Klimavolksbegehren: Initiatoren sehen Notwendigkeit für langfristige Strategien und für Zusammenarbeit aller Entscheidungsträger
Zweites Experten-Hearing zu Mobilität und Energie sowie zur Förderung des Klimaschutzes
Wien (PK) – Mit einem weiteren ExpertInnen-Hearing setzte der Umweltausschuss heute seine Beratungen über das Klimavolksbegehren (348 d.B.) fort. Bereits im Dezember 2020 hat ein Hearing zur verfassungsrechtlichen Verankerung des Klimaschutzes und zu Treibhausgasen stattgefunden (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 1445/2020). Nun wurde die Diskussion über das Volksbegehren um die Themen „Zukunft fördern: Klimaschutz belohnen und niemanden zurücklassen“ und „Zukunft gestalten: Mobilität und Energie nachhaltig machen“ ergänzt. Dabei betonten die Initiatoren, dass zahlreiche Versprechungen aus dem Regierungsprogramm noch nicht eingelöst seien und alle Instrumente zum Umsteuern in Klimafragen genutzt werden müssten. Seitens der ExpertInnen wurde nachdrücklich festgehalten, dass man sich ein Scheitern in der Klimapolitik nicht leisten könne. Auch die Abgeordneten der Parlamentsfraktionen waren sich darin einig, dass es sozial verträgliche und treffsichere Maßnahmenpakete brauche. Schließlich unterstrich Leonore Gewessler, dass die Klimakrise die historische Aufgabe aller sei, die Politik machen.
Die Beratungen über das Anliegen wurden schließlich auf Antrag von Ausschussobmann Lukas Hammer (Grüne) vertagt. Er betonte, dass alle Fraktionen derzeit einen gemeinsamen Antrag, basierend auf dem Klimavolksbegehren erarbeite, der in der nächsten Sitzung des Umweltausschusses beschlossen werden soll.
InitiatorInnen berechnen volkswirtschaftliche Kosten klimaschädlicher Politik und verlangen Ökologisierung des Steuersystems
Stefan Weiß-Fanzlau dankte der Ministerin im Namen der InitiatorInnen und der UnterzeichnerInnen des Volksbegehrens und wollte vorsichtig optimistisch ins Jahr 2021 blicken. Das Jahr 2020 habe das heißeste Jahrzehnt seit Beginn der Aufzeichnungen abgeschlossen und die Erderwärmung setze sich weiter fort, drückte Weiß-Fanzlau seine Beunruhigung aus. Heute gelte es die größten Stellschrauben zu diskutieren. Das beinhalte Forderungen nach politischen Rahmenbedingungen, Investitionen für das Klima, eine Mobilitätswende und eine ausgewogene Ökologisierung des Steuersystems. Diese Versprechen aus dem Regierungsprogramm seien noch nicht eingelöst worden.
Den Verkehr bezeichnete Weiß-Fanzlau als „eines der größten Sorgenkinder“. Die CO2-Emissionen seien seit 1990 um 75% gestiegen und würden seit 2015 jährlich im Rahmen der Höchstgrenzen weiter ansteigen. Dies sei zum Großteil fehlenden Alternativen zum Individualverkehr geschuldet. Bei klimafördernden Mobilitätskonzepten bis zum letzten Kilometer müssten noch Maßnahmen gefunden und gefördert werden, um den Menschen einen Umstieg zu ermöglichen. Der Bevölkerung müsse ermöglicht werden, Teil der Lösung zu werden, erläuterte Weiß-Fanzlau. Als weiteren Punkt thematisierte er den notwendigen Umstieg auf erneuerbare Energien und die Erhöhung der Energieeffizienz. Auch hier bräuchten die Menschen Unterstützung. Das Klimavolksbegehren fordere ausreichend dimensionierte staatliche Investitionen, Anreizsystem sowie Klimagesetze, um die Wende zu schaffen. Dazu brauche es langfristige Strategien über Legislaturperioden hinaus, appellierte Weiß-Fanzlau an die Abgeordneten und forderte diese auf zusammenzuarbeiten.
Florian Schlederer umriss in seinem Eingangsstatement die Kosten-Dimensionen als Folge des Klimawandels. „Es reicht nicht, das Richtige zu tun, wir müssen auch das Falsche unterlassen“, bekräftigte er den Appell der InitiatorInnen an die politischen EntscheidungsträgerInnen. Klimaschäden, klimaschädigende Subventionen oder Importe fossiler Energie würden jährliche Kosten von 15 Milliarden Euro in Österreich verursachen, die bis 2050 weiter steigen würden. Dies sei wirtschaftsfeindlich und unverantwortlich, so Schlederer, der einen Stopp für klimaschädigende Subventionen sowie eine ökosoziale Steuerreform forderte und dafür entsprechende Zitate der ÖVP aus dem Jahr 1989 heranzog.
Katharina Rogenhofer unterstrich ein weiteres Mal, dass das Regierungsprogramm alleine nicht ausreiche, um die Klimaziele einzuhalten. Alle Instrumente müssten in die Hand genommen werden, um umzusteuern, zugleich sollten nicht jene getroffen werden, die bereits jetzt einkommensschwach seien. Dafür gebe es gute Konzepte, betonte Rogenhofer. Besondere Kritik übte Rogenhofer explizit an der Raumplanung, die falsche Anreize schaffe.
ExpertInnen sehen Abbau klimaschädlicher Subventionen als ersten Schritt für tiefgreifenden Strukturwandel
Für Michael Soder (Wirtschaftsuniversität Wien) stellt die Klimakrise aktuell als die größte Herausforderung dar. Es gehe darum, die energetische Basis umzubauen und wegzukommen von fossilen Energieträgern. Das betreffe alle gesellschaftlichen Bereiche des Arbeitens, Produzierens und Konsumierens und sei kein rein ökologisches, technisches oder ökonomisches Problem. Wenn man die Klimaziele ernst nehme, müsse man jede Alltagsroutine weiterentwickeln, zugleich aber soziale Aspekte berücksichtigen. „Ein Scheitern der Klimapolitik können wir uns nicht leisten“, unterstrich Soder. Ausschlaggebend sei, welche Möglichkeiten jeder Einzelne habe, mit den Veränderungen der Dekarbonisierung umzugehen. Dazu müsse die Lastenverteilung innerhalb des Transformationsprozesses fair gestaltet und auch empfunden werden. Michael Soder: „Die Klimafrage ist eine Frage der Gerechtigkeit, über die wir sprechen müssen -gegenüber zukünftigen Generationen sowie im Hier und Jetzt.“ Soder führte aus, dass ärmere Haushalte zwar das Klima weniger belasten, von den Folgen aber stärker betroffen seien. Die direkte Verteilung von Maßnahmen trete dort am stärksten zutage, wo Kosten auf Haushalte übergewälzt würden, bei Grundbedürfnissen, Strom, Mobilität, Wärme und Lebensmitteln. Einkommensschwache Haushalte hätten nicht die Möglichkeit, teilzuhaben am Ausstieg aus fossiler Raumwärme. Hinzu kämen Energiearmut und Schwierigkeiten, den eigenen Grundbedarf zu decken. Soder plädierte für finanzielle Anreize sowie begleitende Maßnahmen auch durch Länder und Gemeinden. Soder warnte vor der Bildung einer „Zweiklassen-Energiegesellschaft“. Es brauche Rückverteilung und Abfederung von Härtefällen beim Ausstieg aus fossilen Heizsystemen. CO2-Bepreisung müsse stets eingebettet sein in einen weiteren Maßnahmenmix. Ein „großer Brocken“ würden öffentliche Investitionen sein. In der Wirtschaft würden Branchen, die stark von fossilen Energieträgern abhängig seien, vor großen Herausforderungen stehen. Grüne Investitionen würden jedoch nicht nur dem Klima nutzen, sondern Wertschöpfung und Beschäftigung schaffen, eine konkrete Zahl an neuen Arbeitsplätzen sei jedoch schwer abzuschätzen. Zuletzt betonte Soder die Wichtigkeit von Mitbestimmung und demokratischem Diskurs, um niemanden auf der Strecke zu verlieren. Das Klimavolksbegehren sei einer wichtiger Schritt dazu.
Karl Steininger (Universität Graz) warnte angesichts technologischer Umbrüche davor, dass Österreich durch Versäumnisse beim Klimaschutz den internationalen Anschluss verlieren könnte. Einzelne Länder hätten ihre Reduktionsziele bereits erhöht und erkannt, dass der Umstieg wirtschaftlich attraktiv sei. Exemplarisch griff Steininger das Thema „finanzielle Anreize“ heraus. Falsches Fördern gelte es abzustellen, etwa bei der Pendlerpauschale. Investitionen in Klimaneutralität müssten durch Bepreisung finanziert werden. Die Lenkungseffekte würden von den Menschen unterschätzt, allerdings müsste die Verwendung von Einnahmen klar kommuniziert werden, um die Akzeptanz zu erhöhen. Selbst die Bezeichnung von Abgaben gelte es, aus psychologischen Gründen richtig zu wählen. Steininger erwähnte außerdem notwendige Änderungen bei der Raumordnung und der Reduktion von physischer Mobilität. Kreislaufwirtschaft und Carbon-Management in Industrie und Gewerbe gelte es umzusetzen. Österreich steht gut da beim Ausbau erneuerbarer Energie, nicht jedoch bei der Energieeffizienz. Auch Steininger rief zur Zusammenarbeit aller Beteiligter auf, „damit wir 2040 sagen können: Österreich ist frei -von Treibhausgasemissionen“.
Angela Köppl (Wifo) erinnerte daran, stets ein Gesamtkonzept im Auge zu behalten. Den Rahmen stecke der europäische Green Deal und die geplante Klimaneutralität Österreichs bis 2040 ab. Dazu brauche es einen tiefgreifenden Strukturwandel, so Köppl. Die Politik von heute bestimme die Richtung dieses transformativen Prozesses, der den Klimawandel in allen Bereichen berücksichtigen müsse. Köppl setzte dafür „radikal andere Wirtschaftsstrukturen“ voraus, „mit Kooperationen über Wertschöpfungsketten und Sektoren hinweg“. Auch sie hob die Reform klimaschädlicher Subventionen sowie eine ökologische Steuerreform hervor und verwies auf das Thema Umweltsteuern als „einen der am besten untersuchten Bereiche in der Umweltökonomie“. Es sei erwiesen, dass ökologische Steuern wirken. Hier bestehe noch ein Gegensatz zwischen wissenschaftlicher Forschung und politischer Umsetzung. CO2-Steuern müssten hoch genug sein, damit sie die Entscheidungsfindung von Haushalten und Unternehmen beeinflussen, zugleich aber keine negativen wirtschaftlichen Folgen mit sich bringen. Dies könne man über eine Rückverteilung lösen. Außerdem betonte Köppl, dass Paketlösungen, die mehrere Maßnahmen kombinierten, effektiver seien als einzelne, isolierte Steuern. Auch Köppl betonte eine klare und transparente Kommunikation als Grundlage für die Akzeptanz in der Bevölkerung. Zur Frage umweltschädlicher Subventionen nannte Köppl konkret das Dieselprivileg und die Kerosinbesteuerung als primär notwendige Maßnahmen.
Konsens aller Parteien zu Handlungsbedarf – SPÖ und FPÖ fordern soziale Verträglichkeit bei Klimapolitik
Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP) zeigte sich erfreut, dass die Volkspartei seit Ende der 1980er-Jahre als Pionierin der ökosozialen Marktwirtschaft und in Umweltfragen anerkannt sei: „Wir verkehren heute auf den Schienen, die damals gelegt wurden.“ Heute befinde man sich in der Übergangsphase von fossilen zu erneuerbaren Energieformen. Dieses Ziel werde man hoffentlich in dieser Generation erreichen. Schmuckenschlager zufolge müsse der Umbau so gestaltet werden, „dass die Menschen das im Lebensalltag bewerkstelligen können“. Offene Fragen waren für ihn die Bedeutung der Urbanisierung für den ländlichen Raum sowie die Möglichkeit eines nationalen Alleingangs bei einer CO2-Besteuerung.
Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP) plädierte für Chancengerechtigkeit für den ländlichen Raum sowie für eine gleichwertige Entwicklung. Ihn interessierten benötigte Maßnahmen in der Raumordnung sowie bei Pendlern. Sein Ziel sei, junge Menschen mit gutem Bildungsniveau im ländlichen Raum zu halten.
Wichtigstes Anliegen für Abgeordnete Julia Herr (SPÖ) war die Verträglichkeit von Klimamaßnahmen für Haushalte mit wenig Einkommen oder Vermögen. Diese würden am härtesten getroffen bei Wohnen, Verkehr und Konsum. Offen ist für Herr die Lösung des Energieumstiegs für Menschen in Mietwohnverhältnissen sowie die soziale Treffsicherheit von Lenkungseffekten. Bestimmt brauche es einen Maßnahmenmix, ist auch Herr überzeugt. Eine entsprechende Liste von umweltschädigendenden Subventionen liege aber bislang immer noch nicht vor. Eine solche Liste müsse in einen gemeinsamen Antrag einfließen. Von den ExpertInnen wollte Herr noch Einschätzungen zu den erwartbaren Arbeitsplatzeffekten aufgrund von Klimaschutzmaßnahmen erhalten.
Den sozialen Aspekt im Zusammenhang mit Klimaschutz betonte auch Abgeordneter Walter Rauch (FPÖ), der Kritik an der jüngst erfolgten Reform der NoVa übte. Deren Effekt sei nach hinten losgegangen, denn kleinere Pkws seien teurer geworden. Lösungen beim öffentlichen Verkehr im ländlichen Raum sowie bei der Landflucht seien erforderlich. Rauch thematisierte die potenziellen Lenkungseffekte bei der Mobilität und von CO2-Steuern. Auch sein Fraktionskollege Erwin Angerer stellte die NoVA-Erhöhung infrage und erwartete sich eine Ankündigung kommender ökologischer Steuermaßnahmen. Kritisch betrachtete er den Abbau von Ressourcen für die Elektromobilität.
Abgeordneter Jakob Schwarz (Grüne) nutze seinen Redebeitrag, um auf bereits umgesetzte Maßnahmen aus dem Regierungsprogramm hinzuweisen. Nun brauche es noch eine ambitionierte CO2-Bepreisung. Schwarz beschäftigte vor allem die Problematik, die Bevölkerung bei kommenden Maßnahmen bestmöglich mitzunehmen.
Ausschussvorsitzender Lukas Hammer (Grüne) wies auf den Widerspruch hin, dass vieles in der Forschungslage klar sei, politisch aber nicht umgesetzt würde. Außerdem sei Arbeit hochbesteuert, Umweltverschmutzung niedrig. Das gelte es zu ändern. Wissen wollte Hammer, wie hoch die volkswirtschaftlichen Folgen einer 4-Grad-Erwärmung für Österreich seien. BürgerInnen-Räte zur Erhöhung der Akzeptanz sah auch Hammer als gutes Instrument.
„Den Mut haben, revolutionärer zu denken“, regte Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS) in der Debatte an. Es brauche mehr als die Sorge, nur den kleinstmöglichen Schritt zu machen. Bernhard verlangte eine Auflistung von umweltschädlichen Subventionen durch das Finanzministerium und vermutete Verzögerungen als Folge des Förderalismus. Bernhard thematisierte des Weiteren die Ausweitung des Zertifikatehandels sowie die notwendige Mobilisierung von Kapital für Sanierungen am Wohnungsmarkt. Abgeordneter Yannick Shetty (NEOS) plädierte dafür, Richtiges zu tun und Falsches zu unterlassen. Was die Wissenschaft sage, sei klar, es liege nun an den Politikern. Auch Shetty konzentrierte sich vor allem auf die Kritik an umweltschädlichen Subventionen.
Umweltministerin wirbt für Regierungsvorhaben und Konjunkturpakete
Umweltministerin Leonore Gewessler dankte den InitiatorInnen des Klimavolksbegehrens und betonte die Wichtigkeit des Themas. Im Ministerium sei in den letzten Monaten intensiv an Fragestellungen zur Erreichung der Klimaziele gearbeitet worden, einiges sei noch zu tun. Viel weitergebracht habe man bei der Finanzierung der klimafreundlichen Mobilität, verwies Gewessler auf das Budget. Das freue sie als ehemalige Vertreterin der Zivilgesellschaft sehr. Neben der Förderung für Photovoltaik habe man bei der Investitionsprämie im Rahmen des COVID-19-Konjunkturpakets das Augenmerk auf den Klimaschutz gelegt und klimaschädliche Investitionen ausgeschlossen. „Die Investitionen sind die Schwungmasse für das Upgrade, um das Land schöner, sauberer und lebenswerter zu machen“, freute sich Gewessler. Eine Studie zum Potenzial sogenannter „Klimajobs“ werde „in den nächsten Wochen fertig“ und gehe dann dem Parlament zu. Beim „Sorgenkind“ Verkehr setze man auf Investitionen in die Schieneninfrastruktur und ein „ganzheitliches Angebot“ für die NutzerInnen, warb die Ministerin für eine Mobilitätswende. Zugleich habe man sich bewusst gegen eine Autobahn durch das Waldviertel entschieden. Mit jedem weiteren Gesetz werde man ein paar Meter im Klimaschutz gutmachen, denn „die Klimakrise ist die historische Aufgabe aller, die Politik machen“, so Gewessler.
Einigkeit über Bedarf nach Ausbau klimafreundlicher Mobilität
Wilhelm Bergthaler vom Institut für Umweltrecht an der Johannes-Keppler-Universität sagte zur nachhaltigen Gestaltung von Mobilität und Energie, dass die beiden Bereiche Infrastrukturabhängigkeit und Technologieaffinität gemeinsam hätten. Aus seiner Sicht brauche es eine Förderung der Innovation bei der Entwicklung von umweltfreundlichen Technologien. Für den kleinteiligen Forschungsbereich gebe es in Österreich bereits entsprechende Freiräume, in größerem Maßstab würden aber Genehmigungswege immer noch auf Basis des bestehenden Stands der Technik bestritten werden müssen. Bei der Infrastruktur müsse es gelten, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Hier biete sich die strategische Umweltprüfung als geeignetes Instrument an. Planungskonflikte sollen durch Partizipation bereits am Beginn von Genehmigungsprozessen stehen, sagte Bergthaler auf entsprechende Frage von Astrid Rössler (Grüne). Dadurch würde eine bessere Planungssicherheit erreicht werden. Michael Bernhard (NEOS), der sich nach Maßnahmen zur Effektivierung von Umweltverträglichkeitsprüfungen erkundigte, antwortete Bergthaler, dass Grundsatzfragen und Variantenprüfungen ebenfalls an den Beginn eines solchen Genehmigungsverfahren gelegt werden sollten. Weiteres Potenzial im Bereich des Klimaschutzes ortete Bergthaler in der Raumordnung sowie bei der Fernwärme bzw. Fernkälte. Eine Zweckbindung von klimarelevanten Abgaben würde die Akzeptanz von entsprechenden Maßnahmen erhöhen. Die öffentliche Hand könne zudem zu einem Vorreiter beim Klimaschutz werden, indem das Beschaffungswesen angepasst würde und z.B. bei der Vergabe von Bauaufträgen klimarelevante Faktoren zum Tragen kämen. Auch auf EU-Ebene seien noch nicht alle Instrumente ausgeschöpft, unterstrich er in Richtung von Robert Laimer (SPÖ). So sei die Seewirtschaft derzeit nicht vom Emissionshandel umfasst.
Dietrich Wertz betonte, dass wirkungsvoller Klimaschutz nur mit einer wirkungsvollen Energiewende möglich sei. Vor allem die Energieimporte würden zu großen Teilen aus fossiler oder Atomenergie gewonnen werden. Eine Klima-, Energie- und Verkehrswende sei technologisch möglich und wirtschaftlich geboten. Eine große Chance für den Klimaschutz ortet er in der CO2-neutralen Sonnenenergie, die technologisch und wirtschaftlich eine gute alternative Energiequelle darstelle. Eine Wende sei aber auch vom Wahlvolk gewünscht, würde aber durch verschiedene Institutionen gebremst. Daher müsse es gelten, dass neben dem Klimavolksbegehren, Gesetzgeber, BürgerInnen, Wissenschaft und Wirtschaft an einem Strang ziehen. Als daraus resultierenden Maßnahmen schlägt Wertz eine ökologische Steuerreform vor, die den Faktor Arbeit entlastet und fossil-nukleare Energie belastet. Mit der Reform solle auch der Ausbau der direkten Demokratie sowie Bürokratieabbau einhergehen. Eine solche Reduktion würde nicht nur dem Staat Geld ersparen, sondern auch Unternehmen und KonsumentInnen, sagte er auf Nachfrage von Gerhard Deimek (FPÖ). Beim Wärmemarkt müsse es gelten, die Bauordnungen im Hinblick auf Sanierungen zu „entrümpeln“, da diese stark auf Neubauten ausgelegt seien. Auch brauche es bei Infrastrukturprojekten klar geregelte Zuständigkeiten.
Weiters könnten aus der Zusammenarbeit zwischen Gesetzgebung und BürgerInnen Programme entstehen, aus der Überarbeitungen der StVO und des Eisenbahngesetzes resultieren könnten, wobei insbesondere die „Last Mile“ am Ende von Transportwegen von Gütern und Personen in den Blick genommen und Rahmenbedingungen geschaffen werden sollen. Joachim Schnabel (ÖVP) machte in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass entsprechende Verkehrsangebote wegen mangelnder Integration in andere Netze oftmals nicht angenommen würden, was auch in der Entwicklung des 1-2-3-Tickets berücksichtigt werden müsse. Nikolaus Berlakovich (ÖVP) betonte die Schwierigkeit, periphere Gemeinden an den öffentlichen Verkehr anzuschließen. Im Südburgenland habe es viele Initiativen von Gemeinden gegeben, die schließlich nicht erfolgreich waren. In Richtung von Gerhard Deimek sagte Wertz, dass die Verschränkung von Straße und Schiene niederschwelliger gestaltet werden müsse. Die beiden Verkehrswege sollten nicht gegeneinander ausgespielt, sondern vielmehr besser ineinander integriert werden. Auch ortet er im Paketwesen Potenzial, indem die letzten Wegstrecken durch bessere Verteilsystemen reduziert werden könnten.
Harald Frey vom Institut für Verkehrswissenschaften der TU Wien unterstrich, dass die Gemeinden großen Einfluss auf die Gestaltung der letzten Transportkilometer hätten. Hier müsse es gelten, frühere Fehler nicht zu wiederholen, Lösungen gemeinsam mit den Kommunen zu erarbeiten und übergeordnete Rahmenbedingungen zu schaffen, sagte er in Richtung von Astrid Rößler und Martin Litschauer (beide Grün). So sei auch im Bahnnetz eine Hierarchie notwendig, in der die ÖBB regionale Anknüpfungsstellen schafft, an die sich regionale Verkehrsbetriebe anbinden können. Generell müsse laut Frey das Verkehrsaufkommen durch den motorisierten Individualverkehr reduziert werden. Diesem würde zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt – angesichts dessen, dass mit dem Umstieg auf alternativen Antriebe allein die Klimaziele im Verkehr nicht erreicht werden könnten. Dabei dürfe es nicht um ein Entweder-oder bei der Umsetzung von Maßnahmen gehen, sondern um ein Sowohl-als-auch. Von Michael Bernhard (NEOS) auf die dringendsten Maßnahmen angesprochen, nannte Frey unter anderem Tempolimits oder die Einführung einer CO2-Steuer. Er gab zu bedenken, dass einfach umsetzbare und schnell wirkende Maßnahmen oftmals politisch schwer durchsetzbar seien.
Für Frey bildet auch die Einbeziehung der Umwelt-, Klima- und Mobilitätspolitik in die Raumplanung eine wichtige Rolle. Insbesondere der Bodenverbrauch werde zu einem wichtigen Thema werden, wie auch Astrid Rößler vor allem im Hinblick auf die Artenvielfalt und Michael Bernhard unterstrichen. Hier sind laut Frey unter anderem ein Widmungsstopp, Nachweispflicht für Stellplätze oder Entsiegelungsmaßnahmen anzudenken. Aber auch eine Versiegelungsabgabe sei vorstellbar. Trotz der von Bernhard angesprochenen Raumordnungskompetenz bei den Gemeinden, verfüge der Bund laut Frey mit der strategischen Umweltprüfung und den Klimachecks ebenfalls über Instrumente in diesem Bereich. Es sei auch wichtig, die Gemeinden nicht zu schwächen. Gerhard Deimek betonte, dass eine Absiedelung aus Wohngebieten vermieden werden müsse. Für Walter Rauch (FPÖ) ist ein interkommunaler Finanzausgleich vorstellbar, für den sich Regionen und Bezirke zusammenschließen könnten.
Gewessler: Volksbegehren zeigt Rückendeckung der BürgerInnen für Klimaschutz
Die Klimawende geht für Umweltministerin Leonore Gewessler vor allem im Bereich der Mobilität mit einer Elektrifizierung einher, zumal diese deutlich effizienter als Wasserstoff sei. Dem dadurch steigenden Strombedarf könne man mit kreativen Ideen begegnen, wie etwa der Nutzung der E-Mobilität als Puffer zum Erhalt der Netzstabilität, sagte sie in Richtung von Walter Rauch (FPÖ) und Joachim Schnabel (ÖVP). Dennoch gebe es Gewessler zufolge noch zu wenig Strom, um den zu erwartenden Bedarf zu decken. Hier setzt die Ministerin unter anderem auf das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz und das Energieeffizienzgesetz, das sich kurz vor der Fertigstellung befinde, wie sie auf entsprechende Frage von Cornelia Ecker (SPÖ) betonte. Ihr gegenüber unterstrich Gewessler, dass die Transformation hin zur Klimaneutralität ein forschungs-, wirtschafts- und arbeitsmarktpolitisches Thema sei. Hier stehe man im Bereich der Green Jobs vor vielen Aufgaben, aber auch Chancen. Von Robert Laimer (SPÖ) auf die Schaffung einer flächendeckenden Lkw-Maut angesprochen, sagte die Ministerin, dass dies im Zuge der Ausarbeitung der Steuerreform thematisiert werde. Zum Klimavolksbegehren sagte die Ministerin, dass es nicht nur aufgezeigt habe, wie groß der Auftrag im Klimaschutz sei, sondern auch wie viel Rückendeckung es dafür aus der Bevölkerung gebe.
Rogenhofer: Angst vor Veränderung darf keine Entschuldigung mehr sein
Die beiden Expertenhearings zum Klimavolksbegehren haben für die Bevollmächtigte des Klimavolksbegehrens, Katharina Rogenhofer, viel Einigkeit über den Handlungsbedarf zutage gefördert. Die Zeit der reinen Beratungen sei nun aber vorbei und es müsse in die Umsetzung übergegangen werden. Schließlich würden wir wissen, welche Kosten auf uns zukommen, wenn wir nicht handeln. Ein Weiter-wie-bisher dürfe es nicht geben und die Angst vor Veränderung dürfe keine Entschuldigung mehr sein. „Wenn nichts passiert, ändert sich vieles“, mahnte Rogenhofer. Noch würden wir uns noch entscheiden können, was wir tun und so könnte 2021 das Jahr sein, in dem wir beginnen könnten, unseren Kindern eine intakte Welt zu hinterlassen. Es sei wichtig, in den Dialog über das Finden von Alternativen in der Mobilität zu treten. Ziel müsse es sein, so viele Menschen wie möglich mit möglichst wenig Ressourcen zu transportieren. Aber technologische Möglichkeiten können ihr zufolge das Problem nicht alleine lösen. Es braucht auch eine Steuerreform, Planungssicherheit sowie Maßnahmen, die sozial ausgeglichen sind, wirtschaftlich sinnvoll sind und ökologisch greifen. Das Volksbegehren habe knapp 400.000 Menschen hinter sich versammelt, die BürgerInnen wollen mitgestalten und nun liege es an der Politik, einen konkreten Fahrplan hin zur Klimaneutralität zu beschließen. (Schluss Umweltausschuss) cke/see
HINWEIS: Die Sitzung des Umweltausschusses ist als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
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