56. Wiener Gemeinderat: Rechnungsabschluss 2023 (9)

Beratung der Geschäftsgruppe Innovation, Stadtplanung und Mobilität

GRin Mag. Angelika Pipal-Leixner, MBA (NEOS) sagte, die Fortschrittskoalition baue die Stadt sprichwörtlich klimafit um. Die Hitze in der Stadt sei vor allem für Ältere und Menschen, die keinen Garten oder Balkon haben, gefährlich beziehungsweise schwer zu ertragen. Deshalb sei es wichtig, große öffentliche Erholungsflächen mit viel Grün in der Stadt zu schaffen, nicht nur für die Menschen, sondern auch im Interesse der Biodiversität in der Stadt. Wien setze sich für leistbare klimaneutrale Mobilität ein, also günstige Öffis und sichere Radwege, damit in der Stadt kein eigenes Auto notwendig ist. Sie gab einen Überblick über laufende und abgeschlossene Projekte, darunter die Verlängerungen von Straßenbahnlinien wie die Linie 18 oder Radweg-Konzepete für ganze Bezirke wie jene für Floridsdorf und Liesing. 2023 seien 20 Kilometer Radwege gebaut worden darunter auch der erste Wiener „Fahrrad-Highway“ von Kagran über die Praterstraße in die City. Sie hob außerdem die „Grünpfeile“ hervor, mit dem das Abbiegen oder Weiterfahren bei Rot für Radler*innen ermöglicht wird. 2023 seien viele Projekte für klimafitte Umbauten von Straßen und Gassen angestoßen worden, darunter die Umgestaltung des Enkplatzes in Simmering oder den Umbau der Praterstraße als Klimaboulevard – im Zuge des Umbaus hätten die Straßen nicht nur mehr Grün sondern auch neue Radverkehrsanlagen erhalten. Pipal-Leixner hob die Gewässerqualität der Donau und Alten Donau in Wien hervor; auch habe sich die Stadt für den Erhalt der Aulandschaft in der Lobau durch eine neue Dotation eingesetzt.

GR Kilian Stark (GRÜNE) konterte seinen Vorredner*innen von der FPÖ: Die Grünen würden Radwege unterstützen, wenn sie gut geplant seien. Radwege, die nicht für unsichere Radfahrer*innen oder Kindern geeignet seien, fänden aber keine Unterstützung. Er kritisierte die Versiegelung und „Betonorgien“ der Stadt, wie den laufenden Bau der Stadtstraße – „eine Autobahn“ durch den Nordosten der Stadt – und plädierte für den Schutz von Äckern für die Selbstversorgung der Stadt mit Lebensmitteln. Ein Autobahn-Projekt passe nicht in das 21. Jahrhundert meinte Stark. Die Stadtstraße werde mehr Autos in die Stadt ziehen, „vorbei an Kinderzimmern und Gärten“. Mehr Autos sei in der Stadt keine Lösung, es brauche Alternativen – begonnen von dem Ausbau der Öffis bin hin zur Attraktivierung des Radverkehrs. Paris könne hier Vorbild sein; in der französischen Hauptstadt würden inzwischen mehr Menschen mit dem Fahrrad pendeln als mit dem Auto, gab Stark zu bedenken. Wien habe mehrere Pilotprojekte, die aber nicht in die Breite abheben würden, zum Beispiel den „Superblock“ in Favoriten. „Warum gibt es nur ein Supergrätzl in Favoriten und nicht zehn, hundert solcher verkehrsberuhigter Grätzl?“, fragte Stark. Ähnlich verhalte es sich mit der Fahrradstraße nach niederländischem Vorbild in der Argentinierstraße – es bleibe auch hier bei einem Einzelbeispiel für ein besonders gelungenes Projekt. Er forderte einen neuen Stadtentwicklungsplan, der auf einen transparenten Diskurs unter Einbindung der Opposition, Fach-Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft erstellt aufsetzt; bisher habe er, Stark, wenig von dem für 2025 angekündigten Plan und gar nichts von der angekündigten Bürger*innen-Beteiligung dazu gehört. Ein Stadtentwicklungsplan müsse in einer Breite diskutiert werden und nicht von zwei Koalitionsparteien abgestimmt werden. Er kritisierte den Ausbau des sozialen Wohnbaus, der ins Stocken geraten sei. In Wien werde im Vergleich zu früher zu wenig sozialer und kommunaler Wohnbau gebaut: „Wenn wir nicht aufpassen, werden wir das Erbe aus der Vergangenheit verlieren“, warnte Stark. Abschließend sprach Stark zur „Stagnation“ beim Modal Split. Der Anteil des Autoverkehrs bleibe stetig hoch, die Politik tue zu wenig um die Alternativen zum Auto – Öffis und Radfahren – zu wenig fördern, obwohl sich die Stadt selbst vorgenommen habe, den Anteil zu drücken. Paris würde sich vornehmen, alle Straßen vor Schulen zu begrünen und den Verkehr vor den Schulen zu beruhigen. Er forderte selbiges auch für Wien. Wien solle sich ein Stück von Gent abschauen: Die belgische Stadt habe den Durchzugsverkehr durch umdrehen von Einbahnen oder das Kappen von Querungen „von einem Tag auf den anderen“ verunmöglicht und so das Verkehrsaufkommen in der Innenstadt mehr als halbiert.

GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP) meinte, der Verkehrsbereich sei „ideologisiert aufgeladen“; jede*r seiner Vorredner*innen habe gefordert die Stadt nach seinen Vorstellungen umzubauen und diese den Menschen überstülpen. Stark und Pipal-Leixner hätten für die fahrradfreundliche Stadt plädiert, der klubungebundene Abgeordnete Kieslich für die Auto-Stadt. Juraczka plädierte dafür, die Menschen selbst entscheiden zu lassen, die Politik müsse – allen – Verkehrsteilnehmer*innen ein Angebot machen. Die U-Bahn zum Beispiel werde gut angenommen, was sich auch im Modal Split niederschlage. Er verwehrte sich dagegen, andere Verkehrsteilnehmer zugunsten anderer auszubremsen oder zu schikanieren. Als Beispiel nannte er den Radweg in der Krottenbachstraße, der von den Radfahrer*innen nicht genutzt werde und nur zu Lasten der vom Radweg verdrängten 200 Parkplätze gehe und gegen den sich eine Mehrheit der Anrainer*innen bei einer Bürgerbefragung ausgesprochen habe. Eine Kompromisslösung für einen Radweg in der Nebenstraße sei nicht angenommen worden, sondern „der Radweg in der Verkehrshölle“ durchgesetzt worden, kritisierte Juraczka. Die Einnahmen aus der Parkometerabgabe müssten für den Verkehr ausgegeben werden, aktuell werde nur rund die Hälfte der knapp 200 Millionen Euro für Verkehrsmaßnahmen ausgegeben – davon ein Großteil für die Öffis. Für Garagen oder Park & Ride-Anlagen werde tatsächlich kein einziger Euro ausgegeben. „Bringt es nicht mehr Lebensqualität, wenn wir den stehenden Verkehr – also geparkte Autos – unter die Straße oder in Garagen bringen, statt ihn weiter auf den Straßen zu haben?“, fragte Juraczka. Außerdem vermisste der ÖVP-Mandatar die Umsetzung der „Grünen Welle“ in Wien, stattdessen würden Hauptverkehrsrouten „mutwillig ausgebremst“ – ebenfalls auf Kosten der Lebensqualität der Anrainer*innen. In einem Antrag forderte er außerdem die Evaluierung von umgestalteten Einkaufsstraßen. In einem zweien Antrag forderte er einen breiten Ideenwettbewerb für Neugestaltungen von Bezirkszentren bei der Erschließung durch die U-Bahn.

GRin Luise Däger-Gregori, MSc (SPÖ) sprach zur Nachverdichtung. Diese sei ein probates Mittel um neuen Wohnraum zu schaffen, der dringend in der Stadt gebraucht werde. Nachverdichtung mache besonders dort Sinn, wo es bereits eine gute Anbindung an die Öffis gibt, sagte Däger-Gregori. Bestehende Infrastruktur werde durch Nachverdichtung besser ausgelastet; die Wege zum Arbeitsplatz und für alltäglich Wege bleiben durch Nachverdichtung auch bei neuen Wohnungen kurz, was wiederum Lebensqualität für alle bedeuten würde. Statt neue Bauflächen auf der grünen Wiese zu erschließen und neue Flächen zu versiegeln würden bereits versiegelte Flächen genutzt – das bedeute auch den Erhalt von Grünflächen, was dem Stadtklima nützlich sei, betonte die SPÖ-Mandatarin. Projekte in der Donaustadt würden zeigen, wie durch Nachverdichtung und nachhaltige Planung ganze Stadtquartiere verbessert werden könnten. Mit der Nachverdichtung werde in der Donaustadt zum Beispiel auch der Straßenraum umgestaltet und für alle Benützer*innen durch neue Radwege oder Verbreiterung von Gehsteigen und Schaffung neuer Straßenquerungen sicherer gemacht. Öffentliche Plätze und Kultureinrichtungen in der Nachbarschaft würden auch das soziale Miteinander im Wohnumfeld fördern, betonte Däger-Gregori.

GR Jörg Neumayer, MA (SPÖ) kritisierte seine Vorrednerin Sequenz: Wer über das Züricher Modell rede, rede für die Meidlinger*innen zwei oder drei Stunden mehr Fluglärm. Auch Paris sei nicht unbedingt ein Vorbild für Wien. Die französische Hauptstadt habe zugeschaut, wie der Individualverkehr weiter gestiegen sei bis einfach kein Platz mehr in der Stadt dagewesen sei, sagte Neumayer. Wien habe eine gute Wiener Lösung mit einer Balance zwischen den unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer*innen. Die Zahl der Autos in Wien sinke, gleichzeitig steige die Zahl der Öffi-Nutzer*innen und Fußgeher*innen. Das sorge für weniger Stau, Lärm und Feinstaub in der Stadt. Jeder könne sich aussuchen, mit welchem Verkehrsmittel er in die Arbeit oder zu einem Termin fahre – mit dem Auto, mit dem Fahrrad oder mit den Öffis. Bei der Krottenbachstraße sei ein Lückenschluss beim Radweg zwischen Gürtel und Heurigen am Berg geschaffen worden. Der nutze auch der Wirtschaft: „Wenn ich mit dem Radl hinkomme, kann ich 0,3 Promille mehr Spritzer trinken“, sagte Neumayer. Der Modal Split müsse ruhig, Schritt für Schritt, mit Investitionen in der ganzen Stadt von Radwegen über neue Öffi-Linien ausgebaut werden, argumentierte Neumayer. Bei den Jüngsten gehe sowieso die Nutzung des Individualverkehrs zurück, auch in den Randbezirken. Das sei ein Ergebnis des U-Bahn-Ausbaus und des Ausbaus des Radwege-Netz. Junge Menschen seien nicht mehr darauf angewiesen ein Auto zu haben um mobil zu sein, sagte Neumayer. Abschließend sprach Neumayer zur Digitalisierung: Alle Angebote der Stadt gebe es selbstverständlich weiterhin analog, durch die Digitalisierung würden Amtswege aber einfacher. So gebe es inzwischen die Möglichkeit Gebühren und bestimmte Anträge auch einfach Online zu zahlen oder erledigen – also Amtsgänge, die bisher als eher mühsam empfunden wurden, erklärte Neumayer. Das Service werde gut angenommen. Auch nutze die Stadt die Digitalisierung für die Planung von intelligenten Ampeln oder für die Berechnung des Frischluft-Zugs in die Stadt und die Modellierung der Auswirkung von neuen Gebäuden auf diesen. Wien sei mit der Cybercrime-Hotline auch eine der wenigen Städte weltweit, die so ein Angebot für ihre Bewohner*innen habe. (Forts.) ato

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