„kulturMontag“-Zeitreisen am 30. August: Dokupremiere „Wildes Wien – die 60er- und 70er-Jahre“

Danach: Dacapo „Wiener Zeitgeist – Aufbruch in die 80er“

Wien (OTS) – Am 30. August 2021 unternimmt der „kulturMontag“ ab 22.30 Uhr in ORF 2 zwei besondere filmische Zeitreisen: Dem „Wilden Wien – die 60er- und 70er-Jahre“ geht Regisseurin Alexandra Venier in ihrer jüngsten, gleichnamigen Dokumentation auf die Spur. Der Film erzählt u. a. vom Aufbegehren der Künstler/innen gegen das Nazi-Erbe der Stadt, das in der berühmten „Uni-Ferkelei“ mündete; von veritablen Bandenkriegen im Unterweltmilieu, von Rotlicht-Rivalitäten und dem berühmten Herren-Club 45 oder ähnlichen Etablissements, in denen Politiker – damals ausschließlich männliche – von der Presse völlig unbehelligt nicht nur reden konnten. Zu Wort kommen André Heller, Teddy Podgorski, Peter Weibel, die Journalistinnen Anneliese Rohrer und Margit Haas sowie der Nachtgastronom Anton Österreicher und der einstige Rotlicht-Zampano Freddy Rabak.
Anschließend, um 23.20 Uhr in ORF 2, beleuchtet ein weiterer Film von Alexandra Venier den „Wiener Zeitgeist – Aufbruch in die 80er“ – jenes Jahrzehnt, in dem sich Wien als Weltstadt neu erfand.

Mehr zum Inhalt von „Wildes Wien – die 60er- und 70er-Jahre“:

Wien ist eine der lebenswertesten Cities der Welt. Blank herausgeputzt und sauber sowieso. Man begegnet einander in freundlichen Zonen, Obdachlose werden aus Parks verbannt und der Straßenstrich wird vor die Stadtgrenze ausgelagert. Das ist alles zu begrüßen – vor allem aus touristischer Perspektive. Und doch gibt es eine gewisse Sehnsucht nach räudigeren und ungebändigten Zeiten – nach dem „Wilden Wien“ der 1960er und 1970er Jahre.

Wien hat etwas Unheimliches an sich, konstatiert Teddy Podgorski im Film. Heute aber wohl längst nicht mehr so sehr wie in jenen Jahren, in denen es in der Stadt wie in einer alten Speis’ roch – wie André Heller die Zeit olfaktorisch einzuordnen weiß. Schmutziggrau war die dominierende Farbgebung der auslaufenden 1950er und frühen 1960er Jahre, kontrastiert durch das Rotlicht, in das die Nächte getaucht waren. Und die konnten es durchaus in sich haben – was daran liegt, dass der Wiener ein durchaus empfindsames Gemüt hat. Ein falsches Wort konnte im entsprechenden Milieu schon genügen, mit einem Bauchstich gemaßregelt zu werden. Anton Österreicher, Betreiber diverser Lokalitäten, weiß das am besten, handelte er sich doch einst gar einen Kopfschuss ein. Zu Silvester 1968 kulminierte ein Bandenkrieg rivalisierender Unterweltbosse, der zahlreiche Tote forderte.

1968 war auch die Zeit der Studentenrevolte, die sich Teddy Podgorski ganz besonders an sein Banner heften kann. Die Reporterlegende musste seinerzeit studentisches Aufbegehren und teures Filmmaterial in Einklang bringen. So suchte er sich im Audimax seine Protagonistinnen und Protagonisten, verköstigte sie vorab mit Schnitzeln und Bier, stattete sie mit Tomaten und Eiern aus und gab dann den Marschbefehl für die Kamera. Bis er Stopp rief, um die Filmrolle zu wechseln. „Wildes Wien“ erzählt auch vom „Verein der Senkrechtbegrabenen“ des Hanswurst, Agent Provocateur und später als Mörder verurteilten Udo Proksch sowie vom Imperium des Nachtgastronomen Heinz Werner Schimanko.

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