „Behandelt eine Biobäuerin Blattläuse mit einem Pflanzenschutzmittel, das auf Rapsöl basiert, errechnet der HRI 1 ein über 1.000-fach höheres Risiko, als wenn ein konventioneller Bauer die gleiche Fläche mit einem synthetischen, für Bienen hochgiftigen Nervengift behandelt. Damit werden nicht nur gefährliche Stoffe als harmlos dargestellt – und umgekehrt -, das ist auch Desinformation von höchster Stelle, die dem Biosektor insgesamt schadet“, erklärt MARIA ZINTL, SENIOR POLICY OFFICER BEI IFOAM ORGANICS EUROPE.

GLOBAL 2000 PRÄSENTIERT VORSCHLAG FÜR INDIKATOR

“Als mögliche Alternative zum HRI 1 hat GLOBAL 2000 im Rahmen einer mehrjährigen Zusammenarbeit mit IFOAM Organics Europe einen Indikator entwickelt, der die Risiken von Pestizidwirkstoffen anhand der im Zulassungsverfahren ermittelten human- und ökotoxikologischen Daten abbildet. So trägt der neu entwickelte Indikator PURI den unterschiedlichen Umwelt und Gesundheitsrisiken der einzelnen Pestizidwirkstoffe Rechnung und vermeidet eine systematische Benachteiligung von Wirkstoffen pflanzlichen oder mineralischen Ursprungs”, erklärt HELMUT BURTSCHER-SCHADEN, GLOBAL 2000 UMWELTCHEMIKER und Initiator des Projekts.

ALS VERTRETER DER EU-KOMMISSION REAGIERTE AIDAN O’CONNOR AUF DIE KRITIK am irreführenden Charakter des HRI 1 und erklärte, dass sich die EU-Kommission dazu verpflichtet habe, den HRI 1 entweder gemeinsam mit dem Joint Research Centre (JRC) zu verbessern oder durch einen neuen Indikator zu ersetzen.

“DIE ORGANISATIONEN FORDERN DIE KOMMISSION AUF, DIE IRREFÜHRENDEN DARSTELLUNGEN UND DESINFORMATIONEN ÜBER DEN HRI 1 SOFORT EINZUSTELLEN UND SO SCHNELL WIE MÖGLICH EINEN SINNVOLLEN INDIKATOR EINZUFÜHREN. DER HEUTE VORGESTELLTE INDIKATOR KÖNNTE ALS BLAUPAUSE DAFÜR DIENEN“, SAGEN IFOAM ORGANICS EUROPE UND GLOBAL 2000. “Inmitten der Biodiversitäts- und Klimakrise brauchen unsere Natur, Bienen und Bestäuber und die Menschen in Europa – allen voran unsere Bäuer:innen – eine echte Pestizidreduktion.“
SERVICE-LINKS:

Selina Englmayer
GLOBAL 2000 Pressesprecherin
Telefon: +43 699 14 2000 26
E-Mail: selina.englmayer@global2000.at

Dr. Helmut Burtscher-Schaden
GLOBAL 2000 Umweltchemiker
Telefon: +43 699 14 2000 34
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