DPI-Bericht zu Hisbollah-Propaganda in Österreich
Die Analyse des Medienkanals Al-Manar zeigt auf, wie die islamistische Organisation aus dem Libanon ihre extremistischen Botschaften in Europa verbreitet.
Die neue Publikation der Dokumentationsstelle Politischer Islam (DPI) untersucht, wie die Hisbollah („Partei Gottes“) ihre Inhalte über eigene Medienplattformen wie _Al-Manar_ („Der Leuchtturm“) oder _Al-Ahed News_ auch im deutschsprachigen Raum in Umlauf bringt. Die schiitisch-islamistische Organisation ist politisch, militärisch sowie sozial-karitativ tätig und übernimmt im Libanon teilweise staatliche Funktionen. Sie gehört dem antiwestlichen Bündnis der sogenannten „Achse des Widerstands“ an und steht in engem Kontakt mit der Islamischen Republik Iran, insbesondere mit der iranischen Revolutionsgarde. Die Hisbollah ist über ihre Netzwerke und Strukturen weltweit in verschiedenen Bereichen aktiv. Der militärische Arm der Vereinigung wird von der Europäischen Union (EU) als Terrororganisation eingestuft. In Österreich ist das öffentliche Zeigen und Verbreiten von Symbolen des militärischen Arms seit 2019 verboten – im Jahr 2021 wurde das Verbot auf sämtliche Symbole der Gruppierung ausgeweitet.
Der Fokus des DPI-Berichts liegt auf dem online abrufbaren Propagandasender _Al-Manar TV_, der als zentrales Sprachrohr der Hisbollah gilt. Mit seiner mehrsprachigen Website in Arabisch, Englisch, Französisch und Spanisch richtet sich der Kanal an ein globales Publikum, wodurch der Sender eine hohe Reichweite generiert. Laut eigener Darstellung wird die Medienplattform _Al-Manar_ gezielt als „effektive psychologische Kriegsführung“ gegen „den zionistischen Feind“ eingesetzt. Im Rahmen der Verbreitung extremistischer Inhalte werden unter anderem antisemitische Stereotype verwendet oder die Taten von Selbstmordattentätern verherrlicht. Die EU hat den Sender bereits im Jahr 2005 von EU-Satelliten verbannt, während einige EU-Länder zusätzlich noch weitere Verbote verhängten. Trotz dieser rechtlichen Schritte war der Sender im Internet via Livestream weiterhin verfügbar. Im Dezember 2024 hat die in Deutschland ansässige Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) alle Telekommunikationsunternehmen angewiesen, die Webseiten von _Al-Manar_ in den verschiedenen Sprachen zu sperren. In Österreich und der Schweiz ist der bekannte Medienkanal online weiterhin erreichbar.
FEINDSELIGKEITEN GEGEN DEN WESTEN UND ISRAEL
Der Hisbollah-Sender bietet vor allem in Arabisch ein umfangreiches Nachrichten- und Unterhaltungsprogramm in verschiedenen Medienformaten sowie in einem professionellen Design. _Al-Manar_ zielt darauf ab, die Basis und Sympathisanten der Organisation genauso wie weitere nahestehende Gruppen zu erreichen sowie ihre Feinde einzuschüchtern. Die Propaganda verbindet islamistische mit antiimperialistischen Narrativen und stellt Ereignisse aus der Sicht der Hisbollah dar. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Beiträgen über den Nahostkonflikt, in denen gegen Israel und den Westen Position bezogen wird. Darüber hinaus finden sich auch Berichte über Europa zu verschiedenen Themen, die im Sinne der eigenen religiös-extremistischen Agenda gedeutet werden. So werden etwa kontroverse Debatten, wie jene um die Teilnahme Israels am Eurovision Song Contest 2025, für eigene Zwecke instrumentalisiert. _Al-Manar_ ist Teil eines internationalen Mediennetzwerks und bezieht sich in seinen Meldungen immer wieder auf bekannte Nachrichtenagenturen – unter anderem aus Russland sowie dem Iran. Es werden gezielt Gegennarrative zu westlichen Medien verbreitet, bei denen die jeweiligen Nachrichtenorganisationen aufeinander verweisen.
_Al-Manar_ wendet sich mit seinen problematischen Inhalten vor allem an die arabischsprachigen Communities, aber auch an potenzielle ideologische Verbündete, insbesondere aus dem antiimperialistischen Spektrum. Die Selbstdarstellung der Hisbollah als „islamische Widerstandsbewegung“ sowie das Streuen spaltender Narrative sind zentrale Säulen der Medienstrategie, die einer antiwestlichen, israelfeindlichen und antisemitischen Ausrichtung folgt. Dabei werden oftmals – etwa in Berichten über „den zionistischen Feind“ – falsche Zusammenhänge konstruiert oder wichtige Faktoren ausgeblendet, um die kommunizierten Inhalte in den Dienst der islamistischen Leitlinie der Organisation zu stellen. So berichtete _Al-Manar_ nach dem im Jahr 2020 in Deutschland verhängten Betätigungsverbot gegen die Hisbollah unter Bezugnahme auf das damalige syrische Außenministerium, dass man sich mit dieser Entscheidung dem „Diktat des Weltzionismus“ unterwerfe.
IDEOLOGISCHE VERBÜNDETE UND TRANSNATIONALE KONTAKTE
Die Hisbollah stützt ihre religiös-extremistische Ideologie maßgeblich auf das Konzept des „islamischen Widerstands“ im Namen unterdrückter Bevölkerungsgruppen. Ihr Chefideologe Muhammad Hussein Fadlallah beschreibt dies als Bestreben, eine „Widerstandsbewegung für die islamische Welt“ und die „elend gemachten Völker“ des Globalen Südens zu sein. Um ihre Anschlussfähigkeit zu erhöhen, setzt die islamistische Gruppierung immer wieder gezielt auf antikoloniale Rhetorik. Durch die Verknüpfung antiwestlicher und antizionistischer Standpunkte sollen auch antiimperialistische Linke angesprochen werden. Dabei spielen Schlagworte wie „Befreiung“, „Gerechtigkeit“ und „Widerstand“ eine zentrale Rolle. So veröffentlichten Plattformen aus diesem antiimperialistischen Spektrum in der Vergangenheit Interviews mit Hisbollah-Mitgliedern.
In Österreich empfahl eine bekannte Aktivistin, die offen Pro-Hisbollah- sowie Pro-Hamas-Positionen vertrat, Inhalte der Medienkanäle _Al-Manar_ und_ Al-Mayadeen_ – letzteres ist ein weiteres Medium im Einflussbereich der schiitisch-islamistischen Organisation. Auch die österreichische Vereinigung _Dar al Janub_ teilte in ihren Social-Media-Postings Hisbollah-Botschaften, etwa vom langjährigen einstigen Generalsekretär Hassan Nasrallah. Die Rezeption dieser Beiträge durch nichtislamistische, oftmals linksradikale Akteure zeigt, wie die Hisbollah-Propaganda einen erweiterten Zielgruppenkreis anspricht.
Der DPI-Bericht legt auch Verbindungen der islamistischen Gruppierung zu internationalen Organisationen nahe, die im Kontext des Nahostkonflikts tätig sind, etwa zur in Belgien ansässigen _Hind-Rajab-Foundation_. Ihr Gründer, der libanesische politische Aktivist Abou Jahjah, ist wiederholt mit staatlichen Behörden in Konflikt geraten. So wurde ihm im Jahr 2024 wegen Extremismusverdachts die Wiedereinreise nach Großbritannien verweigert. Seine Beiträge in den sozialen Medien, etwa nach dem Tod von Hassan Nasrallah im Jahr 2024, sowie seine Äußerungen zur Hisbollah weisen auf eine ideologische Nähe hin. Die Stiftung wurde 2024 mit dem Ziel gegründet, israelische Soldaten wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Gazastreifen in Europa juristisch belangen zu können. In Österreich rückte die Stiftung Anfang 2025 in den Fokus der Öffentlichkeit, nachdem in Wien „Fahndungsplakate“ eines von ihr angezeigten israelischen Soldaten verbreitet worden waren. Daraufhin veröffentlichte die _Hind-Rajab-Foundation_ im März 2025 eine in München eingereichte Klage online. Noch bevor etablierte deutschsprachige Medien darüber berichteten, griffen_ Al-Manar_ und der iranische Staatssender _PressTV_ das Thema auf.
DIASPORA WEITER IM FOKUS DER HISBOLLAH
Der seit dem 7. Oktober 2023 zwischen der Hamas und Israel geführte Krieg hat die Schlagkraft der Hisbollah stark reduziert. Zudem ist die Organisation durch den Tod ihres Anführers Hassan Nasrallah, wie auch durch den Verlust wichtiger Versorgungs- sowie Kommunikationswege aus dem Iran infolge von Baschar al-Assads Machtverlust in Syrien geschwächt und auf neue Ressourcen angewiesen. Nunmehr richtet die Hisbollah ihr Interesse vermehrt auch auf Europa, wo sie darauf abzielt, mit ihren Narrativen Sympathisanten über den arabischsprachigen Raum hinaus zu erreichen. Frühere Aktivitäten in westlichen Ländern sowie die gegenwärtige Lage im Libanon lassen die entsprechende strategische Neuausrichtung als mögliche Entwicklung zu. Die vorliegende Medienanalyse legt nahe, dass Hisbollah-affine Personen aus der arabischsprachigen Diaspora in Europa und unterstützende Kreise aus anderen ideologischen Strömungen für die Aktivitäten der islamistischen Organisation auch künftig von zentraler Bedeutung sein werden.
Die neue DPI-Bericht „Hezbollah in Europe: Media and Mobilisation“ und alle weiteren Publikationen des Österreichischen Fonds zur Dokumentation von religiös motiviertem politischen Extremismus (Dokumentationsstelle Politischer Islam) können auf der Website www.dokumentationsstelle.at abgerufen werden.
Dokumentationsstelle Politischer Islam
Sascha Krikler, BA MA
E-Mail: sascha.krikler@dokumentationsstelle.at
Website: https://www.dokumentationsstelle.at
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