Verkehrsausschuss: Kosten von CO2-Emissionen ab 2024 in LKW-Maut eingerechnet
Gewessler sieht wichtigen Schritt zu mehr Kostenwahrheit im Güterverkehr
Die Umsetzung der neuen Wegekostenrichtlinie der EU bringt einige Neuerungen im österreichischen Mautsystem mit sich. Der Verkehrsausschuss sprach sich heute für entsprechende Änderungen im Bundesstraßen-Mautgesetz und im ASFINAG-Gesetz aus. Verkehrsministerin Leonore Gewessler zeigte sich erfreut darüber, dass mit der Neuregelung ein Schritt zu mehr Kostenwahrheit und zur „Ökologisierung der LKW-Maut“ gesetzt werden könne. Wesentliches Element der Neuregelung ist eine abgestufte Maut für den Schwerverkehr, in die neben Infrastruktur und Lärmemissionen erstmals auch die Höhe der CO2-Emissionen einfließt. Damit soll erreicht werden, dass in wenigen Jahren eine deutlich schadstoffärmere LKW-Flotte auf den Straßen unterwegs ist.
Als Teil der Maßnahmen gegen die Teuerung soll es zudem 2024 keinen Anstieg der Infrastrukturkosten und der Vignettenpreise geben. Die Novelle wurde mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS beschlossen. Ein Antrag der SPÖ, eine Bemautung von Wohnmobilen per Vignette zu ermöglichen, fand nur die Unterstützung der FPÖ und blieb damit in der Minderheit.
Gemeinsam mit der Novelle wurden zwei Initiativanträge der Koalitionsfraktionen debattiert und unter Berücksichtigung von Abänderungsanträgen, die noch Klarstellungen vornahmen, einstimmig beschlossen. Im ASFINAG-Gesetz wird damit der Prozentsatz, den die ASFINAG aus den von ihr eingehobenen Benützungsentgelten für Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltsituation aufzuwenden hat, auf 3 % angehoben. Im Bundesstraßengesetz wird festgelegt, dass künftig Photovoltaikanlagen in unmittelbarer Nähe zur Fahrbahn als Bestandteile einer Bundesstraße gelten können.
Der Jahresbericht 2022 der Schienen-Control zeigt einige positive Entwicklungen am österreichischen Eisenbahnmarkt auf, insbesondere im Personenverkehr. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.
NEUE MAUTKATEGORIEN FÜR SCHWERVERKEHR SOLLEN CO2-EMISSIONEN SENKEN
Mit einer Novelle des Bundesstraßen-Mautgesetzes und des ASFINAG-Gesetzes setzt Österreich die neue Wegekostenrichtlinie um (2204 d.B.). Damit wird für Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen technisch zulässiger Gesamtmasse, die fahrleistungsabhängige Maut, die über elektronische Systeme eingehoben wird, neu geregelt. Künftig werden nicht nur Infrastrukturkosten und verkehrsbedingte Kosten durch Luftverschmutzung und Lärmbelastung einbezogen, sondern auch die durch CO2-Emissionen entstehenden Kosten mitberücksichtigt.
Verkehrsministerin Gewessler sah in der Novelle einen wichtigen Schritt in Richtung der Ökologisierung des Mautsystems und zu mehr Kostenwahrheit im Straßenverkehr. Die Einführung des neuen Preissystems werde von 2024 bis 2026 stufenweise erfolgen und die Valorisierung der Tarife für die Einrechnung der Infrastrukturkosten in die Maut für 2024 werde ausgesetzt. Darauf habe man sich im Sine der Entlastung der Unternehmen geeinigt. Auch bei der Festlegung der Vignettenpreise für das Jahr 2024 wolle man Menschen, die auf das Auto angewiesen sind, entlasten, weshalb die Vignettenpreise auf dem Niveau des Jahres 2023 bleiben sollen, sagte Gewessler.
Auch für das Vignettensystem sind aufgrund der neuen EU-Richtlinie einige Neuerungen vorgesehen. So soll zusätzlich eine Eintagesvignette geschaffen und eine fixe Preisstaffelung für die unterschiedlichen Vignettentypen eingeführt werden.
Aus Sicht von Julia Herr (SPÖ) wurde mit der Neuregelung der Maut die Gelegenheit versäumt, echte Lenkungseffekte zu erzielen. Um Kostenwahrheit und damit eine Verlagerung des Schwerverkehrs auf die Schiene zu erreichen, müsste eine flächendeckende Maut geschaffen werden. Nun habe man nicht einmal die Möglichkeiten, die die EU für die CO2-Bepreisung einräume, voll ausgeschöpft. SPÖ-Verkehrssprecher Alois Stöger sah einige legistisch fragwürdige Aspekte der Novelle. So sei die Festlegung der Fahrzeuggruppen, die der CO2-Bepreisung unterliegen werden, unklar geregelt und werde verfassungsrechtlich nicht haltbar sein. SPÖ-Abgeordneter Dietmar Keck zeigte sich enttäuscht darüber, dass bei der Änderung des Mautgesetzes die Gelegenheit versäumt wurde, Wohnmobile der Gewichtsklasse von 3,5 bis 7,5 Tonnen in das Vignetten-System einzubinden, wie er es seit Längerem fordere (1079/A(E)). Die Neuregelung bringe sogar eine Verschlechterung.
FPÖ-Verkehrssprecher Christian Hafenecker sah eine überhastet ausgearbeitete Gesetzesnovelle, die eine Reihe von fragwürdigen Punkten enthalte. So sei die Abgrenzung der Fahrzeuggruppen, die der fahrleistungsabhängigen Maut unterliegen, unklar und könnte Probleme mit Lenkerberechtigungen nach sich ziehen, da etwa bestimmte PKW-Klassen plötzlich als Schwerfahrzeuge definiert werden könnten. Die CO2-Bepreisung sei aus Sicht seiner Fraktion ein verfehlter Ansatz und schaffe nur einen weiteren inflationstreibenden Faktor, kritisierte der Abgeordnete. Eine Eintagesvignette sei zudem weitgehend sinnlos.
ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger hielt der Kritik der FPÖ entgegen, dass die CO2-Bepreisung Teil eines größeren Konzepts einer ökosozialen Steuerreform sei, zu der seine Fraktion auch stehe. Die Argumentation der SPÖ lasse Stringenz vermissen, da sie einerseits eine Entlastung der Bevölkerung und eine Ökologisierung fordere, aber gegen alles stimme, was in diese Richtung gehe.
Für Hermann Weratschnig (Grüne) handelt es sich um eine Novelle „mit Hausverstand“, die einerseits den Einstieg in die CO2-Bepreisung ermöglicht, eine zu starke Belastung der Bevölkerung und Unternehmen aber vermeidet. Was die Regeln für Wohnmobile betreffe, so habe man eine Übergangsfrist von fünf Jahren geschaffen und werde dann eine Evaluierung vornehmen. Die Gefahr einer Verschlechterung sehe er jedenfalls nicht.
Verkehrsministerin Gewessler meinte, sie sei nicht sehr glücklich über die Eintagesvignette, diese werde aber durch die EU-Regelungen vorgegeben. Einen positiven Effekt könnte diese aber insofern haben, indem sie dazu beiträgt, den Tagestourismus in Grenzregionen auf dem höherrangigen Straßennetz zu halten.
ANHEBUNG DES MAUT-ANTEILS ZUR FINANZIERUNG VON UMWELTMASSNAHMEN
Laut ASFINAG-Gesetz ist ein Prozent der Netto-Benützungsentgelte auf allen Sondermautstrecken für Umweltmaßnahmen der Bundesländer in den jeweils vom Transitverkehr besonders betroffenen Umgebungen vorgesehen. Das entspreche einem Betrag von rund 4,4 Mio. €, führte Hermann Weratschnig (Grüne) aus. Da der Finanzierungsbedarf für solche „lebensverbessernde“ Maßnahmen allerdings stark gestiegen sei, solle der Prozentsatz der von der ASFINAG eingehobenen Netto-Benützungsentgelte für Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltsituation auf 3 % erhöht werden (3535/A). Vorgesehen sei eine Zweckbindung der Mittel für Maßnahmen zur Verbesserung des Lärm- und Emissionsschutzes, für die Stärkung des Umweltschutzes in den jeweils betroffenen Regionen, für Verbesserungen der Verkehrssicherheit, für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, zur Reduktion der gesamten Verkehrsbelastung und für Investitionen in Radwege verwendet.
PHOTOVOLTAIKANLAGEN WERDEN INS BUNDESSTRASSENGESETZ AUFGENOMMEN
Ein Initiativantrag von ÖVP und Grünen zum Bundesstraßengesetz sieht vor, dass Photovoltaikanlagen in unmittelbarer Nähe zur Fahrbahn in die Aufzählung jener Anlagen aufgenommen werden, die als Bestandteile einer Bundesstraße gelten (3536/A). Voraussetzung dafür soll sein, dass diese Anlagen entweder auf Flächen im Eigentum der Republik Österreich stehen und der ASFINAG für Zwecke des Fruchtgenusses dienen oder dass sie unmittelbar im Eigentum der ASFINAG stehen. Dadurch könne der dringend notwendige Ausbau der Photovoltaik vorangetrieben werden, begründete Hermann Weratschnig (Grüne) die Initiative.
Auf die Frage von Klaus Köchl (SPÖ) zur Definition von „unmittelbarer Nähe“ erklärte Verkehrsministerin Gewessler, die Festlegung eines Abstands in Metern sei als nicht zielführend betrachtet worden. Die Erläuterungen würden daher Kriterien anführen, wie diese Nähe zu verstehen sei.
TÄTIGKEITSBERICHT DER SCHIENEN-CONTROL GMBH 2022 ZEIGT ERHOLUNG DES EISENBAHNMARKTS
Die Schienen-Control GmbH ist die unabhängige Regulierungsbehörde für den Eisenbahnmarkt in Österreich. Der Jahresbericht für 2022 (III-983 d.B.) zeige, dass es nach dem deutlichen Rückgang des Verkehrs während der COVID-19-Pandemie im Schienenpersonenverkehr einen neuerlichen Anstieg bei allen Leistungsindikatoren gegeben habe, zeigte sich Verkehrsministerin Gewessler zufrieden. Aus ihrer Sicht seien nicht nur das Ende der Pandemie, sondern auch Leistungsausweitungen der Grund dafür, dass man an den erfreulichen Wachstumstrend der Jahre vor 2020 anknüpfen konnte. Im Schienengüterverkehr habe sich der Wachstumstrend allerdings nicht fortgesetzt, doch seien Aufkommen und Verkehrsleistung weitgehend stabil geblieben.
Die SPÖ-Abgeordneten Alois Schroll und Alois Stöger sowie ÖVP-Abgeordneter Franz Eßl, fragten nach den Gründen für die Schwierigkeiten des Güterverkehrs.
Maria-Theresia Röhsler, Geschäftsführerin der Schienen-Control GmbH, die als Auskunftsperson in den Ausschuss eingeladen worden war, führte aus, dass der Rückgang im Güterverkehr nicht nur mit der Pandemie zu tun habe. Weitere Faktoren seien die unterschiedliche Entwicklung der Energiepreise. So seien die Kosten für Strom weniger stark gesunken als die Mineralölpreise. Der Wettbewerbsdruck der Straße habe sich dementsprechend erhöht. Den Unternehmen fehle es auch an Wagenmaterial und an Personal.
Verkehrsministerin Gewessler wies darauf hin, dass Schiene und Straße zu verschiedenen Marktbedingungen agieren müssten. So sei der Markt für Wagenmaterial aufgrund von Lieferausfällen derzeit angespannt. Auf die Frage von Rebecca Kirchbaumer (ÖVP), wie man auf das Problem der fehlenden Trassen für den Güterverkehr reagieren wolle, verwies Gewessler auf die Arbeiten an einem kapazitätsorientierten Trassenmanagement. Auf die Anmerkung von NEOS-Abgeordneter Katharina Werner, dass sich der Anstieg der Mittel für die Bestellung gemeinwirtschaftlicher Leistungen nicht in einer entsprechenden Erhöhung der bestellten Zugkilometer widerspiegle, merkte die Verkehrsministerin an, dass neben Zugkilometern bei den Eisenbahnunternehmen auch andere Leistungen bestellt würden. Zur Zulassung von Zugmaterial aus China erfuhr FPÖ-Abgeordneter Walter Rauch, dass dieses hauptsächlich über die Europäische Eisenbahnagentur erfolge und Österreich nur punktuell eingebunden werde. (Fortsetzung Verkehrsausschuss) sox
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