Hauptausschuss: Aufenthaltsrecht für Vertriebene aus der Ukraine um ein Jahr verlängert
Zustimmung auch zu Niederlassungsverordnung und Pauschalvergütung von Verfahrenshelfer:innen
Das Aufenthaltsrecht für aus der Ukraine vertriebene Menschen wird bis 4. März 2024 gewährt. Der Hauptausschuss genehmigte heute eine Änderung der entsprechenden Vertriebenen-Verordnung mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS. Außerdem gab er grünes Licht für die Niederlassungsverordnung 2023, mit der geregelt wird, dass im Jahr 2023 höchstens 5.951 Personen nach Österreich einwandern dürfen.
Mehr Mittel wird es künftig für die Pauschalvergütung für Verfahrenshelfer:innen geben. Der entsprechenden Verordnung der Justizministerin stimmte der Hauptausschuss ebenso zu wie der Nominierung des Tiroler Landeshauptmanns Anton Mattle als ordentliches Mitglied im Ausschuss der Regionen der EU.
AUFENTHALTSRECHT FÜR UKRAINER:INNEN BIS MÄRZ 2024
Die Vertriebenen-Verordnung wurde im März 2022 in Umsetzung einer EU-Richtlinie erlassen und gewährte zunächst ein Aufenthaltsrecht für Menschen aus der Ukraine bis 3. März 2023. Das Aufenthaltsrecht hätte sich zweimal automatisch um sechs Monate verlängert, sofern es nicht davor auf EU-Ebene beendet worden wäre. Nachdem die Europäische Kommission im Oktober 2022 bekanntgegeben hat, dass sie keine Beendigung vorschlagen wird, wird nun die österreichische Verordnung angepasst. Der Aufenthaltstitel wird damit ohne Notwendigkeit einer Verlängerung bis 4. März 2024 gewährt (210/HA). Damit will die Regierung Rechtssicherheit für Betroffene schaffen und den Verwaltungs- und Kostenaufwand verringern. Die Änderung wird eine Woche nach ihrer Kundmachung in Kraft treten.
Innenminister Gerhard Karner erläuterte, dass die EU-Richtlinie auf drei Jahre angelegt sei und sich nach einem Jahr automatisch verlängere, wenn es keinen gegenteiligen Beschluss des Rats gebe. Aktuell sei das Innenministerium damit beschäftigt, die Ausweise für die Geflüchteten aus der Ukraine neu zu produzieren, damit diese angesichts der Verlängerung ihre Gültigkeit nicht verlieren. Seit 24. Februar 2022 seien insgesamt 90.994 Personen gemäß Vertriebenen-Verordnung erfasst worden. Rund 66.000 davon befinden sich laut Innenminister noch im Land.
Georg Bürstmayr (Grüne) begrüßte, dass das Aufenthaltsrecht gleich für ein weiteres Jahr gewährt wird. Man hätte die Verlängerung auch um zweimal sechs Monate vornehmen können. So aber werde Rechtssicherheit geschaffen und der Verwaltungsaufwand minimiert. Bürstmayr plädierte dafür, so früh wie möglich Schritte zur Integration der Geflüchteten zu setzen. Schließlich sei damit zu rechnen, dass ein erheblicher Anteil der Menschen im Land bleiben wird. Der Innenminister bestätigte, dass laut Schätzungen etwa 50 % der Ukrainer:innen in Österreich bleiben wollen. Man werde rasch darüber beraten, wie der Aufenthaltsstatus dieser Personen künftig geregelt werden könne.
Wolfgang Gerstl (ÖVP) befürwortete die Verordnung, weil damit eine sichere Zuflucht vor den Schrecken des Krieges geschaffen werde. Aus seiner Sicht sei das Augenmerk sowohl auf die Integration der Geflüchteten als auch auf die nach wie vor besorgniserregende Situation in der Ukraine zu legen.
Dagmar Belakowitsch (FPÖ) fragte, wie die Diskrepanz zwischen über 90.000 erfassten und nur rund 66.000 aufhältigen Personen zustande komme. Viele Menschen seien in die Ukraine zurückgekehrt oder in ein anderes Land weitergereist, gab Karner Auskunft. Petra Steger (FPÖ) kritisierte die Verordnung, weil sie aus ihrer Sicht nach wie vor Tür und Tor für Missbrauch durch Drittstaatsangehörige öffne. Konkrete Zahlen zu Personen, die aus anderen Staaten stammen und in der Ukraine ein Aufenthaltsrecht hatten, bevor sie nach Österreich gekommen sind, werde er nachreichen, sagte der Innenminister, nachdem Steger und Belakowitsch sich danach erkundigt hatten. Es handle sich jedenfalls um einen sehr, sehr kleinen Teil, so Karner.
2023 DÜRFEN WENIGER NIEDERLASSUNGSBEWILLIGUNGEN ERTEILT WERDEN
Mit den Stimmen von ÖVP und Grünen billigte der Hauptausschuss die vom Innenminister vorgelegte Niederlassungsverordnung 2023 (213/HA). Demnach dürfen im Jahr 2023 – abseits von Schlüsselkräften im Besitz einer Rot-Weiß-Rot-Karte und EU-Bürger:innen – höchstens 5.951 Personen nach Österreich einwandern. Im Vorjahr durften noch 6.020 quotenpflichtige Aufenthaltstitel vergeben werden.
Die niedrigere Gesamtzahl der Aufenthaltstitel ergibt sich laut Erläuterungen aus einer kürzlich erlassenen Novelle zur Rot-Weiß-Rot-Karte. Demnach unterliegen Aufenthaltstitel für Personen, die einen Daueraufenthaltstitel in einem anderen EU-Mitgliedstaat besitzen und in Österreich eine Rot-Weiß-Rot-Karte beantragen, nicht mehr der Quotenpflicht.
Den Großteil der für 2023 festgelegten Aufenthaltstitel dürfen Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörden für den Familiennachzug von Drittstaatsangehörigen vergeben. Dafür sind maximal 5.130 Aufenthaltstitel vorgesehen. 440 Aufenthaltstitel dürfen an sogenannte „Privatiers“ erteilt werden, 89 für den europarechtlichen Mobilitätsfall von Drittstaatsangehörigen mit einem ausländischen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“. 292 Aufenthaltstitel stehen für Zweckänderungen vom Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“ auf den Titel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ zur Verfügung.
Für die einzelnen Bundesländer gibt es laut Niederlassungsverordnung 2023 folgende Maximalquoten: Burgenland 76, Kärnten 188, Niederösterreich 433, Oberösterreich 795, Salzburg 421, Steiermark 588, Tirol 371, Vorarlberg 214 und Wien 2.865.
Laut Innenminister Karner gibt es mit der neuen Verordnung nur geringfügige Änderungen zum Vorjahr. Von Kai Jan Krainer (SPÖ) gefragt, welche Bundesländer im Jahr 2022 die Familienzusammenführungsquote ausgeschöpft haben, legte Karner dar, dass man dies Ende Jänner noch nicht abschließend beantworten könne. Es sei aber davon auszugehen, dass alle Bundesländer diese Quote ausgeschöpft haben.
Nikolaus Scherak (NEOS) kritisierte das System, das Menschen in Quoten pro Bundesland zusammenfasse, und bezeichnete es als antiquiert. Österreich brauche dringend ein modernes Einwanderungsgesetz, mit dem gut qualifizierte Personen nach Österreich gebracht werden können, so Scherak. Maria Theresia Niss (ÖVP) stimmte zwar zu, dass es wesentlich sei, wie Österreich sich als Einwanderungsland für gut qualifizierte Arbeitskräfte darstelle, betonte aber, dass es bei der vorliegenden Verordnung hauptsächlich um Familiennachzug und damit um etwas anderes gehe.
Dagmar Belakowitsch (FPÖ) äußerte sich negativ zur Verordnung. Wenn Zuzug zugelassen werde, müsse man darauf Rücksicht nehmen, welche Arbeitskräfte das Land brauche, und dürfe nicht Tür und Tor für die ganze Welt öffnen. Für Georg Bürstmayr (Grüne) geht es darum, qualifizierten Arbeitskräften Perspektiven zu bieten, wenn man sie ins Land holen möchte. Das funktioniere insbesondere durch eine unbürokratische Ermöglichung von Familiennachzug, meinte er.
SONDERPAUSCHALE FÜR VERFAHRENSHELFER:INNEN
Für die Pauschalvergütung für Verfahrenshelfer:innen stellt der Bund ab 2023 mehr Mittel zur Verfügung. Der Hauptausschuss erteilte der entsprechenden Verordnung der Justizministerin einhellig seine Zustimmung (212/HA). Rechtsanwält:innen, die insbesondere im Rahmen der Verfahrenshilfe bestellt und ohne direkten Entlohnungsanspruch gegenüber ihrer Partei tätig sind, haben Anspruch auf Vergütung ihrer Leistungen durch die Rechtsanwaltskammern. Die Kammern bekommen die Mittel dafür vom Bund zur Verfügung gestellt. Diese Summe wird aufgrund der Teuerung nun erhöht: Ab 2023 stellt der Bund jährlich 23 Mio. € dafür zur Verfügung. Die dafür nötigen Mittel stehen laut Vorlage aus dem Justizressort im Rahmen des Bundesfinanzgesetzes zur Verfügung.
Justizministerin Alma Zadić zeigte sich erfreut über die Anhebung der Pauschalvergütung, die damit auf einen aktuellen und angemessenen Stand gebracht werde. Aus ihrer Sicht ist die Möglichkeit der Verfahrenshilfe ein wesentliches Element zur Sicherstellung eines gleichen und fairen Zugangs zum Recht.
Auch Agnes Sirkka Prammer (Grüne) bezeichnete es als wesentlich, die Leistungen der Verfahrenshelfer:innen adäquat zu vergüten und fand daher die Erhöhung der Pauschale fair und richtig. Nikolaus Scherak (NEOS) äußerte ebenfalls seine Zustimmung. Martin Graf (FPÖ) signalisierte zwar auch seine Zustimmung, sprach sich aber für eine Reform des aus seiner Sicht antiquierten Systems der Abgeltung der Verfahrenshilfe aus.
TIROLER LANDESHAUPTMANN ANTON MATTLE WIRD ALS MITGLIED IM ADR NOMINIERT
Der Hauptausschuss wurde zudem über die Nominierung des Tiroler Landeshauptmanns Anton Mattle als ordentliches Mitglied im Ausschuss der Regionen der EU (AdR) unterrichtet. Mattle folgt dem vorigen Landeshauptmann Günther Platter nach, dessen Mandat im AdR mit der Neukonstituierung des Tiroler Landtags am 25. Oktober 2022 geendet hat (211/HA). Alexandra Tanda (ÖVP) bezeichnete Mattle als „glühenden Europäer“ und zeigte sich überzeugt, dass er die Aufgabe mit bestem Wissen und Gewissen erledigen werde.
Nach dem Ausscheiden des ehemaligen FPÖ-Mandatars Reinhard Eugen Bösch aus dem Nationalrat mussten zudem zwei Ausschussfunktionen neu gewählt werden. Christian Hafenecker (FPÖ) wurde einstimmig zum neuen Schriftführer im Hauptausschuss gewählt. Axel Kassegger (FPÖ) folgt Bösch als neues Mitglied im Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union nach. Auch dieser Wahlvorschlag wurde einhellig angenommen. (Schluss) kar
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